• Bernd Ludwig, Du hast völlig Recht.

    Oberbaumbrücke: Der mittlere Brückenbogen wird von zwei je 34 Meter hohen Türmen geschmückt, die mit ihren auskragenden Wehrgängen dem Mitteltorturm der Stadtmauer in Prenzlau (Uckermark) und einem Torturm aus Kyritz nachempfunden sind.

    In dubio pro reko

  • MARKTBERG Prenzlau :
    Seitens des Architekten wird festgestellt, dass "keine Nachkriegsepoche . . . den einstigen Charakter des Platzes wiederherstellen konnte."
    Damit hat er zweifellos recht, denn es ist ihm mit seinen, nun weitestgehend fertiggestellten Planungen ebenso wenig gelungen.

    Diese Allerwelts - Architektur auf dem Prenzlauer Marktberg ( welch eine städtebauliche Chance ! ) ist entschieden zu langweilig, beliebig und austauschbar.
    Es sagt mir diese angeblich "Neue Mitte" insgesamt nichts.
    Erinnerungen an traditionelle Architekturen des alten Prenzlau fehlen völlig.
    Das nun Gebaute entspricht in keiner Weise dem einstigen Charakter der alten Stadt, vermag auch keineswegs einen "Bogen" zur Gegenwart oder gar in die Zukunft zu schlagen.
    Schon gar nicht mit der, wie dazu gestellt wirkenden, simpel - billigen Pavillon - Architektur.

    Versatzstückhafte Klinkerbereiche an den neuen Fassaden, die ggf. an den mächtigen Giebel der Marienkirche erinnern sollen, können diesen Mangel nicht ausgleichen.
    Dabei war einstmals m. E. ein sehr guter Anfang gemacht, mit dem benachbarten ( ehm. ? ) Hotel Uckermark., dessen freundlichem Erker und den Arkaden.
    Sicher hätte es sich für die heutigen Planer verlohnt, ins unweit entfernte Anklam zu schauen, wie dort die Neugestaltung des Marktes vorgesehen wird.

    Freitreppe, Stufen der Erinnerung und ebenso das geplante "Wasserprojekt" sind andererseits gelungen.

  • Allerdings, "Volker", das stimmt. Und leider nicht nur dort. Allerdings habe ich natürlich auch Verständnis dafür, dass Menschen gerade in einer strukturschwachen Region, in der sich (ohne dass das abwertend gemeint ist) "Fuchs und Hase gute Nacht sagen", das Bedürfnis nach etwas Modernität, Urbanität, dem Flair der "weiten Welt" haben. Die Bebauung ist also konsequent modern, allerdings in den Proportionen und der Gebäudeanordnung recht gefällig. Hier haben sich keine Avantgardisten mit Strichcode-Fenstern, dekonstruktiven Knicken oder wuchernden Dachaufbauten abreagiert, sondern es wurde ein solider sachlicher moderner Entwurf abgeliefert. Sogar mit ein bisschen symbolischem Entgegenkommen gegenüber der Tradition (Backstein). Sicher wären ein paar Satteldächer viel Altstadt-passender gewesen, aber die Planung zerstört immerhin nicht, sondern versucht konstruktiv zu gestalten. Das kann man schon anerkennen. Und eine Verbesserung gegenüber den dort zuvor stehenden Waschbeton-Platten ist das lichte neue Zentrum allemal. Insofern lasse ich also Milde gegenüber dem Projekt walten.

    P.S.: Die Planungen in Anklam gefallen mir persönlich allerdings besser.

  • Es entsteht gerade ein kleines Stück Hamburger Hafencity minus 3 Etagen. Der Rohbau steht auch schon. Alles in allem ist das Projekt eine gute Sache. Diese Art Einkaufszentrum steht in der Stadtmitte und nicht außerhalb. Es zieht also Leute in die Stadtmitte und alle, die in den Mietwohnungen innerhalb der Stadtmauer wohnen haben kurze Wege und einen Grund mehr mal abends hinauszugehen. Es gibt ein wenig Stadtverdichtung, die Proportionen stimmen. Vielleicht gibt es eine Hand voll neue Arbeitsplätze? Was will man eigentlich mehr an diesem, heute sehr abseits liegendem Ort?

    Man muss immer sehen, dass die Stadt in der ärmsten Region Deutschlands liegt. Deshalb ist es zumindest für mich zu viel zu fordern, dass die Gebäude in der Stadtmitte auch eine bestimmte Fassade haben müssen, also neben ihrer eigentlichen Funktion auch Kunstwerk sein sollen.

    Es geht eher immer noch darum, den Menschen überhaupt Angebote zu machen und eine weitere Abwanderung zumindest immer weiter zu verlangsamen. In Frankfurt Oder scheint das ja schon anders zu sein, dort hat man bereits ein Level erreicht, in dem man sich über die Stadtgestaltung streiten kann, ja es wird sogar die erste richtige Rekonstruktion eines Bürgerhauses geben, aber davon ist Prenzlau noch zu weit entfernt.

  • Der Marktplatz ist einfach daneben. Ich bin entsetzt, dass so etwas genehmigt wird.Das hat auch nichts mit der Struktur zu tun.Es ist einfach nur die Ignoranz des Architekten. das sieht man schon allein daran, dass die Häuserzeile vor der Marienkirche nicht wiederersteht.

  • Zitat


    Zeno hat geschrieben:

    "Der Plattenbau ist - jedenfalls nach diesen beiden Bildern zu urteilen - geradezu vornehm zurückhaltend. Inmitten des großartigen Ensembles stört er kaum, ordnet er sich doch dank seiner Farbgebung und Unaufdringlichkeit unter."


    Dennoch ist der Plattenbau lieblos und würde eine Rekonstruktion oder ein traditioneller Neubau dort das Ensemble sehr aufwerten.

    Mit den Neubauten am Marktberg wurde die einmalige Chance verpaßt, den historischen Kern Prenzlaus zu einem geringen, aber wesentlichsten Teil zu rekonstruieren. Bei den Neubauten sind vor allem die Flachdächer hier eine große Sünde. Mansarddächer auf den klinkerverkleideten Bauten würden hier besser passen. Selbst die früheren Plattenbauten hier deuteten solche an.

    In Anklam sind die Planungen für den Marktplatz zwar erheblich besser, aber auch hier fehlen mir zumindest einige Rekonstruktionen. An den neuesten Plänen stört mich vor allem die Glasfuge. Die übrigen Giebel sind einfacher aber auch ernsthafter (den Halbwalm ggü. der Kirche gibt es m. E. auch auf dem neuen Bild noch). Mit beliebigen historisierenden Elementen hätten die Häuser mehr ans benachbarten Polen erinnert.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Dennoch ist der Plattenbau lieblos und würde eine Rekonstruktion oder ein traditioneller Neubau dort das Ensemble sehr aufwerten.


    Zweifellos. Heutzutage aber muss man mit etwas Modernem rechnen. Und da ist der Plattenbau inmitten dieses großartigen historischen Ensembles als vergleichsweise unaufdringlicher Platzhalter möglicherweise die bessere Alternative. Kann natürlich sein, dass der mal saniert wird und mit auffälligen Farben gestrichen wird. Das würde die Harmonie und Ausgewogenheit stören. Der Plattenbau ist nur solange gut, wie er sich unterordnet und vergleichsweise unauffällig ist.

  • Um die Platten ist es in diesem Fall ja wirklich mal schade, wenn man sieht für was sie weichen mussten. Ich glaube nicht daß die Bürger das mehrheitlich befürwortet haben.

    Plus Outre

  • Also, da möchte ich widersprechen. Natürlich hätte ich mir an der Stelle auch etwas einer Altstadt angemesseneres gewünscht. Allerdings kann ich weder den hässlichen Plattenbauten nachtrauern, noch die Neubauten in toto verdammen. Es ist eben eine konsequent moderne Umsetzung, aber durchaus nicht völlig ungefällig. Es hätte viel schlimmeres herauskommen können, z.B. die Strichcodefenster, auskragende Betonstelzen, Wellblechverkleidungen oder die üblichen Knick- und Wellenfassaden. So aber ist das eben ein Entwurf im Stil der klassischen Moderne, durchaus mit gefälligen Materialien (Backsteinverkleidung), die sich regionaltypisch an der Backsteingotik orientieren. Die Prenzlauer wollten eben offenbar einen modernen Entwurf, der ihnen ein wenig "urbanes Flair" vermittelt. In [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] wurde am Riedberg ein ganzes Stadtviertel so erbaut. Das ist mir in der Masse zu monoton. Aber den Leuten gefällt das derzeit offenbar. Und in Prenzlau ist das ja nur ein Tupfer in der Stadt. Also, ich kann den Prenzlauern deswegen nicht böse sein, denn schließlich wurde nichts wertvolles dafür abgerissen, die städtebauliche Situation aber verbessert. Klar, eine Rekonstruktion wäre schöner gewesen. Aber leben kann man auch mal mit diesem modernen Entwurf, der vielleicht ja auch irgendwann ein richtiges Dach aufgesetzt bekommt. :tongue:
    Fotos:
    http://agoraplus.de/tl_files/projekte/neue-mitte/2.gif
    http://agoraplus.de/tl_files/projekte/neue-mitte/3.gif
    http://agoraplus.de/tl_files/projekte/neue-mitte/4.gif

  • Nun ja. Diese Ansicht ist tatsächlich recht ansprechend. Hätte, meiner Meinung nach, sogar noch etwas höher sein dürfen. Und, da hat Heimdall schon Recht, es hätte noch weitaus fieser werden können. Trotzdem nerven mich mittlerweile die immer gleichen Muster der Neubebauung. Ich kann schon keine Flachdächer mehr sehen. Die Gesamtwirkung, hier in der Webcam-Ansicht , finde ich einfach ernüchternd. Besonders den rechten Glasanteil.

  • Man hätte sich schon etwas mehr Mühe geben können wie bei diesem Neubau am Hafen in Greifswald:

    http://www.kubische-panoramen.de/index.php?id_id=7204&p=i
    greifswald+am+hansering-bürogebäude
    http://www.greifswald.info/uploads/pics/31_2.jpg

    Etwas in dieser Art hätte auch dem Marktberg in Prenzlau gut getan. Der Bezug zur Backsteingotik ist viel besser, auch wenns hier natürlich eher hanseatisch-maritim ist. Die Bebauung Marktberg Prenzlau ist mir definitiv zu beliebig.

    Plus Outre

  • Das Problem ist, dass am Prenzlauer Markt auch vorher nichts Gescheites stand. Nichts, worauf man Bezug nehmen könnte, schon gar nichts Rekonstruierungstaugliches. Die Stadt hat keine besonders ruhmreiche Vergangenheit, was Bürgerbauten betrifft, hier wäre es unredlich, so großbürgerlich-hanseatische Anspielungen wie in Greifswald anzubringen. Nur das mittige Rathaus wäre mE zu rekonstruieren, so wie in Demmin, das würde den Platz als einzige Maßnahme aufwerten.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die Stadt wurde auch im Dreißigjährigen Krieg schwer zerstört, aber in den Altstadtstraßen stand noch das eine oder andere Giebelhaus. Am Markt sollte neben dem Rathaus vor allem auch die niedrige Häuserzeile vor der Marienkirche wieder her. Entweder in angepaßter klassischer Form in den gleichen Kubaturen oder aber als Rekonstruktion. Nicht die Häuserzeile selbst war sehr wertvoll, sondern seine städtebauliche, räumliche Funktion, die Marienkirche aus dem Marktplatz zu nehmen. In Mitteleuropa wurden Kirchen meistens durch eine Häuserzeile vom Marktplatz getrennt, so auch in Prenzlau. Das untere Drittel der Ostfassade der Marienkirche ist nicht darauf angelegt, daß wir direkt auf ihm blicken.

    Sehr wichtig ist neben diesen Sachen auch, daß die Marienkirche innen wieder eingewölbt und ausgestattet wird, und außen wieder ein richtiges Dach mit Ziegeln bekommt. Dafür bedürfte es wahrscheinlich auch wieder einen traditionellen Dachstuhl statt der heutigen Notlösung.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Eine bittere Geschichte - das "Kettenhaus", eines der wenigen erhaltenen historischen Gebäude im Bereich der Nordspitze des Uckersees, steht leider wohl unmittelbar vor dem Abriss, wenn sich nicht noch in letzter Minute eine Rettung findet.

    Uckermark TV - Prenzlau sucht Investor für´s Kettenhaus
    Uckermark Kurier - Kettenhaus droht einzustürzen

    ___
    Noch zwei Ansichten vom frisch fertiggestellten Prenzlauer Marktberg:

    Es wurde hier ja bereits angemerkt: Da hätte man besser die zuvor dort stehenden Plattenbauten backsteinverkleiden können, wie es neben der Marienkirche der Fall ist. So sieht das einfach nur beliebig und lieblos bis trist aus...

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Deinen Bildern nach zu urteilen - vielen Dank dafür! - scheinen wir uns in einem anonymen Stadterweiterungsgebiet der 50'er Jahre zu befinden. Wenn das der Anspruch der Stadtplaner für den zentralen Platz Prenzlaus war?! Man darf ja nicht vergessen, dass hier die Stadt z.T. selbst mitgebaut hat und damit einen sicher nicht geringen Einfluss auf die Gestaltung gehabt hätte.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe