• Wenn es nach mir ginge, hätte man sich gar nicht lange mit einer Einzeldenkmalerfassung aufgehalten, sondern einfach den gesamten Altstadtbereich sofort unter strengsten Denkmalschutz gestellt, wovon sämtliche Vorkriegsgebäude automatisch betroffen wären. Eine Wohnungsbaugenossenschaft (schon allein der Begriff verursacht bei mir Bauchschmerzen) mit Abriss- und Neubauabsichten hat an einem solchen durch die Geschichte "geheiligten" Ort nichts verloren. Dass man nach den Verlusten des Bombenkriegs nicht einmal einer ehemals freien Reichsstadt wie Memmingen mit sehr bedeutendem Gebäudebestand einen solchen Schutz zugedacht hat, zeigt, dass in diesem Land etwas Grundlegendes nicht stimmt.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Ganz genau, der Ensembleschutz wäre in unserem kriegszerstörten Land doch wichtiger als der Fokus auf bedeutende Einzelleistungen. Wie üblich geht man nicht auf die spezifische Situation ein, sondern denkt und handelt gerade so, als wäre unser kulturelles wie städtebauliches Erbe weitgehend intakt und von baugeschichtlicher Konstanz geprägt. Die flächenhafte Zerstörung, der Identitätsverlust und nivellierende Wiederaufbau spielen im undifferenzierten Denken vieler Architekten, Städteplaner und Denkmalschützer kaum eine Rolle, obwohl gerade das die Basis aller diesbezüglichen Denkmuster sein sollte.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat

    „Wir können dem Bauwerber nicht verbieten, das Haus abzubrechen. Außerdem muss man bedenken, dass er Wohnraum in der Altstadt schaffen will.“

    Solche Sätze werden immer dann gesagt, wenn nicht mal mehr die Standard-Floskeln helfen.

  • In Memmingen (wie auch in Dinkelsbühl oder Nördlingen) ist ein Großteil der Fachwerkbauten heute verputzt. Hat jemand eine Ahnung, wann und warum dies gemacht wurde? Spielten ästhetische Gründe eine Rolle oder gab es Brandschutzvorschriften, die einen Verputz notwendig machten?

    Auch das Siebendächerhaus war bekanntlich mal verputzt: http://static1.akpool.de/images/cards/45/459730.jpg

    Seine spätere Freilegung ist sicherlich ein Gewinn für das Stadtbild. Warum wird dies so selten nachgeahmt?

  • Ziemlich fad, wobei auch die Vorgänger nix besonderes waren. Die Fensteranordnung beim Neubau wirkt störend, von der Farbgebung hingegen freundlicher als das alte Haus.

    In dubio pro reko

  • Der Neubau ist ja gruselig! So etwas gehört in eine moderne Vorstadt oder Neubausiedlung, nicht aber in eine Altstadt. Das Gebäude ist viel zu hoch, zu klotzig und die Balkons passen auch nicht hierher. Auf die bauliche Umgebung (gegenüber liegt die historische Stadtmauer) wurde keinerlei Rücksicht genommen!

  • Schlage den verantwortlichen Architekten für den Banalitätsnobelpreis vor...

    Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. - Friedrich Schiller -

  • Im Vergleich mit diesem ist das von Zeno gezeigte Dreidaecherhaus (2. Bild in seinem letzten Beitrag) nahezu als altstadtfreundlich angepasst einzustufen, und das war auch schon daneben. Wieso gelingt es Architekten nicht mehr, ihren Gebaeuden etwas Waerme und Charakter einzuhauchen? Kalt, einfallslos, seelenlos. Und die werden uns entgegnen, Was wollt Ihr denn eigentlich noch? Da habt Ihr Eure geneigten Daecher, Eure unterteilten Fenster, und ohne Balkon laesst sich nix verkoofen ...

  • Millionenschaden: Feuerwehr kämpft stundenlang gegen Brand in der Altstadt (Augsburger Allgemeine vom 24. Januar)

    Betroffen ist das Gebäude Schrannenplatz 4 (~400 Jahre alt, u. a. „Podium“) und das daran anschließende Haus in der Rabenstraße.

    Video von MindelMedia

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  • Offenbar will der Eigentümer dieses überaus schmucke Gebäude wieder aufbauen. Das ist sehr löblich und wichtig für das Ortsbild. Somit besteht wohl nicht die Gefahr, dass nun abgerissen wird und ähnliche Neubauten entstehen, wie man sie auf der gegenüberliegenden Seite erkennen kann.

  • Neben allem Entsetzen und der Trauer über den Verlust, wirkt für mich folgender Satz wenigstens etwas beruhigend.

    Zitat

    (...) Gleichzeitig versichert der Eigentümer des Hauses, Uwe Rohrbeck, auf
    Nachfrage: „ Ich werde das Haus auf jeden Fall wieder so aufbauen, wie
    es war.“ (...)

    Hoffentlich geht es nun schnell, damit kein modernistischer Architekt seine Gehirnwäsche anwenden kann.

    (Gerne würde ich auch die Zitatquelle als Link einfügen, doch aus irgendeinem Grund scheint das nicht zu funktionieren. Siehe Link in Beitrag Nr. 131)


    Moderationshinweis (Zeno):
    Quelle ist http://www.schwaebische.de/region/biberac…id,5382758.html

  • Immerhin gibt es das also doch noch, dass die Dankmallisten erweitert werden. Und besonders freut mich das, weil es gerade in Memmingen ist, wo wir doch schon ab und zu über abgrissene oder abrissgefährdete historische Bauten in der Altstadt lesen mussten...

  • Zitat

    Neubau in einem typischen alten, gewachsenen Handwerkerviertel, der sich an seine Nachbarhäuser wie selbstverständlich anschmiegt, sich dabei aber auch selbstbewusst abhebt.

    Geschwafel und noch Architekturpreis. Da ist alles klar: Hier hilft nur noch eine grundlegende Fassadenumgestaltung. Vielleicht könnte man damit anfangen, das weiße Ungetüm mit etwas Lehm zu verputzen.

  • Ein ganz übler Bau der aussieht, als hätte man da irgendwelche Asbestplatten vorgeklatscht. Es kann schon sein, dass der Altbau so marode war, dass man ihn nicht mehr sanieren konnte. Doch mit relativ wenigen Mitteln hätte man einen Neubau schaffen können, der sich gut in das Straßenbild einfügt: Man hätte nur die Kontur des Giebels wiederholen (wenigstens das hat man bei dem misslungenen Neubau berücksichtigt), den Bau mit einer schlichten Putzfassade versehen (mit seitlichen Putzstreifen wie beim Altbau) und - ganz wichtig - in die Front Sprossenfenster einsetzen müssen. Zur Wahrung der Dachlandschaft wäre eine Biberschwanzdeckung unabdingbar gewesen. Rückwärtig hätte man dann freie Hand gehabt. In den fünfziger Jahren hat man das offenbar noch verstanden (Haus ganz rechts mit dem zeittypischen Neonschriftzug, der heute bereits Seltenheitswert hat):

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…stra%C3%9Fe.JPG

    In der Stadt fehlt ein klares Konzept, ein Sanierungsprogramm, das auf Erhaltung der historischen Bausubstanz ausgerichtet ist und nicht auf deren Vernichtung. Zurzeit scheint in Memmingen ja eher der Trend dahin zu gehen, alte Bausubstanz rigoros auszutauschen und nur einige wenige Altbauten zu erhalten. Hätte die Stadt verantwortungsbewusstere Stadtoberhäupter gehabt, so hätte man aus ihr eine Art "schwäbisches Rothenburg" machen können. Doch der Zug ist lange abgefahren. Wenn man es nicht einmal schafft, so einzigartige Straßenzüge wie die Kempter Straße zu erhalten und diese als Ensemble zu betrachten. Hier tut einfach jeder Abbruch weh. Ein Ensembleschutz wäre hier das einzig Richtige!

    Und was bringt es schon, die Denkmalliste "nachzuqualifizieren", wenn die Häuser leerstehen und dann doch irgendwann abgebrochen werden.

    Es wäre sicher hochinteressant, einen Stadtplan von Memmingen zu erstellen, in dem man all die Gebäude kennzeichnet, die nach 1945 abgebrochen wurden. Das Ergebnis dürfte ziemlich erschütternd sein...

  • Das war leider zu erwarten. :kopfwand: In der Stadt fehlt leider das Bewusstsein für das Gesamtbild, der Fokus richtet sich auf die Erhaltung einiger herausragender Bauten (Rathaus, Kirchen, Stadtmauer, Siebendächerhaus usw.). Die übrigen Häuser meint man ersetzen zu können.

    Im Internet präsentiert man sich allerdings gerne anders:

    Memmingen, die Stadt der Tore und Türme, Giebel und Fassaden liegt am
    Rande des Allgäus am Schnittpunkt der Autobahnen A 96 und A 7 und hat
    heute ca. 41.000 Einwohner. Durch die Jahrhunderte konnte sie ihr
    schönes mittelalterliches Stadtbild erhalten. Die historische Altstadt
    bietet neben vielen reizenden und idyllischen Plätzen auch viele
    Sehenswürdigkeiten.

    Siehe: http://www.memmingen.de/tourismus.html

    Einmal editiert, zuletzt von Ravensberger (5. Mai 2013 um 11:00)