Berlin in alten Fotografien

  • Ich finde es nicht schlimm daß dieser Vorgängerdom beseitigt wurde. Er war doch recht bescheiden in seiner Anmutung, und einer Weltmetropole dann irgendwann nicht mehr angemessen. Dennoch schön, ihn noch auf alten Bildern zu sehen.

    In dubio pro reko

  • Hier einige Fotos zur Ergänzung:


    Aufbahrung Kaiser Wilhelm I. im alten Berliner Dom, 1888:


    Ein Blick in den Schinkelschen Dom, von Eduard Gaertner, 1824:

    Von der Inneneinrichtung kamen einige Dinge in den Raschdorffschen Dom, wie die Chorschranke und Leuchter.


    Hier noch zwei Fotos vom Campo Santo, der geplanten und teilweise ausgeführten Begräbnisstätte unter Friedrich Wilhelm IV. sowie dem Abriss der Apsiden des geplanten Stülerschen Domes:


    Entwurf zum Berliner Dom von Friedrich August Stüler, von Eduard Gaertner:


    Berliner Dom_Sprengung des Turms, am 2. April 1892, von Fritz Gehrke

    Einmal editiert, zuletzt von Spreetunnel (20. April 2014 um 11:45) aus folgendem Grund: Ergänzung Foto

  • Vielen Dank an Spreetunnel für die Ergänzungen.
    Ein kleiner Hinweis zu Bild 4 (nicht an Spreetunnel, er weiß das): das Gabäude ganz links ist die ehemalige alte Berliner Börse (1893 abgerissen).
    Und noch ein Bild von dem Gelände an der Spreeseite des alten Domes: Photoatelier Panckow, um 1875. Rechts die Burgstr.

  • Zitat

    Ich finde es nicht schlimm daß dieser Vorgängerdom beseitigt wurde. Er war doch recht bescheiden in seiner Anmutung, und einer Weltmetropole dann irgendwann nicht mehr angemessen. Dennoch schön, ihn noch auf alten Bildern zu sehen.

    Das wurde schon oft erörtert und ist natürlich grundsätzlich zutreffend. Selbstverständlich hat Schinkel ganz andere Meisterleistungen als diesen Dom geschaffen, der für mich merkwürdig östlich wirkt und dazu sehr provinziell. Selbstverständlich ist der Nachfolgebau einer der bemerkenswerten historistischen Kirchenbauten und zu einem Wahrzeichen geworden. Die Frage, inwieweit er durch die Vereinfachungen des Wiederaufbaus sogar etwas gewonnen hat, bleibt spannend.

    Trotz aller Zustimmung zu obigem Zitat halte ich es mehr mit diesem:

    Zitat

    Man hätte den alten Dom stehen lassen und den neuen woanders errichten können. Wie das heute aussehen würde...

    Das wäre die italienische Mentalität, ob der wir heute die Städte des Südens so neidisch anschauen: man ließ einfach das Alte bestehen und baute daneben neu. Auch im Vorkriegsberlin wäre dafür genügend Platz vorhanden gewesen und Berlin würde ganz sicherlich ein kleines Mehr an historischer Tiefe (auch wenn zwischen diesen beiden Domen kein so gravierendes zeitliches Loch klafft) keineswegs schaden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Leute! Vergesst nicht, dass Schinkel hier keine Eigenschöpfung vornahm, sondern dem Knobelsdorffschen Dom von 1747 aus Kostengründen 1816/17 und 1820/21 umbauen musste. Dieser fügte sich in die Proportionen des damaligen Lustgartens perfekt ein und war auch sehr repräsentativ.

    Hätte Schinkel seinen eigenen Dom entwerfen können, so hätte dieser womöglich ganz anders ausgesehen.

    Ob etwas schön oder nicht schön ist ist zu kurz gegriffen, man muss es immer im Zusammenhang sehen.


    Es gibt einen Entwurf, den ich mal anfüge, aber der ist nach dem Wunsch des Kronprinzen, des späteren Friedrich Wilhelm IV. entstanden, also nicht unbedingt Schinkels Idee.


    Zuerst aber der Zustand des ersten Berliner Doms im Lustgarten (die frühere Domkirche stand ja bis 1747 auf dem Schlossplatz und war ursprünglich eine Dominikaner-Klosterkirche)

    Lustgarten mit Domkirche von Georg Wenzeslaus von Kobelsdorff, um 1750, von Johann David Schleuen. Links vom Dom stand das Königliche Waschhaus, wo die Leibwäsche der Königlichen Familie gewaschen wurde. Es ging aus einem nicht verwirklichten Plan zu einer großen Bibliothek (Unter dem Großen Kurfürsten) hervor, bzw. den Anfängen des Baus.
    Angeblich musste Knobelsdorff diese Erdgeschossmauern im Domneubau mit verwenden.



    Ansicht der östlichen Begrenzung des Lustgartens mit Erdgeschoss der geplanten Bibliothek, dem Apothekenflügel und dem Lusthaus, um 1666, noch mit dem alten Schloss:


    Das Umfeld des Lustgartens waren, außer der Nordfassade des Berliner Schlosses, damals das Pomeranzenhaus (in Etappen bis 1875 abgebrochen) und das Lusthaus (Abbruch 1797), hier auf einer Zeichnung von Johann Stridbeck d. Jü. von 1690, danach richteten sich die Proportionen des Knobelsdorffschen Domes.


    aus der Lindenrolle von 1820, daneben links die alte Börse von Friedrich Becherer, erbaut 1800/1802, hinten noch zu sehen die alte Orangerie, wo heute die Alte Nationalgalerie steht:


    Neubauplan des Doms nach Wünschen des Kronprinzen Fritz, Aquarell von Karl Friedrich Schinkel, 1827:

    Mit der Säulenvorhalle nimmt man das Motiv der Vorhalle des Alten Museums auf, dass wiederum sich an einem, noch heute vorhanden, römischen Tempel orientierte. Die Proportionen ignorieren völlig den Schlüterschen Schlossbau und der Bau hätte auch die Renaissanceteile des Schlosses vernichtet, wäre er wirklich so an der Ostseite des Schlosses gebaut worden. Vielleicht zeigt der Entwurf aber auch nur die Größenverhältnisse an und ist eine Studie.

  • Das zweite Bild zeigt ja nur einen Ausschnitt aus Joan. Sigism. Elßholz, Vom Garten-Baw: Oder Unterricht von der Gärtnerey auff das Clima der Chur-Marck Brandenburg..., 1666, Cölln an der Spree: Das Churfrstl. Brandenburgische Residensschlos und Lustgarten zu Cöln an der Spree
    Der rechte Teil ist sehr interessant, weil sich die Frage stellt, ist die dort gezeigte Rand-Bebauung des Lustgartens, die ja nur zu einem kleinen Teil real war, einer Planung oder der Phantasie des Zeichners entsprungen.
    Auch ist die linke Bebauung, wenn man den Bildern Stridbecks glauben darf, zwischen Apothekenflügel und der Grotte fraglich, denn um 1690 sah es mehr nach einem Wandelgang, als nach einer, wenn auch unausgebauten, Bibliothek aus.

    Vielleicht weiß da Jemand mehr.

    Noch eine Ansicht des Lustgartens mit dem alten Dom.

  • Das ganze ist wohl Fantasie, zumindest der Westteil des Lustgartens war nie so bebaut. Es gab dort ein "Ballhaus" zum Spielen und kleinere Gebäude.

    Selbst das Schloss entspricht nur in Teilen der Realität. Vielleicht waren es Plannungen, die hier skizziert wurden. Man kennt ja auch div. Zeichnungen von J. B. Broebes, der nur darstellen wollte, wie Berlin rund um das Schloss aussähe wenn ......

    Die Mauern auf der Ostseite dagegen waren Realität und wurden einmal beim Waschhaus und zum zweiten für das Totenhaus neben dem Apothekenflügel verbaut. Möglicherweise war der Bau noch unter dem Großen Kurfürsten begonnen worden, aber unter seinem Nachfolger Friedrich III. (König Friedrich I.) nicht weiter verfolgt, da man ja ohnehin einen kompletten Schlossumbau plante.

    Stich von Caspar Merian, 1652, mit dem Schloss, dem Apothekenflügel und dem Ballhaus am Lustgarten:


    Blick auf Lustgarten und Dom, 1783,
    Gemälde von Carl Traugott Fechhelm im Schloß Charlottenburg:


    An der Kavaliersbrücke, Leichenhaus von der Rückseite, rechts die Kante vom Schinkelschen Dom, F. W. Schmidt, 1884:

  • Zitat: 1650 ward von Merrıhardt das Lusthaus gebaut. Es ist zwei Geschoß hoch, hat auf allen vier Seiten Vorsprünge, nach dem Lustgarten zu zwei kleine Türmchen, in der Mitte eine Kuppel und rund herum Galerien. Der untere Teil war eine Grotte.

    Das Lustschloß, oder auch die Grotte genannt, auf einem Gemälde von Johann Ruysche um 1650 (Auszug).

    Zitat: 1738 schenkte der König der Kaufmannschaft den oberen Saal zu einer Börse, wo auch die Kaufmannsgilde ihre Versammlungen hält.
    Der untere Teil ist jetzt ein Teil der Werkstatt der Königlichen Bildhauer. Stich von Schleuen um 1845.

    Sommerparade Friedrichs II. im Lustgarten um 1750, Probst


    Hier nochmal das von Spreetunnel gezeigte Bild von Stridbeck

    1798 zugunsten eines Neubaus für die Börse an gleicher Stelle abgerissen. Stich um 1830.

    Das Börsen-Gebäude, jetzt Sitz der Bergakademie (bis 1878) und das Maschinenhaus, von der Wasserseite während des Baues der neuen Friedrichsbrücke 1870-73

    Das Gebäude 1887, jetzt Orientalisches Seminar der Universität Berlin (1893 abgerissen), Campo Santo und der alte Dom.

    Hallo Spreetunnel, das war dicht an einer Kollision vorbei, danke für den Beitrag. cclap:)

  • Albrecht Meydenbauer, der Vater der Königlichen Messbildanstalt, soll die Bilder 1868 vom neu gebauten Turm des Rathauses gemacht haben.
    Ich habe die Bilder so gelassen, wie ich sie vor einigen Jahren im Internet gefunden habe, eben leider nicht perfekt. Aber ich habe nie wieder Eines davon wiedergesehen.

    1, Königsbrücke

    2, Kadettenhaus, Klosterkirche

    3, Parochialkirche

    4, Jüdenstr.

    5, Molkenmarkt

    6, Nikolai- & Petri-Kirche

    7, Schloss

    8, Dom & Spandauer Str.

    9, Neuer Markt, Marienkirche, Garnisonskirche

    10, Marienkirche, Anschluss zum 1. Bild


    Ich habe mal die Bilder, so gut es geht (oder ich konnte), zu einem Panorama zusammengesetzt, aber leider ist die Datei zu groß um sie einzustellen (hab es jedenfalls nicht geschafft): 2,35 MB, 9920x915 Px, hat vielleicht Jemand 'ne Idee? huh:)

  • Was für eine Stadt! Großartig! Man kann sich garnicht sattsehen an diesem beeindruckenden Häusermeer!

    Vielen vielen dank für dieses phantastische Panorama

  • Ja, auf diesen alten Bildern sieht man wieder einmal ganz deutlich, wieviel Lebendigkeit, Abwechslung und Urbanität durch die ganz verschiedenen Dachformen und -höhen entsteht, die Verwinkelungen der Fassaden und auch der Straßenzüge.
    Das Auge kann sich gar nicht sattsehen und wie ich schon an anderer Stelle früher einmal schrieb, wirken selbst diese verblichenen Schwarz-Weiß-Fotos aus dem 19. Jahrhundert sehr farbig in dem Sinne, daß man erkennt, daß es eben keine triste Ansammlung von Bauklötzchen ist, sondern Architektur, die gewachsen ist, lebt und atmet.
    Wie langweilig wäre doch eine heutige Fotografie vom selben Standort aus! :kopfwand:

  • Was man aber auf diesem Foto auch sieht ist, daß die damalige Profanbebauung noch relativ bescheiden in Höhe und Gestaltung war. Erst mit der gründerzeitlichen Umformung wurde das Stadtbild wirklich repräsentativ und großstädtisch. Mir gefällt das Berlin nach dieser städtebaulichen Veränderung besser, etwa so wie es dann zwischen 1900 und 1945 war. Das war für mich der vollendete Zustand.

    In dubio pro reko

    2 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (27. April 2014 um 09:51)