Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • 3 Mal editiert, zuletzt von Götzenhainer (24. Juli 2017 um 15:03)

  • Diese extrem belanglose "Schlichtheit" von Markt 30 auch noch Schönreden zu wollen, erstaunt mich sehr.
    Mal abgesehen davon, dass es einen riesigen Unterschied gibt, zwischen vornehmer Zurückhaltung und kontraproduktiver kontrastierender Banalität, sind/waren die Frankfurter Altstadthäuser wie der Würzgarten abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen wie Salzhaus und Goldener Waage niemals optisch derart herausragend, dass sie für sich selbst wirken könnten, sondern haben ihre Wirkung immer erst im Ensemble mit den Nachbargebäuden hervorzubringen vermocht. Aber ausgerechnet hier musste der mit Abstand schlechteste und belangloseste Entwurf direkt neben die Rekonstruktion geklatscht werden. Vor Auslobung des Architektenwettbewerbs hieß es noch völlig zu Recht, dass die Rekonstruktionen möglichst Ensembles bilden sollen. Letztlich ist man ohne Not und eher zum Nachteil des Quartiers bei der Goldenen Waage komplett und beim Roten Haus nach Süden hin davon abgewichen, und beim Würzgarten hat man sogar den größtmöglichen Kontrast erzeugt. Dass es auch deutlich besser mit einem harmonischeren Gesamtbild möglich gewesen wäre, sieht man im absolut gelungenen Bereich Hühnermarkt (Dreibund-Neubauten Schildknecht und Kleiner Vogelsang).
    Der ebenfalls nicht gute Neubau Markt 7 passt immerhin von der Grundstruktur, und kann man daher noch nachträglich durch recht überschaubare Umbauten in eine altstadttaugliche Optik verwandeln (Anpassung Fenstermaße und Dach, Verwenden Sprossenfenster, Verputzen Obergeschosse, Verschieferung Giebel). Wäre auf jeden Fall auch nötig, da sonst die Goldene Waage zu allen Seiten von unpassenden und grundlos gegen die zu Recht existierende Gestaltungssatzung verstoßenden Neubauten umgeben bliebe. Markt 30 und 32 dagegen sind schon in ihrer baulichen Grundstruktur derart missraten, dass nur Abriss und Neubau hilft.
    Das fängt schon bei den Fenstern an - nicht nur die fehlende Sprossung, sondern eben weil es der Krönungsweg war, hat man statt weniger Großer soviele kleine Fenster wie die Statik erlaubt verbaut, daran erinnert bei diesen Neubauten aber gar nichts. Das geht weiter dann bei nicht berücksichtigten Selbstverständlichkeinten wie Symmetrie (Markt 32), Kragsteinen, Dachüberständen, sichtbaren Schwellen der Obergeschosse und eigenständig gestalteten Giebeln aber ohne eigenem Überhang, bis zu den ziemlich banalen Erdgeschossen. Da hilft auch das barocke Erdgeschoss auf der Nordseite von Markt 30 nichts mehr, vor allem da es derart dilettantisch in den restlichen Bau integriert wurde, dass es selbst dort als Fremdkörper wirken wird.
    Es ist schon traurig, dass außer von Von Ey (Markt 10), Jordi&Keller (Markt 40) und mehrfach Dreibund, kein einziger angemessener Entwurf für Neubauten anstelle der zahlreichen gotischen Vorgänger ausgesucht wurde, was sich an der westlichen Hälfte des Markts doch sehr negativ auswirken wird. Teilweise lag es auch an einer ungünstigen Aufteilung der Architekten zu den Baulosen (zB waren Dreibund für ihr Baulos tatsächlich so ziemlich die einzigen die anständige Arbeit abgeliefert haben, während ein Kollhoff keine einzige gotische Parzelle zu beplanen hatte). Es ist aber auch nicht so dass es gar keine Alternativen gegeben hätte: Eckert Negwer Suselbeek haben für Markt 30 einen hervorragenden, mir nicht mehr bekannte Architekten einen zumindest erträglichen Entwurf abgeliefert. Für Markt 32 gab es sogar 4 sehr ansehnliche Entwürfe, u.a. von Krier+Kohl und Jordi+Keller.
    Frankfurts Altstadt hat zukünftig also einige Plätze, die die frühere Altstadtatmosphäre versprühen, bei den ebenso wichtigen Gassen hingegen sieht es nach wie vor sehr mau aus. Die Nordseite von Hinter dem Lämmchen (aber mit Bausünde Kunstverein) und die nur sehr kurze östliche Hälfte des Markts (mit Bausünden Haus am Dom, und Markt 7) sind sehr gelungen, aber HdL-Südseite und westlicher Markt fallen demgegenüber doch sehr deutlich ab. Was insbesondere im Fall des Marktes sehr traurig ist, nicht nur weil es der Krönungsweg und überhaupt einer der wichtigsten Straßenzüge war, sondern vor allem auch weil seine besonders sichtbare nördliche Bebauung (Südseite wird hoffentlich nicht lange nur von der Pergola begrenzt) vom Würzgarten (Markt 28) bis zum Goldenen Haupt (Markt 36) noch fast unverändert aus der Gotik stammte, und damit ein Paradebeispiel für die in der Frankfurter Altstadt so typischen Gassen mit großteils gotischen Fachwerkhäusern war. Renaissance, Barock und Klassizismus haben durchaus ihren fairen Anteil bei der Neubebauung, aber ausgerechnet die in Frankfurt besonders prägende Gotik ist deutlich unterrepräsentiert.

  • Das sieht doch relativ gut aus.

    Leider kann ich Mittwoch nicht bei der Führung teilnehmen, welche die Stadt Frankfurt anbietet.

    Geht von euch denn jemand dort hin und könnte mal versuchen Markt 7 und die Rückseite von Markt 30 zu fotografieren??

    Markt 7 wird hier denke ich zu dem ein oder anderen Aufschrei führen......

    Als Gesamtwirkung fällt das Haus des Kunsvereins immer negativer ins Auge. Bleibt zu hoffen, dass es zeitnah beseitigt wird <X

  • Die Rückseite von Markt 30 -und übrigens auch von Markt 32 siehst Du in dem oben von mir verlinkten Artikel der Bildzeitung. In dem Artikel von heute ist ein Video enthalten das den Lämmchenhof, wie auch die Gasse Hinter dem Lämmchen am heutigen Tag zeigt.

  • Der ebenfalls nicht gute Neubau Markt 7 passt immerhin von der Grundstruktur, und kann man daher noch nachträglich durch recht überschaubare Umbauten in eine altstadttaugliche Optik verwandeln. Wäre auf jeden Fall auch nötig, da sonst die Goldene Waage zu allen Seiten von unpassenden und grundlos gegen die zu Recht existierende Gestaltungssatzung verstoßenden Neubauten umgeben bliebe.


    Da hilft auch das barocke Erdgeschoss auf der Nordseite von Markt 30 nichts mehr, vor allem da es derart dilettantisch in den restlichen Bau integriert wurde, dass es selbst dort als Fremdkörper wirken wird.

    Ich bin da voll und ganz deiner Meinung. Schrecklich dass die Goldene Waage so eingezwängt ist! Über den Kontrast von Markt 30 am Krönungsweg bin ich hin und her gerissen - klar Reko wär besser aber speziell von hinten, in der Lämmchen Gasse geht Markt 30 GAR NICHT unter diesen Umständen hätte man das barocke Erdgeschoss lieber im Liebig-Park gelassen!

    Gibt es denn eine gute Fotografie von den originalen Häusern auf die wir am Krönungsweg verzichten müssen?

    Und welche gotischen Besonderheiten hatten sie? Höchst spannend, war mir gar nicht so klar (begeistert bin ich eh von zB Klein Nürnberg mit tragender (!) gotischer Markhalle!)

    Ich habe nur zur Süd Seite was gutes gefunden:
    Fachwerkbauten in Frankfurt

    Einmal editiert, zuletzt von Kaiserpalast (24. Juli 2017 um 19:53)

  • Markt 36 "Goldenes Haupt"


    Ein weiteres modernes Gebäude zeigt sein Gesicht.


    Bin wirklich gespannt, wie die Nordseite insgesamt wirken wird, wenn alle Gebäude frei stehen und die Erdgeschosse fertig sind.

  • Aha. Ein Vogel hat es sich bereits auf der Pergola gemütlich gemacht.

    Das Haus Markt 30 wird, zumindest auf der Seite des Krönungsweges, mit Sicherheit die optische Qualität nach unten ziehen. Aber das war ja auf den Entwürfen schon zu erwarten. Sieht zumindest über die Webcam aus wie ein typischer Nachkriegs-Lückenfüller in einer historischen Häuserreihe.

  • Zu Markt 7: Dabei hätte es um ein vielfaches bessere Entwürfe gegeben - wie mir jetzt erst durch Eure Diskussionen und über den Beitrag von Rohne bewußter wird. Habe die Vorgeschichte nicht so genau verfolgt.
    https://www.google.de/search?q=Frank…iw=1366&bih=659

    So schade ist das. Immer diese bitteren Wermutstropfen. Individuelle Egoergüsse ihrer Schöpfer sind das . Nehmt eine Handvoll Gegenwartsarchitekten und beauftragt sie ein Stadtensemble in vorgegebenen Rahmen zu erbauen. Beamt Euch zurück in der Zeit und erteilt einer Handvoll Baumeistern des Mittelalters haargenau den gleichen Auftrag. Wer von diesen beiden Gruppen würde das stimmigere Ensemble bauen?
    Eines, das wie ein Wesen erscheint, wie aus einem Guß, wo ein jedes Gebäude das andere hereinnimmt in die Gemeinschaft aller Häuser und aller Bürger und was wie ein funktionierendes, soziales Gesamtgefüge lebendig in Erscheinung treten will.

    Die zeitgenössischen Bauten scheinen mir noch im Stadium der Pubertät zu verharren, sie verweigern sich, fügen sich nicht in die Gemeinschaft aller ein, meinen es wäre Indvidualitätsverlust dies zu tun. Dabei würden sie doch als Teil der Gemeinschaft stark sein und nicht so isoliert dastehen müssen. Diese Brüchehäuser sind wie Halbstarke, die sich mit Ellenbogen Gehör und Achtung verschaffen wollen und ihren Nachbarn einen Faustschlag versetzen, damit auch klar ist, wer der Stärkere ist. Nein, wir machen es anders, schreien sie lauthals, doch können sie nicht die Herkunft vom selben Stamm leugnen: Häuser mit Satteldach und überkragender Stockwerksgliederung sind sie allemal und können die alte Herkunft nicht kaschieren. Deshalb wirkt es ja auch so lächerlich dieses anders-sein-wollen, ohne originär zu sein.
    Hach ja, Persönlichkeitsentwicklung, oder ein tieferes Bewußtsein über das, was die Welt im Innersten zusammenhält braucht halt Zeit und Mühen. Wird schon!
    Jetzt werden sie alsbald statt den Krönungweg erst einmal den Spießrutenlauf durch die Architekturkritik durchlaufen müssen. Selbst schuld! Die klassischen Rekonstruktionen scheinen mir dieser Kritik völlig immun und enthoben zu sein. Und das ist auch gut so!

  • Ich finde, bei der Kette an neuinterpretierten Bauten am Königsweg zeigen sich bei allem Lob für dieses tolle Projekt zwei Probleme:

    1. Man hat das gleiche Problem wie am Neumarkt in Dresden, wenn zu viele Füll- bzw. Neubauten nebeneinander stehen ohne von einer echten Rekonstruktion gestützt zu werden, ist das Ergebnis ab 4 oder 5 solcher Bauten nebeneinander oft nicht mehr so toll, egal wie die Bauten letztlich aussehen.

    2. Die architektoniche Qualität der Neubauten ist am Krönungsweg leider am schwächsten, so sind die Ergebnisse am Hühnermarkt und an der Braubachstraße deutlich besser.

    In der Summe machen die beiden Faktoren leider ein nicht ganz rundes Bild des Krönungsweges, man hätte sich eben eher an der Qualität des Kopfbaus orientieren sollen. Mir sind die Bauten in der Kombination viel zu unruhig, ein Problem, was man ja auch bei den Townhouses in Berlin hat.

    APH - am Puls der Zeit

  • Ja, Wissen sehe ich auch so. Man hätte noch Markt 30 (Altes Kaufhaus) und 32 (Goldene Schachtel) rekonstruieren müssen. Dann wäre alles ok gewesen (Markt 30 war ja sogar als optionale Rekonstruktion vorgesehen, wurde dann aber still und heimlich gestrichen). Ich empfinde den Neubau Markt 32 übrigens in Zwischenzeit als wesentlich schlimmer als Markt 30.

  • Die Initiative. “Frankfurter Altstadt retten“ der “Pro Altstadt Frankfurt e. V.“ wollte ja diese ganzen Häuser auch rekonstruieren, nur leider hat's nicht geklappt. Hier ihre Netzpräsenz mit den Vergleichsbildern von den Originalhäusern “altes Kaufhaus“ , “alter Burggraf“ und “goldene Schachtel“

    http://www.altstadt-retten.de

  • Die Gerüste auf der Markt-Südseite sind gefallen. Beim Anblick von Markt 32 allerdings auch meine Kinnlade.

    Aber sehr selbst http://www.domroemer.de/die-stadt-lebt

    Ich gebe diesem Haus keine lange Lebezeit, spätestens wenn Feuchtigkeit und Grünspan ansetzen, wird man sich Gedanken machen ob das dort gebaute Haus eine dauerhafte Lösung ist.

  • Die Gerüste auf der Markt-Südseite sind gefallen. Beim Anblick von Markt 32 allerdings auch meine Kinnlade.

    Aber sehr selbst http://www.domroemer.de/die-stadt-lebt

    Ich gebe diesem Haus keine lange Lebezeit, spätestens wenn Feuchtigkeit und Grünspan ansetzen, wird man sich Gedanken machen ob das dort gebaute Haus eine dauerhafte Lösung ist.

    Markt 30-38:

    Es ist erschütternd und enttäuschend.

    Pastellfarbene Effekthascherei.

    Wenn doch wenigstens zwei bis drei Rekonstruktionen als "Leitbauten" dazwischen gewesen wären...

    Man kann hier nur auf die Bebauung der Südseite hoffen. Durch seine gekrümmte Form kann man 30-38 von der Straße (Markt) aus eigentlich nicht zusammen sehen. Lediglich vom Plateau der sog. "Schirn-Kunsthalle" aus. Und wenn dieses irgendwann bebaut würde, würde der Blick von der Straße automatisch auf diese Häuser fallen, bzw. der Blick vom Plateau aus wäre gütig verstellt.

    Allerdings mache ich mir hinsichtlich Rekonstruktionen auf der Markt-Südseite wenig Hoffnung - zu dem Thema hat sich Architekturguru Mäckler bereits in Interviews auf "moderne Entwürfe" festgelegt.

  • Ja, man hätte mindestens Burggraf, Schachtel und Kaufhaus auch rekonstruieren müssen, dann wäre alles OK gewesen. Jetzt bekommt man aber doch das Gefühl, dass der Hühnermarkt immer noch nicht mit dem Römer verbunden ist (auch die Südseite von Hinter dem Lämmchen ist unschön)... Gerade dies hätte jetzt eigentlich das große Ziel sein müssen, aber stattdessen hat man diese Option komplett negiert und alles verhunzt!

    Schade, denn die rekonstruierten Leitbauten sind doch alle wirkliche Glanzlichter (oft sogar besser als die in Potsdam oder Dresden).

  • Ja, man hätte mindestens Burggraf, Schachtel und Kaufhaus auch rekonstruieren müssen

    ... oder - wenn man partout nicht zu viele Rekonstruktionen (für manche Leute gibt es das ja) haben will - man hätte einfach anständige Füllbauten an die Stelle setzen können. Ordentliche bis gute Wettbewerbsentwürfe gab es genug, aber die sind eben aussortiert worden bzw. auf den hinteren Plätzen gelandet. Markt 30 und 32 sind jedenfalls unfassbar schlecht und verfolgen offenkundig nur den Zweck, die Ensemblewirkung zu zerschießen. Dass ein Architekt mit so einem Entwurf zum Wettbewerb antritt, ist legitim, aber dass die Jury so einen Mist zum Sieger kürt, zeigt leider, dass dort falsche Leute saßen.

  • Ich empfinde den Neubau Markt 32 übrigens in Zwischenzeit als wesentlich schlimmer als Markt 30.

    Das habe ich schon vor Jahren geschrieben. Zustimmung also.

    Diese ganze Diskussion hatten wir allerdings bereits. Es ist doch durch die Dom-Römer-Webseite seit Jahren bekannt, was gebaut wird. Vor kurzem noch wurden Qualität und Gestaltung der Neubauten hier noch über den Klee gelobt, nun wird wieder überrascht und enttäuscht getan. Ich kann diese wellenartigen Schwankungen der Forumsdiskussion nicht nachvollziehen. Das ganze Areal ist nun einmal ein Kompromiss. Es wurde mehr erreicht, als anfänglich gedacht. Und es wurde weniger erreicht, als für das die Altstadt-Initiative gekämpft hatte. Seit Jahren bekannt. Insofern bin ich weder überrascht noch enttäuscht.

  • Ich muss Heimdall da zustimmen. Und wenn ich das als Auswärtiger mal sagen darf: Das ist hier Jammern auf hohem Niveau. In Lübeck bekommen wir im Gründungsviertel bei einer etwa gleich großen Anzahl von Häusern auf historischen Parzellen bisher lediglich eine (!) Rekonstruktion und auch die Gestaltung der meisten modernen Entwürfe kommt nicht an die Qualität der Frankfurter Neubauten heran. Ich wäre froh, wenn es in Lübeck auch ca. 10 Rekos und dazu moderne Entwürfe gegeben hätte, deren Gestaltung über glatte, zweidimensionale Wände mit bodentiefen Fenstern hinausgehen würde.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)