Freiburg im Breisgau


  • Gräflich Andlawsches Haus

    An dieser Stelle wurde schon einige Male vom geplanten Wiederaufbau des Gräflich Andlawschen Hauses in der Herrenstraße berichtet.

    Zum Hintergrund: Die Herrenstraße war geprägt von dreigeschossigen, mittelalterlichen Häusern, die sich zumeist im Besitz von Domherren befanden (daher der Name „Herrenstraße“ und zuvor „Pfaffengasse“). Einige dieser Häuser wurden nach der Kriegszerstörung zweigeschossig wiederaufgebaut. Ferner prägten prächtige Barockpalais das Bild, allen voran das Haus „Zum Landeck“, in dem heute der Erzbischof residiert.

    Ein weiteres Palais war das frühklassizistische Andlawsche Haus, erbaut 1787 unter Einbeziehung zweier Häuser unter Freiherr von Pfirt, 1820 von der gräflichen Familie von Andlau (oder Andlaw) erworben. Beim Luftangriff auf Freiburg im November 1944 wurde es zerstört. An der Stelle befindet sich seither eines der letzten Trümmergrundstücke der Altstadt (nicht das letzte, wie in der Lokalpresse immer wieder zu lesen). Seit Jahren gibt es Bestrebungen, das Gebäude wieder aufzubauen.

    2013 wurde noch unter dem Vorgänger des jetzigen Erzbischofs das Grundstück erkundet, das Bauvorhaben nach der Affäre in Limburg aber wieder vertagt. Angedacht war auch eine Nutzung als Bischofsresidenz. Es ist angesichts der öffentlichen Erregungslust wohl nur verständlich, dass der Nachfolger nun lieber im oben erwähnten barocken Haus „Zum Landeck“ wohnen bleiben will, anstatt den Medienzirkus um den Bau einer neuen Residenz zu riskieren. Dennoch soll das Haus nun wiedererrichtet werden, unter anderem mit einer Nutzung durch ein integratives Café.

    Den Wiederaufbau begrüße ich generell natürlich sehr. Die erste Visualisierung der künftigen Fassade enttäuschte jedoch, da abgesehen von der Kubatur nicht viel geblieben war. Der überarbeitete Entwurf, der vor zwei Wochen im Gestaltungsbeirat der Stadt Freiburg vorgestellt wurde, zeigt immerhin das historische Portal – wenn auch auf die rechte Seite versetzt (wohl da das ganze Haus etwas nach Norden versetzt wird, um eine stattliche Kastanie erhalten zu können, das Portal aber am Originalstandort verbleibt) – und ordentliche Fenster im Erdgeschoss, dafür nun ein Fensterband im Obergeschoss.

    Als störend und unnötig empfinde ich dagegen die modernistische Gestaltung der Fenster und Dachgauben. Mit dieser Kritik habe ich mich schon vor einiger Zeit an das Erzbistum gewandt und erhielt eine freundliche Antwort vom Abteilungsleiter für Immobilien beim Erzbischöflichen Ordinariat, Herrn Baumgartner. Er wies mich auf die öffentliche Nutzung hin und auf die daher notwendige Absenkung des Erdgeschosses auf Straßenniveau. Ferner sei im Dachgeschoss ein Raum mit schönem Blick aufs Münster angedacht.

    Ich antwortete, dass man auch bei Absenkung des Erdgeschosses den Rest der Fassade originalgetreu rekonstruieren könne und das ehemalige Haus fast ebenso viele Gauben besaß wie das geplante, dass der Münsterblick also derselbe wäre. Und selbst mit Sockelgeschoss wäre eine öffentliche Nutzung denkbar. Drei Stufen müssten mit einer dezenten Rampe an der Südseite doch zu überwinden sein. Eine Rückantwort erhielt ich leider nicht.

    Anbei eine Aufnahme und der Aufriss des alten Andlawschen Hauses aus dem sogenannten Bürgerhäuserbuch von 1923:


    Berichtigung (08.09.2016): Der öffentlich nutzbare Raum mit Münsterblick ist im ersten Obergeschoss geplant, nicht im Dachgeschoss. Daher die Idee des Erzbischöflichen Bauamtes mit den großen (bodentiefen?) Fenstern. Herr Baumgartner hatte mir das damals auch so geschrieben; mein Fehler.

    4 Mal editiert, zuletzt von Citoyen (8. September 2016 um 10:25)

  • @Citoyen

    Danke für dein Engagement und diesen Beitrag.
    Für die Korrespondenz zwischen Dir und Herrn Baumgartner kommt mir die gängige Praxis hinsichtlich geäußerter Kritik in den Sinn: Konkreten Fragen wird ausgewichen oder sie bleiben unbeantwortet. Im Ergebnis wird dann seitens der Kritisierten das Prozedere immerzu als transparentes Verfahren dargestellt.
    Deine Einwände sind berechtigt und eine weitgehende Rekonstruktion unter Berücksichtigung der angedachten Nutzungen ist möglich. Doch auch hier gilt wie stets in den Reko- Debatten: Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.
    Selbst unter Vorlage des aktuellen, abgeänderten Entwurfs, ließe sich mit wenigen gestalterischen Mitteln eine Fassade entwickeln, die sich wie selbstverständlich und harmonisch in den gestalterischen Kanon des Stadtraums einfügt, auch wenn es sich dabei weder um eine Rekonstruktion noch um einen modernistischen Lückenfüller handelt.

    Nachfolgebau Andlausches Haus Freiburg i.Br., Alternativen

    Jeder, der sich die Fähigkeit erhält Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.
    http://www.archicultura.ch

    Einmal editiert, zuletzt von zeitlos (25. Mai 2016 um 07:38)

  • Ich kann Dir nur zustimmen. Danke für die bildliche Darstellung, die zeigt, dass eine harmonische Fassade nicht viel mehr Aufwand verlangt. Man muss es nur wollen. Mit ebendiesem Einwand hatte ich mich seinerzeit auch an Herrn Baumgartner gewandt, dass es nämlich auf die Details ankäme: Sprossenfenster, Fensterläden, begiebelte Gauben, Putzfassade ohne Styropordämmung und das aufwändig gestaltete Portal. Letzteres wird nun ja wohl kommen, Gott sei dank!

    Doch auch hier gilt wie stets in den Reko- Debatten: Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.


    Auch hier volle Zustimmung. Bisher wurde seitens des Erzbistums mit dem geänderten Nutzungskonzept argumentiert und damit, dass man weniger Originalteile gefunden habe, als erhofft. Ich frage mich, was man denn außer den Portalbruchstücken noch zu bergen hoffte. Fenstergewände etwa? Als ob man diese nicht (besser) neu anfertigen könnte.

    Letztlich ist es wohl eine ideologisch gefärbte Frage. So liest man auf der Homepage des Erzbischöflichen Bauamts Freiburg unter „Projekte“ bei den Beschreibungen sonst vorbildlicher Kirchenrenovierungen immer wieder Sätze wie: „Ganz im Gegensatz hierzu wurde für die neue Altarraumgestaltung eine zeitgemäße Lösung gesucht…“. Es ist nicht leicht, sich bei einem Wiederaufbau von dieser Denkweise zu lösen.

    Angesichts dessen sind die Lochfassade im Erdgeschoss und die Rekonstruktion des Portals ein großer Schritt in die richtige Richtung. Im Zusammenspiel mit den Sprossenfenstern und der niedrigeren Traufhöhe wirkte das Portal beim Original freilich noch viel besser.

    Noch ein Nachsatz zum Hinterhof: Dort sei für den Neubau ein Anbau für gastronomische Zwecke geplant, der dem Gestaltungsbeirat „ganz und gar nicht“ gefallen habe, so der BZ-Redakteur. Dieser habe stattdessen eine Nutzung als Freifläche für das Café befürwortet. Für einen Beirat aus der Moderne verpflichteten Architekten will das etwas heißen. Ein Entwurf des Anbaus ist mir nicht bekannt. Stattdessen stelle ich ein weiteres Bild aus oben genanntem Buch ein, das den historischen Hinterhof zeigt. Im Hintergrund Stall und Scheune, noch aus dem 16. Jh.:

  • Laut Badischer Zeitung hat der Gemeinderat beschlossen, das Gebäude an der Basler Straße 2 (Bürgeramt & Amt für öffentliche Ordnung) zu verkaufen. Das Gebäude ist ein 50er-Jahre Bürobau und wird daher vermutlich von dem zukünftigen Käufer abgerissen und durch ein neues Gebäude ersetzt werden.
    Hat zufällig jemand ein Bild von dem Gebäude, das vor dem Krieg dort stand?

  • http://www.historisches-freiburg.de/partie-an-der-kaiserbrucke-1914/

    Obiger Link führt zu einer Ansicht der Ecke Basler Straße / Günterstalstraße (unmittelbar hinter der Johanneskirche) und beantwortet damit vielleicht Kruks Frage. Man erkennt mit einiger Mühe an der Ecke, also dort, wo sich heute das Amt für öffentliche Ordnung (Basler Straße 2) befindet, ein eher schlichtes, zweistöckiges Gebäude. Dieses könnte noch aus der Mitte des 19. Jh. stammen. Entlang der Günterstalstraße entstand etwa ab den 1850er/60er Jahren eine aufgelockerte Bebauung, die in der späten Gründerzeit zu geschlossenen Straßenzügen mit deutlich höheren und repräsentativeren Gebäuden ausgebaut wurde.
    Die Postkarte ist von 1914. Wenn bis dahin noch kein prächtigeres Eckgebäude errichtet wurde, halte ich für möglich, daß die Situation mit dem schlichten Haus bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg bestand und dieses Haus dann für das Bürgeramt abgerissen wurde.
    Hätte es dort ein prächtiges Eckgebäude gegeben, ließen sich davon sicher Ansichten finden. Ich habe bis heute keine gefunden, hatte mir nämlich auch schon die Frage gestellt, was sich vor dem 50er-Jahre-Bau an dieser Stelle befand, steht doch direkt auf der anderen Straßenseite eines der schönsten historistischen Bauensemble von ganz Freiburg (Johanneskirche und Pfarrhaus, zwei Schulgebäude), so daß man gegenüber ein ähnlich aufwendig gestaltetes Eckgebäude erwarten könnte. Dieses gab es aber offensichtlich nie.

    Ansonsten muß ich SchortschiBähr recht geben. Der 50er-Jahre-Bau mit seiner dem geschwungenen Straßenverlauf folgenden Fassade gehört noch zu den gelungeneren 'modernen' Gebäuden dieser Zeit. Bei einem Abriß wird sicher nichts ansehnlicheres folgen, bei all den Klötzchen, die man zur Zeit in Freiburg entstehen sieht.

    Hier weitere Abbildungen des Gebäudes Basler Straße 2 (Amt für öffentliche Ordnung):

    http://ais.badische-zeitung.de/piece/06/01/8b/ec/100764652.jpg

    http://www.aktionbleiberecht.de/blog/wp-conten…Crgeramt_01.jpg

    http://wiehre-online.de/assets/images/…e_ordnung_1.jpg

    Das an Nummer 2 anschließende Gebäude wurde übrigens erst 1983 fertiggestellt und nimmt interessanterweise Gestaltungselemente seines Nachbarn auf.

    Wenn wir schon in dieser Ecke der Stadt sind:

    Ende letzten Jahres war in der Lokalpresse von Gedankenspielereien aus dem Rathaus zu lesen, daß ein Teil des Parkplatzes vor der Kirche St. Johann bebaut werden soll. Weiß jemand, ob diese Pläne begraben wurden? Das o.g. historistische Ensemble aus Pfarrhaus, Kirche und Gewerbeschule würde dadurch empfindlich gestört.

    http://ais.badische-zeitung.de/piece/06/eb/9b/05/116103941.jpg

    2 Mal editiert, zuletzt von etinarcadiameo (14. Juli 2016 um 17:06) aus folgendem Grund: Weitere Links eingefügt

  • 'etinarcadiameo', Deine Vermutung ist richtig. Die Vorgängerbauten waren ähnlich schlicht wie die noch bestehenden Häuser in der Günterstalstraße 10 und 12. Diese beiden Ausschnitte aus Luftaufnahmen von 1944 zeigen die zweigeschossigen Eckgebäude gegenüber St. Johann:


    Quelle: bildindex.de, Bilddatei fm931608


    Quelle: bildindex.de, Bilddatei fm931609

  • Danke Citoyen für diese beiden tollen Luftaufnahmen.
    Mir war bislang nicht bewußt, daß auf dem heutigen Parkplatz vor der Kirche gleichfalls ein solch niedriges, sicher vorgründerzeitliches Gebäude stand, und mit einiger Erleichterung erkennt man auch, daß an der Einmündung Talstraße, wo heute ein modernes Hochhaus steht, zuvor nur ein kleines, unbedeutendes Häuschen stand. Hatte schon befürchtet, daß für dieses Hochhaus:

    http://fusschirurgie-freiburg.de/Luftaufnahme.png

    ein schönes historistisches Eckgebäude abgerissen wurde.

  • Citoyen: Es mag vielleicht banal klingen, dennoch fasziniert es mich immer wieder welche Harmonie und gelungen-menschliche Ganzheit diese Ensemble ausstrahl(t)en.
    Umgekehrt heißt das aber: In welcher Gesellschaft leben wir, in der fast nur noch einzelne sich nicht einfügende Klötze ohne Rücksicht auf die Umgebung in die Innenstädte gesetzt werden?

  • In Nürnberg stellt man das Nachfolge-Pellerhaus unter Denkmalschutz. Und hier!? Die architektonische Qualität ist hier um Meilen höher einzuschätzen! Das muß erhalten bleiben!!! Hoffentlich reicht dem Investor eine Modernisierung und evt. Ausbau in den Hof! Ein Schande, wenn da keine anderen Lösungen als ein Abriß zu finden wären. Aber der grünen Stadtregierung ist ja alles zuzutrauen. Keine Auflagen in Sachen Bestandsschutz!?

  • Dieses könnte noch aus der Mitte des 19. Jh. stammen.

    Auch diese Deine Vermutung erweist sich als korrekt. Zumindest das nördliche der beiden Häuser, also das Eckgebäude (später Günterstalstraße 6), ist bereits auf dem sog. "Lerchplan" von 1852 zu sehen. Ebenfalls erkennt man die erwähnten kleinen Häuser auf dem heutigen Parkplatz und an der Ecke Günterstal-/Talstraße. Hier ein Ausschnitt mit dem markierten Gebäude an der Ecke Günterstal-/Basler Straße:


    Bildquelle: Vistatour

    ____________________
    Kleiner Nachtrag: Bei dem Eckgebäude handelte es sich um das "Zollhaus" – daher auch die auf dem Hof lagernden Waren in der obigen Ansicht. Auf diesem Plan von zwischen 1844 und 1846 ist es gut zu erkennen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Citoyen (30. September 2016 um 11:22)

  • Um diesen Gründerzeitler sieht's augenscheinlich nicht gut aus (Ecke Rempartstraße/Kaiser-Joseph-Str.). Von oben her setzt der Verfall ein. Meist stehen in den oberen Etagen Fenster bei jedem Wetter offen. Läßt man hier verfallen, bis das nur mehr noch der Abriß droht!? Eigentlich Freiburg nicht würdig!

    Nach all den schlechten Nachrichten in diesem Strang über Abrisse historischer und denkmalgeschützter Bauten in Freiburg, mal eine positive Meldung: das denkmalgeschützte Eckhaus Kaiser-Joseph-Straße 264 / Ecke Rempartsraße / Ecke Gartenstraße wird endlich innen wie außen komplett saniert, nachdem es von einem Münchner Investor erworben wurde.

    Hier SchortschiBährs Foto aus Beitrag 104:

    http://abload.de/img/dsc_0924xtjg5.jpg

    Und ergänzende Informationen:

    http://kitzelmann-immobilien.de/services-view/…ph-strasse-264/

  • Ja, ich habe mich auch sehr gefreut, als ich die Baugerüste emporwachsen sah und erfuhr, daß das Haus nun endlich renoviert wird. Vor mehreren Jahren hatte es im Haus gebrannt und das von SchortschiBähr beschriebene Phänomen der offenstehenden Fenster kann ich bestätigen. Es schien alles auf einem schlechten Weg zu sein.

    Der Komplex umfaßt auch die Hausnummern 1-3 in der Gartenstraße. In diesem schon deutlicher dem Jugendstil angehörenden Erweiterungsbau lebte übrigens während seines Jurastudiums der spätere Spion Dusan Popov, der ein Vorbild für Ian Flemings James Bond war.

    Hier ausführlicher die Geschichte:

    http://alumni-blog.uni-freiburg.de/archive/3730

  • Nur wenige hundert Meter entfernt von dem ab Beitrag 168 ff behandelten Amt für öffentliche Ordnung, Basler Straße 2, befindet sich an der Ecke Basler Straße / Schwimmbadstraße die Hausnummer 42, die ehemalige "Restauration Loretto".

    Hier Fotos, die das Gebäude kurz nach seiner Entstehung und in seinem zuletzt arg heruntergekommenen Zustand zeigen:

    http://www.alt-freiburg.de/restauration_loretto.htm

    Dieses unter Denkmalschutz stehende Gebäude wurde endlich im vergangenen Jahr komplett saniert.

    Seither präsentiert es sich so:

    http://freiburger-immobilien-zentrum.de/wp-content/upl…oretto-2015.jpg

    Erfreulich finde ich das Einsetzen stilistisch passender gründerzeitlicher Fenster in den Obergeschossen und die Gestaltung der Ladenzone, bei der man sich erkennbar am Ursprungszustand orientiert hat. Perfekt wäre es natürlich gewesen, wenn das Sockelgeschoß auch die Rustizierung zurückbekommen hätte. Etwas enttäuschend - wie so oft - sind die Dachgauben, vornehmlich das Entfernen der originalen Gaube an der Ecke und ihr Ersetzen durch ein wesentlich schlichteres Gebilde.