Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Nein ich meinte schon 'Sitzriese'.

    Hm.... na Ende hat ja diese wunderbare Figur geschaffen (ich glaube er hieß Herr Tur-Tur), die anders als es eben normalerweise der Fall ist, eben von ferne groß und riesig erscheint, von Nahem dann aber ein ganz normales menschliches Maß hat.

  • Uhugreg, Oktavian und Spreetunnell haben unbedingt recht!

    Am 25. Juli ( Beitrag 8794) habe ich in dieser Reihe schon einmal dargestellt, wie wohltuend die Bauwerke der Renaissance und des Barock in den Proportionen der Innenräume und der Fassade gestaltet sind.

    "Halt Maß", hat Dürer gesagt. Das Maß aber war ein menschliches! Nicht riesenhaft sollten die Kirchen und Schlösser, die Palais und Rathäuser und Stadtpaläste auch der Bürger wirken, so mächtig sie auch waren. Das ist einer der wichtigsten Gründe, warum wir uns in alten Städten, auf alten Plätzen, in alten Gebäuden so wohl fühlen.

    Die Moderne müsste gerade daraus lernen, wenn es nach bald einem Jahrhundert wieder einen neu gebauten Platz oder Straßenraum geben soll, den wir genießen können wie einen alten Platz in Rom oder Florenz oder Bamberg. Die Bögen und ihre Durchblicke im gewaltigen Petersdom wirken nah, die riesengroßen Plätze und selbst breite Straßen der damaligen Zeit intim. Freilich gehört dazu auch die Gestaltung der Fassaden: Mit Glas und Beton und glatten Flächen und dem Verbot von Ornamenten geht es nicht!

    Mir ist es beim Erlebnis des wachsenden Schlosses genauso gegangen wie Uhugreg: Der Bau wirkte auf mich mit jedem Fortschritt in irgendeiner Weise immer "runder", immer harmonischer, immer überschaubarer, nie aber kleinkariert. Dabei scheinen die Proportionen im Vergleich zu Wien und Versailles beim Berliner Schloss offenbar besonders glücklich. Fachleute können das vielleicht erklären.

    Der Gigantismus war der Zukunft der Diktatoren vorbehalten.

    Seinsheim hat es geschrieben: Dem Nazibaumeister Speer hat der Petersdom nicht gefallen - er war ihm zu klein!

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

    2 Mal editiert, zuletzt von Bentele (25. September 2017 um 00:25)

  • Dem Nazibaumeister Speer hat der Petersdom nicht gefallen - er war ihm zu klein!

    Ob die Anekdote stimmt, kann ich nicht beurteilen. Aber Speer war ja auch ein Baumeister der Moderne und der Massengesellschaft. Es war klar, dass eine stark angewachsene, urbane Gesellschaft auch die Lösung größerer Bauaufgaben erfordert und auch die Größe an sich ein Symbol für diese Moderne und den Glauben an den Fortschritt wurde. Heutige Shopping-Mals, Bahnhofshallen, Flughäfen, Wolkenkratzer usw. wären ja schon aufgrund ihrer Dimensionen in der Barockzeit auch noch undenkbar gewesen. Heute aber sind sie Teil des modernen Lebens. (Was nicht heißen soll, dass in der Moderne nicht auch wert auf intim wirkende Plätze gelegt werden muss.)

  • Zu Speer : die Ankedote stimmt unter Umstände.
    Er und Hitler mochten klassische Bauten, wie der Petersdom und den pariser Triumpfbogen.
    Dennoch wurden beide als in der Tat "zu Klein" für die neue Reichshauptstadt Germania und daher unpassend von der Grösse her für den "tausendjährigen Reich".
    Es musste alles ähnlich sein, aber viel viel viel grösser. Lustigerweise war aber der Boden Berlins für solche Kolosse nicht stabil genug, und falls Sie diese Monstrositäten je gebaut hätten, wären diese schon nach ein paar Jahren im Boden langsam eingesackt.

  • Zitat von uhugreg

    währen meinem Besuch war ich im Deutschen Technikmuseum in Kreuzberg, einer der Nachbargebaüde stand anscheinend aus der NS-Zeit, denn die Fassade war mit stillisierte Hakenkreuze verziert

    Meinst du das? Das sind keine Hakenkreuze, sondern ein normales Mäander-Muster, wie es schon vor 3.000. Ist ja auch zur hälfte verkehrt herum. Und wie man dem Link entnehmen kann, stammt von 1913-1919.

  • Ob die Anekdote stimmt, kann ich nicht beurteilen. Aber Speer war ja auch ein Baumeister der Moderne und der Massengesellschaft. Es war klar, dass eine stark angewachsene, urbane Gesellschaft auch die Lösung größerer Bauaufgaben erfordert und auch die Größe an sich ein Symbol für diese Moderne und den Glauben an den Fortschritt wurde. Heutige Shopping-Mals, Bahnhofshallen, Flughäfen, Wolkenkratzer usw. wären ja schon aufgrund ihrer Dimensionen in der Barockzeit auch noch undenkbar gewesen. Heute aber sind sie Teil des modernen Lebens. (Was nicht heißen soll, dass in der Moderne nicht auch wert auf intim wirkende Plätze gelegt werden muss.)

    Dass Speer von der Wirkung des Petersdoms enttäuscht war, habe ich mehrfach gehört. Die Proportionen der Renaissancearchitektur sind eben, wie Bentele schon ausgeführt hat, zu 'menschlich'. Außerdem musste beim Petersdom zum Schutz vor Feuchtigkeit das Bodenniveau um fast 3 Meter angehoben werden (was zur Entstehung der sog. Grotten führte). Die Pilaster stehen somit nicht auf hohen Piedestalen, setzen also nicht erst über Kopfhöhe des Menschen an, sondern fußen auf ebenerdigen Plinthen. Auch das setzt die Architektur mehr in Beziehung zum Menschen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

    2 Mal editiert, zuletzt von Seinsheim (26. September 2017 um 17:49)

  • Danke, Predator! Man kann nun in etwa ahnen, wie weit die Arbeiten an der Innenseite von Portal I sind.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Es gibt eine neue Ausschreibung für Arbeiten an den 5 Portaldurchgängen, unterteilt in 3 Lose:


    Unter diesem Link kann man die zahlreichen Anlagen aufrufen, darunter sind viele Rissdarstellungen für die Portaldurchgänge und recht detaillierte Aufrisse für die Fassaden.
    Ich empfehle insbesondere die 4 pdf-Dateien mit historischen Fotos (etwa in der Mitte der Liste); gezeigt werden Vorkriegsfotos der Portaldurchgänge sowie entsprechende Aufnahmen dieser Durchgänge aus dem Jahr 1950.
    https://www.evergabe-online.de/tenderdocuments.html?1&id=173133

  • Ich denke es wäre einfacher gewesen zu schreiben : die 4 Dateien mit ca. 30MB, beginnend mit " Vergabeunterlagen/Pläne - Foto - Los 1/D10178HUF00A300_D19160-A-F.pdf " :)
    Und nebenbei, bei mir ist es nicht in der Mitte, sondern eher unten, ich habe über 10 Dateien geöffnet bevor ich keine Lust mehr hatte zu suchen

  • Nochmal meine Frage von ziemlich weiter oben in die Runde gestellt!
    Zur Methode der Dacheindeckung: weshalb fangen die Dachdecker an verschiedenen Stellen an? Legen einige Dutzend Meter Kupferblechbahnen und hören dann wieder auf, um einige Zeit später an anderer Stelle von Neuem zu beginnen? wieso nicht fortlaufend? Hannoveraner weißt Du da was zu?

  • Sind das vielleicht Laufgänge, weil man das Kupfer nicht eintreten möchte?

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Schon wieder neue Bilder.

    Blick ins Schlossforum durch Portal IV nach Portal II.

    Mit einigem Abstand nach oben geschaut zur Portal IV-Bekrönung.

    Hinaufgestiegen bin ich auch.

    Sehr ansehnlich!

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ist doch gut, dass das Schloss wieder so aufgenommen wird, als wäre es niemals weg gewesen. :) Ganz so wie die Frauenkirche oder andere Rekonstruktionen rund um die Welt. Spricht meiner Ansicht nach für Rekonstruktionen.
    Ich habe mir, ehrlich gesagt, schon Gedanken gemacht, wie man das Schloss letztendlich offiziell nennen wird, z.B. auf dem Stadtplan. Wird das nun das Humboldt-Forum (in der Schlosshülle) sein oder wird es das Schloss (mit dem Humboldt-Forum als Inhalt) sein? Ich hoffe ja auf das Schloss und freue mich daher dass Berliner und Besucher es auch schon ganz selbstverständlich so nennen.

    Übrigens, die Architekten werden ewig Schinkel, Schlüter, Eosander etc. sein. Deren Design bleibt deren Design. Ob neugebaut oder nicht.