Nürnberg - Lorenzer Altstadt (Galerie)

  • Die folgende Galerie enthält BIlder der bis auf wenige Inseln unzerstörter Bauwerke eher weniger ansehnliche Lorenzer Altstadt. Gerade die Fußgängerzone ist wie in vielen Großstädten teils eine "clone city".

    Dennoch interessiert mich, wie sich historische Strukturen über die Zeit gerettet haben. Ich zeige im Sinne konstruktiver Kritik auch Häßlichkeiten und würde mich freuen, wenn selbst bei augenscheinlicher Nüchternheit mal genau hingesehen wird.

    Adlerstraße nach W

    Adlerstraße nach O (Standpunkt etwa da, wo sich Nr. 7 und Nr. 8 gegenüberstanden).

    Durch die Karstadtpassage zur Karolinenstraße:

    Karolinenstraße nach W:

    Henry Moores Großer Totem:

    Blick nach W auf die Lorenzkirche:

    Sog. "Nassauer Haus":

    Lorenzer Platz Südseite:

    Lorenzkirche, immer wieder beeindruckend:

    M. E. gelungenes Bankgebäude der 20er Jahre:

    Königstraße:

    Uhrenhäuschen:

    Brunnengasse vom Uhrenhäuschen aus:

    In der Brunnengasse, nach W und O:

    Fortsetzung (Pfannenschmiedsgasse-Hallplatz-Kornmarkt-Breite Gasse) folgt.

  • Pfannenschmiedsgasse nach Süden:

    Blick von der Pf. nach W in die Breite Gasse:

    Blick von der Pf. nach O in das Wollengäßchen:

    Hochintelligent benannter Imbiß:

    Daneben Einkaufszentrum "City-Point":

    Zeughaus von 1588:

    Gegenüber die Mauthalle, hier von Nordwesten fotografiert:

    Blick zurück nach Norden:

    Ensemble der Nachkriegs-Moderne - Kaufhof-Fassade von 1960, davor eine japanische Skulptur von 1971. Ich muß zugeben, das hat sogar was, in Kombination mit Lorenzkirche und Mauthalle:

    Blick auf den Hallplatz mit dem dekonstruktivistischen Geschäftshaus von Niederwöhrmeier+Kief

    Hallplatz Südseite:

    und Hallplatz gegen Osten:

    F. F.

  • Am schlimmsten finde ich, dass mit dem "City Point" die Häßlichkeit an empfindlicher Stelle wieder bis in die jüngste Zeit fortgeführt wurde- längst nachdem ein Umdenken zugunsten Stadtreparaturs und Traditionellen Bauens stattgefunden hat (haben müsste)
    Auch das dekonstruktivistische Haus ist in diesem Sinne schlimm. Das Parkhaus in der Adlerstraße gehörte längst weg, an der Karolinenstraße und Breiten Gasse müßten viele Fassaden im historischen Sinne verbessert werden (und auch manche Dächer)
    Eigentlich erinnern nur noch die Lorenzkirche, das sog. Nassauer Haus und die Straßenstruktur (Grundriss) an die ehemalige "Volkstümlichkeit auf höchstem Niveau" des Viertels. Und ja die Mauthalle und der Zeughausrest auch noch.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Das Karstadt-Gebäude wirkt nicht einladend, eher wie ein kalter abweisender Bunker...Ansonsten finde ich einige Bereiche der Fußgängerzone ziemlich zu-betoniert und kaum Grünflächen, so dass es eher ziemlich streng und kalt wirkt, nicht zuletzt weil auch einige Bauwerke dazu beitragen.

  • Ein paar wenige schöne Gebäude gibt es in der Adlerstraße schon noch. Besonders schön ist dort auch die Engelssäule und der dortige Blick auf die Burg.

    Zu den Einkaufsstraße. Traurig aber wahr. Meistens verschlechtert es sich anstatt sich zu bessern. Für den Kaufhofbau wurde so weit ich weiß außerdem nach dem Krieg ein mehr oder weniger unbeschadetes Gebäude aus dem Historismus abgerissen. Dafür ist es schöne, daß wenigstens noch ein paar Altbauten stehen. Zumindest beim Hugendubel und Café Mohr in der Nähe stehen sehr schöne Altbauten.

    Was meiner Meinung nach dagegen ganz schön ist, ist die Königsstraße. Da befinden sich ja auch noch ein paar kleinere Läden und Eßstände.

  • Richtig ist, daß der Kaufhof 1960 erweitert und äußerlich verändert wurde. Hierbei hat man einige Gründerzeitler abgerissen, die an der Pfannenschmiedsgasse neben der Mauthalle standen.

    Der 70er-Verpackungsarchitektur kann ich auch nichts abgewinnen; leider stimmt das auch für den Karstadt. Dabei hat man sich bei diesem extrem gequält, um etwas Verträgliches zu erreichen - viel mehr, als zuletzt z. B. beim "Breuninger". So wurde die riesige Baumasse zergliedert und es wurde auch die Dachform angepaßt, um das Kaufhaus unauffälliger zu machen - nicht zuletzt die Wahl des Fassadenmaterials ist hervorzuheben. Insoweit wird die Umgebung von Lorenzkirche und Nassauer Haus nicht so sehr gestört.

    Was Grünflächen betrifft, so halte ich diese in Straßenzügen eher für problematisch. Ich würde aber die unsäglichen Betonpflanztröge entfernen. Und z. B. auf dem Lorenzer Platz nördlich vom Hallenchor könnte ich mir tatsächlich eine gepflegte quadratische Rasenanlage mit Bäumen vorstellen.

    Citypoint ist natürlich ein Desaster. Die Fassade alleine ist ein reines "Billboard" und überhaupt nicht als Fassade erkennbar. Da hätte man mehr draus machen müssen.

    Das dekonstruktivistische Haus finde ich dagegen für einen Bau der Gegenwart recht gelungen, weil es mit der zerklüfteten Dachlandschaft eher zur Altstadt paßt und diese ergänzt als weitere Kuben.

    Hallplatz Südseite: das Haus ist neu.

    Der "Köpfleinsberg" mit der Engelssäule und dem Burgblick ist wirklich schön. Letzterer ist übrigens erst ein Ergebnis des Wiederaufbaus, vorher stand ein Haus "im Weg". Insofern halte ich den Wiederaufbau in diesem Punkt für gelungen.

    Die Königstraße ist jedenfalls im Teil zwischen Lorenzkirche und Bahnhof einigermaßen erhalten (Gründerzeitler), aber diese sind meistens nicht mehr in vollem Ornat. Das Erscheinungsbild könnte noch verbessert werden, wenn z. B. das Hotel Victoria oder das Hotel Deutscher Kaiser (wobei dieses schon gut restauriert ist) oder die Königstraße 61 wieder in voller Pracht dastünden.

  • ... weiter geht's zum Kornmarkt, dem modernsten Platz in Nürnbergs Altstadt. Blick zurück zum Hallplatz (im Hintergrund noch das Zeughaus):

    Blick nach Südwesten über den Kornmarkt zum Germanischen Nationalmuseum. In der Mitte der alte Eingang zum Bestelmeyer-Bau, rechts und links davon die Ergänzungen von Sep Ruf.

    Hier der alte Eingang. Dieser Trakt entstand 1916-1920.

    Ich kann nicht verhehlen, daß ich dem folgenden Gebäude eine gewisse Klasse nicht aberkennen kann:

    Auch das "Fachmarktzentrum Maximum" (1990) ist in meinen Augen eines der besseren Beispiele jüngerer Architektur in Nürnberg, auch wenn die ehemalige Einkaufsgalerie wenig erfolgreich war.

    Ganz links sieht man das Tor zur "Straße der Menschenrechte" von Dani Karavan, eingerüstet das Gewerkschaftshaus. Dieses ist ebenso wie die Commerzbank in Bildmitte nicht gerade attraktiv, wenn auch der Platz durch ein derartiges Hochhaus einen gewissen Halt bekommt.

    Ziemlich langweilig finde ich die Nordseite des Kornmarktes, wo früher die Korn- und Hopfenlagerhäuser bzw. das reichsstädische Zeughaus standen. Diese waren zwar auch ziemlich gleichförmig und riesig, boten aber einen angenehmeren Anblick.

    Blick zur Klaragasse, dort geht es dann weiter:

    F. F.

  • Zitat

    Der 70er-Verpackungsarchitektur kann ich auch nichts abgewinnen; leider stimmt das auch für den Karstadt.


    Gehören die Häuser direkt angrenzend am Nassauer Haus auch zum Karstadt? Die finde ich recht gelungen, bis auf einigen Fenstern vielleicht.

    Zum Kornmarkt: die Hopfenspeicher und das Reichsstädtische Zeughaus gehörten zu den Sehenswürdigkeiten Nürnbergs, sie waren charakteristisch für die Stadt und gehörten zum gleichen Speichersystem wie die Mauthalle, das Herrenschießhaus, die Kaiserstallung, das Weinstadel, und das Unschlitthaus. Diese Bauten wurden auf dem Boden der vorletzten Stadtbefestigung errichtet, als diese Befestigung nach der letzten Stadterweiterung im Mittelalter seine Funktion verlor und beseitigt wurde.
    Daß diese Bauten das Stadtbild ganz wesentlich prägten, sieht man z.B. am Stadtmodell von 1939: http://www.stadtatlas-muenchen.de/stadtatlas-nue…stadtmodell.jpg
    Beim heutigen Kornmarkt finde ich: die Bauten von Sepp Ruf und die Nordseite sind wenigstens noch Architektur, es sind Baukörper die, nicht allzu aufdringlich, den Platz einrahmen. Alle anderen Bauten am Kornmarkt sind für mich einfach Scheußlichkeiten. Am schlimmsten die alibihafte "Straße der Menschenrechte" (warum steht die denn nicht auf dem ehem. Reichsparteitagsgelände?) Am nichtssagendsten das Gewerkschaftshaus. Am unpassendsten das "Maximum" (was den Glasteil betrifft) Ich sehe für diesen Platz in der näheren Zukunft keine Rettungs- oder Verbesserungsmöglichkeiten.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat von "Brandmauer"

    Gehören die Häuser direkt angrenzend am Nassauer Haus auch zum Karstadt? Die finde ich recht gelungen, bis auf einigen Fenstern vielleicht.


    Nein. Sie sind älter. Karolinenstraße 4 dürfte noch aus den späten Vierzigern stammen, die Häuser in der Königstraße aus den Fünfzigern - den Zeitunterschied sieht man ihnen auch an. Architekt war nach meinem Wissensstand jeweils Rudo Göschel, der auch für die Wiederherstellung des Nassauerhauses zuständig war.
    Die Fenster der Häuser in der Königstraße sind ziemlich hoch und die Sprossen nicht nach historischem Vorbild gestaltet, das ist richtig; ich mag diese Häuser aber trotzdem sehr, wesentlich lieber als das traditionellere (aber irgendwie - keine Ahnung warum - etwas langweilige) Karolinenstraße 4. Im Burgviertel in einer sonst größtenteils erhaltenen Straße (z. B. Füll) würden sie mich vielleicht stören, aber an diesem Standort halte ich sie für eine fast perfekte Lösung. Die Häuser müssen nicht immer so aussehen, als ob sie schon 400 Jahre alt wären. Wir fordern doch nicht nur Rekonstruktionen, sondern auch moderne Architektur, die an Traditionen anknüpft und sich (wirklich, nicht nur angeblich) einfügt, aber dennoch als zeitgenössich erkennbar ist. Diese Häuser gehören für mich zu den besten derartigen Lösungen im Nürnberger Wiederaufbau.

    Zitat von "Brandmauer"

    Beim heutigen Kornmarkt finde ich: die Bauten von Sepp Ruf und die Nordseite sind wenigstens noch Architektur, es sind Baukörper die, nicht allzu aufdringlich, den Platz einrahmen. Alle anderen Bauten am Kornmarkt sind für mich einfach Scheußlichkeiten. Am schlimmsten die alibihafte "Straße der Menschenrechte" (warum steht die denn nicht auf dem ehem. Reichsparteitagsgelände?) Am nichtssagendsten das Gewerkschaftshaus. Am unpassendsten das "Maximum" (was den Glasteil betrifft) Ich sehe für diesen Platz in der näheren Zukunft keine Rettungs- oder Verbesserungsmöglichkeiten.


    Ich finde das Gewerkschaftshaus nicht einfach nichtssagend, sondern ich halte es auch für das Unpassendste.
    Dem größten Teil der Nordseite (CVJM, Wiesengrund & Co, ...) kann ich aber auch so gut wie gar nichts abgewinnen - für mich noch wesentlich schlechter als die GNM-Bauten. Am besten gefällt mir für sich genommen das an der nordöstlichen Ecke stehende Bürogebäude am City Point (ich glaube, das wurde ursprünglich zusammen mit dem Hertie von Sep Ruf gebaut; an der Stelle des Hertie steht jetzt der City Point), aber sehr altstadtverträglich ist es auch nicht:

    Das Haus wirkt übrigens meiner Meinung nach in natura wesentlich besser, nicht so stark nach "Betonklotz mit großen Fenstern". Es hat eine gewisse Eleganz.

  • Irgendwie ist man bei den Bildern hin und hergerissen. Auf der einen Seite möchte man heulen ob des Verlustes, auf der anderen Seite ist der Wiederaufbau - klammert man mal aus, dass man auf Rekonstruktion verzichtet hat - wirklich gelungen. Die alten Straßen- und Platzstrukturen sind zumindest noch fühlbar, wie ich es ähnlich nur aus Würzburg kenne.

  • Danke, Norimbergus, daß das Hochhaus neben der Tiefgarageneinfahrt auch von Sep Ruf ist, war mir nicht bewußt. Auch ich würde es optisch als relativ angenehm empfinden, würde es nicht in der Altstadt stehen. Aber wir müssen um den Kornmarkt heute leider mit anderen Maßstäben messen.

    Ich möchte aber einmal wieder das Augenmerk auf die unsägliche Verschandelung der Straßen mit Schildern, "Möbeln" und anderem Kram richten. Zur Einstimmung einmal ein Bild von der Burgstraße, das mir ziemlich gut gefällt, und zwar nicht nur wegen der alten Häuser, sondern wegen des Straßenraumes, der Perspektive, der räumlichen Staffelung, der Stimmung und der stadtbildnerischen Komposition:

    Foto: Bildarchiv Foto Marburg

    Doch woran liegt das? Die wohltuende Ruhe, die das Bild ausstahlt, führe ich jedenfalls zum Teil auf die ungestörten Straßen zurück, wobei ich dabei nicht Autos oder Passanten meine, sondern das Fehlen von den Unmengen unförmiger Schilder, Lampen, Blumentröge, Kästen, Reklame, Bänke usw.

    Gerade bei dem letzten von Norimbergus zitierten Kornmarkt-Bild fällt dies wieder auf. Und die folgenden Bilder werden ein besonders schlimmes Eck zeigen ... und zwar die Ecke Klaragasse/Kornmarkt/Grasersgasse:

    Wir kommen vom Kornmarkt und blicken in die Klaragasse:

    Schon hier sieht man links ein Hochbeet, das den Blick in die Klaragasse versperrt. Ein Baum oder zwei hättens da auch getan. Ich bin wirklich ein Freund von Grün in der Stadt, aber das ist für mich keine Lösung. Und die Streugutkiste ist auch kein Leckerbissen. Dies seht man auch beim Blick zurück zum Kornmarkt:

    Die Mülltonne wird auch nicht dadurch besser, daß sie zum schönen, einzig histori(sti)schen Haus Nr. 26 gehört:

    Noch schlimmer jedoch ist der Blick in die Grasersgasse, der wohl desolatesten Straße der ganzen Nürnberger Altstadt; rechts sieht man den irrwitzig kleinen Gehsteig, der sich verklemmt um die der Tiefgaragenausfahrt windet. Das Parkhaus links hinten ist übrigens auch etwas für den nächsten "Abrißkalender".

    Hierzu muß man erläutern, daß es sich ursprünglich um zwei Gassen handelte, und in Mitten der heutigen "Gasse" eine Reihe Häuser stand. Diese wurden im Krieg zerstört, aber erst 1973 wurde zur Perfektionierung der überflüssigen Autopiste das nur beschädigte, 1900 erbaute "Königsstiftungshaus" des Germanischen Nationalmuseums mitsamt einer barocken Stuckdecke aus dem Hof des Kloster Ebrach abgerissen. Nach meinen Erkundigungen beim Museum hat damals - ebenso wie beim Abriß der Augustinerklosterteile - keine Dokumentation stattgefunden - wenn das richtig ist, würde es sich m. E. um eine skandalöse Kulturbarbarei - unter der Ägide eines der anspruchsvollsten Museen(!) - handeln. Hierzu folgender Bildeinschub:

    Foto: Bildarchiv Foto Marburg

    Auf folgendem Bild vom Abriß sieht man in der Mitte des aufgerissenen Hauses eine Wand mit drei Bögen, der mittlere ein gedrückter Korbbogen. Dies ist offensichtlich der Saal von 1740 gewesen ...

    Foto: Bildarchiv Foto Marburg

    ... wie man hier sieht:

    Foto: Bildarchiv Foto Marburg

    Und so sah das Haus ursprünglich aus (Aufnahme um 1950!!)

    Foto: Bildarchiv Foto Marburg

    Die Krönung dieser schönen Nürnberger Ecke ist folgende Ansammlung von Recycling-Containern ...

    ... und dieses Menü aus Betonpollern auf Betongussteinen mit Moosfugen an Asphaltausbesserung, auf das jede Stadt weltweit mächtig stolz wäre:

    Natürlich kann nicht jede Ecke der Stadt piekfein sein. Aber warum kann nicht generell mehr Geschmack vorherrschen? Das hat nicht nur etwas mit Rekonstruktion oder historisierender Architektur zu tun, sondern m. E. etwas mit genereller Kultiviertheit.

  • Die Geschichte um die Zerstörung des Königsstiftungshauses kann ja wohl nur ein verspäteter Aprilscherz sein? Wache ich oder träume ich?

  • Nein, aber ich bin auch erst vor einiger Zeit selbst darauf gekommen, beim Durchstöbern des Bildindex. Außerhalb davon habe ich noch nie von der Geschichte gehört. Aber auf eine solche Aktion kann die Nachkriegsgeneration wirklich, wirklich stolz sein (beißende Ironie). Die heutige Grasersgasse ist eine Bankrotterklärung für die Nachkriegs-Stadtplanung.

  • Zitat

    Das Parkhaus links hinten ist übrigens auch etwas für den nächsten "Abrißkalender".

    Dieser Abriß ist in der Tat städtebaulich sehr wichtig, er sollte zügigst herbeigeführt werden.
    Mit diesem Parkhaus und dem Abriß des Königstiftungshauses hat man der Stadt hier das Gesicht abgeschlagen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat von "baukunst-nuernberg"

    Danke, Norimbergus, daß das Hochhaus neben der Tiefgarageneinfahrt auch von Sep Ruf ist, war mir nicht bewußt.


    Ich bin mir selbst nicht ganz sicher, glaube aber vor einiger Zeit so etwas gelesen zu haben; ich überlege gerade, wo das gewesen sein könnte.

    Jetzt aber zum Königsstiftungshaus.

    So verwunderlich dürfte es nicht sein, daß die Stadt 1973 noch alte Häuser für Straßen abgerissen hat. Das war schließlich genau die Zeit des Kampfes um den Unschlittplatz, und dort ist es um wirklich alte Häuser an einem in erheblichen Teilen erhaltenen Platz gegangen, wohingegen das Königsstiftungshaus ein Werk der Mitte des 19. Jahrhunderts mit historistischer Überformung (und wie hoch, oder besser niedrig, der Historismus damals im Kurs stand, das denke ich wissen wir alle) aus dem Jahr 1900 war, noch dazu in einer abgesehen von der Stadtmauer so gut wie völlig zerstörten und mit einem Parkhaus und Museumsbauten von Sep Ruf wiederaufgebauten Umgebung.

    Nachfolgend ein Auszug aus „Das Germanische Nationalmuseum Nürnberg 1852-1977“, hg. von Bernward Deneke und Rainer Kahsnitz, Deutscher Kunstverlag, München Berlin 1978.

    Am 11. Oktober 1897 wurde das sogenannte Königsstiftungshaus, Untere Grasersgasse 18, für 120000 Mark erworben. Es handelte sich um ein 1856 auf Veranlassung König Maximilians II. errichtetes vierstöckiges Wohngebäude für minderbemittelte ältere Leute, das unter einem Dach zwei Häuser mit je fünf und eines mit sieben Fensterachsen zusammenfaßte. Allerdings wurde das Gebäude an der Südseite wegen einer vorbeiführenden Straße um die Breite einer Fensterachse verkürzt. Die aus dem Abbruchmaterial neu aufgeführte Stirnwand wurde, abweichend von der früheren Abwalmung des Daches, von einem steilen Giebel überragt, dessen Schrägen Voluten als Schmuck erhielten. Damit erzielte Bezold den stilistischen Anschluß an einen zweistöckigen, der Südwand angefügten Erker des 17. Jahrhunderts, der dem Museum beim Abbruch eines dem neuen Postgebäude an der Theresienstraße weichenden Hauses übergeben wurde. (Fußnote hierzu: […] Beim Abbruch des Königsstiftungshauses im Jahre 1973 wurde der Erker an die Metzgerei Könlein/Bratwurströslein, am Nürnberger Obstmarkt verkauft.) (S. 451 – 454)

    Dieses wurde offensichtlich auch am Obstmarkt eingebaut, denn man vergleiche das Chörlein auf diesem Bild:

    (höher aufgelöste Version: http://www.bildindex.de/bilder/MI07691f05a.jpg)
    Foto: Bildarchiv Foto Marburg

    mit dem auf diesem:

    Jetzt noch zu der Frage, wieso die Stadt für eine Straße ein Gebäude abreißen konnte, das ursprünglich dem Germanischen Nationalmuseum gehörte:

    Während der Bauzeit der Mittelalterhalle verliefen Planungen zur Errichtung eines Gebäudes, das die umfangreichen Bestände der Bibliothek, des Kupferstichkabinetts und Archivs aufnehmen und den wachsenden Raumbedarf der Verwaltung befriedigen sollte. Das Gelände der an der nordwestlichen Ecke Kornmarkt/Kartäusergasse befindlichen alten Feuerwache der Stadt Nürnberg konnte durch Grundstückstausch – in einem Umlegungsverfahren wurde der Stadt Nürnberg hierfür das Gelände des alten Bibliotheksgebäudes [d. i. das Köngisstiftungshaus] übertragen – hinzugewonnen werden, […] (S. 500)

    Das GNM und die Stadt haben also getauscht, und auf dem Grundstück der alten Feuerwache, das das GNM für das Königsstiftungshaus erhalten hat, wurde schon Jahre vor dessen Abriß dieses Gebäude gebaut:

    Fast noch bemerkenswerter als den Abriß des Königsstiftungshauses finde ich den Umstand, daß hier auch ein Stück Stadtmauer abgerissen wurde. Früher war die Schneise am Sterntor nicht ganz so groß, östlich des Turms Rotes A gab es noch einige Meter Stadtmauer. Lt. Gesamtschadensplan von 1945 war dieser Bereich „leicht oder mittel beschädigt“ (man sieht die Mauer, nicht vollständig erhalten, im Vordergrund des Bildes des Königsstiftunghauses von 1950). Auf Mulzers Karte zu Baufertigstellungen in der Altstadt von Nürnberg von 1970 ist diese Mauer immer noch eingezeichnet. Sie wurde dann natürlich beseitigt, denn sonst hätte ja der Abriß des Königsstiftungshauses nichts gebracht (im Sinne der autogerechten Stadt). Seitdem beginnt die Mauer hier erst wieder mit dem Turm Rotes A.

  • Zitat von "Norimbergus"

    ...
    So verwunderlich dürfte es nicht sein, daß die Stadt 1973 noch alte Häuser für Straßen abgerissen hat. ...

    Verwunderlich nicht, aber dennoch barbarisch.

    Herzlichen Dank für die erhellenden Informationen! Jetzt wird mir auch klar, warum gerade der Erker kurz vor Abriß fehlte:

    Foto: Bildarchiv Foto Marburg

    Wunderbar, etwas über die Geschichte des Chörleins am Bratwurströslein zu erfahren. Irgendwie kam es mir doch bekannt vor. Jetzt müßte man mal nach dem ursprünglichen Haus an der Theresienstraße suchen. Wann wurde die Post dort gebaut? Um 1900?

  • Zitat

    Als ich nach meinem Umzug aus Berlin vor einem dreiviertel Jahr zum ersten Mal an diesem Platz stand, kamen bei mir richtiggehend nostalgische Gefühle auf: Mensch, dette sieht ja aus wie in Marzahn, wa!

  • Zitat von "baukunst-nbg"

    Jetzt müßte man mal nach dem ursprünglichen Haus an der Theresienstraße suchen. Wann wurde die Post dort gebaut? Um 1900?


    Zur Post in der Theresienstraße kann ich nichts sagen, aber im Stadtlexikon (2. Auflage) findet man auf Seite 1073 zum Stichwort Theresienstraße einen Delsenbach-Stich, auf dem rechts im Vordergrund der Vorgängerbau abgebildet ist. Er stand an der westlichen Ecke Theresienstraße/Tetzelgasse giebelständig zur Theresienstraße. An dieser Fassade war auch unser Chörlein angebracht.