Stuttgart und seine negativen Seiten

  • Hallo, ich schreibe hier zum ersten Mal und bin froh, dass es noch Leute zu geben scheint, denen mein Anliegen auch wichtig zu sein scheint!

    In der Stuttgarter Zeitung war vor ein paar Tagen ein Artikel, der sich mit Stuttgart 21 befasste. Das machte mich wieder nachdenklich und ich möchte hier schreiben, was mir schon seit Jahren auf der Seele brennt.

    Wenn ich in der Stuttgarter Innenstadt unterwegs bin, ergreift mich ein Gefühl der Trauer.
    Kaum historische Bausubstanz, nur Glas, Beton, Stahl, Aluminium. Grau, schwarz, braun, silber - das sind die maßgeblichen Farbtöne dieser Stadt.
    In einem anderen großen Architekturforum im Internet ergötzt sich der ein oder andere an Projekten wie Stuttgart 21 und den neuesten seelenlosen Glasbauten marke Kunstgalerie am Schloßplatz (oh, wie ich diesen grässlichen Glaskasten hasse!), welche dann als architektonische Meisterleistung und Prachtbau gefeiert werden.
    In Stuttgart hat der Erhalt historischer Gebäude und gewachsener Stadtensembles nie eine große, erwähnenswerte Lobby gehabt. Man opfert nach wie vor alles dem Verkehr, der Wirtschaft.
    Dem normalen Stuttgarter ist es egal, Hauptsache man kann gut einkaufen.
    Stadtgeschichte?? Interessiert keinen!
    Ich gebe zu, dass ich nicht gern in der Stuttgarter Innenstadt bin, weder tagsüber noch nachts. Bei Nacht fallen einem die üblen Bausünden nicht so arg auf wie bei Tag, aber ich bin einfach nur traurig, dass nicht einmal angefangen wird, über eine mögliche Rekonstruktion verlorener Gebäude nachzudenken.
    Stattdessen beherrscht dieses leidige Thema Stuttgart 21 die Stadtoberen, die sich dadurch nur ein Denkmal für die, vermeintliche, Ewigkeit setzen wollen.
    Wie gern hätte ich die Hohe Karlsschule gesehen, das komplette historische Bohnen- und Heusteigviertel. Das Gerberviertel ist auch nur ein Schatten vergangener Tage, mit einigen wenigen Gebäuden aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das alte Rathaus kenne ich auch nur aus Schwarz-Weiß-Bildern, genau so wie den Marktplatz, mit seinen malerischen Fachwerkhäusern, die heute ganz sicher ein Touristenmagnet wären.
    Oder das alte Universitätsviertel, der damaligen Reichen Vorstadt. Nur ein paar kümmerliche, aber immerhin wieder hergerichtete Altbauten in der Calwer Straße zeugen noch von einer großen Vergangenheit.
    Oder das alte Heslach, welches auch den Großteil seiner uralten Häuser im Fachwerkstil im Bereich der Böblinger Straße verlor.
    Der Bombenkrieg hat innerhalb weniger Wochen Jahrhunderte mühsam gewachsener Geschichte ausradiert. Für immer!
    Ich bin gebürtig aus Potsdam, doch in Stuttgart aufgewachsen. Und wenn ich meine Geburtsstadt mit meinem Wohnort und Lebensmittelpunkt vergleiche, schäme ich mich für meinen Wohnort.
    Fragt mich ein Ortsfremder nach Sehenswürdigkeiten Stuttgarts, gehe ich das meistens aus bauhistorischer Sicht an.
    Leider fallen mir kaum nennenswerte Plätze ein, daher nenne ich die üblichen Verdächtigen Fernsehturm, Wilhelma, Schloßplatz... Aber dann fängt es schon an zu haken. Nein, dann rate ich meistens doch lieber zu "fahren sie lieber in die umliegenden Städte, nach Esslingen, Ludwigsburg, Marbach usw, denn dort gibt es mehr zu sehen, als hier."
    Einst sollte der Nesenbach wieder durch Stuttgart fließen, davon war Anfang des neuen Jahrtausends zu lesen, doch hat sich bis heute nichts getan!
    Ein trockenes Rinnsal in der Nesenbachstraße wartet bis heute darauf, dass Wasser durch ihn fließt.
    In Stuttgart wird nur disktutiert, aber nicht gehandelt!
    Geht es um die Wirtschaft, ist man ruckzuck wie von der Tarantel gestochen auf den Beinen - doch geht es um die Stadt an sich und ihre Geschichte, tut sich nichts!
    Ein weiteres Beispiel: Seit Jahren gammelt der letzte Rest des Lusthauses im Schlossgarten vor sich hin, droht endgültig zu verfallen.
    Laut eines Zeitungsartikels vor ein paar Tagen, ist von der großen Treppe in 50 Jahren nur noch Sand übrig, wenn nichts getan wird! Es drohen sogar, wegen des Baus Stuttgart 21,
    weitere Schäden, die der geschichtsträchtigen Ruine den letzten Rest geben könnten.
    Stuttgart könnte eine so schöne Stadt sein - die topographischen Voraussetzungen sind ihr schon mal gegeben. Doch der Krieg, und der darauf folgende überhitzige und vom Wirtschaftswunder geprägte Wiederaufbau mit dem Willen eine autogerechte Stadt zu schaffen, zerstörten das Gesicht Stuttgarts, man nahm ihr endgültig die Seele.

  • Als jemand, der seit 11 Jahren in Esslingen wohnt, stimme ich Dir in allem zu. Ich fühle mich in Stuttgart auch immer sehr unwohl und verlasse die Stadt nach jedem Besuch so schnell wie möglich.

    In Esslingen hingegen kommt es häufig vor, daß ich nach dem erledigten Einkauf/Restaurantbesuch noch durch die Gassen der Altstadt schlendere oder hoch zu den Weinbergen oder der Burg wandere, nur um den Kopf wieder frei zu bekommen. Stuttgart könnte so schön sein, wie vor dem Krieg, nur müßte dazu mal ein Umdenken stattfinden...

  • Zitat von "silesianospostato"

    Als jemand, der seit 11 Jahren in Esslingen wohnt, stimme ich Dir in allem zu. Ich fühle mich in Stuttgart auch immer sehr unwohl und verlasse die Stadt nach jedem Besuch so schnell wie möglich.

    In Esslingen hingegen kommt es häufig vor, daß ich nach dem erledigten Einkauf/Restaurantbesuch noch durch die Gassen der Altstadt schlendere oder hoch zu den Weinbergen oder der Burg wandere, nur um den Kopf wieder frei zu bekommen. Stuttgart könnte so schön sein, wie vor dem Krieg, nur müßte dazu mal ein Umdenken stattfinden...

    Hallo!
    Esslingen ist wirklich sehr schön. Auch ich fahre immer wieder gern dorthin, um durch die mittelalterlichen und gemütlichen Gassen zu laufen. So etwas sucht man in Stuttgart vergebens und wenn ich dann an die kalte und tote Architektur der Innenstadt denke, bekomme ich vor Grauen eine Gänsehaut.
    Stuttgart ist einzig eine Stadt, die zum Schlafen, Essen und Arbeiten da ist.
    Ich selber habe erst vor 7 Jahren angefangen mich dafür zu interessieren. Bis dahin war auch mir dieses Thema egal! Damals, im Frühjahr/Sommer 2001 stellte die Stadt in der ganzen Innenstadt verteilt Infotafeln auf, die alte Bilder des jeweiligen Standortes zeigten, so wie die Stadt vor dem Krieg aussah. Das hat mich absolut fasziniert und seitdem interessiert mich das alles brennend.
    Ich bin noch recht jung, 26 Jahre um genau zu sein, und ich kenne niemanden in meinem Alter, der sich auch für dieses, in meinen Augen, wichtige Thema interessiert.

    Die große Frage ist:
    Was kann man tun, um ein Umdenken in Gang zu setzen? Oder liegt es an der schwäbischen Mentalität?

  • Hallo AntinomyX,

    willkommen im Forum 8)

    Um es vorne weg zu sagen, den meisten hier erging es wie dir. man schaut sich um und fühlt den grossen verlust bei gleichzeitiger ahnung der schönheit, die diese orte einmal besassen. gleichzeitig bekommt man eine gewisse wut auf jene leute, die anscheinend nichts verstehend einen widerlichen murks nach dem anderen abliefern. da schaut man sich dann die stadt an und denkt: was ein absurder haufen dilettantistischer buden. zum totärgern und weglaufen.

    ich persönlich gehe durch so eine stadt und habe gleich mal schlechte laune. ich schau mir die details an und sehe, das alles, aber auch wirklich alles aus gestalterischer sicht falsch gemacht wurde. vom mülleimer über die strassenlaterne bis zur kahlen schmuddel-hausecke, von der parkbank über das pflaster der fussgängerzone bis hin zum blumenkübel. selbst die schaufensterbeschriftungen und markisen.
    alles falsch, alles misslungen, alles hässlich.
    teilweise muss ich dann auch wieder schmunzeln und sag mir: na bravo, wirklich alles so zu vermurksen, das muss man auch erst mal schaffen, das hat fast auch schon wieder qualität... :?

    dass du niemanden sonst in deinem alter kennst? hm, egal in welchem alter, diese leute sind rar. ich denke, gestaltung und design zu verstehen/hinterfragen ist eine sonderbegabung.
    (mein nachbar fährt von köln nach paris:
    na wie wars?
    Schön! Aber schmutzig! Also zu haus ist es immer noch am schönsten...
    -> passiv hat ers schon so +- gefühlt, aktiv aber nix geblickt)

    denn passiv haben sie es alle verstanden, frag sie mal was schöner ist, stuttgart oder esslingen. merkel oder jeanette biedermann.
    aber von diesem punkt den weg zur aktiven diskussion oder gestaltung, den finden nur leute mit wirklicher begabung oder eben politischen nebeninteressen. beides findest du hier im forum.

    wie egon fridel in seiner 'kulturgeschichte der neuzeit' schrieb:
    "und wenn sie es nicht fühlen, so werden sie es auch nicht erjagen"
    da können sie 100 jahre architektur studieren und sind doch nur ausgebildete wortarchitekten.

    stuttgart 21. das klingt schon gleich so nach diesen dämlichen möchtegern-progressiven zeitgeist fuzzis.

    also, wenn du was bewegen, mitarbeiten willst:
    stadtbild.de, unser verein zum thema :zwinkern:

  • Lieber AntinomyX,

    es tröstet dich wahrscheinlich nicht, aber glaube mir, du bist nicht der einzige, der an der Hässlichkeit Stuttgarts verzweifelt.
    Die Innenstadt: ein Graus. Da ist jedes Wort zuviel. Zwar hat der Schlossplatz seine Reize, aber man hat den Eindruck, dass dies den Stuttgartern schon fast zuviel der Ästhetik ist, denn der Platz wird permanent durch irgendwelche Happy-Peppy-Event-Plastikzelt-Aufbauten verschandelt. Das Kunstmuseum? Öde! Und sonst? Autoschneisen(Theodeor-Heuss-Str. mit Clubs und Lounges, so hip wie hässlich) , Glas, Beton, Kommerz. Wegwerfarchitektur.
    Nun, der Reiz Stuttgarts liegt also in den Jahrhundertwendevierteln und in den Villengebieten auf der Halbhöhe? Könnte theoretisch sein, allerdings muss man auch hier seit Jahren miterleben wie abgerissen, nachverdichtet (wie das dann aussieht, könnt' Ihr Euch denken), verschandelt wird.
    Ich habe keine Hoffnung, das sich hier etwas ändert, im Gegenteil, Stuttgart begreift sich als Stadt der Moderne und jeder noch so bescheidene Glas-Beton-Kasten ist selbstverständlich in der Tradition der Weißenhofsiedlung zu sehen. (Ironie: selbst diese Denkmäler der Moderne wurden in den Nachkriegsjahren verschandelt :P ).
    In Stuttgart fehlt der großbürgerliche Geist.In einem armseligen Residenzkaff haben im 19. Jahrundert Ingenieure und Industrielle das Sagen übernommen - bis heute. Die verstehen was von Kolben und Zylindern, aber nichts von Ästhetik.

    Ich flüchte so oft ich kann. Shopping in Esslingen, Flanieren in Tübingen und nach Strasbourg, wenn immer möglich. So hält man es hier aus!

  • Zitat von "Treverer"

    Na na, warum so schrecklich deprimiert? :zwinkern:

    Man sehe sich diese Bilderserie eines typischen Viertels aus Tokyo an:
    http://www.skyscrapercity.com/showthread.php?t=689050\r
    http://www.skyscrapercity.com/showthread.php?t=689050

    Und dagegen ist Stuttgart eine städtebauliche Schönheit.

    Pssst, zeig diesen Link bloß nicht dem Stuttgarter Baubürgermeister, der lässt sich davon glatt noch inspirieren...
    :zwinkern:

  • Na, ich glaube, ich würde Tokio bevorzugen... an Stuttgart stört mich nicht nur die Bebauung als solche, sondern vor allem auch deren schlechter Zustand. Vor allem Richtung Westen wird die Fußgängerzone immer schmuddeliger. Auch die erhaltene Gründerzeitbebauung im Westen ist nicht nur von unterdurchschnittlicher architektonischer Qualität, sondern auch ungepflegt und grau in braun.

    Und wenn doch mal etwas erhalten blieb wie das Viertel um die Leonhardskirche, dann läßt man das total vergammeln und siedelt das Rotlichtviertel dort an... oder verschandelt die Ensembles wie die sehr schöne St. Maria Kirche auf andere Weise, indem man direkt vor die Fassade eine Art vierspurige Betonrampe (Paulinenstraße) und gleich daneben einen Betonklotz setzt. Wahrscheinlich findet man so etwas noch innovativ und modern, jedenfalls habe ich noch niemanden gehört, der sich darüber beschwert hätte. Umrandet wird das dann von der üblichen Mischung aus Hochhäusern und ungepflegten 60er Jahre Bauten, wie sie für Botnang und fast alle anderen Vororte typisch sind.

    Dazu ist mir auch aufgefallen, daß in den schönen Villenvierteln immer wieder Abrisse erfolgen und dann grob unpassende Neubauten entstehen. Wahrscheinlich ist in 100 Jahren dort von der historischen Bausubstanz auch nichts mehr vorhanden, wenn das so weiter geht.

    Jedenfalls wirkt Stuttgart auf mich nicht wie eine der reichsten Städte der Welt, sondern eher sehr ärmlich.

  • Zitat von "Neußer"

    Die Sache mit dem Lusthaus ist wirklich der Knaller. Daß das nicht schon längst mal wieder fit gemacht wurde,... unfassbar!
    http://bilder.koksch.de/080226s/im002715.jpg\r
    bilder.koksch.de/080226s/im002715.jpg

    Echt ein Knaller! Das Ding kommt sogar in der Europäischen Architekturgeschichte von Herrn Pevsner vor, die der ein odere andere sicher zu Hause hat. (So viele Bauten aus Deutschland sind da gar nicht drin.) Entwicklungsgeschichtlich kommt dieses Lusthaus gleich nach dem genialen Lusthaus auf der Prager Burg (letzteres natürlich wohl erhalten und gepflegt!).
    Da dürfen nicht irgendwelche Stahl+Glas-Architekten dran, das gehört komplett rekonstruiert wie die Dresdner Frauenkirche.

  • Zitat von "Johan"

    Warum haben München und Stuttgart nach dem Krieg sich so unterschiedlich entwickelt?

    Ich habe mal gehört, daß nach dem Krieg ein regelrechtes Wettrennen im Wiederaufbau stattgefunden hat. Hannover und Stuttgart waren da die Anwärter auf den 1. Platz. Das sieht man den Städten heute leider an. Da war natürlich keine Zeit für aufwändige Rekonstruktionen. Hauptsache die Stadt war möglichst schnell trümmerfrei. Toll! :(

  • Dazu: Die Geschwindigkeit ist jedoch nicht das Problem gewesen, sondern die Philosophie.

    Auf der einen Seite hat sich leider das Konzept des Neuaufbaus statt Wiederaufbau hier durchgesetzt - andererseits kann man bisweilen froh sein, dass Hannover sehr schnell aufgebaut hat; denn alle 50er Jahre Bauten haben erstaunlicherweise eine ansehlichere Architektur als es die 60 und 70er dann hervorgebracht haben. Ich möchte nicht wissen, wie die Stadt aussehen würde, wenn sich der Wiederaufbau verzögert hätte...

  • Hallo!

    Erstmal @marc: Tolle Seite. Aber ich habe gemerkt, dass dort von Stuttgart in der Bildergalerie genau ein EINZIGES Bild vorhanden ist, und zwar vom alten Theater in Bad Cannstatt, direkt bei der Wilhelma. Echt schlimm, dass sich überall woanders was tut, aber Stuttgart sich einen feuchten Dreck um seine Historie kümmert.

    Allgemein:
    Was ich da jetzt gesehen habe schockt mich total. Und zwar die Planungen vom Breuninger! Wie sieht denn das, um Himmels Willen, aus?
    Die Innenstadt wird immer toter und grauer. Jede Wette, dass diese Architektur in 50 Jahren schon wieder als altbacken und hässlich gilt und genauso rigoros abgerissen wird, wie heute die ganzen grauen Kästen aus den 60er und 70er Jahren?

    In einem anderen Thread in diesem Forum, habe ich Bilder aus ganz üblen Ecken Stuttgarts gesehen. Das waren ja noch nicht mal alle, die dort fotografiert wurden.

    Und das Bohnenviertel gammelt wirklich schlimm vor sich hin. Anstatt, dass man diesen Stadtteil schön herausputzt und rekonstruiert, hat man dort den ganzen Rotlichtbereich einquartiert. Da kann man ja kaum durchlaufen, so sehr widert mich das an(nichts gegen die Damen persönlich, aber das ganze Drum und Dran ist einfach nicht ansehnlich).
    Es gäbe sicher andere Gebiete, wohin man das Rotlichtviertel verlagern könnte. Es gibt nur eine Stadt, die mir noch hässlicher erschien, und das war [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon]. Aber dort tut sich ja mittlerweile wenigstens, im Gegensatz zu Stuttgart, was!

    Man muss echt froh sein, dass Esslingen am Neckar im 2. Weltkrieg verschont wurde (warum eigentlich?) und man deswegen in unmittelbarer Nähe noch ein fast perfektes Beispiel einer seit Generationen organisch gewachsenen Stadt besichtigen kann.

    Wenn man eine Rangliste nach Stadtteilen Stuttgarts erstellen würde, dann wäre meiner Meinung nach die Innenstadt weit abgeschlagen auf dem letzten Platz. Den Ersten würde wohl Cannstatt machen, da hat es wenigstens noch einige alte Gebäude aus dem Mittelalter.
    Von Feuerbach ist auch nicht mehr viel zu sehen, außer im Bereich Stuttgarter Straße/Feuerbacher-Tal-Straße.
    In Vaihingen, wo ich wohne, existieren auch nur noch einzeln vorhandene, größtenteils verputzte, Fachwerkbauten im Gebiet hinter dem Marktplatz beim Bezirksrathaus.
    Zuffenhausen wurde auch ziemlich verschandelt, aber dort halte ich mich eigentlich auch nicht gern auf, was auch am höllischen Verkehr liegt, der dort tagtäglich durchfließt.

    Das Problem der Stuttgarter ist aber auch, dass man einfach alles schnell und bequem erreichen will, gute Einkaufsmöglichkeiten hat. Wie es letztendlich aussieht, ist ihnen egal. Jedenfalls hat die Aktion von 2001 nicht viel in den Köpfen bewirken können.
    Man hat sich die Bilder auf den Infotafeln zwar angeschaut, aber einen Tag später wohl wieder vergessen. Und heute erinnert sich sowieso keiner mehr daran. Außer mir ^^

    Die hässlichsten Bereich der Stuttgarter Innenstadt befinden sich mMn im Bereich Königstraße, Lautenschlagerstraße, Paulinenstraße (diese Brücke mit den angrenzenden Klötzen ist einfach augenkrebserregend), Marienstraße, Hirschstraße, Schmale Straße, Theodor-Heuss-Straße (wenn nicht sogar die schlimmste Ecke der ganzen Stadt), Friedrichstraße (genauso schlimm) und die Heilbronner Straße, die einfach nichts hat, null Reize oder sonst was Sehenswertes. Mal ganz zu schweigen von den LBBW-Gebäuden.
    Eines der überhaupt grässlichsten Bauten überhaupt: Der graue Klotz direkt neben dem Hauptbahnhof. Das neu entstehende Stadtgebiet hinter dem Hbf soll ja nur aus solchen Dinger bestehen...
    Na dann, gute Nacht Stuttgart!
    :(

  • Bei Deiner Analyse stimme ich Dir völlig zu, nur habe ich es schon längst aufgegeben, mich darüber aufzuregen. Die Leute hier sind nun halt so und reißen weiter munter ab, um dann renditeträchtige und "ordentliche" Betonklötze hinzustellen. Wie das aussieht, ist egal, Hauptsache, die Kehrwoche wird zuverlässig erledigt.

    Bad Cannstatt kann immerhin 400 m einer ansehnlichen Fußgängerzone und den netten Marktplatz aufweisen, dann kommt schon der erste Kaufhausklotz am Wilhelmsplatz, und der Rest ist leider auf Stuttgarter Niveau zubetoniert.

  • Um dem Trübsal hier, wenn auch nur einen kleinen Funken Hoffnung zu verpassen, fürs Neue Lusthaus scheint jüngste Rettung in Sicht...

    Neuer Förderverein - Wer rettet die Lusthausruine vor dem Verfall?

    "Stuttgart - Seit über hundert Jahren verwittert der Treppenaufgang des einstigen Stuttgarter Lusthauses im Mittleren Schlossgarten mehr und mehr. Damit soll nun Schluss sein. Ein neuer Förderverein mit namhaften Mitgliedern verlangt vom Land, das Denkmal endlich dauerhaft zu sichern.

    Von Thomas Borgmann

    ....Die Reste des verbrannten königlichen Lusthauses jedoch hatte man schon im Jahr 1904 abgetragen und an einer Allee im Mittleren Schlossgarten wieder aufgebaut. Dort stehen sie heute noch - eingezäunt, damit sie niemand betreten kann, gestützt von einem Stahlgerüst, damit sie nicht vollends einstürzen. Beim Land, dem das Baudenkmal gehört, hegt man intern die Absicht, "diese Ruine in Würde sterben zu lassen"...

    ...Appell an das Land

    Doch damit ist Roland Ostertag überhaupt nicht einverstanden. Der frühere Präsident der Bundesarchitektenkammer, der seit langem gegen das Milliardenprojekt Stuttgart 21 kämpft und für die Weißenhofsiedlung, gegen die "Verbetonierung der Innenstadt" und für einen städtebaulichen Gesamtplan, der diesen Namen auch verdient - dieser Roland Ostertag hat jetzt eine Initiative ins Leben gerufen: den "Förderverein neues Lusthaus". Sein Ziel: "Das Land muss endlich seiner Verantwortung gerecht werden und diese Ruine dauerhaft sichern."

    Über die Jahrzehnte hinweg habe es immer wieder Anläufe gegeben, immer wieder neue Gutachten und Zusagen - doch rein gar nichts sei geschehen. Die Reste des alten Lusthauses böten "ein unwürdiges Bild".

    Roland Ostertag erinnert daran, dass "in dieser Stadt schon zu viele Kulturdenkmale durch Abriss, Vernachlässigung und Verantwortungslosigkeit zerstört worden und verloren gegangen sind". Das Land könne nicht einerseits die Besitzer von Baudenkmälern per Gesetz zur Erhaltung zwingen - und sein eigenes Denkmal im Schlossgarten verkommen lassen..."

    05.08.2008

  • Würde mich rein gar nicht wundern, wenn das Lusthaus trotz des Fördervereins am Ende zusammenfällt. Die Stadtverwaltung hat ja null Interesse an Erhaltung.

    Man könnte doch wenigstens, wenn eh schon nichts mehr zu retten ist, ähnlich wie 2001, nur halt etwas im größeren Rahmen, erneut Infotafeln aufstellen, aber dann dauerhaft.
    Überall dort, wo ehemals wichtige und kunsthistorische Gebäude standen, sollte man solche Infos installieren, wo dann auch alte Fotos zu sehen wären.
    Man könnte wenigstens so versuchen, die Erinnerung in den Köpfen der Menschen wach zu halten, und so vielleicht über lang ein Umdenken in Gang setzen.
    Das gibt es zwar jetzt schon teilweise, aber es bezieht sich mehr auf Personen, die einst in Stuttgart lebten oder wirkten. Und die findet man auch nur, wenn man seine Augen ganz weit aufmacht.

  • Ruinensicherung mag bei wuchtigen Burganlagen einen Sinn machen, bei filigranen Renaissancebauteilen ist das doch ein eher sinnloses Unterfangen. Man sichert eine Ruine, lässt ihr Pflege zuteil werden, um sie dann wieder nur in der Gegend herumstehen und vergammeln zu lassen (z.B. als Piss- und Kritzelecke). Zumal sich die Bürger natürlich fragen können, warum man Geld in die Wiederherstellung einiger Baufragmente ohne Nutzgewinn und ohne Gebrauch steckt.

    Also, die einzig vernünftige Lösung erscheint mir, die Bauteile in ein Neubauprojekt zu integrieren, sie also einer Funktion zuzuführen. Vielleicht könnte man ja eine Bühne für junges Theater oder eine kleine Kunstausstellungshalle bauen und die Ruine als Portikusvorbau integrieren.

    Eine Integration in Form des alten Stuttgarter Centralbahnhofs möglichenfalls, wobei die Lusthaus-Integration etwas harmonischer stattfinden sollte, als bei der überarbeitungswürdigen Centralbahnhofssicherung.
    (http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Centralbahnhof-2004.jpg)