• Diese Abbrüche liegen schon etwas zurück, ich hatte aber erst heute davon erfahren.

    Anfang 2013 wurde in der Falckstraße 16 eines der wenigen älteren Häuser in der Innenstadt (um 1880), das den Zweiten Weltkrieg und die anschließende Sanierungswelle überstanden hatte, abgebrochen. Hier wiederholte sich, was man auch in anderen Orten beobachten konnte. Ein Investor erwarb eine denkmalgeschützte Immobilie, versprach diese bald zu sanieren. Dann legte dieser schon bald darauf ein Gutachten vor, dass ergab, dass eine Sanierung zu teuer käme.

    http://www.kn-online.de/Lokales/Kiel/K…Falckstrasse-16

    Der Abbruch wurde schließlich genehmigt, an der Stelle entsteht nun ein Spekulationsobjekt. Es gab offenbar einen Wettbewerb für den Neubau:

    http://www.skyscrapercity.com/showthread.php?t=1556336&page=10

    Der Altbau stand dem Investor ganz einfach im Weg.
    Zitat:
    In der Falckstraße 16 soll nun ein Neubau entstehen, der die
    gestalterischen Qualitäten seines Vorgängers aufnimmt. Dabei soll in
    prominenter Lage zwischen Kleinem Kiel, Altstadt und dem künftigen
    Wohngebiet Alte Feuerwache keine Rekonstruktion des Alten, sondern eine
    „intelligente, sensible Reinterpretation“ erfolgen.

    In dem Gebäude befand sich bis vor kurzem ein Café:

    http://www.kn-online.de/Lokales/Kiel/A…Falckstrasse-16

    Direkt hinter dem Gebäude soll das Bauprojekt "Alte Feuerwache" entstehen.

    Ansicht der Fassade:

    http://abload.de/img/dscn03133qqh6.jpg

    Weitere Artikel:
    http://www.shz.de/lokales/kiel/a…-id3836641.html

    Angeblich war das Haus nicht mehr standsicher:
    Doch das dicke Ende kam im April dieses Jahres. Rohwer legte ein
    weiteres Gutachten vor. Demnach steht die Standsicherheit des Gebäudes
    in Frage. Das bestätigte gestern Statiker Vogt: „Das Haus ist auf einer
    Bodenplatte auf Pfählen tiefgegründet.“ Diese Platte reicht in das
    Bebauungsgrundstück Alte Feuerwache hinein. Vogt: „Dort ist allerdings
    eine Tiefgarage geplant. Ein Drittel der Bodenplatte und die Pfähle
    müssten weg.“ Damit ist das Gebäude nicht mehr ausreichend gesichert.
    Schon jetzt zeigten sich im Inneren „deutliche Risse“ – das Haus ist in
    Bewegung. Eine Sicherung würde Vogt zufolge etwa neun Monate dauern und
    mindestens eine halbe Million Euro zusätzlich verschlingen, der
    Quadratmeterpreis auf 6000 Euro steigen. Ein Abbruch ist Todeskino
    zufolge deshalb „unumgänglich, um die Projekte wirtschaftlich,
    zeitgerecht und sicher durchführen zu können“. Er bedauerte dies: „Wir
    wollten das Haus sehr gerne erhalten – das war uns 1,1 Millionen Euro
    wert. Aber jetzt wird klar, dass das wirtschaftlich nicht vertretbar
    ist. Insofern muss sich die Stadt den neuen Erkenntnissen beugen und dem
    Abriss zustimmen.“

    Fotostrecke:

    http://www.kn-online.de/Lokales/Kiel/F…Falckstrasse-16

    Bereits Ende 2013 verschwand das Haus Sternstraße 2a (erbaut 1905), das die Eigentümerin anscheinend vergammeln ließ:

    http://www.shz.de/lokales/kiel/a…-id3830606.html

    http://www.kn-online.de/Lokales/Kiel/S…rasse-abreissen

    Damit wird eine empfindliche Lücke in die zuvor intakte Häuserzeile gerissen. Links davon befindet sich dieser besonders ansehnliche Jugendstilbau:

    http://farm8.staticflickr.com/7209/6859457982_1e9ae4a59a.jpg

    Fotostrecke:

    http://www.kn-online.de/Lokales/Kiel/F…er-Sternstrasse

    http://abload.de/img/aaaaujeef.jpg

  • Der Typ kann sich wieder die Hände reiben. Ist doch klar, dass ein solcher Investorenfritze ganz genau prüft, bevor er ein solches Haus kauft. Das ist kein blauäuiger Eigenheimkäufer, sondern ein Profi, der exakt kalkuliert. Und er weiß sich sicher, bei der Stadt ausreichend dumme oder korrupte Beamte zu finden, die recht bald die von vornherein gewünschte Abrissgenehmigung erteilen. So lange es der Bürger ohne Proteste mitmacht, so lange läuft dieses Geschäft weiter.

  • Abrisse auch denkmalgeschützter Bauten gehören in der Landeshauptstadt mittlerweile wohl zum Lokalkolorit oder gar zum Brauchtum.

    Ich habe diese Sache von früher gefunden:
    Sophienblatt 1981
    Sophienhof 2012

    Aktuell gibt's noch einiges mehr als 'Ravensberger' zusammengetragen hat.

    Der ehemals denkmalgeschützte Gasthof 'Stadt Kiel' von 1820:
    Aus für ein Stück Geschichte - Kieler Nachrichten
    „Stadt Kiel“: Bagger schafft Tatsachen - Kieler Nachrichten

    Ganz aktuell - Altenholz bei Kiel, 111 Jahre alte Villa soll plattgemacht werden, neue Pläne schon in der Schublade:
    Villa Hoheneck vor dem Abriss - Kieler Nachrichten
    Wohnraum statt Gastronomie: Pläne für eine neue Villa Hoheneck - Eckernförder Zeitung

    Aber Kiel als städtebauliches Juwel an der Förde hat's ja - die paar Abrisse fallen nicht ins Gewicht. :kopfschuetteln:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Zitat

    (...) Genehmigung zum Abriss erteilt. Begründung: Das Gebäude ist in seiner
    Bausubstanz so geschädigt, dass eine Restauration unwirtschaftlich wäre. (...)

    Die sollen mir doch keinen Schwachsinn erzählen. Das Haus sieht äußerlich völlig tadellos aus. Wie sollen die Innenräume dann bitte so marode sein?! Keine kaputten Fenster, keine Löcher im Dach. Und die Journalisten schreiben diesen Dreck einfach brav auf.


    Zitatquelle

  • Nachfolgendes Projekt hatten wir meines Wissens noch nicht. In der Kieler Altstadt entsteht für 30 Mio. € ein komplett neues Wohnquartier, die "Alte Feuerwache". Klötzchenarchitektur mit Backstein-Ziegelwerk versehen, mehr nicht. :augenrollen:

    Zitat

    Mitten in der Kieler Altstadt, zwischen Schloss, Schlossgarten, Kleiner Kiel, Alter Markt und Nikolai Kirche entsteht ein hochwertiges Wohnensemble, das durch seine Lage und eine starke Architektur begeistert. Durch eine versetzte Bebauung entstehen spannende Strukturen, die zusammen mit einer klaren Formensprache zukunftsweisende Akzente setzen und dem Charakter der Kieler Altstadt genügend Raum lassen

    http://www.alte-feuerwache-kiel.de/projekt/ansichten/

    http://www.immobilien-zeitung.de/1000022942/gru…erwache-in-kiel

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Ja. Ja und nein.
    An und für sich kann es in einer derart zentralen, ergo geschichtsträchtigen Lage ohne Reko nicht abgehen. So gesehen schade um die vertane Chance.

    Das bisschen Klinker-rot hilft hier auch nicht viel.
    Hin ist hin und erfordert daher Reparatur, nicht Schadensbegrenzung.

    Daher also in summa nein.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Sehe ich wie Neußer. Man muss aber auch sagen, Kiels Altstadt hatte wirklich nicht so viel zu bieten vor dem Krieg. Es ist vor allem wichtig, dass die urbane Dichte wiederkehrt und zumindest die Materialien wieder ein Gefühl von Regionalität vermitteln. Wobei ich mir stärkere Bezüge zur Hanse-Tradition der Giebelhäuser wünsche.

  • Giebelhäuser mit Satteldächern wären hier in der Tat angebracht gewesen. Aber heute sind Satteldächer nun mal out. Die Leute wollen ja Penthouse-Wohnungen. Schade, dass für das Projekt der letzte Gründerzeitler in diesem Bereich abgebrochen wurde (siehe oben!).

  • Satteldächer sind nicht out, die sind gerade in, vorallem wenn man den "Wutbürger" beschwichtigen will. Kaum kommt ein Giebel, fühlen sich alle an ihr Eigenheimchen erinnert und nicken alles ab. Auch hier fällt das Urteil auch bei den beschissensten Entwürfen immer gleich gnädiger aus, nach dem Motto "wenigstens Giebel und rote Dächer". Siehe Lübeck, Dresden, Worms oder anderswo. die heute herrschende Giebelseligkeit ist allemal meistens Beschwichtigungsarchitektur.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

    Einmal editiert, zuletzt von Pfälzer Bub (28. Januar 2015 um 09:42)

  • Dem stimme ich zu Pfälzer Bub, die Ansprüche müssen wieder steigen.

    Es ist allerhöchste Zeit, dass eine erwachsenere Postmoderne entsteht, die es versteht, unsere Architekturhistorie frisch, schlüssig und zeitlos zu interpretieren; aber auch völlig eigenständige überzeugende Formen zu entwickeln. Sicher ist es dafür auch erforderlich, dass gute Architektur wieder leistbarer wird, etwa indem überflüssige Bürokratie und einige der aberwitzigen Bauvorschriften hierzulande abgebaut werden.

  • Aber bei einem großen Wohnkomplex, bei dem ein Wohnbau dann mehrere Satteldächer hat, kann die Anwendung dieser Dachform schnell billig wirken. Der Reiz einer Altstadt, egal ob Giebelhäuser oder nicht, liegt ja in der Individualität der Häuser. Wenn dann bei einem zeitgenössischen Bau alle satteldachgedeckten Bauteile in etwa gleich aussehen, ist das nicht das Gelbe vom Ei. Man müsste halt jedes Haus anders gestalten, auch in Form und Farblichkeit, dann sieht es gut aus, so entsteht eine altstadtmäßige Stimmung. Das erwarte ich aber kaum von den Architekten. Der Wohnkomplex in Kiel ist zwar nicht sehr altstädtisch, aber m. E. trotzdem sehr gut. Die Materialwahl und v. a. die abwechslungsreiche Staffelung der Bauteile sind schon schön - viel besser als bei den meisten anderen zeitgenössischen Wohnblöcken.

  • Was sind das eigentlich für wahnwitzige neue Brandschutzanforderungen, die immer häufiger die Sanierung von Altbauten verhindern helfen?

    Dieses Haus soll deswegen abgerissen werden und ein neues Studentenwohnheim errichtet werden.

    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Christian Alexander Tietgen', CC BY-SA 3.0 unportiert

    Zitat

    Zuerst habe sie nicht an einen Abriss gedacht, erklärte Dürkoop. „Die Fassade ist von außen relativ gut erhalten. Das Haus hat Klasse, Stil und Charme.“ Doch nach einem Gutachten der Gebäudemanagement Schleswig-Holstein (GMSH) koste allein eine Ertüchtigung für den Brandschutz rund 1,3 Millionen Euro, so Dürkoop. Der nicht vorhandene Brandschutz – „extrem“. Auch aus energetischen Gesichtspunkten sei das Haus nicht mehr nachhaltig. Dazu kämen weitere Renovierungskosten sowie die Beseitigung eines Durchfeuchtungsschadens im Keller: „Das ist insgesamt nicht wirtschaftlich“, sagte Astrid Dürkoop. [...]

    Feldstraße: Abriss für neues Studentenwohnheim? - Flensburger Tageblatt (shz)

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Was sind das eigentlich für wahnwitzige neue Brandschutzanforderungen, die immer häufiger die Sanierung von Altbauten verhindern helfen?

    Dieses Haus soll deswegen abgerissen werden und ein neues Studentenwohnheim errichtet werden.

    So ein hübsches rot-weißes Stadthaus mit kleinteiliger, sehr dekorativer Fassade... Unglaublich, dass es abgerissen werden soll. Vom Stil her ist es doch bestimmt ein Altbau, so zwischen 80 und 100 Jahre alt. Bestimmt ein Gründerzeitler, so wie das eingerüstete Haus daneben. Steht es denn gar nicht unter Denkmalschutz?

    Deine Nachricht ist von Anfang März - ich hoffe, es ist in der Zwischenzeit nicht abgerissen worden...
    Ein Frevel, solche Häuser abzureißen. sad:)

  • Das Neubauquartier-Projekt "Alte Feuerwache" neigt sich übrigens seinem Ende zu. Hier sieht man ein paar aktuelle Bilder. Der hier auf Seite 4 gezeigte Gründerzeitler wurde übrigens - offenbar aus Baufälligkeit - dabei abgerissen. Bald dürfte die Kieler Gründerzeit über nur noch ganz wenige Gebäude aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg verfügen, wenn das so weitergeht.

  • Das mit der Baufälligkeit des Gründerzeithauses halte ich nach wie vor für vorgeschoben. Ich denke, der Altbau stand dem Investor einfach im Weg und so gab er ein entsprechendes Gutachten in Auftrag (das Thema hatten wir ja oben schon). Mittlerweile stehen nur noch zwei weitere ältere Geschäftshäuser in der Kieler Altstadt unter Denkmalschutz, und zwar:
    Dänische Straße 15
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der…sse_15_Kiel.jpg

    und Dänische Straße 22 (Lüneburg-Haus) mit Jugendstilelementen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der…sse_22_Kiel.jpg

    Leider nicht unter Denkmalschutz stehen die folgenden Gründerzeitbauten:

    Dänische Straße 30/32 http://unsere.de/daenischestrasse30alt.JPG

    Kehdenstraße 3, leider verstümmelt: http://billionhomeseurope.s3.amazonaws.com/germany/schles…6756150901.jpeg


    sowie die sich links und rechts an das Lüneburghaus anschließenden Gebäude, die ein ansehnliches, für die Kieler Altstadt einmaliges Ensemble bilden:

    http://www.marnobjekt.de/hamburg_rissen0.html

    Ach ja, weiß jemand was mit den Resten der Stadtmauer hinter dem Warleberger Hof geschehen soll?