Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Wow, vielen Dank! Ich hatte ja mit dem Gedanken gespielt auch hinzufahren. Mit Deinen Bildern und dem super Wetter dafür kann ich es nun auch nachvollziehen, daß hier in Frankfurt bei der Altstadtreko beste Qualität angestrebt und verwirklicht wird. Das wird Schule machen. Leider hat Dresden mit der Neumarkt-Reko dieses Niveau nur vereinzelt erreicht.
    Ganz besonders gefällt mir "Klein Nürnberg", wenn ich das Haus richtig identifiziere. Ich meine jenes mit den hölzernen , rundbogigen Schaufenstern im EG. Das sieht aus, wie ein origianles Fachwerkhaus, das gerade eben restauriert wurde. Was kann man Anerkennenderes zu einer Reko sagen, als das!

  • Da kann man mal sehen, was die Verwendung von historischen Bautechniken, altem Handwerk und natürlichen Baustoffen (hier Fachwerk, eh klar, aber die Ausfachung mit Lehmzigeln!!!) ausmacht für die Aura der Gebäude. Wer feinfühlig ist, der spürt einfach das schrottige Styropor hinter einigen der Dresdner Naumarkt-Fassaden. Gut, moderne industrielle Baustoffe gibt es bei den Rekos in FF auch. Aber Fachwerk ist Fachwerk, wenn es traditionell zimmermännisch aufgeführt wird.
    Wurde auf der Baustellenführung zu dem Thema der Verwendung von bestimmten Baustoffen genaueres gesagt? Manche Fassaden sind doch auch zweischalig mit Iso dahinter!? Konnte das über die Jahre bei den vielen Gerüsten auf den Fotos nicht so genau verfolgen!?

  • @SchortschiBähr
    Wärst mal besser gekommen, dann hätte man mal etwas reden können. Leider
    waren gefühlt wenige vom APH da. Mehr Leute vom Verein und der Facebook-Gruppe.
    Aber vielleicht rafft sich das Forum ja nächstes Jahr mal zu mehr Präsenz
    auf :D:P

    Zum Thema:

    "Klein Nürnberg" war auch mein Favorit bei der Betrachtung vor
    Ort. Es wirkte wirklich wie ein renoviertes Altstadthaus. Ähnlich aber auch der
    Würzgarten. Beides wirkte in natura echt vortrefflich. Und leider ist das
    schönste gar nicht zu sehen, der Hof hinter Klein Nürnberg Esslinger etc. An
    Klein Nürnberg ist nämlich im Hof ein Türmchen dran. Das muss vortrefflich
    aussehen.
    Vielleicht noch ein paar kleine Infos die mir aus der Führung hängen
    geblieben sind.

    - beim Roten Haus gab es trotz großer Bemühungen extreme Probleme, daher war
    man dort extrem im Zeitverzug. Man musste leider feststellen, dass die riesigen
    Stämme, die man extra sehr aufwendig ausgesucht hatte, die Lasten nicht tragen
    konnten. Daher mussten leider alle Stämme von innen mit Stahlträgern verstärkt
    werden. Gleiches gilt auch für alle Säulen in den Gewölben.

    - Das Fachwerk ist soweit es möglich war echtes Fachwerk. Es ist zwar meist
    vorgesetzt und nicht tragend, aber es besteht aus massiven Balken die mit
    echten Lehmziegeln nach alter Technik ausgefüllt werden. Darauf war man
    besonders stolz. Beim neuen roten Haus kann man dies exemplarisch sehen.

    - einziger Kritikpunkt war aus meiner
    Sicht das etwas unharmonische Geld des Eckbaus am Hühnermarkt. Das wirkte
    irgendwie sehr nach Baumarkt. Bin damit irgendwie nicht warm geworden.

    -Interessant waren auch die Ausführungen
    zur Goldenen Waage, die mit Hinterhaus wiederaufgebaut wird, um eben das oben aufgesetzte Belvedere zu
    ermöglichen, einem der historisch wohl einmaligen Plätze in Frankfurt. Das
    Belvedere ist zwar weit fortgeschritten, konnte aber leider nicht besichtigt
    werden. Toll ist auch, dass in der Goldenen Waage die Originaltreppe
    zurückkehren kann, leider zu dem Preis, dass im Nachbargebäude ein weiteres
    Treppenhaus hinzugefügt werden muss. Mir als Laien war dies nicht so klar, wie
    schwer es die heutige Bauvorschriften machen, Rekonstruktionen besonders im
    Inneren mit der Bauordnung zusammen zu bringen, dies betrifft besonders
    Fluchtmöglichkeiten und Brandschutz. Die Energieverordnungen tun dann ihr
    übriges. Wenn man dann sieht und erklärt bekommt, was man dann trotzdem alles
    unternimmt, um z.B. in der Goldenen Waage trotzdem innen so viel zu ermöglichen
    wie es irgendwie geht, ist das schon unglaublich. Aber das kostet natürlich
    Unsummen, die ein privater Investor so natürlich nur schwer aufbringen würde

    - Interessant war auch, wie viele Spolien man versucht einzubauen. Bei der
    Goldenen Waage sind alle Ziergitter die hier zu sehen waren Originale, auch
    einige Sandsteinelemente sind original. Dazu muss man wissen, dass das gesamte
    Erdgeschoss der Goldenen Waage nach dem Krieg abgebaut und bei eine bekannten
    Gesicht der damaligen Medienwelt wieder aufgebaut wurde. Wesentliche Teile sind
    nun dort verbleiben, einige wenige Schmucksteine kehren aber als Original
    zurück und werden im Gartenhaus durch Kopien ersetzt.

    - Erschreckend war, dass man selbst wertvollste Steine und ganze Geschosse
    der alten Bauten nach dem Krieg nach Kilopreisen einfach verkloppt hat, das
    muss man sich mal vorstellen. Von über 1000 Fachwerkbauten in der Altstadt
    haben nur 5 überlebt. Grausige zahlen.

    - Für große Diskussion sorgte die Pergola. Und hier gingen die Meinungen
    deutlich auseinander. Für die einen war sie ein wichtiger Haltepunkt, damit der
    Blick dem Krönungsweg folgt und das gesamte Projekt zur rechten Seite hin etwas
    Halt bekommt. Für die anderen war es Stadtverschandelung.
    Ich ordne mich irgendwo dazwischen ein. Mit der Tendenz zu: ich hätte sie
    eher weg gelassen. Sie führt zwar etwas den Bick dahin wo er hin soll, aber
    insbesondere von der Seite gesehen wirkt sie reichlich skurril und daneben.
    Aber erst mal abwarten wie sie fertig aussieht.

    APH - am Puls der Zeit

    Einmal editiert, zuletzt von Apollo (14. Mai 2017 um 20:56)

  • @ wissen.de, vielen Dank für Deine Erläuterungen und Einschätzungen. Ja, wäre schon gerne gekommen, aber nur mit Übernachtung, was mir dann wieder zu teuer war, ... ein ander Mal! Wenn dann alles fertig ist.
    Ja, die Wirkung der Pergola muß man abwarten, bis alle Gerüste gefallen sind und mehr offener Raum ist!
    Ich habe die Häuser doch verwechselt. Der "Alte Esslinger" hat mir auf den Fotos so gut gefallen, mit den dunkelbraunen Holzständern und Rundbögen im EG. "Alt-Nürnberg" ist freilich auch vortrefflich, aber das ist ja das ganz verputzte Haus und unten mit den Sandsteinbögen. Die Kragsteine sind toll!

  • Zitat von schortschi

    Wurde auf der Baustellenführung zu dem Thema der Verwendung von bestimmten Baustoffen genaueres gesagt? Manche Fassaden sind doch auch zweischalig mit Iso dahinter!? Konnte das über die Jahre bei den vielen Gerüsten auf den Fotos nicht so genau verfolgen!?

    Ja, insbesondere hinter den Sandsteinelementen ist Dämmwolle mit Hinterlüftung. So versucht man Fehler, die bei der Ostzeile gemacht wurden, zu umgehen, aber ob das es klappt, da konnte man auch heute keine Gewähr geben. Man lernt halt im Prozess.

    Leider hatten wir nur 1.5 Stunden für die Führung. Bei unserer großen Gruppe viel zu wenig Zeit leider. Daher war für Detailfotos leider wenig Zeit, aber vielleicht kann hier ja ein anderer Teilnehmer mithelfen mit weiteren Aufnahmen. Da ich von Bautechnik keine Ahnung hatte, lag mein Fokus auf dem Ensemble und das war in Anbetracht der Enge schon schwer genug. So sagte auch der Guide, dass die Baulogistik die eigentlich Herauforderung wäre, weil man bewusste wollte, dass jedes Haus unabhängig von anderen Firmen gebaut wird, damit es eben keinen einheitlichen Baustil gibt.

    Ich habe leider nur das Foto.

    Wenn man genau hin schaut, dann sieht man im EG hinter dem gesamten Erdgeschoss die Dämmwolle, ich würde sagen der Spalt zwischen Beton und Sandsteinplatten war bestimmt über 10 cm, eher 15. Da ich aber wenig Ahnung davon habe sollen das aber lieber Leute vom Fach beantworten :D

    APH - am Puls der Zeit

  • Der aktuelle Entwurf für das Haus "Vorderer Schildknecht" zu Markt 12 ist ja schlimmer als beide Vorhänger-Entwürfe in der Planung! Weiße Fassade, große Glasfenster, Betonung des Giebels weg, keine Verschiferung, keine Frankfurter Nase, keine Ensemblewirkung mit den beiden Nachbarhäusern "Neues Paradies" und "Schönau"...

    Hier sind die beiden Vorgänger-Entwürfe, die doch nicht umgesetzt werden. Wirklich Schade um den Krönungsweg...

  • Ich kann nur dieses Bild zu Markt 12 liefern. Musste dazu über Paletten klettern. Die Ecke war leider völlig zugestellt. Weiter vor kam ich dann auch nicht mehr. Daher gibt es auch keine Bilder der Goldenen Waage oder ihres Nachbarn. Ab der Grünen Linde war leider Schluss.

    APH - am Puls der Zeit

  • Ein Bild gibt es noch, einen der dicken Pfleiler des Neuen Roten Hauses. Wie oben bereits angesprochen leider mit Stahlverstärkung, aber trotzdem eine mächtige Erscheinung. Das Holz kommt aus dem Elsass.

    Die gesamte Erdgeschossfläche wird offen bleiben. Wie auch vor 1945 wird ein Metzger hier seine Waren verkaufen. Ich finde es eine sehr gute Idee, dass man versucht, die historischen Bezüge auch in der Vergabe der Geschäftsflächen zu berücksichtigen. Es gibt so vieles, an denen sich andere Städte mal ein Beispiel nehmen könnten, denn es sind gerade diese Kleinigkeiten, die dem Quartier am Ende eine Menge Qualität geben werden!

    APH - am Puls der Zeit

  • Der Rundgang war wirklich herrlich und informativ. Mein Auge hat jedoch mitunter rebelliert, wenn die Fachwerkfassaden als 300 Jahre altem Holz mit Lehmausfachung mittels feuerverzinkten Balkenschuhen vor Dämmwolle und Betonwand geschraubt wurden.

    Es ist schon eigenartig: bei Stein- und Putzfassaden akzeptieren wir die Vorblendung, wenn sie tektonisch sauber durchdacht ist. Wir wissen, dass die Putzbossen nicht das Mauerwerk halten und die Steinblöcke der Grunderzeit nur Verblendung sind. Vielleicht deshalb, weil das schon die Römer gemacht haben, Steinblende vor opus caementitium. Bei der Fachwerkfassade empfinde ich das als problematisch, obwohl es letztendlich nchts anderes ist.

    Die Fassaden alle hinterlüftet zu bauen ist m.E. ein Wagnis. Es gibt mit vollgesogener und runtergefallener Dämmwolle nach Fassadenschäden zuviele Probleme in ganz Deutschland. Es wäre wirklich schöner gewesen, wenn man das wirklich auch tragend in Holz hätte machen können, natürlich mit Brandschutz im Inneren. Holz ist ein nachwachsender und ökologischer Baustoff und die heimische Holzbaukunst wäre unterstützt worden.

    Aber das Zugeständnis an die Grünen im Römer für ein Ja zum Altstadtprojekt, auch die Fachwerkhäuser im Passivhausstandard errichten zu müssen, hat dem Plan wohl einen Strich durch die Rechnung gemacht. Schade.

  • Leider nein. In beiden Fällen 17,5 cm Stahlbeton (manchmal auch Kalksandstein) plus ca. 15 cm Dämmung (hier: Mineralwolle) plus rekonstruierte Fachwerkfassade als hinterlüftete Vorhangfassade. Die Erdgeschosse sind in beiden Fällen Mainsandstein, der als Platte im gleichen Aufbau vorgehängt wird, teilweise unter Einbeziehung von Originalspolien.

    Hier pars pro toto zwei Bilder:

  • "Konstantin", das ist so nicht ganz richtig. Die Fassade der "Goldenen Waage" ist eine tragende Fachwerkkonstruktion.

    Zitat:

    Zitat

    Für das Fachwerk im ersten und zweiten Obergeschoss der „Goldenen Waage“ wird altes Eichenholz verwendet, das aus einem anderen Fachwerkhaus stammt. Anders als die Sandsteintapete im Erdgeschoss, die vor einem Kern aus Stahlbeton hängt, handelt es sich beim Fachwerk um eine tragende Konstruktion.


    http://www.faz.net/aktuell/rhein-…l-14294035.html

    Auch das "Rote Haus" ist eigentlich tragend konzipiert, allerdings wurden die tragenen Balken durch die Fehlplanungen des Architektenbüros mit Stahl verstärkt.

    Aber, das stimmt, es sind eben bei Neubauten die gängigen Baugesetze und Brandschutzverordnungen einzuhalten. Diese verbieten z.B. Sandstein als tragendes Sockelelement

  • Das wäre eine schöne Nachricht. Das Erdgeschoß ist jedenfalls sicher Beton mit Steinblende. Dann müsste das Oberteil auf den Betonsockel tragend aufgesetzt worden sein. Wir konnten nicht alle Häuser in allen Räumen inspizieren. Hinter dem Fachwerk ist dann sicher noch Dämmung und - wahrscheinlich noch Rigips als Brandschutz.

    Verglichen zum Gesamtprojekt ist das aber leider nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.

    Sockel der Goldenen Waage:

    Fenstereinbau:

  • Vielen Dank, Wissen.de, daß Du die schönen Bilder des Rundgangs mit uns teilst.

    Auch wenn es vielleicht schon nervt, ...


    Zitat von Wissen.de

    Dann Markt 26 "Schlegel" ( Da die Frage hier aufgekommen war habe ich extra nachgefragt, die Fallrohre sollen in ihrer Position so histroisch sein)

    ... kann ich diese Begründung nicht ganz glauben. Oder gibt es irgendwo Abbildungen, die das beweisen? Alle Photos, die ich im Netz finden kann, zeigen eine andere Position der Fallrohre.

    HIER - ganz links angeschnitten. Da liegt das Rohr offensichtlich zwischen den Häusern 26 und 24.
    Wieso hat man nicht diese Version übernommen?

  • Ich kann nur das sagen, was mir der Guide mitgeteilt hat. Ich fragte explizit nach der dominat wirkenden und doch etwas unglücklich ausschauenden Verteilung der Fallrohre. Man sagte mir darauf hin, ich solle mir keine Sorgen machen, es wäre alles historisch korrekt. Mehr kann ich leider nicht sagen.

    APH - am Puls der Zeit

  • Tja, historisch korrekt kann manchmal auch ziemlich daneben sein, ... ! Ein Beispiel, wo Rekonstruktionstreue zum dogmatischen Fetisch wird. Die ästhetische Situation des Einzelfalls sollte immer mit in Betracht gezogen werden und danach entschieden werden.

  • Klingt für mich eher nach einer Ausrede... Auf den ältesten Fotos vom Hühnermarkt sitzen die Fallrohre seitlich an der Fassade. Das Gebäude war ja zum Zeitpunkt der Aufnahmen kaum 50 Jahre alt.

  • Bin heute zufällig über den Römerberg geschlendert und da sah ich es schon von weitem:



    Bei Markt 40 "Zu den drei Römern" waren die Spolien der Kragsteine angeliefert worden und lagen auf dem Gerüst bereit.



    Natürlich ist wieder alles so mit Gerüststangen und Zäunen zugebaut, dass Detailaufnahmen nur schwer möglich waren...





    Ein unverstelltes Bild gelang mir dann doch:



    An der Nordseite von Markt 40 (zum denkmalgeschützten :gehtsnoch: Anbau des Kunstvereins) prangt eine neue Inschrift in güldenen Lettern, unter den Fenstern des 1. Stocks, die aber leider noch nicht vollständig eingebaut ist:

    "Dorn und Disteln stechen sehr, falsche Zunge noch viel mehr .... "