• Altcrange 1, Haus Crange

    Da in einem anderen Gesprächsstrang die Rede auf Wanne-Eickel (Heute Teil von Herne) kam, habe ich einfach mal nach der Stadt recherchiert, auch weil meine Familie mal einen Bezug zu ihr hatte. Dabei bin ich auf folgenden erschreckenden Vorgang gestoßen...

    Ein für die Stadtgeschichte wichtiges Anwesen war das Schloß "Haus Crange". Das Schloß ist heute eine Ruine. 2002 wurde angekündigt, dessen Umfeld im Rahmen einer Parkgestaltung zu roden und die Mauerreste "begehbar" zu machen. (Weiß jemand, wie es heute dort aussieht und ob das Vorhaben umgesetzt wurde?)
    Hier die Ankündigung des Vorhabens: http://www.idruhr.de/detail.php?id=8700&seite=archiv

    So sah die Ruine zum Zeitpunkt der Rodung aus:
    http://www.jetho.de/Ruhrgebiet/Her…aus_crange.html
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?ti…=20070623162757

    Jetzt aber festhalten. So sah das Gebäude in den 1980er und sogar 1990er Jahren aus:
    http://trh.bkherne.de/wandeu/haus_crange_index.htm

    Ein katastrophales Versagen der Stadt und der Denkmalpflege, meine ich.


    Moderationshinweis (Zeno, 16.12.2009): Überschrift eingefügt

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (11. April 2011 um 04:23)

  • Zitat von "Heimdall"

    Ein katastrophales Versagen der Stadt und der Denkmalpflege, meine ich.


    Der Verlust des Hauses Crange ist ohne Zweifel sehr bedauerlich. Auch kenne ich den Vorgang und die genauen Umstände nicht, möchte nur allgemein darauf hinweisen, dass die (Unteren) Denkmalschutzbehörden allein schon wegen der Gesetzeslage relativ wenig tun können, solange kein Bauantrag vorliegt und der/die Eigentümer ein Denkmal verkommen lassen. Es wäre also erst einmal zu fragen, wer der Eigentümer des Hauses war bzw. nun der Fläche ist.

  • Von der genannten Website:

    Im Jahr 1982 wurde Haus Crange in die Denkmalliste der Stadt Herne aufgenommen und die Stadt Herne plante, das Gebäude zu sichern. So wurde [der Besitzer] Heitkamp im Jahr 1987 aufgefordert, an dem Bauwerk die nötigen Sicherungsvorkehrungen vornehmen zu lassen, wogegen er jedoch Widerspruch einlegte. 1988 musste der Beschluss der Stadt Herne zurückgenommen werden, da die Maßnahmen zur Sicherung des Gebäudes nicht zumutbar waren. ... 1989 plante man, in Haus Crange eine deutsch-polnische Jugendbegegnungsstädte zu etablieren. ... Haus Crange war für ein so ehrgeiziges Vorhaben zu klein. Im Laufe der Jahre wurde das Haus Crange für verschiedene Projekte vorgeschlagen, aber meistens scheiterte es an der Finanzierung, weswegen im Jahr 1991 der Förderverein Haus Crange e.V. gegründet wurde. Ihm haben wir es zu verdanken, dass das Grundstück sich wieder im Besitz der Stadt Herne befindet.

    Dem entnehme ich, dass das Haus abgerissen wurde oder eingestürzt ist, als es sich bereits im Besitz der Stadt befand. Oder interpretiere ich das falsch?

  • Oh ja, Haus Crange, wichtiger vorindustrieller Adelssitz in Herne. Das Schiksal dieses Hauses ist so traurig, wie auch typisch für westdeutsches und vor allem ruhrpottlerisches Vorgehen: Alles solange vergammeln lassen, bis die Restaurierung unmöglich wird und aus Sicherheitsgründen der Rest abgetragen oder abgerissen wird. Einfach zum heulen!!
    Dabei sind die Umstände, die dazu führen das so ein wichtiger Hof vergammelt oft die gleichen:
    -kein Geld zum bewirtschaften vorhanden,
    -ein interessantes Grundstück soll geräumt werden, kann aber aus Denkmalsgründen nicht sofort frei werden
    -die Kommune sieht trotz Denkmalschutz tatenlos zu
    -die Bürger interessiert es nicht ("bloss weg mit dem alten Kasten"), davon geht eine Gefahr aus....
    -wichtige Strassenbauprojekte
    -Beseitigung von Bergschäden oder ähnlichem werden durch den Verfall + Abriss umgangen
    -u.v.m
    Ich kenne nur all zu gut dieses Vorgehen aus meiner Region. Dabei spielt es keine Rolle ob es sich um ein Einfamilienhaus oder ein Adelshof handelt.
    Die wenigen Zeugnisse aus vorindustrieller Zeit haben in den letzten 60 Jahren durch Verfall, Verwahrlosung, Abriss oder sogar MODERNE VERFREMDUNG arg gelitten.

    Nehmen wir doch den viel gepriesenen Strukturwandel im Pott doch mal beim Wort und bauen Haus Crange wieder auf, damit Geschichte wieder ins Bewusstsein der Leute zurückkehrt, denn das Ruhrgebiet besteht nicht nur aus Industrieruinen und architektonischen Höllentrips sondern auch aus viel Schönem. :D

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Schon wahnsinn, daß das Haus noch vor wenigen Jahren stand und der Besitzer, die Stadt Herne, nichts zum Erhalt des Hauses gemacht hat. Möglicherweise existieren vom Urzustand in den Bau- und Kunstdenkmälern von Westfalen noch einige Bilder ! Müsste im Band Bochum von 1906 sein.

  • Ach Mist, das ist doch blöd, so wenig historisches Bewusstsein. Insgesamt steht Herne (neben Castrop Rauxel und Recklinghausen) zwar im ruhrgebietsweitem Vergleich recht gut dar, aber trotzdem, das hätte nicht sein müssen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Friedrich-Ebert-Platz 1, Bergelmanns Hof 6

    Neues aus Herne. Nachdem das historische Haus des königlichen Bergreviers fast schon unter der Abrissbirne verschwand, kommt nun der nächste kreative Vorschlag, die letzten Reste des historischen Baubestandes in Herne zu tilgen. Diesmal könnte ein historischer Justiz-Bau weichen: http://www.derwesten.de/staedte/herne/Architekten-Wettbewerb-geht-in-die-Verlaengerung-id2234462.html\r
    http://www.derwesten.de/staedte/herne/A ... 34462.html
    Zitat "Im Kern geht es nun darum: Abriss des Hafthauses und Neubau oder Um- und Anbau? Trotz des Denkmalschutzes, so BLB-Chef Heitkamp, dessen Behörde das Justizzentrum errichtet, könne das Hafthaus mit seiner neoklassizistischen Fassade unter bestimmten Voraussetzungen fallen. Das beispielsweise will das Berliner Büro Le´on Wohlhage Wernik. Es hat in den Wettbewerb Neubaupläne eingebracht, einen quadratischen, dunklen Klinkerbau mit vergrößerter Fläche."


    Moderationshinweis (Zeno, 16.12.2009): Überschrift eingefügt

    ...

  • Zitat

    Der klassisch-strenge Entwurf des Büros Léon Wohlhabe Wernik, sagt Helmut Heitkamp, Chef des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) in Dortmund, das den Bau errichten lässt, sei im Reigen der Wettbewerbsbeiträge „funktionell deutlich der beste“.

    Soso, das Wort "klassisch" hat die Modernistenlobby nun also auch uebernommen, wohl um ihren inspirationslosen Bauschoepfungen die Aura eines gewissen Status und einer gewissen Bestaendigkeit zu verleihen. :augenrollen:

  • Zitat

    Zum Einen behandele er das bestehende, ebenfalls denkmalgeschützte Amtsgericht „am schonendsten“, zum Anderen biete der Neubau eine besondere Qualität: „Er hat das Zeug, von einer späteren Generation als denkmalwürdig angesehen zu werden.“

    OK, wenn das der schonendste Entwurf war, möchte ich die anderen Entwürfe gar nicht zu Gesicht bekommen. Es hätte wahrscheinlich wirklich viel schlimmer kommen können. Insofern für Herne wohl halbwegs in Ordnung. Aber das die mit einem solchen Bau bereits heute und vor Baubeginn über den eigenen Denkmalschutz sinnieren, ist wirklich putzig. Demnach dürfte etwa Berlin mit seinen ähnlich aussehenden Rasterfassaden möglichenfalls schon in der nächsten Generation als riesiges Flächendenkmal festgeschrieben werden. Planen die Modernisten heute am Ende gar keine schnelle Investorenarchitektur mehr, sondern bauen in Wirklichkeit für 1000 Jahre?

  • Zitat von Aedificium

    Zum geplanten Justizzentrum sind die ersten Entwürfe fertig. Mal wieder so ein typischer Modernistenklotz der sich absolut harmonisch in vorhandene Strukturen einpasst, die historischen Nachbargebäude nicht erdrückt und auch nur 10 Mio Euro kostet :augenrollen:

    http://www.derwesten.de/staedte/herne/…-id2711897.html
    http://www.bing.com/maps/?v=2&cp=s…584&lvl=2&sty=b

    Tja, da schmeißen in Dresden die Architekturprofessoren bei angepassten Neubauten mit Nazivorwürfen um sich rum, aber einen Bau, der aussieht wie das Reichsluftfahrtministerium in Grün (sprich: zartrosa) findet man toll.

  • Wie ungeheuer Recht Herr Blome doch hat...

    Zitat

    Architekt findet Entwurf für Justizzentrum „zum Heulen“
    Herne. Ein Wettbewerb ist entschieden. Anderes war gewollt. Leon Wohlhabe Wernik liefern den funktionalsten Entwurf und das Gefängnis muss fallen!


    Ein Gastbeitrag von Architekt (!) Jens Blome.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Offiziöses Fazit: Weil ja die qualifizierte Jury entschieden hat, ist im Grunde auch alles richtig gemacht worden - auf dieser Grundlage kann man sich jetzt der aufkommenden Kritik stellen. Um den fiesen Kasten aus Steuergeldern gegen den Mehrheitswillen geht es im Grunde gar nicht mehr...Augen zu, Cliquenhändedrücke austauschen, zuprosten und durch! :gehtsnoch:

    Zitat

    [...]„Architektur ist immer auch Geschmacksache“
    Also habe die Jury in den sauren Apfel gebissen und sich für den Abriss entschieden, der auch den Trakt zwischen dem Amtsgericht und dem Haftshaus betrifft. Die Diskussion um den ausgewählten Entwurf kann Gronski gut verstehen: „Architektur ist immer auch Geschmacksache. Wir müssen uns der Kritk stellen.“

    Seinen normalen Gang sei das Verfahren bis jetzt gegangen und gehe es auch weiter, so Helmut Heitkamp, Chef des Bau- und Landesbetriebes NRW in Dortmund: „Bis jetzt haben wir nichts als einen von einer qualifizierten Jury ausgewählten Entwurf. Als nächstes muss die rechtliche Grundlage geschaffen werden.“ Und das heißt: die Genehmigungen für den Abriss des denkmalgeschützten Hafthauses und für den Neubau sind zu beantragen. An diesem Verfahren beteiligt sind sowohl das Amt für Denkmalpflege in Münster als auch die Stadt Herne.


    Quelle und Volltext: derwesten.de

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Zitat

    ...am heutigen Europaplatz.
    Dort soll jedoch laut eines Bekannten von mir der dort aufgewachsen ist, nach dem Zweiten Weltkrieg keine Fachwerkhäuser gegeben haben. (Betrifft die Fläche wo sich heute die Hochhäuser befinden)


    den Satz versteh ich möglicherweise nicht. Soll damit gesagt werden, dass von den ausschließlich dort und an keiner anderen Stelle befindlichen FWH kein einziges den II WK überlegt hat?
    Ich hab wo gelesen, dass Herne kaum oder gar nicht zerstört worden sei. hat es früher dort überhaupt eine nennenswerte Altstadt gegeben?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Wohl leider nur ein Aprilscherz. Ein reicher Auswanderer erwägte demnach wohl Hernes ehemalige gute Stube das 1899 errichtete neobarocke Hotel Schlenkhoff (Abgerissen 1962, danach belangloser Neubau s. bei Ruhr-Bauten http://www.ruhr-bauten.de/auswahl.php?index=1808) wieder aufzubauen. Es wäre zu schön gewesen um wahr zu sein. Meldung vom 01.04.13 ! dazu unter halloherne "Hernes gute Stube vor Wiederaufbau" http://www.halloherne.de/9-allgemein-he…iederaufbau6610

    ...

  • Wanne-Eickel, ein Stadtteil Hernes, entledigt sich einer grossen Bausünde. Ein seit Jahren leerstehendes Parkhaus im schönsten Betonbrutalismusstil wird abgerissen. Nachfolgebau wird ein Kaufland-Warenhaus.

    http://www.lokalkompass.de/herne/leute/ka…en-d326277.html

    http://forum.bauforum24.biz/forum/index.php?showtopic=58883 (Fotos des bisherigen Baus)

    http://bauprojekte-ruhrgebiet.blogspot.ch/2012/11/neubau…d-in-herne.html (Visualisierung Neubau)

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.