Berlin in alten Fotografien

  • Auch eine schöne Ansicht vom Oranienplatz, die den großen und schmerzlichen Verlust dokumentiert. Das Eckgebäude in der Bildmitte steht ja noch und beherbergt immer noch wie um 1900 (wie uns die damalige Dachreklame verrät) den legendären Kuchen-Kaiser.

    Da man ja neuere Bilder, die man nicht selbst geschossen hat, nicht direkt einbinden soll, hoffe ich, daß eine Verlinkung in Ordnung ist. Auch an diesem Haus wäre eine dringende Aufgabe, den Stuck wieder anzubringen, um dem Oranienplatz und der Luisenstadt ein markantes Eckgebäude zurückzugeben.

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…ranienplatz.jpg

  • Vielen Dank, Ludolf und Spreetunnel für diese Galerien des alten Berlin. Es sind Fenster in eine unendlich ferne faszinierende Welt. Was für eine urbane Dichte und Lebendigkeit, die dieses Vorkriegsberlin in riesiger Ausdehnung durchzog, was für eine endlose Fülle imposanter Straßen und Plätze, die in einem dichtgewobenen Netz eine ungeheuer ausgedehnte Innenstadt umspannte. Heute dagegen allenthalben erstorbene Bereiche, Restbrachen, durch Nachkriegsmoderne enturbanisierte Areale, verunglückte Experimentierfelder eines hygieneversessenen Siedlungsbaus, abstoßende Relikte architektonischer Nachkriegsmoden! Was war es nur, was die Alten noch befähigte, funktionierende Städte zu bauen?

  • Der Luisenstädtische Kanal gehört zu meinen persönlichen größten städtebaulichen Verlusten. Ausnahmsweise mal kein Ergebnis der Nachkriegszeit.

    Einmal editiert, zuletzt von Benni (8. Januar 2014 um 12:48)

  • Vielen Dank, Ludolf und Spreetunnel für diese Galerien des alten Berlin. Es sind Fenster in eine unendlich ferne faszinierende Welt. Was für eine urbane Dichte und Lebendigkeit, die dieses Vorkriegsberlin in riesiger Ausdehnung durchzog, was für eine endlose Fülle imposanter Straßen und Plätze, die in einem dichtgewobenen Netz eine ungeheuer ausgedehnte Innenstadt umspannte. Heute dagegen allenthalben erstorbene Bereiche, Restbrachen, durch Nachkriegsmoderne enturbanisierte Areale, verunglückte Experimentierfelder eines hygieneversessenen Siedlungsbaus, abstoßende Relikte architektonischer Nachkriegsmoden! Was war es nur, was die Alten noch befähigte, funktionierende Städte zu bauen?

    Dieser Meinung und der vortrefflichen Wortwahl kann ich mich nur anschließen und beipflichten. Damit ist das ganze heutige Elend dieses Teils von Berlin beschrieben und doch reichen manchmal (mir geht es jedenfalls so) die treffendsten Worte nicht aus, welche Trauer man im Herzen spürt beim Anblick der alten Fotos.

  • "Was war es nur, was die Alten noch befähigte, funktionierende Städte zu bauen?"

    Sie wußten noch, daß Fassaden ein Gesicht brauchen, Straßen und Plätze ihre repräsentativen Fassungen, sie wußten von Blockrand und Traufhöhe und daß ein Dach das Haus bekrönt.
    Sie kannten die destruktive Ideologie der "Moderne" noch nicht. Mit ihr kam das ganze Unheil über unsere Städte, Funktion ohne Gestalt, Geschichtslosigkeit, architektonischer Wildwuchs. Und bis heute kein Ende damit.

    In dubio pro reko

    Einmal editiert, zuletzt von reklov2708 (8. Januar 2014 um 14:31)

  • Schön gesagt Philokodomos. So denke ich genau auch über das Vorkriegs Berlin.
    Ehrlich gesagt habe ich auch immer eine Schwäche gehabt für 3 wundervolle Plätze: Moritz Platz, Oranien Platz (mit kleinen Neben- Plätzchen im SO) und Wassertor Platz. Die Bebauung hat hier seinen grössten Reiz, die Jugendstil Laternen waren tatsächlich wunderbar und der Kanal gibt noch mehr Tiefe und 3D Gefühl.

    Das Geheimnis heisst Städtebau & Planung, geschlossene Blockrandbebauung und Bauherren die das bauliche "Fach" gelernt haben und verstanden.
    Dann angepasst an bestehende Bau weiter bauten MIT Rücksicht was bereits gebaut wurde.
    Die Bauten sollten besonders an der Aussenseite harmoniös, würdig und künstlerisch aussehen mit soviel wie möglich Details, Kunstwerken (Figuren) in harmoniöse sanfte reizvolle Farben. Nach 1925 änderte sich das vollkommen........

    Die moderen bauen nur aus Egoismus, haben das "alte Fach" von dem traditionelle Bauen niemals gelernt. Wollen das auch nicht. Ihre Bauten sollen so billig wie möglich sein und so auffallend wie möglich (Egoismus) von anderen Bauten!!! Sie bauen nur für sich selbst, nicht für die Stadt oder eine feine oder herrliche Belebung. Kunst an Fassaden ist den Modernen fremd. Wenn gemacht ist es billiges industrielles angefertigtes Massenwerk (siehe heutige Leipziger Platz Bebauung).

    Deswegen waren die Strassen und Plätzen früher überfüllt mit Menschen: die flanierten und genosssen von die herrliche und angenehme städtische Umgebung. Es gab weniger Verkehr und mehr Bäume entlang die Alleen oder auf die Plätze, die meistens grüne Inseln waren in die geschlossen gebaute Stadt. :trommeln:

    Die Menschen auf die alte Bilder sind nicht nur gerne auf der Strasse, aber erscheinen glücklicher, sie geniessen sichtbar von der Stadt.

  • In der Regel sieht man die Rasenfläche des Alexanderplatzes in Blickrichtung auf die Behrens-Häuser und den Stadtbahnhof. Hier habe ich mal eine Aufnahme in Gegenrichtung gefunden.

  • Der Alex war schon immer ein komischer Platz, nie so richtig fertig, nie so richtig perfekt. Am besten gefällt mir allerdings der Zustand unmittelbar vor der Kriegszerstörung, da war er richtig großstädtisch und abwechslungsreich. Diese Straßenbahnkreuzung war auch interessant.
    Danke für diese seltene Ansicht.

    In dubio pro reko

  • Links im Bild, da stand eine sehr hoher Kirchenturm, auch nach 1945 noch....unversehrt...Warum wurde diese Turm denn abgebrochen?

    Wenn ich mich nicht irre war es die Petrikirche welche 1964 abgerissen wurde - ich vermute mal sie sollte der sozialistischen Ungestaltung des Alexanderplatzes weichen.

  • Wenn ich mich nicht irre war es die Petrikirche welche 1964 abgerissen wurde - ich vermute mal sie sollte der sozialistischen Ungestaltung des Alexanderplatzes weichen.


    Wieso Petrikirche? Das ist bei der Blickrichtung eindeutig die St-Georg-Kirche am Georgenkirchplatz, an dem die Landsberger Straße und die Große Frankfurter aufeinander trafen. :wink:

    Aber mit der sozialistischen Umgestaltung dürftest Du recht haben :wuetenspringen:

  • Dass hier solche Uneinigkeit darüber herrrscht, wie die Kirche denn überhaupt heißt, führt uns doch nur erneut die Grausamkeit des sozialistischen Städtebaus vor Augen, der es nunmehr sogar schaffte, eine Kirche ganz aus dem Gedächtnis zu tilgen. Gut, dass dieser Strang ihr nun doch ein Denkmal setzt - irgendwie.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • Hier zur Ergänzung etwas zur Historie der Georgenkirche:

    Die Georgenkirche wurde im 13. Jh. als Spitalkirche vor den Toren der Stadt, dem Oderberger Tor errichtet. Schon 1693 war die Spitalkirche, die etwa 200 Menschen fassen konnte, zu klein und wurde in der Breite erweitert. 1704 bis 1705 erfolgte dann eine Verlängerung nach Osten. 1712 bis 1714 brach man den Dachreiter auf dem Westgiebel ab und setzte statt dessen vor die nördliche Hälfte der Westfront einen viergeschossigen Turm.

    Spätmittelalterlicher Vorgängerbau, Stich von Johann David Schleuen, 1760:

    Bis 1779 stand dieser Bau, dann wurde das Kirchenschiff nach einem Entwurf von C. A. Naumann neu errichtet; nur der Turm blieb erhalten.


    Ansicht von 1777:

    Ansicht von 1797:


    Ansicht von 1857:

    Das Georgenhospital, Georgenkirchplatz 33-35, um 1880:

    Ansicht von 1886:

    Eingang in den Georgenkirchhof um 1886:

    Georgenkirchplatz 11, 1927:

    Georgenkirchplatz 11, Hofansicht, 1927:

    Georgenkirchplatz 12, 1914:

    Georgenkirchplatz 12, Hofansicht, 1914:

    Georgenkirchplatz, ehemalige 11. Gemeindeschule, 1889:

    Georgenkirchplatz 19, 1935:

    Georgenkirchplatz 20, Firma Eiswerke und Kühlhallen am Alexanderplatz, 1932:

    Georgenkirchplatz 20-25, 1927:

    Georgenkirchplatz 20-25, 1927:

    Georgenkirchplatz 29, 1928:


    Die alte Kirche wurde abgebrochen, nachdem am 1. Februar 1898 das (östlich dahinter) von Johannes Otzen erbaute neue Gotteshaus eingeweiht worden war.

    Detail der Fassade um 1900:

    Bilder vom Innenraum, 1898:

    Ansicht von Max Missmann, 1904:

    Ansicht von 1934:

    Ansicht von 1950:

    Die Kirche stand etwa da, wo heute das "Haus des Reisens" ist. Beim Bau der Tiefgarage unter der neuen Alexanderstraße fand man "oh Wunder" die Knochen der auf dem dazu gehörigen Friedhof beigesetzten ehemaligen Spitalangehörigen und Gemeindemitglieder. Natürlich wusste damals kein Mensch von diesem alten Friedhof, in alte Pläne zu schauen kann man ja nicht erwarten :lachentuerkis:

  • Dass hier solche Uneinigkeit darüber herrrscht, wie die Kirche denn überhaupt heißt,

    Entschuldige, ich bin nicht so sonderlich fromm, daher möge man mir verzeihen daß ich nicht immer ganz richtig liege mit den Namen der Kirchen. Sie sind für mich einfach nur Meisterwerke der Baukunst.

  • [...] was mich betrifft nie gesehenen) Bilder, besonders vom Georgenkirchplatz.


    Findest du alles unter http://www.bildindex.de >Suchbegriff: Berlin >Suche verfeinern markieren & 2. Begriff: Georgenkirchplatz

    Das nahezu gesamte Gebiet der Königsstadt zwischen Prenzlauer Straße, Neuer Königsstraße und Landsberger Straße nordöstlich der Alexanderstraße wurde nach dem Krieg (z. T. erst in den 60ern) plattgemacht. Ein Wahnsinn! Ein wenig davon ist auch im Bildindex zu finden, allerdings nicht sehr viel; das Gebiet ist wahrscheinlich nicht sehr gut photographisch dokumentiert.

    Beispiele für die unzähligen barbarischen Nachkriegsbeseitigungen unbeschädigter Bauten:

    Die oben gesehene Schule am Georgenkirchplatz im Jahr 1954

    Das Minolhaus vor der Georgenkirche im Jahr 1951, abgerissen in den späten 60ern.

    Zur Übersicht eine Luftaufnahme aus den frühen 30ern, welche die damalige bauliche Situation zeigt.

    Identischer Blick, nur von weiter unten.

    Man sieht hier, dass die Moderne auch auf der NO-Seite des Alexanderplatzes schon zu wüten begonnen hatte. Beseitigt wurde bereits die Bebauung am Zusammentreffen von Neuer Königsstraße und Landsberger Straße (beides nach dem Krieg vernichtete Straßen), dort u. a. auch das Haus mit den 99 Widderköpfen, in welchem u. a. C.-F. Schinkel mal wohnte. Das Königsstädtische Theater auf dem Alexanderplatz, welches 1932 beseitigt wurde, bedarf da gar keiner zusätzlichen Erwähnung, wenn man zu dem Schluss kommt, dass der heutige Alexanderplatz samt Umfeld großenteils eine Kombination aus Ideologie und Fratze der Moderne ist.

    Der Alexanderplatz war nämlich auch mal ganz ansehnlich - hier eine Aufnahme von Süden im Jahr 1925, als der Straßenbahnverkehr noch um den Platz herum führte.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Danke, Palantir für die interessanten Bilder und den Link... Wieder einmal bestätigt sich mein Eindruck, daß Berlin bis in die 30er Jahre eine wunderschöne Stadt war.

    Ich muß gestehen, bisher habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, was am Alexanderplatz in nordöstlicher Richtung alles stehen geblieben war, bzw. daß es so noch soviel an Bausubstanz gab, die der Sozialismus in barbarischer Weise hinweg gefegt hat.

    Allerdings, so realistisch sollten wir sein und ich sagte es schon mal an anderer Stelle, daß der Alexanderplatz und andere prominente Orte im Laufe der Jahrzehnte auch ohne Krieg und Nationalsozialismus stark verändert hätten. Am Alex und auch am Potsdamer Platz (Columbushaus) hatte man ja schon damit angefangen. Bauhausbewegung und auch der (architektonische) Einfluß, der nach dem ersten Weltkrieg aus Amerika gerade zu uns nach Deutschland herüber schwappte, machten natürlich die Metropole Berlin dafür empfänglich, den damals empfundenen Muff der Kaiserzeit abzustreifen. Eine Entwicklung, die sich ja nach dem Krieg fortsetzte, indem an vielen Altbauten der Stuck abgeschlagen wurde. Nach meinem Wissen zahlte ja in Berlin sogar der Senat den Besitzern stehen gebliebener Häuser noch Prämien, wenn sie die Verzierungen entfernen ließen, damit alles schön glatt war wie die Neubauten, die die Lücken füllten.

    P.S.: Mit unserer heutigen Einsicht, wie schön diese Architektur war, welche Harmonie sie ausstrahlten und vor allem, welche technischen Möglichkeiten wir heutzutage haben, so ein Stadtviertel zu sanieren und zu restaurieren... Man darf gar nicht daran denken.... :kopfwand:

  • Entschuldige, ich bin nicht so sonderlich fromm, daher möge man mir verzeihen daß ich nicht immer ganz richtig liege mit den Namen der Kirchen. Sie sind für mich einfach nur Meisterwerke der Baukunst.

    Für mich im weiteren Sinne eigentlich auch, und schließlich hab ich es ja genauso wenig gewusst. Da gibt's nix anzuklagen und auch nicht zu entschuldigen :zwinkern:

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)