Einkaufscenter vs. Altstadt

  • In den letzten Monaten gab es eine Vielzahl von Meldungen zu Neubauplänen von Innenstadt-Einkaufszentren in Altstadtbereichen: Fürth "Neue Mitte", Schwerin, Weinheim etc. Bei den meisten Projekten handelt es sich um massige Baukörper, die in sensible Altstadtbereiche "hineingepflanzt" werden und die wenig Rücksicht auf das anzutreffende Stadtbild nehmen. Die Planungen sehen zumeist vor die am Standort vorhandenen Bauten abzubrechen und dann aus einem vormals kleinparzellierten Gelände ein großflächiges Grundstück für das geplante Einkaufszentrum zu schaffen.

    Bei den Investoren dieser Einkaufszentren handelt es sich oftmals um fondsgespeiste, multinationale "Projektentwickler", denen ein regionaler Bezug fehlt und die sich im Vorfeld der Planungen auch nur wenig mit den örtlichen Gegebenheiten auseinander setzen. Ziel dieser Investoren ist es möglichst grossflächige, renditeträchtige Center zu entwickeln. Die von global tätigen Architekturbüros geschaffenen Entwürfe der projektierten Center sind weltweit reproduzierbar und austauschbar und nehmen in der Regel keinen Bezug auf regionale Gegebenheiten. In den letzten 20 Jahren wurden Einkaufcenter in Deutschland überwiegend in von Nachkriegsarchitektur geprägten Städten eingefügt. Nun hat sich die bevorzugte "Standortwahl" geändert und die neuen Center werden oftmals für Städte geplant, die noch intakte Altstadtbereiche vorweisen können. Dabei handelt es sich zumeist um Städte mit einer Größe von unter 150.000 Einwohnern. Dieser Wandel der Standortwahl resultiert aus der Tatsache, dass diese historischen Städte bisher zumeist von massiven Einkaufscentern verschont blieben und es dort noch keine "Sättigung" mit Einkaufscentren gibt. Es gibt einen regelrechten "Wettlauf" um die letzten attraktiven Standorte in Deutschland unter den Projektentwicklern. Denn anders als noch vor zehn und zwanzig Jahren gibt es nicht nur eine Handvoll von Deutschland aus tätige Center-Betreiber, sondern eine Vielzahl von globalen Playern, die um die letzten lukrativen Standorte wetteifern. Dabei geraten immer kleiner Städte und immer sensiblere Stadtgebilde in den Fokus der Investoren. Systematisch und planvoll wird jede Stadt in Deutschland analysiert und auf Eignung abgeklopft. Duch dieses strategische Vorgehen wird keine Stadt von diesem abstrusen Wettlauf der Projektentwickler verschont.

    Dass das von Einzelhandel gesättigte Deutschland überhaupt noch als Spielwiese der globalen Projektentwickler attraktiv ist liegt maßgeblich an zwei Faktoren: Zum einen an einem Wettbewerb von "Filialisten", die dringend weitere Ladenflächen für ihre strategische Ausbreitung benötigen und willig sich in jedes Center einmieten. Zum anderen an "günstigen Standortbegebenheiten", die Investoren entgegen kommen. Zu diesen "günstigen Standortbegebenheiten" zählt die positive Resonanz von Innenstadtprojekten bei den städtischen Entscheidungsträgern. Während es im übrigen traditionsverpflichteten Europa oftmals schwierig ist in sensiblen Innenstadtlagen Projekte zu entwickeln, gibt es in Deutschland diese Probleme nicht. Ist erstmal ein neuer Innenstadt-Standort für ein Center in Deutschland gefunden, dann ist das Projekt auch schon so gut wie unter Dach und Fach. Stadtverantwortliche in Deutschland sehen ihre Stadtgebilde nicht von Einkaufscentren bedroht, sondern im Gegenteil fühlen sich oftmals hinsichtlich ihrer städtischen Wirtschaftspolitik geschmeichelt davon, dass ein Investor die Stadt als einen "attraktiven" Standort identifiziert hat. So werden Einkaufscenter als wirtschaftlicher Sprung in eine bessere Zeit von den Stadtvätern gesehen: mehr Arbeitsplätze, mehr Grossstadtflair, mehr Modernität. In Deutschland ist "Stadtzerstörung" kein Frevel. Es gibt eine eigenartige Nachkriegstradition der Zerstörung. Und so verwundert es nicht, dass Stadtväter für die neuen Center bereit sind auf Maximalforderungen der Entwickler einzugehen und ganze Quartiere, einschließlich denkmalgeschützer Objekte, für die neue Stadtentwicklung zu opfern. Bürgerproteste und Diskussionen zu neuen Projekten werden dementsprechend meist von den Investoren ferngehalten. Es wird von den Stadtvätern meistens noch nicht einmal ein Versuch gemacht Planungen eines Investors dem Stadtgefüge anzunähern. Denn anders als viele Stadtväter denken, lassen sich Investoren sehr wohl dazu umstimmen ein Projekt den örtlichen Gegebenheiten anzupassen und beispielsweise historisch wertvolle Bauten zu integrieren. Denn der Druck unter den Projektentwicker-Wettbewerbern ist gross und keiner möchte einen identifizierten Standort gerne an einen Konkurrenten verlieren. Doch die Stadtväter in Deutschland machen sich erpressbar und lassen sich von versprochenen "neuen Arbeitsplätzen" leicht blenden. So wird dem Investor nichts abgerungen, es werden keine Forderungen hinsichtlich der Gestaltung gestellt und kritische Bürgermeinungen werden abseits der Diskussion gestellt.

    Wie kann man solche Entwicklungen in Zukunft begegnen, wie können unsere historischen Städte vor der Bauwut dieser Investoren geschützt werden? Ist es dass Wert, die wenigen historischen Zentren in Deutschland einzutauschen gegen einöde Fililisten die Dumpingarbeitsplätze schaffen und den örtlichen Einzelhandel verdrängen, gegen globale Renditeobjekte die annonyme Portfolien füllen, gegen leblose und brutalentfremdende Architekturentwürfe?

    ...

  • Wikos
    Ein wichtiges Thema, das Du hier eröffnest.

    Auf dieser Seite über ECE wird ein sehr guter Überblick über die Verbreitungsstrategie (darf ich das "geografische Metastasenbildung" nennen? :neinnein: ) des führenden Einkaufscenterkonzerns gegeben.

    http://de.wikipedia.org/wiki/ECE_Projektmanagement

    Die Seiten der Bürgerinitiativen gg. aktuelle Planungen sind ebenfalls am Ende des Artikels verlinkt.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Zitat

    In den letzten 20 Jahren wurden Einkaufcenter in Deutschland überwiegend in von Nachkriegsarchitektur geprägten Städten eingefügt. Nun hat sich die bevorzugte "Standortwahl" geändert und die neuen Center werden oftmals für Städte geplant, die noch intakte Altstadtbereiche vorweisen können. Dabei handelt es sich zumeist um Städte mit einer Größe von unter 150.000 Einwohnern. Dieser Wandel der Standortwahl resultiert aus der Tatsache, dass diese historischen Städte bisher zumeist von massiven Einkaufscentern verschont blieben und es dort noch keine "Sättigung" mit Einkaufscentren gibt.


    So ganz neu ist diese Vorgehensweise leider nicht - zumindest wenn man Kaufhäuser mit Einkaufszentren gleichsetzt. In Heidelberg wurde vor schon vor geraumer Zeit ein Kaufhof-Warenhaus mitten in die (bekanntlich im Krieg praktisch unversehrt gebliebene) Altstadt gebaut. Man kann es auf diesem [url=http://maps.google.de/maps?f=q&hl=de…z=17&iwloc=addr]Luftbild[/url] gut erkennen: Die riesige graue "Fläche" zwischen der Hauptstraße und der Plöck - das ist das Dach des Kaufhofs. Nicht nur ein häßliches Flachdach, das die Ansicht aus der Luft ruiniert, sondern natürlich auch eine Kaufhof-typische, fensterlose weiße Blechfassade, die das Straßenbild zerstört. Wie viele Alstadthäuser dafür abgerissen wurden, weiß ich nicht, aber man kann am Luftbild sehen, dass es sehr viele gewesen sein müssen. Und das ist nur eines von mehreren Beispielen in Heidelberg.

  • Leider nicht nur in den letzten 20 Jahren.
    Führend kam mir Niedersachsen vor.
    Celle, Goslar, Hameln, Wolfenbütteln, auch Braunschweig an empfindlichster, verschonter Stelle (vor Gewandhaus, wofür ein Altbau büßen musste)
    Nur ein Name: Karstadt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ja, absolut richtig. In der ersten Evolutionsstufe der massiven Innenstadtzerstörungen kamen die Kaufhäuser (Horten etc.). Danach dann die Einkaufscentren.

    ...

  • Wie war es in anderen europäischen Staaten? War man in Städten jeweils vergleichbarer Größenordnung in Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Spanien, Dänemark, Schweden etc. tatsächlich "traditionsverpflichteter", hielt die Altstädte von solchen Einkaufszentren und ähnlich störenden modernistischen Großbauten fern und war einem oftmals zweifelhaften wirtschaftlichen Fortschritt auf Kosten alter Bausubstanz gegenüber kritischer?

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat von "Wikos"


    ...
    Ist erstmal ein neuer Innenstadt-Standort für ein Center in Deutschland gefunden, dann ist das Projekt auch schon so gut wie unter Dach und Fach.
    ...
    So wird dem Investor nichts abgerungen, es werden keine Forderungen hinsichtlich der Gestaltung gestellt und kritische Bürgermeinungen werden abseits der Diskussion gestellt.
    ...


    Sehr gut analysiert!

    Gegenüber dem traditions- und verantwortungsbewussten Bürger demonstrieren die Stadtspitzen ihre Muskeln, aber "Investoren", die das Wohl einer Stadt nicht die Bohne interessiert, werden bedingungslos angebetet.

    Verkehrte Welt.

  • @ Georg Friedrich

    Wenn man sich Bilder aus Sheffield u.a. britischen Städten anschaut, so geriet deren Re-Urbanisierung noch weitaus gräßlicher. Die Ähnlichkeiten zur amerikanischen Lösung sind unverkennbar.

    Ich finde, bei uns wäre eine pragmatische, mit dem Denkmalschutz abgestimmte Lösung angebracht, denn das einfache "So Nicht!" wird wohl wenig weiterhelfen: Ähnlich wie z.B. die Brotbüchse in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] (die einen Gründerzeitler beherbergt) sollte die Straßenfassade bei solchen Projekten - sofern sie älter ist als 1618 - beibehalten werden. Eine vorgehängte Fassade wäre dann erlaubt, ebenso die völlige Umbauung des rückwärtigen Baufelds - jedoch unter der strikten Maßgabe der Reversiblität.

    Nein, die werden gedünstet

  • Also was Österreich betrifft, ist eine solche Barbarei undenkbar.
    Interessant, dass die kommunistische CSSR da weit baufreudiger war, vor allem in Mähren (Iglau, Olmütz).
    Auch in Italien hat man dergleichen nicht gesehen.
    Insgesamt ist dies eines der Phänomene, die mir die BRD-Städte gründlich verlitten haben.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @palantir
    doch, diese Städte liegen in Ö.
    Aber der kolportierte Sachverhalt liegt ein bisserl anders, bitte nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
    Natürlich gibt s EKZ in Ö, und natürlich sind EKZ generell entbehrlich, ja schädlich, da gibt s nichts zu beschönigen.
    Aber die gezeigten Beispiele liegen nicht innerhalb einer historischen Altstadt an der Stelle von ma Fachwerkhäusern oder Renaissancebauten wie in Celle und Hameln, nicht vis à vis eines Wahrzeichens wie dem Braunschweiger Gewandhaus. Oder in Regensburg, der besterhaltenen ma Stadt Ds am Neupfarrplatz. In München am Marienplatz...
    Der Bahnhofplatz in Graz dagegen ist ganz sicher keine Denkmalschutzzone.
    Solche Barbareien gibt s in Kontinentaleuropa nur in der (alten) BRD, dabei bleib ich (und der CSSR).

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zeno

    der Innsbrucker Fall ist natürlich ein Skandal, aber ebenfalls in der Dimension nicht mit den dt Beispielen vergleichbar, da außerhalb der eigentlichen Altstadt (nur in historistischem Erweiterungsgebiet).
    Wie gesagt, schlimm genug, keine Frage.
    Allerdings wurde dahingehend auf das Stadtbild Rücksicht genommen, als dass eine zwar modernistische, jedoch schlussendlich anspruchsvolle Fassade gewählt wurde, auch deshalb keine Vergleich mit der BRD!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Meine Frage war natürlich nicht völlig frei von Suggestion. Natürlich findet sich so ein Krampf nicht nur in (West-)Deutschland. Italien ist mit seinem Baubestand eindeutig behutsamer umgegangen - das sehe ich auch so -, Österreich mag ebenfalls konservativer gewesen sein, was neue Großbauten innerhalb der Altstädte angeht (wobei mir hier gleich aus dem Stegreif sofort diese Eurospar-Passage in der Linzer Landstraße direkt neben der Ursulinenkirche einfällt). In Frankreich hat man dagegen in zahlreichen Städten - eine komplette Bestandsaufnahme aller betroffenen Städte wäre vermutlich sehr lang - inmitten einer intakten Altstadt Einkaufszentren, Parkhäuser, Bürotürme und dergleichen mehr errichtet. Ich denke hier z. B. an Orléans oder Metz, auch im Norden der Straßburger Altstadtinsel steht gar nicht mal so wenig Mist. Dieser Befund ließe sich sicherlich auf weitere europäische Staaten ausdehnen.

    Zitat von "Wissmut"

    Ich finde, bei uns wäre eine pragmatische, mit dem Denkmalschutz abgestimmte Lösung angebracht, denn das einfache "So Nicht!" wird wohl wenig weiterhelfen: Ähnlich wie z.B. die Brotbüchse in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] (die einen Gründerzeitler beherbergt) sollte die Straßenfassade bei solchen Projekten - sofern sie älter ist als 1618 - beibehalten werden. Eine vorgehängte Fassade wäre dann erlaubt, ebenso die völlige Umbauung des rückwärtigen Baufelds - jedoch unter der strikten Maßgabe der Reversiblität.

    Es sollte ein prinzipielles Taboo sein, vorgründerzeitliche Bausubstanz abzureißen oder auch nur massivst zu verändern. In diesem Zusammenhang nehme ich schon die sture Position ein, das jedwede Stadtentwicklung hier zurückstehen muss. Ferner sollte von den Verantwortlichen hinterfragt werden, ob solche Großeinkaufszentren, wie sie immer wieder geplant werden, überhaupt noch zeitgemäß sind und inwiefern sie neben allen ästhetischen Mängeln nicht auch grundsätzlich kleine Händler in den Innenstädten gefährden und so am Ende dort noch zu Leerstand führen. Und wenn man dann immer noch so ein Ding haben will, dann bitte draußen auf der grünen Wiese neben der Autobahn...

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zur Einkaufscenterthematik nochmal ein paar links:


    Einkaufscenter auf grüner Wiese ruinieren Städte

    http://www.welt.de/finanzen/artic…en-Staedte.html" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.welt.de/finanzen/article2896 ... aedte.html

    Einkaufszentren – Deutschlands neue Paläste

    http://www.welt.de/wirtschaft/art…e_Palaeste.html" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.welt.de/wirtschaft/article17 ... aeste.html

    Noch eine Stadt wird den Einkaufszentren geopfert

    http://www.welt.de/kultur/article…n-geopfert.html" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.welt.de/kultur/article288539 ... pfert.html

    "Europa wurde von den Bürgern erbaut und von den Proleten zerstört."
    - Sándor Márai

  • @GF

    Wie immer ein Beitrag von höchstem Fachwissen, meine Anerkennung.
    Das Linzer Beispiel hab ich tatsächlich nicht erwähnt, weil es mW das einzige Gegenbeispiel zu meiner These ist (allerdings ist es auch nicht im innersten Bereich, sondern einer späteren, wenngleich ma Stadterweiterung). Hier wurde tatsächlich ein alter Häuserblock geopfert mit zur Landstraße hin für den Inn/Salzach/Donauraum typischen hohen Attiken.
    Da gibt s nix zu beschönigen.
    Allerdings kenne ich ansonsten keinen derartigen Fall*, (auch dein Stegreifwissen ist mW also kompetent und erschöpfend :zwinkern: ) weshalb mir meine grob pauschalierende These dennoch legitim erschien und erscheint. In der Wiener Kärntner Straße sind alle häßlichen Verkaufshäuser Modernisierungen von alteingesessenen Geschäften, ditto St.Pölten.
    Frankreich kann ich nicht beurteilen, weil ich noch nie dort war. Möglicherweise handelt es sich um ein West-Ost sowie Nord/Süd Gefälle, zumal wir wissen, von wo derartige Tendenzen ausgehen.
    Ich kann nur sagen, für mich war die Erfahrung, dass es in jeder bundesdeutschen Altstadt so ein Monster gibt, völlig ungewohnt und schockierend. Auch deshalb schätze ich die Städte der ehem DDR weit mehr.
    *kleinere und vglw unbedeutende Städte ausgenommen!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @ GF

    Prinzipiell sehe ich es natürlich im gleichen Licht wie du - auch den Textbeispielen aus der WELT ist von der Warte der Logik (auch der marktwirtschaftlichen!) her zuzustimmen.

    Jedoch wurde schon richtig angesprochen, daß sich die treibenden Kräfte, d.h. Großinvestoren, Stadträte und Bauunternehmen, zu oft über Bürgerwillen und die oft schwammigen Satzungen hinwegsetzen - und eine fragwürdige Entwickung vorantreiben, deren Ende in evt. 5 Jahren kommt, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das Kind schimmt aber noch....
    Daher auch mein -zugegebenermaßen grimmiger- Pragmatismus in dieser Frage.

    Nein, die werden gedünstet

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    .
    Frankreich kann ich nicht beurteilen, weil ich noch nie dort war. Möglicherweise handelt es sich um ein West-Ost sowie Nord/Süd Gefälle, zumal wir wissen, von wo derartige Tendenzen ausgehen.

    Also wie es in Frankreich ist kann ich nicht sagen, aber ich bin letztes Jahr ein bisschen in Nordfrankreich rumgekommen und mein Eindruck war dort, dass die Innenstädte relativ unzerstört waren und es auch keine Galerien/Center/Carrées und wie sie alle heißen gibt - sondern nur Geschäfte in den Erdgeschossen und 1. Stockwerken vieler historischer und einiger neuen Gebäuden.
    Dafür gibt's Lebensmittelmäßig eher kleine Geschäfte in den Städten, jeder Franzose fährt dafür 1-2x pro Woche in's Gewerbegebiet in einen der großen Supermarches und deckt sich dort komplett ein. Ein Konzept, dass ich auch gut finde. Aber nur für Lebensmittel. Kleidung und sonstiges gehört in die Citys. Ich kenne aber etliche Personen, die meisten in meinem Alter (Mitte 20), die lieber durch 'ne Einkaufsstraße unter freiem Himmel laufen, als durch ein "Shopping Center". Ich gehöre auch dazu. Und wenns regnet nimmt man halt 'nen Schirm mit. Das tut dem Shoppingvergnügen keinen Abbruch.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Booni"

    Ich kenne aber etliche Personen, die meisten in meinem Alter (Mitte 20), die lieber durch 'ne Einkaufsstraße unter freiem Himmel laufen, als durch ein "Shopping Center". Ich gehöre auch dazu.


    Ich auch! :)

    Dazu wohne ich ja in einer Stadt. Ich will auch die Stadt erleben, wenn ich was einkaufe. Wenn ich alles unter einem Glasdach haben will, kann ich ja auch gleich im hintersten Kaff wohnen und ab und zu ins nächste Einkaufszentrum fahren.

    Zitat

    Und wenns regnet nimmt man halt 'nen Schirm mit. Das tut dem Shoppingvergnügen keinen Abbruch.


    Exakt. Da, wo man wohnt regnet's auch, da braucht man schließlich auch einen Schirm, wenn man mal um's Eck geht. Man baut ja auch keine Wohnviertel unter gigantischen Glasdächern (noch nicht... :? ).

  • In Skandinavien - vor allem Schweden - sieht es noch schlimmer als in D. aus. In Frankreich ist das vielleicht etwas besser, aber unschöne Beispiele gibt es genug: Lille, Metz, Strasbourg, Nancy (ein Monster ohne gleichen - das Centre Sébastian). In Aix oder Lyon gibt es aber kaum Probleme.

    England ist gaaanz heftig, siehe meine Galerie aus Liverpool. In Den Haag gab es 2-3 Monster direkt in der Altstadt.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker