Avignon - Allgemeines

  • Avignon ist eine Stadt in der Provence in Südfrankreich am östlichen Ufer der Rhône mit knapp 90.000 Einwohnern. Sie ist Sitz der Präfektur des Départements Vaucluse. Die Rhône bildet bei Avignon die Grenze zum Département Gard. Gegenüber am rechten Ufer der Rhône befindet sich die Stadt Villeneuve-lès-Avignon. Im Süden befindet sich das Département Bouches-du-Rhône (Dép. 13). Die charmante Altstadt von Avignon mit ihren prächtigen, mittelalterlichen Häusern ist von einer intakten und imposanten Befestigungsmauer umgeben. Die Altstadt mit dem gotischen Papstpalast (Palais des Papes) aus dem 14. Jahrhundert und der berühmten Brücke Pont St. Bénézet zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe.

    Von 1309 bis 1417 residierten Päpste in Avignon (Avignonesisches Papsttum). Der zur Vorherrschaft in Westeuropa aufgestiegene französische König Philipp IV. setzte 1309 durch machtpolitische Ränkespiele die Wahl eines französischstämmigen Papstes durch, der nicht mehr in Rom, sondern in Avignon residierte. Philipp ignorierte damit das Dogma der katholischen Kirche, welches das Papsttum legitimiert mit dem Anspruch, dass der Apostel Petrus der erste Bischof von Rom gewesen sei. Beginnend mit Clemens V. waren es sieben frankreichstämmige Päpste, die ihren Sitz in Avignon nahmen. Gregor XI. verlegte dann 1377 seine Residenz wieder nach Rom. Die französischen Kardinäle erkannten jedoch diese Rückkehr nach Rom nicht an und wählten 1378 einen Gegenpapst. Das war der Beginn des berühmten Schismas (Kirchenspaltung), das der katholischen Kirche bis 1417 (Ende des Konzils von Konstanz) zwei Päpste bescherte, die sich gegenseitig nicht anerkannten.

    Die fotos wurden mit Handy aufgenommen.

    Die Stadtmauer ist mit 4 km Länge sehr gut erhalten:

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    Der Rundgang beginnt im Westlichen Teil der Altstadt in der Rue Saint Agricol mit der gleichnamigen Kirche:

    Blick nach westen:

    Die Häuser haben oft neue Fassaden im 18 JH. bekommen, ich vermute aber, dass sie oft bis ins Mittelalter reichen.

    Wir gehen dann Richtung Norden in die Rue Racine:

    Hier wurde ein ganzes Quartier aus dem Mittelalter in den 60er Jahren abgerissen:

    Wir gehen aber schnell rechts durch die Rue Molière (im Hintergrund sieht man den Papstpalast) - hier gibt es weitere Neubauten:

    Der kleine Platz am Ende der Place de l'Horloge:

    Place de l'Horloge:

    Das Theater:

    Durch die kleine Rue de la Monnaie erreichen wir den Platz vor dem Palast (Place du Palais):

    Hier ein Paar Eindrücke des Platzes:

    Hôtel de la Monnaie (17 JH)

    Im Hintergrund der kleine Palast aus dem Mittelalter:

    Dom und Papstpalast:

    Der Papstpalast:

    Avignon war eine beschauliche Provinzstadt, als sie ab 1309 durch das avignonesische Papsttum zu einem Zentrum der Weltöffentlichkeit wurde. Als Folge dessen änderte sich das Aussehen der Stadt radikal und schnell. Die mächtige Anlage ist in zwei Bauphasen errichtet worden. Sie sieht nur auf den ersten Blick wie eine Festung aus, innen gleicht sie eher einem Schloss.
    1304 war Papst Benedikt XI. nach kurzem Pontifikat gestorben und der französische König Philipp der Schöne wollte jetzt aus dem Papsttum ein persönliches Machtinstrument machen. Der französische Einfluss im Kardinalskollegium war damals sehr groß und so wurde 1305 der Erzbischof von Bordeaux als Papst Clemens V. gewählt, der zu seiner Konsekration, also zu seiner liturgischen Weihe erst gar nicht in Rom erschien, sondern in Frankreich blieb und in Lyon geweiht wurde. Auf der Suche nach einer würdigen Residenz wählte man kurz darauf Avignon, das gleichsam auf kirchlichem Gebiet lag, und machte es zur „größten Baustelle des Jahrhunderts“.

    Clemens V. residierte jedoch nur vorübergehend in Avignon und wohnte im Kloster der Dominikaner. Sein Nachfolger, Papst Johannes XXII. richtete sich im bischöflichen Palast ein, den er ausbauen und vergrößern ließ. Dieser Palast stand an einem Hang südlich der Kathedrale.Trotz der Verbesserungen erschien dieses „feste Haus“ Papst Benedikt XII. unzureichend. Er erwarb es, ließ es abreißen und an seiner Stelle durch seinen Baumeister Pierre Poisson ab 1335 einen vierflügeligen Palast errichten. Dieser Teil ist heute als alter Palast, oder Palais-vieux, bekannt.

    Sein Nachfolger Papst Clemens VI. fügte im Süden und Westen die großen Bauten hinzu, die als neuer Palast oder Palais-neuf bekannt sind. Sein Architekt war Jean de Louvres und sein bestallter Maler Matteo Giovanelli von Viterbo. Durch diese ab 1342 durchgeführten Erweiterungen wurde die Größe des Palastes noch verdoppelt. Papst Innozenz VI. vervollständigte und sicherte das Werk Clemens des VI. nach 1352. Urban V. ließ während seines Pontifikats 1362 bis 1370 in den Gärten im Osten des Palastes die „Roma“ errichten. Papst Gregor XI. schließlich beschäftigte sich vor allem mit der Rückkehr des Heiligen Stuhles nach Rom, die erstmals im Jahre 1376 erfolgte.

    Der Papstpalast wurde ab 1334 errichtet. Er wird unterteilt in den Alten Palast (erbaut 1334–42) und den Neuen Palast (erbaut 1342–70). Mit seinen ungefähr 15.000 m² Nutzfläche ist er eines der größten Feudalschlösser seiner Zeit. Die ganze Anlage ist sehr kompliziert mit ineinander verschachtelten Raumsystemen.
    Der Palast steht unübersehbar in der architektonischen Tradition des Festungsbaues. Die massive, abweisende Fassade zeigt zahlreiche Schießscharten in der charakteristischen Kreuzform. Die waagerechte Öffnung diente der Auflage für die schweren Gewehre, die senkrechte der Bewegung des Gewehrlaufes nach unten auf die Angreifer. Im oberen Bereich gibt es große Pechnasen. Der Baugrund des Palasts besteht aus massivem Felsgestein. Auch dies war im 13. Jahrhundert nicht unwichtig, denn es gab zu jener Zeit zahlreiche erfolgreiche Versuche, eine Burg mit Hilfe unterirdischer Gänge zu erobern.

    Der erste Innenhof ist so groß, dass auch ausgedehnte künstlerische Veranstaltungen problemlos durchgeführt werden können. Das sich nach außen wie eine Festung gebende Gebäude ist im Inneren eindeutig ein Schloss, und das sollte es nach dem Willen der Päpste auch sein. Die Säle im Innern sind in der Regel sehr groß und, als Folge der Zerstörungen während der Französischen Revolution, ihrer einstmals kostbaren Möblierung weitgehend entkleidet. 1810 wurde der Palast zur Kaserne, was das Ende für die noch verbliebenen Kunstschätze bedeutete. Zahlreiche Fresken wurden abgenommen und in Bruchstücken an Antiquitätenhändler verkauft. Die leeren Räume werden heute notdürftig mit Wandteppichen und Papstporträts dekoriert .
    Der Konsistoriensaal hat eine Größe von 34 x 10 Metern. In diesem Saal tagte zur Zeit des Schismas das oberste Tribunal der Christenheit. Des Weiteren wurde Birgitta von Schweden hier heilig gesprochen und Cola di Rienzi verurteilt. Der Speisesaal des Papstes besitzt ein großes Tonnengewölbe aus Holz, er hat eine Länge von 48 Meter und eine Breite von 10 Meter, wodurch eine sehr große Gesellschaft fürstlich verköstigt werden konnte. Die Tatsache, dass ausgerechnet der Speisesaal der größte Raum des Palastes ist, ist bezeichnend für die Situation der Kurie im 14. Jahrhundert.

    Natürlich gibt es in diesem Papstpalast einige Kapellen, zum Beispiel die Kapelle St-Jean. Hier haben sich die mittelalterlichen Fresken teilweise erhalten. Bis zur Höhe von zwei Metern wurden die Fresken jedoch abgetragen und verkauft. Lediglich der höher liegende Bereich ist erhalten. Es wurde früher vermutet, die Fresken des Gewölbes habe Simone Martini, der nachweislich in Avignon gewesen ist, geschaffen. Mittlerweile neigt man aber eher dazu, sie seinem Schüler Matteo Giovanetti zuzuordnen.

    Für die Kunstgeschichte ist das sogenannte Hirschzimmer, das 1343 mit weltlichen Jagdszenen ausgemalt wurde, einer der wichtigsten Räume. Während die anderen Säle ausschließlich mit religiösen Themen geschmückt waren, wurde in dem Raum mit quadratischem Grundriss ein profanes Thema dargestellt, das damals sehr populär war: die Jagd in ihren verschiedenen Gattungen - von der Falkenjagd bis zur Jagd mit den Hunden. Seinen Namen erhielt das Zimmer von einer Darstellung an der Westseite, die einen jagenden Windhund zeigt, wie er einen Hirsch mit den Zähnen reißt. Die Nordwand hingegen schmückt eine Szene der Angeljagd mit vier an einem Fischweiher gruppierten Personen. Der Maler dieser 1343 entstandenen Fresken ist unbekannt

    Zuerst ein Überblick: http://maps.live.com/default.aspx?v=2&FORM=LMLTCP&cp=r9rmmchd0mt8&style=b&lvl=1&tilt=-90&dir=0&alt=-1000&scene=10982913&phx=0&phy=0&phscl=1&where1=Avignon&encType=1\r
    maps.live.com/default.aspx?v=2&F ... &encType=1

    Die Mauern sind wirklich gigantisch:

    Die Bilder zeigen die Ost- und Südseite von der Place de l'Amirande aus gesehen:

    Die Westseite am Place du Palais:

    Morgen geht's weiter...

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Danke für die Bilder ! Die Franzosen scheint es wohl nicht zu stören, wenn große Teile der Fassade herunterbröckelt. In Deutschland wäre soetwas bei wichtigen Leitbauten undenkbar.

  • Schöne Eindrücke. Wirkt alles bereits sehr südländisch - völlig anders als der Norden Frankreichs, aber mit Blick auf die Geographie auch kein Wunder. Städte wie Nîmes, Aix-en-Provence und Montpellier machen einen ähnlichen Eindruck.

    Besonders um den Papstpalast ist Avignon zu beneiden. Neben der Marienburg in Preußen dürfte er die größte und künstlerisch aufwendigste gotische Palastanlage Europas sein.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat von "Georg Friedrich"

    Besonders um den Papstpalast ist Avignon zu beneiden. Neben der Marienburg in Preußen dürfte er die größte und künstlerisch aufwendigste gotische Palastanlage Europas sein.

    Ist das Dein Ernst, um dieses gräßliche, unharmonische und bedrohliche Trumm soll man die Agignesen oder wie immer die heißen, beneiden?
    Bedauern wäre wohl wohl der bessere Ausdruck.

  • Zitat von "FriedrichvonGaertner"

    Ist das Dein Ernst, um dieses gräßliche, unharmonische und bedrohliche Trumm soll man die Agignesen oder wie immer die heißen, beneiden?
    Bedauern wäre wohl wohl der bessere Ausdruck.

    Banause!:D Man braucht sich einfach nur die Frage stellen, welche bedeutenden profanen Bauten des 14. Jahrhunderts es denn überhaupt gibt - abgesehen von Rathäusern und einigen Spitälern. Oder wo damals etwa in Deutschland überhaupt Säle außerhalb des sakralen Bereichs gewölbt wurden? Das Beste, was Deutschland heute dem Papstpalast in Avignon gegenüberstellen könnte, wäre wohl das Marburger Schloss, welches dann doch etwas dürftig wirkt.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Wie wäre es mit der Albrechtsburg in Meissen, der Burg in Burghausen oder der Burg Eltz?

    @ Friedrichvongaertner

    Also ich hätte gerne so'ne Burg in Kopenhagen :zwinkern:

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Die Albrechtsburg in Meißen wurde ja in den Jahrzehnten nach 1470 erbaut am Übergang zwischen Spätgotik und Renaissance. Burg Eltz erscheint mir ebenfalls massiv um 1500 umgebaut worden zu sein. Die Säle im Hauptbau der Burg von Burghausen stammen dagegen sogar noch aus dem 13. Jahrhundert - ähnlich der alten Dürnitz auf Burg Trausnitz in Landshut. So schön das alles sein mag, so ist es doch alles entweder viel kleiner oder in der Ausführung provinzieller. Ein wirklich vergleichbarer hochgotischer Profanbau ist in meinen Augen wie gesagt lediglich die Marienburg.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • @ Georg Friedrich

    Die Nürnberger Burg vielleicht?

    @ Oliver:

    Zitat: "Danke für die Bilder ! Die Franzosen scheint es wohl nicht zu stören, wenn große Teile der Fassade herunterbröckelt. In Deutschland wäre soetwas bei wichtigen Leitbauten undenkbar."

    Sowas nennt man ausserhalb Deutschlands "Patina" :)

    Weiter geht's in der Innenstadt von Avignon. Östlich des Papstpalastes finden wir einige schöne Palais des 17 JH in der Rue de Taulignan:

    Hôtel de Giéra (17 - 18 JH)

    Hôtel de Madon de Châteaublanc (1687, arch. Pierre Mignard)

    Seitenstrasse:

    Weitere Altstadtimpressionen - die Häuser stammen teilweise aus dem Mittelalter

    Treppenturm an einem Altbau:

    Die Kirche Saint-Pierre und ein Gründerzeitler. In Avignon gab es nur einen Strassendurchbruch (Rue de la République) à la Haussmann - dadurch wurde das Rathaus mit dem Bahnhof verbunden.

    Leersteende mittelalterliche Häuser rechts im Bild:

    In der Rue Corderie habe ich dann dieses aussergewöhnliche Haus entdeckt:

    ich vermute, dass es sich um Fachwerk handelt:

    Weitere Bilder aus dem Bereich Rue des Fourbisseurs/Place du Change:

    Wir überqueren die Rue de la République und erreichen das Palais du Roure (1469)

    Innenhof:

    Blick zum Rathaus (Gründerzeit, Turm aus dem Mittelalter):

    Blick vom Garten am Papstpalast auf die Altstadt:

    Mont Ventoux

    Die Brücke von Avignon ("on y danse tous en rond")

    Das war's denn auch. Ach ja, Avignon in sollte man nicht im Sommer besuchen: zu viele Touris und zu heiss.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Zitat

    Die Brücke von Avignon ("on y danse tous en rond")

    Na ja, wenn man gerade aus tanzen würde, würde man bei der speziellen Brücke ja auch schnurstracks im Wasser landen ... :aetschgruen:

  • Ein paar historische Aufnahmen von 1964 vom Quartier de la Balance https://www.flickr.com/photos/reconst…143314733/page3
    Das Loi Malraux-Gesetz von 1962 ermöglichte es historisch geprägte Altstadtbereiche als "secteurs sauvegardés" unter Schutz zu stellen. Im Sinne einer erhaltenen Erneuerung gab es dabei allerdings auch Radikalsanierungen, wie auf den Fotos mit abgeräumten Flächen teilweise erkennbar.

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