Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Das sehe ich auch so. Ich wäre auch froh, wenn im Lübecker Gründungsviertel Häuser mit nur annähernd dieser Qualität kommen würden.


    Bislang bin ich davon ausgegangen, dass die Häuser im Lübecker Gründungsviertel von entsprechender Qualität sind.

    Das Haus Markt 38 konnte ich mir diese Woche von außen ansehen. Es sieht im Original noch besser auf als auf den Bildern. Insbesondere das an die historischen, aus Sandstein errichteten, Vorbilder erinnernde Erdgeschoss und die, die örtlichen Fachwerkbauten zitierenden Geschossüberstände, sind sehr gelungen.

  • An sich eine sehr gelungene Neuinterpretation. Aber was soll diese alberne, sich nach unten verjüngende Fensterumrahmung im Dachgeschoss? So wirkt es schon fast Karikaturen- oder Comic-haft.

    Mich überzeugt diese Fassade überhaupt nicht. Es ist ja nicht nur das sich nach unten verjüngende Teil im Giebel - die sich nach innen verjüngenden Fensterlaibungen in den Obergeschossen sehen seltsam aus; mich erinnert das eher an ein Bürogebäude der 60er oder 70er Jahre als an ein Altstadthaus.

    Das ist eine von diesen Neuinterpretationen, die vielleicht nicht grottenhässlich sind, aber bei denen der Architekt die theoretische Möglichkeit, dass ein Betrachter das Haus mit einem alten Gebäude verwechselt, gleich im Keim ersticken wollte - was ihm auch gelungen ist. Aber diese Ecke ist ja ohnehin die große Schwachstelle des Dom-Römer-Projekts. Es werden noch schlechtere Neubauten enthüllt werden, aber gottlob auch bessere.

  • /NZZ Zitat/
    "Wie man neue städtische Orte mit hoher sinnlicher Atmosphäre entstehen lässt, das erzählen die Poeten der deutschen Architektur Arno Lederer, Jórunn Ragnarsdóttir und Marc Oei gleich neben der «Altstadt» mit ihrem Neubau des Historischen Museums, der Ende 2017 eröffnet werden soll. An die Stelle eines brutalistischen Vorgängerbaus der siebziger Jahre, der so schlecht nicht war, setzen sie zwei unterirdisch miteinander verbundene Gebäudeflügel, die von Satteldächern bekrönt sind. Dazwischen entfalten sie einen neuen Stadtplatz, der sich künftig als ein märchenhaftes Geschenk an die Frankfurter und ihre Gäste entpuppen wird, so lebendig, so unmittelbar, so pulsierend laut und lieblich, wie es die legendäre Frankfurter Kleinmarkthalle bereits seit sechzig Jahren ist."
    /NZZ Zitat Ende/

    So ein Quatsch!

    1. Der Neubau des Historischen Museums ist zwar architektonisch etwas netter, dafür aber viel größer und wuchtiger als der brutalistische Vorgängebau. Er erschlägt die ganze Nachbarschaft - übrigens ähnlich wie der benachbarte Riegel der "Schirn-Kunsthalle".
    2. Das märchenhafte Geschenk des neuen "Stadtplatzes", der sich deutlich über Straßenniveau befinden wird, wird genauso "anziehend" sein, wie der Platz an der Konstablerwache und seinen Reiz höchstens auf den direkten Blick auf das Fachwerkhaus "Haus Wertheim" ziehen.
    3. Die "legendäre Kleinmarkthalle" ist ein langweiliger Funktionsbau der 50er Jahre, umgeben von Müllcontainern und Parkplätzen. Geliebt wird die Kleinmarkhalle von den Frankfurtern allenfalls wegen der einzigartigen Mischung von Händlern und Waren darin - definitiv nicht wegen ihrer banalen Architektur.

  • An die Stelle eines brutalistischen Vorgängerbaus der siebziger Jahre, der so schlecht nicht war,

    Das ist das Schlimmste, was er da bringt....

    Lasst ihn.... Sie werdens und wollens nicht lernen....

  • Zitat

    Das, was historische Altstädte ausmacht, lässt sich nämlich nicht verordnen und auch nicht einfach bauen. Weder das in die Jahre Gekommene noch die Atmosphäre einer Sinnlichkeit verströmenden Patina. Solche Orte müssen wachsen.

    An dieser Stelle hat der Autor durchaus recht. Ob Investoren nun ein Wohngebiet auf der Grünen Wiese hochziehen, oder ein Wohngebiet, dass sich als Altstadt tarnt, sind zwei Seiten derselben Medaille. In beiden Fällen fehlen die Wurzeln und es fühlt sich unecht an. Ob der Look alleine ausreicht, um das 'Altstadt-Lebensgefühl' zu schaffen, wird sich wohl erst in ein paar Jahrzehnten zeigen.

    Gleichzeitig sehe ich aber auch keine Alternative dazu. Betonbrutalismus und autogerechte Stadt sind Verirrungen, die rückgängig gemacht werden müssen.

  • Jeder, der mal das altern von Rekos erlebt hat, der weiß, dass man nach 20-25 Jahren patinamäßg keine Unterschiede mehr sieht - es sei denn in deutschem Reinlichkeitswahn alle paar Jahre wie am Taschenbergpalais hier, neugestrichen.
    Ich erlbete die Warschauer Altstadt nach 1990 - herrlich sag ich euch. Überall blätterte der Putz und man sah schönes Ziegelmauerwerk daruntzer - perfekt patiniert....

  • "die theoretische Möglichkeit, dass ein Betrachter das Haus mit einem alten Gebäude verwechselte"

    Dieser Eindruck soll bei den Neuschöpfungen ja nun gerade NICHT entstehen, und das finde ich auch gut so. Die neuen Häuser haben jedenfalls das Potenzial irgendwann zu Baudenkmälern zu werden, als Zeugen der Ausdrucksform des frühen 21. Jahrhunderts. Ich finde, man tut den Architekten in diesem Fall unrecht, wenn man ihnen mangelndes Einfühlungsvermögen unterstellt. Diese neuen Gebäude in der Altstadt sind endlich mal kreativ und abwechslungsreich, darauf kommt es an. Gefällt mir alles wesentlich besser als die modernen Füllbauten am Dresdner Neumarkt.

    In dubio pro reko

    Einmal editiert, zuletzt von reklov2708 (22. März 2017 um 16:12)

  • Ich finde, wir sollten jetzt wirklich mal fair sein. Manchmal ist es mir echt zu viel der Nörgelei. Hätte man nach dem Krieg alles in der Qualität wiederaufgebaut, wie man gerade hier in Frankfurt die Neuschöpfungen getan hat, niemand würde heute nach Rekos rufen.

    Ich bin der Meinung, dass man es nicht viel besser machen kann, als das, was hier in Frankurt gemacht wurde und aktuell umgesetzt wird. Man greift architektonische Elemente der Vorgänger auf, baut Spolien ein, verwendet regionale Materialien, man baut wirklich einzelne Häuser und keine Großblöcke, wo sich hinter 5 Fassaden in Wahrheit nur ein Bau verbirgt.

    Schaut man sich alle größeren Rekpoprojekte der letzten Jahre an, sei es Dresden, Potsdam, Lübeck, Duisburg und eben Frankfurt, dann ist das Dom-Römer Projekt in alllen Belangen qualitativ absolut das beste. Und zwar in jeder erdenklichen Kategorie!

    APH - am Puls der Zeit

  • Ich würde an dieser Stelle mal ganz vulgär deutlich werden - mit der Bitte um Verständnis, weil es hier perfekt passt:
    Die Architekten/Architektur-Journalisten (auffällig besonders aus der Schweiz - Frau Lüscher z.B.) sind derartige Kunstwesen, die bestimmt noch nie gef (UPS)___t haben, aber es ständig fordern: "Leben einkehren" ...

    Deshalb hoffe ich sehr, dass in der neuen Altstadt auch viele Kinder gezeugt werden.
    Dann wäre diese seelenlose sterile Nachkriegsarchitektur auch endlich überwunden.
    Und der (wahrscheinlich) kinderlose NZZ-Autor wiederlegt.
    Er hat es bestimmt auch so geschrieben, in der leisen Hoffnung, dass es so passieren wird.

    Jürgen Tietz, der Autor, ist ein in Berlin geborener deutscher Architekturkritiker. Familienstand mir nicht bekannt. Ändert aber nichts daran, dass er bei den meisten hier den falschen Nerv getroffen hat.
    Jürgen Tietz, Profil bei Wikipedia

    Anmerkung nach freundlichem Schulterklopfer durch Heimdall: Familienstand steht im Artikel.
    Typisch Querleser :/

    3 Mal editiert, zuletzt von Berkowitz (26. März 2017 um 21:44)

  • "die theoretische Möglichkeit, dass ein Betrachter das Haus mit einem alten Gebäude verwechselte"

    Dieser Eindruck soll bei den Neuschöpfungen ja nun gerade NICHT entstehen, und das finde ich auch gut so. Die neuen Häuser haben jedenfalls das Potenzial irgendwann zu Baudenkmälern zu werden, als Zeugen der Ausdrucksform des frühen 21. Jahrhunderts.

    Danke, sowas hatten (bzw. haben) wir schon, ein paar Schritte weiter in der Saalgasse. Häuser, die einem jederzeit entgegenschreien "Hallo, ich stamme aus den 80er Jahren, siehst Du doch!!!". Ich gebe zu, auch ich fand die Saalgasse damals nicht schlecht. Vermutlich, weil sie einen enormen Fortschritt gegenüber den hingeschissenen 50er-Jahre-Wohnzeilen ringsherum war und obwohl fast zeitgleich direkt um die Ecke eine Fachwerkzeile rekonstruiert worden war.

    Jetzt kriegen wir Häuser, die uns unmissverständlich sagen, dass sie aus den 2010er Jahren stammen - auch wenn das Zitat früherer Zeiten diesmal etwas deutlicher ausfällt. Und die sollen auch noch Denkmäler werden? Tolle Wurst. Ich möchte aber eine Altstadt, die sich altstädtisch anfühlt. Wenn nicht alles originalgetreu 1:1 rekonstruiert wird, sondern manches vereinfacht und nur angedeutet, kann ich damit leben. Aber die Füllbauten sollten dem Betrachter wenigstens das - meinetwegen trügerische - Gefühl lassen, er laufe durch ein gewachsenes Viertel, so wie zum Beispiel Markt 18. Es hätte eine ausgezeichnete Kombination aus Rekos und Neubauten werden können, wenn alle Füllbauten auf diese "Guck-mal-was-ich-kann"-Mätzchen des Architekten verzichtet und sich den Rekos untergeordnet hätten. Das traurige daran ist, dass es ja zu wirklich jeder Parzelle mindestens einen solchen Wettbewerbsbeitrag gab - aber was nützen gute Entwürfe, wenn die Jury einen anderen Geschmack hat.

  • Zitat von Stauffer

    Wie aber lässt sich bei unfertigen Häusern eine Qualität erahnen?

    Ich hatte zu der besonderen Qualität in einem vorherigen Beitrag bereits einmal Stellung bezogen.

    Neben den ortstypischen Materialien, dem Einbau von Spolien, den Architekturzitaten ist es für mich bei den Flächenrekonstruktionen - und hier meine ich nicht Einzelbauten wie z.B. die Frauenkirche - einfach das klar beste und durchdachtetste Projekt:

    1. Die Häuser in Frankfurt sind wirkliche Häuser. Anders als z.B. in Dresden wo sich hinter vier oder fünf Fassaden oder gar ganzen Blöcken wie an der Schlosstraße riesige Hotels verbergen, hat man sich hier um echte Kleinteiligkeit bemüht.

    2. Die Rekonstruktionen sind - soweit es die Bauvorschriften zulassen - echte Rekonstruktionen und keine vorgehängten Fassaden. Man schaue nach Dresden oder auch nach Potsdam. Mit Ausnahme des Barberini und dem Bau der GHND in der Rampischen Gasse ist der Rest nur Fassade. In Frankfurt wird es auch echte Innenraumrekonsruktionen geben. Allein das ist qualitiativ eine ganz andere Welt.

    3. Es gibt ein durchdachtes Quartiersmanagement aus Einzenhandel, Wohnen und Tourismus. Man hat also eine wirkliche Strategie.

    4. Die Neubauten sind zwar als Neubauten erkennbar, man bemüht sich aber in vielerlei Richtung um eine ansprechende Gestaltung. Klar kann man jetzt sagen, dass ist in 20 Jahren auch vielleicht nicht mehr der Weißheit letzter Schluss. Aber man schaue nach Lübeck, Dresden, Potsdam und jetzt auch Duisburg. Alles was da nicht zumindest eine Fassadenrekonstrukion ist kommt aber auch in gar keinem Bereich an den Gestaltungswillen der Architekten in Potsdam heran. Allein was die dritte Dimension angeht. Welcher Bau hat heute noch eine so plastische Struktur. Klar, es gefällt vielleicht nicht jedem, aber man war trotzdem um Gestaltung, Individualität und Tiefe bemüht. Ob das in 20 Jahren noch so positiv gesehen wird, wer weiß das schon. Aber man hat sich zumindest bemüht. Und bei allem was uns nicht gefällt, finde ich, dass man, wenn man nicht rekonstruiert, sich dann Frankfurt als Vorbild nehmen kann.

    APH - am Puls der Zeit

  • Kann ich nur unterschrieben, Wissen.de.
    Ich wäre begeistert, wenn z.B. in Stuttgart die Altstadt mit kreativen Neuschöpfungen wiederaufgebaut würde, zumal diese sowieso nie den Rang von Frankfurt oder Nürnberg hatte. Gerade bei Altstadthäusern die ursprünglich ohnehin nur schlicht verputzt waren, lässt sich mit modernen Mitteln gut anknüpfen. Giebeldach und Sprossenfenster lösen heute keinen Kulturkampf mehr aus. Fachwerk in moderner Ausdrucksform stelle ich mir dagegen bizarr vor.

    In dubio pro reko

  • Es hätte eine ausgezeichnete Kombination aus Rekos und Neubauten werden können, wenn alle Füllbauten auf diese "Guck-mal-was-ich-kann"-Mätzchen des Architekten verzichtet und sich den Rekos untergeordnet hätten.

    GENAU!

    Ich finde Neubauten sollten in solch einem Rahmen:

    A) sich dezent historisierend unterordnen

    oder

    B) sich komplett abheben

    Aber dieses "kreative" Ausgelebe der Architekten finde ich degradiert die richtigen Rekonstuktionen.

    Bitte versteht mich nicht falsch, ich finde die neuen Häuser an sich auch ganz gelungen und man würde sich sowas oft an anderen Stelen wünschen aber eben durch diese "Neubauten" kann ich gewisse "pseudo-Vorwürfe" nachvollziehen.
    Ebenso wie schon oben erwähnt verhalten sich ja auch die Häuser an der Saalgasse. Ich finde die auch sehr cool - auch heute noch - geht sogar schon in Richtung "Hundertwasser" aber damit ist "altstdtmäßig" leider NICHTS gewonnen, kurzum 1:1 Rekonstruktionen wären mir einfach lieber - als Häuser die nicht wissen ob sie "Fisch oder Fleisch" sind.


    Mich überzeugt diese Fassade überhaupt nicht. Es ist ja nicht nur das sich nach unten verjüngende Teil im Giebel - die sich nach innen verjüngenden Fensterlaibungen in den Obergeschossen sehen seltsam aus; mich erinnert das eher an ein Bürogebäude der 60er oder 70er Jahre als an ein Altstadthaus.

    Ein Leitmotiv scheinen ja diese "nach innen verjüngenden Fensterlaibungen" überall zu sein. Das fand ich an der Braubachstraße ja noch sehr reizvoll aber es wiederholt sich etwas oft und speziell letzteres Beispiel in diesem Strang erinnert tatsächlich sehr an einige Staatsgebäude der 60er im Elsass zum Beispiel:

    Staatsgebäude im Elsass

  • Aber nun zurück und lassen wir die Freude wieder überwiegen:

    zB wirken diese Verschieferten "sich nach innen verjüngenden Fensterlaibungen" live gar nicht so schlimm wie auf den Visus:

    und hier noch ein paar andere Eindrücke:

    An der Braubachstraße:

    Blick über den Hühnermarkt:

    In Tante Melbers Haus - Erdgeschoss:

    Hinter dem Lämmchen 6 - Innenhof:

    Hinter dem Lämmchen 8 - Laterne, Erdgeschossgewölbe und Außen:

    Das rote Haus:

    Zur Flechte:

    1. Stock in der Goldenen Waage:

    Hinterhaus - Goldene Waage:

    2 Mal editiert, zuletzt von Kaiserpalast (24. März 2017 um 01:32)

  • Du meinst das linke Haus im Bild ja? Steril ja aber ich finde so sieht ein sich "dezent unterordnender" Bau aus. Ist kein Highlight aber stört auch nicht!

    Vor allen was da vorher stand war ja noch unschöner, und wohl auch viel höher als das jetzige - man wird eh überrascht sein wie extrem hoch die Häuser sind:
    Hühnermarkt Vorkrieg, Markt 16

    Bin mal gespannt wie die schrägen Verschieferungen hier aufgenommen werden, ich bin zu meiner eigenen Überraschung recht angetan. Hatte das aufgrund der Visualisierungen so nicht erwartet.