Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Weiter ging es mit der Führung am Haus zu den drei Römern vorbei, Fotos hatte ich schonnmal eingestellt, hier nochmal als Detailbild wegen der Säule vor den Giebelfenstern. Diese ist, wie wir erst jetzt erfahren haben, eine echte Spolie - wie auch im DAF bereits erwähnt:


    Hier die Eichensäulen des Erdgeschosses vom Roten Haus, auf dem zweiten Bild sieht man, dass diese Stahlkerne enthalten, die auf den Bodensockeln aufgebracht werden:




    Inzwischen abendlicher Rückblick über den Hühnermarkt zu Flechte und Schildknecht, mit lauschiger Innenbeleuchtung:



    Nun endlich in die goldene Waage:
    Sandsteinsäule im Erdgeschoss


    Fensterfront von Innen, Erdgeschoss, mit leider verpackten Oberlicht-Gittern (m.E. auch Originale(?)):


    Detailbilder Festergewandungen Erdgeschoss:



    Sandsteintreppe, hier mit Holz belegt zum Schutz wegen der Bauarbeiten:


    Von außen, vom Baugerüst aus, Detailbilder der Schnitzereien am Eckbalken der Goldenen Waage, mit dem Hauswappen des Eigentümers:



    Einmal editiert, zuletzt von Bautradition (2. März 2017 um 21:22)

  • Geht es euch nicht genauso? Die Begeisterung beim Anblick solcher Rekonstruktionen ist kaum geringer als wenn es sich um Originale handelte. Obwohl ich weiß, dass es Rekonstruktionen sind, akzeptiert mein Auge sie als historische Architektur voller Gestaltungskraft und visuellem Reichtum. Da geht einem das Herz auf!

    Übrigens: Cornelia Bensinger von Pro Altstadt will versuchen, uns bei unserem Frankfurter Initiativentreffen am 13. Mai eine solche Führung durch das Dom-Römer-Areal zu vermitteln.

  • @ Bautradition:
    Vielen Dank für eure Teamarbeit! Die hat mich wirklich sehr gefreut! Ich denke, der Hühnermarkt wir ein ganz stimmiges Plätzchen.

    Der Torbogen Richtung Rebstock gesehen:


    Natürlich erdbebensicher in Beton... ;)

    Und hier das Original vor 100 Jahren:


    Ansichtskarte, Verlag L. Klement, Frankfurt a. M., um 1900/1910

  • Ich ergänze die Aufnahmen von "Bautradition".

    Ein Blick auf die Rampe an der Schirn, Richtung Rotes Haus.

    Fensterverschalung am Haus zu den 3 Römern.

    Und dort hat sich sogar schon ein erster Bewohner eingefunden.

    :zwinkern:

  • Geht es euch nicht genauso? Die Begeisterung beim Anblick solcher Rekonstruktionen ist kaum geringer als wenn es sich um Originale handelte. Obwohl ich weiß, dass es Rekonstruktionen sind, akzeptiert mein Auge sie als historische Architektur voller Gestaltungskraft und visuellem Reichtum. Da geht einem das Herz auf!

    Ja, vor allem bei diesem Bild - da habe ich plötzlich das Gefühl, da ist etwas, was ich in "meinem" Frankfurt (immerhin 19 Jahre) immer vermisst habe: Eine Altstadt.

  • Zitat von phili

    Geht es euch nicht genauso? Die Begeisterung beim Anblick solcher Rekonstruktionen ist kaum geringer als wenn es sich um Originale handelte.

    Psychologisch klar verständlich, weil dein Unterbewusstsein den Verlust dh das Nichtmehrbestehen verinnerlicht hat.
    Probiere mal folgendes Gedankenexperiment: Die Originale hätten bis dato überlebt, wären aber aus Baufälligkeit bzw kommerziellen Überlegungen abgerissen und durch diese Rekos substituiert worden.
    Ich glaube, in diesem Fall würdest du etwas anderes schreiben.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ursus Carpaticus, Deine Gedanken habe ich auch immer wieder mal gehabt.

    Eine ebenso spannende Frage treibt mich immer wieder um:

    Was wäre, wenn die Frankfurter Altstadt bereits ca. 50 Jahre vor 1945, also etwa um 1895, in einem Krieg total zerstört, und das Areal anschließend im Stil der damaligen Zeit wieder aufgebaut worden wäre? Also in der Architektur von Historismus, Jugendstil und Gründerzeit, mit großzügigen Alleen und Schmuckplätzen.

    Würde wir heutzutage überhaupt der mittelalterlichen Altstadt derart nachtrauern, dass wir uns die Gebäude, Plätze, Straßenzüge der Jahrhundertwende wieder wegwünschen würden um die mittelalterlichen Strukturen zurückzubekommen?

  • natürlich.
    Diese Problemstellung brauche ich mir nicht herbeizudenken, die besteht in Wien real.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • So etwas in der Art ist doch in Prag passiert. Da hat man das älteste Stadviertel, das Judenviertel um die Pariszka herum, um 1900 komplett abgerissen bis auf die Altneusynagoge und den Jüdischen Friedhof, und was wäre Prag heute ohne diesen Gründerzeit-/ Jugendstiltraum?

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Probiere mal folgendes Gedankenexperiment: Die Originale hätten bis dato überlebt, wären aber aus Baufälligkeit bzw kommerziellen Überlegungen abgerissen und durch diese Rekos substituiert worden.
    Ich glaube, in diesem Fall würdest du etwas anderes schreiben.

    In solchem Falle wäre meine Reaktion zumindest zwiespältig, vielleicht aber auch anerkennend, dass man überhaupt auf eine exakte Rekonstruktion Wert gelegt hat. Diese Empfindung aber relativiert sich sogleich, wenn der Bauherr sich nicht für Abbruch und rekonstruierenden Wiederaufbau enschieden hätte, sondern für suzessive Erneuerung seines Hauses nach strengen denkmalpflegerischen Vorgaben. Dann würde auch schließlich ein Neubau dastehen, der dennoch zugleich Traditionsbau wäre, weil eben der Austausch der Materialien zum Wesen der Architektur gehört. Das ist eben eines unserer stärksten Argumente als Verfechter des Rekonstruierens: Auch eine nixht kriegszerstörte Altstadt wäre in den siebzig Jahren seit Kriegsende stark überformt und von Grund auf erneuert worden. Fenster, Putz, Dacheindeckung wären neu, und lediglich an der Zahl der nicht ausgetauschten Balken könnte sich das Verlangen nach historischer materialer "Authentizität" festkrallen. Indem wir uns diese Relativität im Erleben historischer Stadtgebilde bewusst machen, zeigen wir einen reifen, mit der Lebenswirklickeit versöhnten Umgang mit gebauter Historie.

  • So etwas in der Art ist doch in Prag passiert. Da hat man das älteste Stadviertel, das Judenviertel um die Pariszka herum, um 1900 komplett abgerissen bis auf die Altneusynagoge und den Jüdischen Friedhof, und was wäre Prag heute ohne diesen Gründerzeit-/ Jugendstiltraum?

    In Stuttgart ist das einzig halbwegs erhaltene und von der Bevölkerung hochgeschätzte Stückvchen Altstadt, nämlich das Häuserensemle um den Hans-im-Glück-Brunnen eine Sekundär-Altstadt vom Anfang des 20 Jahrhunderts, als man sich noch nicht scheute, das Pittoreske einer mittelalterlich anmutenden Stadtszenerie nachzuschaffen, ohne die Komportansprüche der Gegenwart zu missachten. Das war eben die Zeit, in der m.E. deutsche Kultur und Baukultur ihren einmaligen und absoluten Kulminationspunkt erreichten, kurz vor dem 1914 einsetzenden rasanten Verfall.

  • Auch eine nicht kriegszerstörte Altstadt wäre in den siebzig Jahren seit Kriegsende stark überformt und von Grund auf erneuert worden. Fenster, Putz, Dacheindeckung wären neu, und lediglich an der Zahl der nicht ausgetauschten Balken könnte sich das Verlangen nach historischer materialer "Authentizität" festkrallen.


    Warum hätte die Frankfurter Altstadt von Grund auf erneuert werden sollen? In vielen gut erhaltenen Altstädten ist dies ja auch nicht geschehen.
    Fachwerkhäuser altern auf eine unnachahmliche Weise. Das Fachwerkgerüst verformt sich und die Häuser werden krumm. Bei diesem Beispielbild aus Tübingen sieht doch wirklich jeder, daß die Häuser alt und echt sind und keine Rekonstruktionen aus den letzten Jahren.

  • .... oder um noch näher am Thema zu bleiben: Die alten Messehöfe im Bereich der Braubach, im wesentlichen aus heutiger Sicht hochwertige und unbedingt zu erhaltende Bauten, wurden zugunsten des Braubachstraßendurchbruches abgerissen und durch Neubauten an wesentlich anderem Straßenverlauf ersetzt.

    Trotzdem kommt heute niemand auf die Idee, diese im Zuge des Wideraufbaues der Altstadt durch Rekonstruktionen der(auch gut dokumentierten) mittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Bebauung zu ersetzen.

    Dies wird wohl daran liegen, das Häuser aus Gründerzeit und Jugendstil besser in eine Altstadt passen, als Waschbeton.

    Und um zur Ausgangsthese der letzten Diskussion zurückzukommen: Wenn die jetzt rekonstruierten Häuser zuvor wegen Bau- oder Renditenfälligkeit abgerissen worden wäre dies natürlich nicht zu befürworten. Rekonstruktion ist immer nur die zweitbeste Lösung, besser ist natürlich der Erhalt des Originals. Aber diese Alternative hat sich in Frankfurt ja nicht mehr gestellt.

    Einmal editiert, zuletzt von Andreas (6. März 2017 um 17:45)

  • "Philoikódomos", Du hast recht. Als ich das letzte Mal in Stuttgart war, sah ich, welches Leben um den Hans-im-Glück-Brunnen herrschte. Die Stelle ist ein Partyareal, und 50 Prozent der jungen Leute schienen sich dort hin zu bewegen, um zu feiern. Das ist nichts Negatives, sondern zeigt, wo sich die Leute gerne aufhalten und wohl fühlen.
    Gerade in diesem Stil sollte man die Stuttgarter Innenstadt weiterentwickeln. Aber dem stehen die ideologischen Hürden entgegen.

    Es gibt natürlich auch in Stuttgart noch ein Stück Altstadt. Nur leider ist das Leonhardsviertel zu Teilen ein Rotlicht-Bezirk. Ich habe mit solchen Etablissements generell kein Problem, sondern sehe sie als ewigen Teil von Städten jedes Zeitalters. Aber im einzigen erhaltenen Altstadtensemble muss das nun wirklich nicht unbedingt sein. Hier wäre eine Umnutzung und bessere Verwertung für breitere Bevölkerungsschichten angebracht.

  • Warum hätte die Frankfurter Altstadt von Grund auf erneuert werden sollen? In vielen gut erhaltenen Altstädten ist dies ja auch nicht geschehen.

    Es kann doch niemand im Ernst behaupten, die von mir genannten Bereiche der Hauserneuerung in Altstädten (Fenster, Putz, Dacheindeckung) seien weder nötig gewesen noch überhaupt geschehen. Auch wenn man es einem Altstadthaus nicht ansieht, weil jahrzehntelange Patinierung nach einer Renovierung längst wieder einen altertümlichen Anschein zuwege gebracht hat, irgendwann wurden die genannten Elemente ausgetauscht oder sie werden in absehbarar Zeit ausgetauscht werden. Außerdem ist es abwegig, sich über die Notwendigkeit von Hauserneuerung zu streiten. Es ist einfach ein Faktum, dass jedes Gebäude, wenn es nur lange genug besteht, in seiner Materialität in Teilen erneuert werden muss, auch wenn der Prozentsatz des zu Erneuernden und auch die Zeitspannen zwischen den Renovierungen höchst unterschiedlich ausfallen. Es geht mir um die für unseren Kampf wesentliche Einsicht, dass sowohl originale wie auch rekonstruierte Gebäude dem Gesetz des materialen Zerfalls und des materialen Austausches unterliegen, so dass in materialer Hinsicht der Unterschied zwischen originalen und rekonstruierten Häusern auf lange Sicht an Gewicht verliert.

  • Es gibt natürlich auch in Stuttgart noch ein Stück Altstadt. Nur leider ist das Leonhardsviertel zu Teilen ein Rotlicht-Bezirk.

    Es ist halt die Frage, was man unter dem Begriff Altstadt versteht. So alt ist das Leonhardsviertel gar nicht, dafür aber ziemlich heruntergekommen und bar jeder Attraktivität, und obendrein ist es durch die Stadtautobahn (B 14) von der Innenstadt abgeschnitten. Ein städtebauliches Trauerspiel sondergleichen!

  • Es kann doch niemand im Ernst behaupten, die von mir genannten Bereiche der Hauserneuerung in Altstädten (Fenster, Putz, Dacheindeckung) seien weder nötig gewesen noch überhaupt geschehen.

    Du sprachst von einer Erneuerung "von Grund auf", so daß am Ende von den ursprünglichen Häusern nur noch einige "nicht ausgetauschte Balken" übrig bleiben. Mein Punkt war nun gerade, daß man Fachwerkhäusern trotz erneuerter Oberfläche (Verputz etc.) ihr Alter ansieht, da sich ihr Gerüst im Laufe der Zeit merklich verformt. Sicher werden sich originale und rekonstruierte Häuser auf lange Sicht angleichen, da auch die Rekonstruktionen altern und die Substanz der älteren Häusern nach und nach ausgetauscht werden muß (wobei Fachwerk erstaunlich langlebig ist) . Im Jahre 2017 aber ist der Unterschied zwischen einem echten, einigermaßen schonend sanierten Fachwerkhaus und einer Rekonstruktion ein himmelweiter. Mühelos könnte man eine unzerstört gebliebene Frankfurter Altstadt von ihrer Rekonstruktion unterscheiden.