Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Leider kann ich die Frage nach den Innenportalen auch nicht beantworten.

    Aber zu den Reklametafeln, die auch mir jeden Tag den Anblick des Schlosses vergällen, meine ich zu wissen, dass sie ausschließlich der Finanzierung der Humboldt-Box dienen, nicht aber Geld für die Fassaden bringen. Die Humboldt-Box hat ihrerseits ja eine sehr wesentliche Aufgabe zur Information und zur Werbung für Spenden - so dass die Reklame am Schloss indirekt doch auch wieder den Fassaden zugute kommt. Seit der Red-Box am Leipziger Platz 1995 werben und informieren solche Gebäude an großen Baustellen.

    Das Vertrackte an der Humboldt-Box aber ist die Tatsache, dass die Box ihrerseits durch weitere Werbung finanziert werden muss. Zwar ist Außenwerbung an Baustellen des Bundes angeblich nicht üblich. Hier aber schon: Werbung für Werbung! Es entsteht dadurch blödsinnigerweise der falsche Eindruck, dass durch die Riesenplakate jede Menge Geld für Fassaden da sei. Das aber ist falsch! Da ja kein Euro aus der Werbung an den Fassaden den Fassaden zugute kommt. Die Leute denken das aber, und spenden dann vielleicht weniger. Der Bund erweist sich hier sehr eng und knauserig - wahrscheinlich kommen halt auch hier, wie immer wieder, die Gegner der Schlosses wenigstens in Details zum Zuge. Schade!

    So meine ich informiert zu sein. Vielleicht weiß es ja jemand noch besser.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Eine aktuelle Ausschreibung für das Berliner Schloss beinhaltet vorgesehene Aufträge für die Rekonstruktion von historischen Türanlagen (Außentüren im Bereich der Rekonstruktionsfassaden).

    Zitat von Ausschreibungsanzeiger

    6 St. 2-flügelige Türanlagen als gestemmte Rahmentür nach historischem Vorbild;
    4 St. 2-flügelige Türanlagen als gestemmte Rahmentür nach historischem Vorbild, mit Oberlicht als Verbundfenster;

    1 St. 1-flügelige Türanlage als Holzkonstruktion mit Oberfläche aus Sägefurnier;
    2 St. 2-flügelige Türanlage als Holzkonstruktion mit Oberfläche aus Sägefurnier, mit Oberlicht;
    3 St. 2-flügelige Türanlage als Holzkonstruktion mit Oberfläche aus Sägefurnier und Bronzeblechkassetten;

    [...]
    Ausführungsbeginn: 51. KW 2017,
    Ausführungsende: 23. KW 2019.


    Mit diesem Link gelangt man zu den Ausschreibungsunterlagen (die interessantesten – also z.B. Schnitte und Risse der Türen - etwa ab 24. Link „Vergabeunterlagen/Pläne – 03 Details/….pdf“):
    https://www.evergabe-online.de/tenderdocuments.html?1&id=170529

    Hier beispielhaft ein Ausschnitt aus einem der Pläne:

  • Jemand hat mal geschrieben, dass die Einnahmen aus diesen grossflächigen Werbeplanen zur Finanzierung der Humboldt-Box beitragen. Und durch die Humboldt-Box werden wiederum Spender für die Schlossfassaden aquiriert.
    > http://humboldt-box.com
    > https://de.wikipedia.org/wiki/Humboldt-Box

    Der Förderverein Berliner Schloss akquiriert zwar Fördermittel in der Humboldt-Box, aber er zahlt auch Miete. Insofern tragen die Plakate in gar keiner Weise zur Finanzierung des Schlosses bei, auch nicht indirekt. Im Gegenteil: sie verdecken den Baufortschritt und erwecken den falschen Eindruck, der Förderverein würde an ihnen verdienen...

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • "Verdienen" würde ich jetzt nicht gerade sagen, denn man erwartet ja, dass der Förderverein gemeinnützig ist, und die Einnahmen aus den Werbebanner der Fassadenrekonstruktion zugute kommt. Das würde ich jetzt als Tourist aus der Ferne denken, wenn ich in Berlin weilen würde. Interessant wäre aber zu wissen, wieviel die Firma Megaposter nach Abbruch der Box schliesslich unter dem Strich verdient hat.

    Jedenfalls stören mich die Werbeanzeigen nicht so wie die dauernd präsenten Reklametafeln an Strassen, Plätzen, Mauern etc.. Wiederspiegelt denn das Zusammenspiel von privat finanzierter Box, Miete des Fördervereins, Werbung Dritter, Aussichtsmöglichkeit auf die Schlossbaustelle von oben, historisches Stadtmodell, Aquirierung von Spenden nicht das ganze Wirtschaftsleben? Wo würden schliesslich die Millionen(?) Euro fehlen, wenn keine Werbung gemacht werden könnte?

  • Wo würden schliesslich die Millionen(?) Euro fehlen, wenn keine Werbung gemacht werden könnte?

    Die Produkte wären billiger, die Menschen hätten mehr Geld zur Verfügung und könnten es dahin geben, wo sie gerne spenden möchten - und nicht gezwungenermaßen dorthin, wo die Marketingfachleute den besten Effekt vermuten.

    Konkret: Stellt euch vor, Samsung würde nicht werben (und Apple, Nokia, HTC etc auch nicht). Dadurch blieben die Marktanteile mehr oder weniger unverändert, aber viele Menschen würden durch billigere Produkte 100 Euro im Jahr sparen Diese könnten dann zum Beispiel gezielt (und freiwillig) in den Wiederaufbau der historischen Schlossfassaden fließen - welche man zudem während des Aufbaus vollständig sehen könnte.

    Werbung erzeugt ja kein Geld, welches sonst nicht da wäre.

    _______________________________________
    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Passend zu dem Thema: Der Spendenstand wurde gerade eben nach langer Zeit mal wieder aktualisiert.

    Man liegt jetzt bei 73 Mio. (Stand 08/2017) nach zuvor 70,5 Mio. (Stand 03/2017) von benötigten 105 Mio.
    Also 2,5 Mio. in 5 Monaten oder 500.000 pro Monat. Etwas mager wie ich finde, aber vielleicht kommt da ja zu Weihnachten noch wieder eine "Jahresendrallye"...

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Konkret: Stellt euch vor, Samsung würde nicht werben (und Apple, Nokia, HTC etc auch nicht). Dadurch blieben die Marktanteile mehr oder weniger unverändert, aber viele Menschen würden durch billigere Produkte 100 Euro im Jahr sparen Diese könnten dann zum Beispiel gezielt (und freiwillig) in den Wiederaufbau der historischen Schlossfassaden fließen - welche man zudem während des Aufbaus vollständig sehen könnte.

    Werbung erzeugt ja kein Geld, welches sonst nicht da wäre.

    Viele Menschen würden nicht nur 100 Euro im Jahr sparen, sondern vermutlich weit mehr. Werbung dient ja primär dazu, zuvor kaum entwickelte Bedürfnisse erst zu erzeugen, an deren Ende der Kauf (= die Geldausgabe) steht.
    Allerdings würden möglichenfalls, wenn es keine Werbung gäbe, eine Menge Leute in der Werbeindustrie (man denke an die ganzen "Kreativschaffenden") arbeitslos werden. Und nicht nur das. Manche Unternehmen müssten die Produktion drosseln und Leute entlassen. Die kosten dann wieder die anderen Steuergelder, welche in Hartz IV investiert werden müssten...
    Es ist vertrackt... :augenkrummblau:

  • Angebot und Nachfrage. Werbung ist auch nur ein Produkt welches von Kunden in Anspruch genommen wird. Letztendlich, so hoffe ich, werden die Gerüste nächstes Jahr fallen und damit auch die Werbeplanen verschwinden.

    Bezüglich der Spenden bin ich mittlerweile skeptisch und denke die Stiftung muss über 2019 hinaus noch Spenden sammeln. Rund 2 Jahre noch bis zur Eröffnung, dass heißt, dass nach dem derzeitigen Spendenaufkommen etwa 12 Mio. Euro bis dahin noch gesammelt werden. Vielleicht war das mit den 85 beziehungsweise 105 Mio. Euro in 6 Jahren doch zu ambitioniert?

    Jedenfalls freut mich, dass es jetzt Schritt für Schritt gen Ziellinie geht. Auch wenn ich mir das tägliche, gar stündliche aufrufen der Webcam abgewöhnen musste. smile:)

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Es ist natürlich für Großspender nicht ermutigend, wenn Wirtschaftsverbände der verschiedenen Bundesländer bereit wären, mehrere Millionen zu spenden, als Gegenleistung nur die Benennung eines Saales nach dem jeweiligen Bundesland verlangen und die Politik (Frau Grütters) das dann ablehnt. Dabei wäre es ein schöner Gedanke, die 16 Bundesländer namentlich im Schloss erwähnt zu haben. Und die fehlenden 30 Mio wären längst beisammen (Allein Ba-Wü wollte 5 Mio spenden). Insofern wird man dem Bund dann auch eine entsprechenden Rechnung präsentieren müssen, das heißt, dann soll er für die von ihm blockierten Spender einspringen....

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • [...] das heißt, dann soll er für die von ihm blockierten Spender einspringen....

    Was natürlich nicht passieren wird, da der Förderverein dazu verpflichtet ist die Gelder für die Fassaden bereit zustellen. Bezüglich der Spende der baden-württembergischen Unternehmer haben wir ja genug diskutiert. Die Alternative zur Ablehnung der Spende für einen Ba-Wü-Saal im Schloss kann nur ein Spendenaufruf in allen 16 Bundesländer sein für je einen Saal mit deren Namen. Ja, so wie es aussieht können nur noch Großspender für die 105 Millionen bis 2019 sorgen.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Die Spendensammlerei ist doch im Grunde nur Augenwischerei. Der Bund hat bereits alles bezahlt, auch die Mehrkosten für die Innenportale und Kuppel. Diese Spenden wurden glücklicherweise pünktlich eingenommen, als man sie brauchte. Natürlich von anonymen Großspendern. ;) Die restlichen 30 Millionen werden auch rechtzeitig von anonymen Großspendern eingehen. Das Dachrestaurant und sogar der Neptunbrunnen und die Kolonnaden wären auch kein Problem gewesen, aber die Berliner Politik wollte bei letzteren ja nicht mitmachen... Das ist für den Bund doch nur Kleingeld. Traurig nur, dass man Engagement in Kunst und Kultur heutzutage verbergen muss, während der Rauswurf von zig Milliarden an anderer Stelle keinen interessiert. Deshalb ist es dem Bund auch das Allerwichtigste, dass das Schloss/HF bis 2019 fertig ist und ein Erfolg wird, ganz ohne irgendwelche dummen Geschichten wie beim BER oder der Staatsoper. Geld spielt keine Frage. Man weiß doch, dass einige Medien und politische Lager geradezu nach einem Skandal lechzen. Man macht ja schon jetzt die Pferde immer wieder scheu, obwohl derzeit alles nach Plan läuft.

  • Wie es sich für dieses Forum gehört, mal wieder einige Bilder der Baustelle, diesmal bei recht diesigem Wetter.

    Blick durch Portal IV zum Innenbereich von Portal II.

    Die leichte Verwacklung ist dem Umstand geschuldet, dass man sich dort leider nicht einfach mal ruhig auf beiden Beinen stehend zum Knipsen positionieren kann.

    Die Bekrönung von Portal IV steht kurz vor der Fertigstellung

    An der Westseite geht es mit der Kuppelverkleidung geruhsam voran.

    Abschließend Portal II mit dem Durchblick ins Schlossforum und zum Innenportal IV.

    Wie schön und wichtig, dass die Innenportale überhaupt errichtet werden...

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (6. September 2017 um 23:51)

  • Toller Artikel.
    "Lustvolle Bezeugung des Scheiterns", "vorgeprägte Wahrnehmung", "historisch nachholender Klassenkampf". Ich liebe es, wie intelligente Leute ideologisch geprägte Monomane wie diesen Berliner Kultursenator vorführen.

    Auckland bei Nacht

  • Das ist es, Horst Bredekamp bringt es auf den Punkt:

    Wissbegierde trieb und treibt die Forscher in die Welt hinaus, Wissbegierde von Alexander von Humboldt bis zu Leuten wie Adolf Bastian, der nicht in Kambodscha war, um das Land zu unterwerfen, sondern der gerade aus seiner Wissbegierde heraus beispielhaft die Begeisterung gewonnen hat, die der einzige Weg ist, die Welt uneingeschränkt friedlich zu erschließen. Preußen und Berlin galten hierin lange Zeit als vorbildlich.

    Wissbegierde, Begeisterung und Liebe zu einer weltweiten Kunst waren der Motor des Forschens und Sammelns, sehr lange bevor Unterwerfung, Rassismus und Gewinnsucht danebentreten konnten -keineswegs nur in Deutschland. Bredekamp beginnt mit dem Großen Kurfürsten und seinem Kunstkabinett, dem Ursprung dessen, was in zwei Jahren wieder an seinen alten Platz zurückkehrt.

    Sicher es gab in Deutschland in der Kolonialzeit und später auch die üblen Motive, und es ist nicht nur wichtig, sondern auch Zukunfts-Aufgabe, dass davon kein Jota je vergessen wird.

    Wer aber die gesamte deutsche Geschichte, auch die jahrhundertealte und weltweit vorbildliche Begeisterung der Erforschung der Welt ausschließlich unter solche Motive stellt, klittert nicht nur. Er macht Hitler ganz unvermerkt immer noch zum Sieger, weil gerade seine undifferenzierten Grundsätze dann durch die Hintertüre immer noch die Betrachtung der deutschen Geschichte bestimmen. Und diejenigen, die Deutschland immer und ewig unter Generalverdacht stellen, merken es nicht einmal!

    Ich bin sehr froh, dass wir Leute wie Horst Bredekamp im Humboldt-Forum haben.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

    3 Mal editiert, zuletzt von Bentele (8. September 2017 um 17:29)

  • "Die Kardinalfrage lautet, ob das deutsche Selbstbewusstsein allein auf Schuld und Scham aufgebaut werden könne oder ob es statthaft oder gar notwendig sei, allen jenen Bestrebungen, die im Nationalsozialismus und dessen Vorläufern vernichtet wurden, genau aus diesem Grund einen gebührenden Raum einzuräumen. Hierin liegt keine Entlastung von Schuld, sondern deren Präzisierung, denn sie nimmt zusätzlich all das in den Blickkreis, was getilgt und pervertiert wurde. Ein solcher Gedächtnisraum käme nicht triumphierend daher, sondern bezöge sich auf etwas, das verloren ginge, umso stärker aber erinnert werden sollte."

    Das ist genial. Besser kann man die Notwendigkeit einer umfassenden Sicht auf die deutsche Geschichte, wie sie auch das Humboldt-Forum fördern wird, nicht begründen. Wie armselig scheinen dagegen all diese ideologisch verbohrten Linken, die in ihrem antifaschistischen Wahn glauben, es bedürfe zwingend einer gepflegten Deutschfeindlichkeit auf allen Ebenen, nur um irgendwelche primitiven Nazi-Ideen zu bekämpfen, die doch längst durch die Geschichte ad absurdum geführt wurden! Was ginge unseren Kindern durch eine derart engstirnige Darstellung unserer Geschichte alles verloren!

    _______________________________________
    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Nee, das haste richtig gesehen.

    Wenden wir uns dann noch kurz der sträflich lange fotografisch vernachlässigten Schokoladenseite des Baus zu.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Auf Germania-Niveau sind der Ostseite gewisse Qualitäten nicht abzusprechen. Auch durch die Fensterkreuze gewinnt es. Aber es fehlt einfach jeder Bezug und jede Verhältnismäßigkeit zum Schloß. Schlichtweg beliebig und unpassend. So eine Architektur hätte man dann besser für das neue BND-Gebäude nehmen können.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (8. September 2017 um 23:06)