Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Deutschland gefällt sich, wie es sich noch immer die Wunden leckt. Auch nach 70 Jahren noch. :ueberkopfstreichen: Wir Armen!
    Ruinenkult und Einschußlochfassaden, :gehtsnoch: Ob das noch mal ausheilt?

  • Ich sehe das nicht so dramatisch. 1. sind ja nur 1% der Fassadenelemente erhalten und davon wird aus statischen nicht alles eingebaut. 2. sind die erhaltenen Steine eigentlich ganz gut erhalten und sollen ja auch noch ergänzt werden (große Fehlstellen wird es nicht geben) und 3. sind die Steine nicht so schwarz wie bei der Frauenkirche und wenn man den Bildunterschriften glauben kann, werden diese ja auch noch restauriert.

    Siehe Bildergalerie (Foto mit den 4 Statuen anklicken):
    http://www.sbs-humboldtforum.de/de/Berliner-Sc…hlossbauhuette/

    Aber natürlich regt einem dieser Ruinenkult langsam auf! Wie würden denn die Städte aussehen, wenn alle Generationen so gedacht hätten ("Das ist jetzt kaputt. Das lassen wir so. Die Spuren der Zeit müssen erhalten bleiben.")?

    Besonders Chippis geblubber das man mit der Ruinenkonservierung des neuen Museums Stüler Respekt zeigt ist ein völlig falscher Ansatz. Wem wird denn Respekt gezeigt? Dem wo es erbaut hat oder dem wo es zerstört hat? Stüler oder Bomber-Harris?

  • Jetzt muss ich doch mal eine Lanze für die Ruinenromantik brechen. Im Fall diesem Fall währen sie Zeichen der Originalität der Fassade und man darf auch ruhig erkennen das sie alt sind. Originalteile in ein Museum zu stellen macht nur dann Sinn wenn sie am Originalplatz langfristig gefährdet sind und nicht erhalten werden können.

  • ^Das ist Quatsch. Die Fassade ist doch nicht deshalb "original", weil deformierte Trümmerteile eingebaut werden. Die originale Form und Farbe haben diese Teile nicht.

    Die "Originalität" bezieht sich auf das Baumaterial, obwohl die neuen Teile aus dem gleichen Sandstein, streckenweise sogar aus dem gleichen Bruch kämen.

    Die Befürworter des Einbaus von Trümmerteilen beziehen sich auf eine "Aura" der Fragmente oder "fühlen etwas", wenn sie mit den Spolien zu tun haben. Ich fürchte, die Herrschaften sind entweder ein Fall für den Sektenbeauftragten oder haben die letzte Aufklärung verpasst, wenn sie da "etwas fühlen".

  • Die "Originalität" bezieht sich auf das Baumaterial, obwohl die neuen Teile aus dem gleichen Sandstein, streckenweise sogar aus dem gleichen Bruch kämen.

    unterschätze mir nicht die Bildhauer, weder die alten Meister noch jene von heute!
    Jede Skulptur ist ein Unikat, und selbst wenn man sie noch so akribisch genau nachbauen möchte, jeder Bildhauer hat seine eigene Handschrift, das ist auch gut so. Es entsteht ein neues Original,das mit dem alten zwar ähnlich aber nicht identisch ist. Nenn es Altersfetischismus, aber ich glaube eine Skulptur die vor 300 Jahren in einer Werkstatt entstanden ist, unter der Einzigartigkeit des Künstlerisch-ideologisch-intelektuellen Horizonten des Auftragsgebers, dem Kurfürsten, vorallem aber dem des Planers Schlüter und letztlich dem ausführenden Bildhauers, ist letztlich eine ganz andere. Auch eine Skulptur die Kriege, Belagerungen, Industrialisierung, Revolutionen Diktaturen miterlebt hat ist eine ganz andere, als eine die heute entsteht.
    Recht gebe ich Dir aber, das man sich sehr wohl drüber streiten kann, was diese Originalität an eine Kopie zu suchen hat, ob man da nicht etwas vermischt, was nicht vermischt werden sollte. Ich kann diese Frage für mich nicht befriedigend antworten, unproblematisch ist es aber auf jeden Fall nicht.

  • Gute, handwerklich gemachte Kopien der Originalstatuen sind jedenfalls näher am Original als die Trümmer, die geborgen wurden. Insofern - darauf wollte ich hinweisen - ist das "Original"-Gefasel eben Quatsch.

    Wenn man einen romantischen Ruinenkult möchte - sei es aus Modegründen oder aus reiner Faszination für unfertige Dinge - möge man dies sagen, das ist nicht ehrenrührig. Wenn man aus baupolitischen Gründen die Schäden des 2. Weltkrieges und des Sozialismus (bei den Schlüterhof-Skulpturen die enormen Beschädigungen durch unsachgemäße Lagerung und Bewegung mittels Radlader) zeigen möchte - bitte. Auch das kann ein Konzept sein.

    Aber bitte: man verschanze sich nicht hinter einem "Original", oder einer "Originalsubstanz", die war weder russgeschwärzt, noch abgestoßen noch anders kaputt. Was man dann möchte ist eine didaktizierende Geschichtscollage, die und mit erhobenem Zeigefinger irgendetwas lehren, mahnen oder erinnern soll. Das hat der Deutsche Bundestag nicht beschlossen, sondern die Rekonstruktion dreier Barockfassaden.

  • Kommt die Dachterrasse auf dem Stadtschloss nun doch? Die BZ berichetet dass die Pläne für ein Dachrestaurant und eine Panorama-Terrasse zu Füßen der Kuppel mittlerweile gute Realisierungschancen hätten. Das Projekt sei schon genehmigt, doch einige Mitglieder des Stiftungsrats seien dagegen. Petra Kahlfeldt etwa sorgt sich um die "Würde des Schlosses". :gehtsnoch:

    Siehe >> http://www.bz-berlin.de/berlin/bekommt…schen-aufs-dach

  • Auf jeden Fall sieht man auf der Webcam rechts neben Kran 3, dass auf dem Dach gerade der (geschosshohe!) Kasten gebaut wird, den man auf dem Architektenbild aus dem Artikel oberhalb des Dachcafés sieht. Den finde ich fast noch schlimmer als das Café selbst. Ich verstehe nicht, warum man es bei einem solch großen Bau nicht schafft, die gesamte Technik unsichtbar unterzubringen - entweder im Keller oder im Dachgeschoss und nicht darauf. Damit ist die Dachlandschaft in meinen Augen sowieso schon verschandelt. Da kommt es auf das Café fast auch nicht mehr an.

    Übrigens: Eine "Dachterrasse", also eine flache Ebene, die nicht über den Dachfirst hinausragt, als Aussichtsplattform ist doch ok. Mit "Dachterrasse" als Problem meint ihr hier doch wohl den Aufbau, also die gläserne "Gastronomieetage", oder?

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Dass Rettig sich für eine Aussichtsmöglichkeit vom Dach einsetzt verwundert mich nicht, aber sein unablässiger Einsatz gerade für eine Gastronomie (mit Kaminzimmer und Pipapo) ist doch außerordentlich ungewöhnlich und lässt aufhorchen. Schließlich wird es gastronomisch bereits ausreichend Möglichkeiten im Humboldt-Forum selbst geben. Selbst das finde ich nicht besonders gut, da es Raum nimmt für (ggf. Raumrekonstruktionen) und zugleich die gewünschte Belebung des Bereichs um die Breite Straße mit Gastronomie erschwert; das Humboldt-Forum lebt auch ohne Futterstellen.
    Hinsichtlich des Rettig'schen Einsatzes gilt für mich: "Honi soit qui mal y pense". Da ich denke, dass er das Dachrestaurant durchdrücken wird, bin ich gespannt, wer die 3 Mio. € im Gegenzug für eine langfristige Pacht aufbringen wird - derjenige wird sich das wohl schon länger durchgerechnet haben und dürfte Rettig mit der Idee vorgeschickt haben. Vorbild ist ganz eindeutig das 'Käfer-Restaurant" auf dem Dach des Reichstags.

    Noch ein Hinweis:
    Auf den Seiten der SBS-Humboldforum befinden sich derzeit viele Luft- und Innenraum-Bilder des fertiggestellten Rohbaus vom Sept./Okt. 2014.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • frank1204

    Ist das nicht nur eine Konstruktion für das Gießen des schiefen Daches, damit dort der Beton besser hinein fließen und der "Betonrüssel" besser kontrolliert werden kann? Ich glaube mich zu erinnern, dass dies bei den anderen Dachabschnitten auch so aussah.

  • Möglicherweise redundant:

    Ist die spätere Rekonstruktion der Gigantentreppe in der vorhandenen Baustruktur machbar?
    Werde aus den Grundrissen nämlich nicht schlau.

    Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. - Friedrich Schiller -

  • Ist das nicht nur eine Konstruktion für das Gießen des schiefen Daches, damit dort der Beton besser hinein fließen und der "Betonrüssel" besser kontrolliert werden kann? Ich glaube mich zu erinnern, dass dies bei den anderen Dachabschnitten auch so aussah.


    Nein, ich denke, die bauen da eine gerade Wand - ich meine das hier:

    Quelle: Bildausschnitte aus
    http://cam01.berlinerschloss-webcam.de und http://cam03.berlinerschloss-webcam.de

    Es ist ja auch deutlich oberhalb der bisherigen Dachschrägen. Und außerdem sollten an der Stelle gar keine Dachschrägen sein.

    Das wird offensichtlich der Kasten oberhalb des Glascafés und links der Kuppel, den man auf diesem Bild sieht.

    Wenn ich mich irre, würd´s mich freuen...

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Es ist auch deutlich ein angebautes Gerüst zu sehen.... das ist durchaus eine fertig aufgebaute Ortbetonschalung...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Ich finde es schade, aber gehört wohl in unsere Zeit, dass die Menschen alles beklettern und besteigen müssen. Ich hätte gern die Wiederkehr der Urtürmchen gesehen. Das südlichere der beiden stammt immerhin aus dem 18. Jh. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen.

  • War das nicht so dass man "statische" Bedenken gegen die Uhrtürmchen hatte? Aber ein Betondachterassenaufbau geht, klar ist ja auch modernistisch und verstümmelt den Gesamteindruck...

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Soeben wurde die betreffende Wand für die Dachterrassenrestauration ausgeschalt (Webcam). Damit wäre das geklärt...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Ja, ich hab´s auch gerade gesehen. Von der Lage her wird das aber wohl nicht zur Gastronomie gehören, sondern ein Technikraum sein.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Hallo zusammen,

    Noch mal zurück zu Diskussion um den Einbau von (beschäftigten) Original-Fragmenten.: bereits in wenigen Jahren werden wir nicht mehr unterscheiden können, zwischen diesen Originalen und in der heutigen Zeit entstandenen Nachbildungen. Denn dann werden die Nachbildungen die gleiche dunkle Patina angenommen haben, die die Originalen besitzen. Und spätestens ab diesem Zeitraum wird man sich dann hoffentlich fragen, was die damaligen Bauherren getrieben hat, beschädigte Fragmente einzubauen.

    Denn beschädigunge Bauteile werden seit Eh und jeh ausgetauscht. Originalität besteht nicht im originalen Material, sondern in der originalgetreuen Nachempfindung der definierten Idee.

    Auch das im Krieg schwer beschädigte Stadtschloss Berlin wäre nach jeglicher anderer Definition von Originalität bereits vor der Zerstörung schon nicht mehr original gewesen, denn es hatte bereits damals eine komplett Rekonstruktion der Fassade hinter sich.

    Nun stelle man sich die zukünftigen Restauratoren des Stadtschlosses Berlin und Potsdam vor: diese müssen zukünftig unterscheiden zwischen einem Stein, welcher nach 2010 bearbeitet wurde und ausgetauscht werden darf, wenn er denn beschädigt ist, und einem Stein, welcher mit der ersten Rekonstruktion bearbeitet wurde, also bereits auch eine "Kopie" ist, aber nach jetziger Definition als original gilt, demzufolge trotz und gerade wegen Beschädigung nicht ausgetauscht werden soll.

    Grüße
    Luftpost

  • Luftpost
    Was würdest Du denn mit den beschädigten Originalsteinen machen? Sie im Depot belassen, in eine Deponie kippen, oder gar kleinhauen und die Kiesel z.B. in Armbanduhren einsetzen?
    Hier in Dresden habe ich mit der Frauenkirche immer wieder vor Augen, was es bedeutet (auch beschädigte) Originalsteine in einem wiederaufgebauten Gebäude zu haben. Damit wird gar nichts entstellt (auch weil im Bereich der Kuppel aus statischen Gründen nur neue Steine verbaut werden konnten). Man kann aber durch die gerissenen, schräg stehenden und bestoßenen Steine einen kleinen Einblick erhalten, was dem Bauwerk einmal geschehen ist.
    Beim Stadtschloss ist meines Wissens doch gar nicht genug übrig, um das Haus in seiner Gesamtwirkung zu beeinträchtigen!