• Zitat von "Georg Friedrich"


    Glauben diese Journalisten ernsthaft, man hätte der Stadt damit etwas Gutes getan?


    Diese "Schandfleck"-Rhetorik gab es auch schon in den siebziger Jahren. Zuerst lässt man es verfallen und dann hat man Argumente für den Abriss...

    ...

  • Ich hatte eher den Eindruck, daß man früher als "Schandfleck" ein Gebäude bezeichnete, das wegen seiner Architektur nicht in die Gegend paßt (Palast der Republik, Technisches Rathaus etc). Seit einigen Jahren wird dieser Begriff allerdings vermehrt auf baufällige bzw. sanierungs- oder auch nur renovierungsbedürftige Altbauten angewendet. Statt daß man den unerfreulichen Anblick durch Sanierung oder Renovierung ändert (und damit nur die eigentlich selbstverständliche, aber bei dem betreffenden Bau in den vergangenen Jahren versäumte Instandhaltung nachholt), erklärt man das Gebäude einfach zum "Schandfleck" - und Schandflecken gehören eben beseitigt.

    Nach dieser Logik hätte man auch in Dresden die Ruinen von Taschenberg- und Kurländer Palais sowie der Frauenkirche nicht aufbauen, sondern einfach abräumen können, denn die waren bekanntlich mehr als heruntergekommen und baufällig, so daß sie zu "Schandflecken" geworden waren. Es ist fast schon eine Art Euthanasiegedanke, der dahintersteckt, ein Bauwerk einfach nicht instandzusetzen, sondern es abzureißen - weil es ja sanierungsbedürftig ist. Und das Ganze mit dem Verweis auf einen "Schandfleck" zu rechtfertigen. Eine perfide, widerliche Vernebelungsrhetorik, mit der die Bevölkerung vom eigentlichen Sachverhalt abgelenkt werden soll. "Abgerissen" worden sind die Koblenzer Gebäude bestimmt auch nicht - sie sind lediglich "zurückgebaut" worden. Gehäufte Abrisse von historischen Gebäuden in der Altstadt wurden ja auch gerne als "Altstadtsanierung" verkauft. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich die Leute hasse, die solche Euphemismen erfinden und verbreiten.

  • Drei historische Gebäude am Florinsmarkt, der Bürresheimer Hof, das Alte Kaufhaus und das Dreikönigenhaus, werden ab 2014 umfassend saniert.

    http://www.rhein-zeitung.de/region/lokales…id,1057947.html

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Ich möchte kurz auf eine Baustelle in Koblenz hinweisen, da sie an einer sehr sensiblen Stelle liegt, nämlich dem Peter-Altmeier-Ufer direkt an der Mosel. Ich habe leider nichts zum Neubauprojekt gefunden und auch nicht, was da früher mal stand, habe aber meine Zweifel, ob da in Koblenz was Gutes bei rumkommen kann :blink:

    Hoffen wir, dass man sich einen spannenden Kontrast hier erspart, Koblenz hat wahrlich nicht mehr so viele geschlossene Ecken.

    APH - am Puls der Zeit

  • Ich habe leider nichts zum Neubauprojekt gefunden und auch nicht, was da früher mal stand


    Vorher:
    https://ssl.panoramio.com/photo/100557654
    Also bloß so ein harmloser Verbindungsbau, der aber tausendmal besser war als das, was jetzt hinkommt:

    Nachher:
    https://www.rhein-zeitung.de/region/lokales…id,1639236.html
    http://ternesarchitekten.de/case-studies/altstadtimmobilien/
    Bitte nicht anschauen, wenn Ihr nicht wollt, dass es Euch schlecht wird...

  • Dann bin ich da schon mal beruhigt dass hier kein Altbau dran glauben musste. Aber trotzdem treibt mich die Befürchtung um, dass das was da hin kommt nicht im Sinne des aph sein könnte. Ich hoffe ich irre mich. (Zeitliche Überschneidung mit zenos Beitrag )

    APH - am Puls der Zeit

    Einmal editiert, zuletzt von Apollo (28. Oktober 2017 um 21:35)

  • Ich wusste es. Man versaut auch noch die letzten intakten Ecken. Was ein Mist :kotz:

    Es ist zum Heulen. :wuetenspringen: Koblenz ist in weiten Teilen echt völlig zum Vergessen. Dass man gerade hier wieder so einen Müll hin setzt ist entsetzlich.

    APH - am Puls der Zeit

  • Es ist wirklich eine Tragödie unserer Zeit, dass die architektonische Entwicklung immer gruseliger, monströser und unmenschlicher wird. Nun wird auch noch die Fassade der Gebäude durch diesen Glas-Hochbau verstellt.

  • Zwischen Altem Kaufhaus (links) und Bürresheimer Hof wird aktuell abgerissen. Hier entstehen eine Terrasse, ein Verbindungsbau aus Glas und unten ein Ausstellungsraum für die römische Mauer. (...)

    Na, zum Glück ist es ein Bau aus Glas. Denn Glas ist in der Regel klar/durchsichtig und damit sehr unauffällig. Das soll uns mit dieser Aussage wohl suggeriert werden. - Wäre da nur nicht diese massive Treppe im Inneren und die extra stabilen Streben zwischen den Glasscheiben.

    Dieser "Verbindungsbau" ist sowas von unnötig und einfach nur unbeschreiblich störend zwischen den historischen Häusern. Der gewollte moderne Kontrast. Wirklich sehr reizend. (Brechreizend) :daumenunten:

  • Ist das eine Dachreko?

    Wenn Du kastenförmige Dachgauben, ein vollverglastes Dachgeschoss mit tonnenförmigem Aufsatz als typische Stilmittel des Historismus betrachtest, kann es als "Reko" bezeichnet werden.

    Wenn Du nur von den Eckspitzen redest, könnte von einer "kritischen Rekonstruktion" gesprochen werden.

    Schaue und finde selbst zu einem Urteil:

    Historischer Zustand: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:…oblenz_1900.jpg

    Aktueller Zustand: https://de.wikipedia.org/wiki/Oberpostd…oblenz_2015.jpg

    Geplanter Zustand: https://images.app.goo.gl/DwUW5LTASQvkkMYRA

  • Rekonstruktionen im Kastorviertel? Die Architekturstudenten haben da so ihre eigenen Ideen... https://www.hs-koblenz.de/profilepages/p…ufer-in-koblenz

    Gibt es es denn da konkrete Pläne für eine Wiederbebauung oder sind das nur Gedankenspiele?
    Wenn es konkrete Pläne gibt, das Areal wieder zu bebauen, dann müsste ein Alternativvorschlag von unserer Seite her. So etwas ähnliches wie der Plan von Dominik Mangelmann damals in Frankfurt, der am Anfang der Rekonstruktion des Altstadtviertels stand.

  • Gibt es es denn da konkrete Pläne für eine Wiederbebauung oder sind das nur Gedankenspiele?
    Wenn es konkrete Pläne gibt, das Areal wieder zu bebauen, dann müsste ein Alternativvorschlag von unserer Seite her. So etwas ähnliches wie der Plan von Dominik Mangelmann damals in Frankfurt, der am Anfang der Rekonstruktion des Altstadtviertels stand.

    Es gibt wohl einen Masterplan https://www.koblenz.de/downloads/aemt…ung.pdf?cid=e8d

    Und ein Projekt von Vonovia, welches von einer BI wegen Verdichtung/Wegfall Grünanlagen kritisiert wird https://www.bi-koblenz-altstadt.de/klares-nein-zu…-kastorviertel/

    https://www.blick-aktuell.de/Politik/Stand-…tel-423883.html

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  • Es gibt wohl einen Masterplan https://www.koblenz.de/downloads/aemt…ung.pdf?cid=e8d

    Und ein Projekt von Vonovia, welches von einer BI wegen Verdichtung/Wegfall Grünanlagen kritisiert wird https://www.bi-koblenz-altstadt.de/klares-nein-zu…-kastorviertel/

    https://www.blick-aktuell.de/Politik/Stand-…tel-423883.html

    Ich fasse mal die wichtigsten Aussagen und Informationen des Masterplans zum Kastorviertel zusammen:

    1. Die Neubebauung des südlichen Teils des Kastorviertels durch Zeilenbauweise Jahren war nur möglich aufgrund der Enteignung der früheren Haus- und Grundstückseigentümer (S. 130).

    2. Die Neubebauung des südlichen Teils des Kastorviertels durch aufgelockerte Zeilenbauweise mit viel Grünflächen in den späten 50iger Jahren wird von den Verfassern des Masterplans mit sehr deutlichen Worten als städtebaulicher Fehler charakterisiert:
    "Hier wurde die Parzellenstruktur der alten Kastorstraße nach Enteignung der Besitzer zu Gunsten einer einheitlichen Zeilenbauweise mit großem Grünanteil aufgegeben. Obgleich hier eine gute Wohnqualität in der Stadt entstanden ist, so sind die Struktur und die Architektur völlig beliebig. Die Wohnzeilen nehmen keine Bezüge zur Geschichte oder Lage des Ortes auf und könnten letztendlich überall liegen. Urbanes städtisches Leben kann hier nicht entstehen." (S. 130)

    3. Aufgrund des Umstands, dass der gesamte südliche Teil des Kastorviertels mit aufgelockerten Zeilenbauten der 50iger Jahre bebaut ist, wäre maximal nur die Nordseite der ehemaligen Kastorstraße rekonstruierbar. Das ist aber aufgrund Hochwasserschutz-Bestimmungen unmöglich:

    "Vor dem Hintergrund der derzeitigen Rechtslage zum Hochwasserschutz ist auch eine denkbare zeitgemäße Rekonstruktion der zerstörten nördlichen Altstadtsilhouette an der Kastorstraße aller Voraussicht nach derzeit nicht umsetzbar." (S. 162)

    Klingt erstmal alles nicht gut. Aber immerhin ist das Problem anscheinend im Bewusstsein der Koblenzer Stadtplaner. Das ist schon mal nicht so schlecht.

  • Wenn ich weiterhin die Berichte zu den Vonovia-Plänen richtig deute, ging es da um die vor allem um die Aufstockung der bestehenden Zeilenbauten und die Schaffung neuer Parkplätze. Dagegen hat sich offenbar eine Bürgerinitiative gewandt, die auf dem Erhalt der Grünanlagen bestand.

    Da diese Grünanlagen im Fall einer Rekonstruktion des Kastorviertels ebenfalls verschwinden würden, wäre von dieser Bürgerinitiative dann wohl eher auch heftiger Widerstand zu erwarten. Und dass die Zeilenbauten der 50iger Jahre heute im Besitz der Vonovia sind, stimmt auch nicht eben zuversichtlich, was einen eventuellen Abriss und Ersetzung durch Rekonstruktionen angeht.