Frankfurt a. M. - Schauspielhaus

  • Ich muss dann doch nochmal zu dem Statement von oktavian sagen, dass du doch allzu gerne die Leute hier manchmal korrigierst, es dann aber schon angebracht wäre, dass man sich, wenn man sich auf Terrain außerhalb von Dresden begibt, dann auch entsprechend informiert, das erwartest du immer vehement von anderen, also wäre es ein feiner Zug, wenn du dich umgekehrt auch an deine Maxime halten würdest.
    Ferner stellt auch deine Arbeit in Dresden keiner infrage, aber ich habe das schon mal gesagt und tue das heute Abend nochmal: Höre doch mal mit deinem Jammern auf. Entweder man engagiert sich für etwas, scheiß egal ob das Privatleben leidet oder nicht, das hat Außenstehende gar nicht zu interessieren. Es ist deine Kosequenz, die du aus deinem Handeln dann tragen musst, aber anderen ständig zu versuchen, ein schlechtes Gewissen einzureden, weil du dein Leben für Dresden geopfert hast, sorry, das wirkt nur dann wenn man selber nicht ständig drauf hinweißt, Ansonsten hat es was von Eitelkeit, wie der Spender, der ständig dran erinnert, dass er doch so viel gegeben hat. Nur hat er es dann nicht wegen der Sache getan, sondern nur wegen sich selbst. Das zu diesem doch teils leidigen Thema.

    Zum Schauspielhaus:

    Wie Schloßgespenst schon sagte, ist der Bau in wesentlichen Teilen erhalten, einfach deshalb, weil er weit weniger zerstört war wie die Alte Oper und ja auch weiter genutzt wurde, bis man ihn derart verunstaltet hat. Wie viel letztlich noch da ist, was insbesondere von den Schmuckelementen noch übrig ist, dass wird sich erst zeigen, wenn die gesamte Verkleidung des aktuell vorgeblendeten Baus runter ist.

    Ich denke, dies wird eine der spannendsten Baustellen der nächsten Jahre, weil hier unglaublich viel auch zur Aussöhnung mit der jüngeren Architekturgeschichte getan werden könnte.

    Es wäre der erste Bau der Jahrhundertwende, der nach dem Krieg in einem solchen Ausmaß wiederhergestellt würde. Dies würde viel Akzeptanz für diese Bauepoche bringen, die sie nach meiner Meinung auch längst verdient hat.

    Ferner hoffe ich, dass man von Anfang an versucht, alle Strömungen in der Stadt einzubinden, die Traditionalisten und die Futuristen. Ich denke, hier wäre die perfekte Baustelle, um Hand in Hand ein Projekt anzugehen und das beste von Moderne und Historie zu vereinen. Ein Wiederaufbau der Schaufassaden an den drei Seiten, ergänzt durch eine wirklich wegweisende moderne Weiterentwicklung im hinteren bzw. seitlichen Teil.

    Ich hoffe wirklich inständig, dass man nicht in der Politik versucht, beide Gruppen gegeneinander auszuspielen, sondern dass man die Chance begreift, die hier vor uns liegt. Ich glaube, dass dies gelingen kann, wenn alle über ihren Schatten springen und ohne Ideologie da ran gehen. Ich bin jedenfalls bereit, dieses Projekt unter dieser Maxime zu begleiten.

    APH - am Puls der Zeit

  • Octavian, es ist zwar hier etwas "off topic",aber mich würde (da ich die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins unterstütze) sehr interessieren, welche Verwässerungen der Rekos am Neumarkt durch die Investoren und welche durch das Stadtplanungsamt hervorgerufen wurden. Oder anders gesagt: Was wäre alles möglich gewesen, wenn...

    Kannst du das mal aus deiner Sicht schildern? Noch besser wäre es, wenn es dazu eine zitierfähige Publikation gäbe. Dies würde uns bei der Argumentation mit Stadträten helfen.

  • So wünschenswert das wäre, fällt es mir ehrlich schwer zu glauben, dass man ein Bauwerk aus der wilhelminischen Epoche rekonstruiert. Man kann natürlich versuchen, andere für diese Idee zu gewinnen. Ich frage mich aber, ob es nicht besser wäre, die Energie auf das zu fokussieren, was mehr Chancen auf Realisierung hat: neben den Türmen, auch noch das Dach der Stadtkämmerei zu rekonstruieren, sowie die "Kuppel-Landschaft" am HBF zurück zu gewinnen.

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Es ist nicht die wilhelminische Epoche als solche, für deren Schöpfungen Rekonstruktionen schwer vorstellbar wären, sondern im Falle des Frankfurter Schauspielhauses die eklektizistische Stilhaltung desselben. Überall da, wo die Wiederaufbauepoche (nicht ganz zu Unrecht) meinte, Vereinfachungen, Purifizierungen an Gründerzeitgebäuden vornehmen zu müssen, haben wir einen eklektizistischen Umgang mit Stilelementen, die eben nicht wie bei den früheren Stilepochen als unverzichtbarer Bestandteil einer stilistischen Grammatik empfunden werden sondern als beliebig bereichernde Zutat, die ebensogut oder besser noch eingespart werden könnte. Bei Meisterwerken des Historismus (wie beispielsweise dem neuen Leipziger Rathaus) verbieten sich Vereinfachungen; das Braunschweiger Schloss konnte nur als komplette Fassadentrekonstruktion wiedererrichtet werden. Anders ist es bei einem eklektizistischen Bauwerk, bei dem ein rekonstruierender Architekt sich fortdauernd fragen würde ,ob dieser oder jener Zierrat nicht besser weggelassen werden sollte. Und diese Haltung führt natürlich zu der Überlegung, ob statt einer Rekonstruktion nicht eher eine abstrahierende Erinnerung an das einstige Bauwerk zu schaffen wäre.

  • Mit Verlaub, diese Argumentation erscheint mir am eigentlichen Problem vorbeizugehen. Natürlich spielt die als negativ empfundene Epoche der Bauzeit eine Rolle, jedenfalls eine weitaus größere als der angesprochene Eklektizismus. Die Ablehnung ist - wie immer - politisch und gesinnungsmäßig aufgeladen, die Stilfrage wird dabei allenfalls vorgeschoben. Letztlich will man als Gegner einfach keinen architektonischen "Revisionismus" zulassen.

    In dubio pro reko

    3 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (7. Juni 2017 um 13:53)

  • Heute morgen kam auf HR-Info ein längeres Interview zum Ergebnis der Machbarkeitsstudie.
    Darin wurde eine Sanierung aufgrund der astronomischen Kosten als sehr unwahrscheinlich bezeichnet und gemutmaßt, dass es wohl auf einen Neubau hinauslaufen werde.
    Dies sei wiederum sehr schade, da die jetzige Form des Schauspiels, insbesondere seine offene Fassade (als stilprägender Nachkriegsbau) von den Frankfurtern hoch geschätzt sei und von vielen wohl als schmerzlicher Verlust empfunden werde.

    Nach möglichen Formen eines Neubaus wurde dann auch promt das Beispiel aus Würzburg angeführt, an dem man sich orientieren könne.

    Die Möglichkeit einer Rekonstruktion der alten Fassade wurde mit keinem Wort erwähnt.
    Hier ist offensichtlich noch sehr sehr viel Öffenlichkeitsarbeit notwendig, um diese Option überhaupt mal ins öffentliche Gedächtnis zu rufen.

    Einmal editiert, zuletzt von Minifutzi (7. Juni 2017 um 14:10)

  • die Energie auf das zu fokussieren, was mehr Chancen auf Realisierung hat: neben den Türmen, auch noch das Dach der Stadtkämmerei zu rekonstruieren, sowie die "Kuppel-Landschaft" am HBF zurück zu gewinnen.

    Ich bin immer für einen guten Energiehaushalt. Aber, das Dach der Kämmerei ist derzeit nicht rekonstruierbar, da gerade saniert. Und die Kuppeln am Hauptbahnhof dürften nur in Verhandlungen mit den privaten Besitzern der Häuser erreichbar sein, denke ich. Es geht da also nicht um ein öffentliches Bauvorhaben.

  • "Die Möglichkeit einer Rekonstruktion der alten Fassade wurde mit keinem Wort erwähnt."

    Genau das mediale Vorgehen, das ich erwartet hatte. So ist das. Die Option Rekonstruktion und ihre Befürworter kann man nicht stärker verhöhnen, als durch konsequente Missachtung. Wir sind Phantasten, Träumer, die man überhaupt nicht ernstnimmt. Das Sagen haben andere Leute, solche die das Gegenteil von unseren Interessen repräsentieren.

    Ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass mich das zu erwartende Scheitern nicht sehr berührt. Die neue Altstadt ist mir tausendmal mehr wert. Und die Initialzündung für eine Rekonstruktion historistischer Bauten muss auch nicht ausgerechnet dieser doch eher schwerfällige Gründerzeitbau darstellen.

    In dubio pro reko

    3 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (7. Juni 2017 um 16:13)

  • Der Widerstand (und zwar nicht von mir!) ist nach wie vor sehr erheblich, und zwar selbst bei absoluten Hauptwerken der Bau- und Kunstgeschichte
    So z. B.:
    Ulrichskirche Magdeburg: nicht gekommen
    Unikirche Leipzig: nicht gekommen

    Auf die Gefahr hin, vom Thema abzuschweifen: Zwischen diesen beiden Beispielen gibt es aber doch einen gewaltigen Unterschied: Der ehemalige Bauplatz der Ulrichskirche ist nach wie vor leer und wird es wohl bis auf weiteres auch bleiben - und damit ist noch nichts verloren: in zehn, fünfzehn Jahren, wenn sich vielleicht die Stimmung in Magdeburg etwas geändert hat, der heutige Verhinderer-OB im Ruhestand weilt und das Ganze noch besser vorbereitet und mit schlüssigen Antworten auf alle Fragen/Bedenken präpariert ist, kann man durchaus noch einmal einen Versuch starten; die Kirche kann also immer noch wiederkommen. In Leipzig hingegen ist durch den Bau der hippen, gläsernen Kirchenkarikatur namens Paulinum die Sache für alle Zeiten erledigt.

    Und in Frankfurt hätte sich , wenn jetzt die gesamte Doppelanlage abgerissen und durch einen Neubau ersetzt würde, das Thema Teil-Reko ebenfalls für immer erledigt. Solange hingegen der Gebäudekern aus der Kaiserzeit noch existiert, ist zumindest einiges theoretisch möglich - und wenn es auch nur auf eine partielle Sichtbarmachung der im Innern erhaltenen Schnörkel im Rahmen eines erneuten Totalumbaus geht. Wäre die im Krieg ausgebrannte Alte Oper damals abgerissen worden, und man hätte den Platz leer gelassen, wäre eine Reko heute zumindest denkbar - wäre ein toller Nebau an die Stelle gesetzt worden, dann nicht. Zwar hatte der damalige OB Rudi Arndt, genannt "Dynamit-Rudi" eine Sprengung der Ruine vorgeschlagen, aber ob er das ernst gemeint hat, weiß man nicht. Er soll später, nach dem Wiederaufbau gesagt haben, er habe gemeint, man könne sie sprengen und dann nach alten Plänen rekonstruieren, denn das wäre 50 Millionen DM billiger gewesen als der Wiederaufbau.

  • Ich meine, Dynamit-Rudi hätte seinen Namen verpasst bekommen, weil er die durch Jahrzehnte hin als Ruine dastehende alte Oper am liebsten beseitigt hätte. Um diese gab es anhaltenden erbitterten Streit und leidenschaftliche Befürworter des Wiederaufbaus. Dass ähnliche Auseinandersetzungen um die Ruine des Schauspielhauses gelaufen wären, ist mir nicht bekannt.

  • Ja, das ist die bekannte, überlieferte Version. Die Abwandlung "Sprengen, aber dann rekonstruieren" habe ich mal von jemandem gehört, dessen Vater mit Arndt befreundet war. Danach habe Arndt das, auf die Geschichte angesprochen, im privaten Rahmen so gesagt. Kann aber natürlich auch eine späte Ausrede gewesen sein.

    Um nochmal den Bogen zwischen Alte Oper und Schauspielhaus zu schlagen: Wie bereits irgendwo weiter vorne erwähnt, existiert ja auch noch ein unversehrtes Originalteil des alten Schauspielhauses, nämlich die Quadriga, die seit dem Wiederaufbau nun auf der Alten Oper thront. Die müsste man dem Schauspiel m.E. dann zurückgeben und der Alten Oper eine Rekonstruktion der eigenen Quadriga aufsetzen.

  • Was mich so enttäuscht ist, dass von dem Altbau in keinem Artikel gesprochen wird.

    Ich hatte vor ca. 15 Jahren mal die Möglichkeit zu einer -privaten- Besichtigung. Es ist praktisch die ganze Ostseite (das ist die Seite zu den ehemaligen "Faust-Stuben" hin) des Gebäudes -auch mit aller Bauplastik, teils unter Verkleidung, teils freiliegend erhalten. Bei der Westseite sieht es zwar etwas schlechter aus, aber im Prinzip ist außer dem vorspringenden Fassadenfrontteil wirklich alles Mauerwerk erhalten.

    Das beste wäre -meiner Meinung nach- das Grundstück an einen Investor zu verkaufen, mit der Maßgabe das alte Schauspielhaus zu integrieren und zumindest teilweise zu rekonstruieren , Nutzung egal... (das Grundstück ist ja durchaus in attraktiver Lage, wenn man beim Kaufpreis etwas entgegenkommt, dürfte das doch kein Problem sein)

    Mit dem erzielten Kaufpreis könnte die Stadt einen Neubau an anderer Stelle auf einem stadteigenen Grundstück bereits teilweise finanzieren.

  • Was mich so enttäuscht ist, dass von dem Altbau in keinem Artikel gesprochen wird.

    Ich hatte vor ca. 15 Jahren mal die Möglichkeit zu einer -privaten- Besichtigung. Es ist praktisch die ganze Ostseite (das ist die Seite zu den ehemaligen "Faust-Stuben" hin) des Gebäudes -auch mit aller Bauplastik, teils unter Verkleidung, teils freiliegend erhalten. Bei der Westseite sieht es zwar etwas schlechter aus, aber im Prinzip ist außer dem vorspringenden Fassadenfrontteil wirklich alles Mauerwerk erhalten.

    Ja, dabei hatte die FAZ ja mit dem hier verlinkten Artikel und der Bilderstrecke die noch vorhandenen Reste etwas ins Bewusstsein gerückt. Aber seit ständig von Sanierung/Naubau die Rede ist, traut sich keiner, beides mal vorsichtig zu verknüpfen.

  • [...]existiert ja auch noch ein unversehrtes Originalteil des alten Schauspielhauses, nämlich die Quadriga, die seit dem Wiederaufbau nun auf der Alten Oper thront. Die müsste man dem Schauspiel m.E. dann zurückgeben und der Alten Oper eine Rekonstruktion der eigenen Quadriga aufsetzen.

    Genau so sehe ich das auch!


    Quelle:http://vanderkrogt.net/statues/object…s224&webpage=ST

    Quadriga restauriert 2010

    Original Quadriga Oper (gibt es da keine bessere Aufnahme? - das ist leider die beste die ich so auf die schnelle nur finden konnte): KLICK

    UND die beiden Schwäne auf den Front-Fassadentürmen existieren wohl auch noch. So jedenfalls beschrieben in einem Buch über das Schauspiel. Angeblich in einem Werbebüro dort am Willy Brandt Platz:

    "Mitarbeiter der Städtischen Bühnenwurden 2004 von Willy Praml darauf aufmerksam gemacht, dass sich in der Naxos-1515Halle, einem weiteren magischen Theater, das vom Industriebau zur Spielstätteaufgestiegen ist, die beiden bronzenen Schwäne, die bis 1961 den Altbau am Maingeschmückt hatten, befinden. Sie wurden kurz darauf von einer benachbartenWerbeagentur in deren Entrée installiert. Die Städtischen Bühnen würden sie gernewieder in ihre Obhut nehmen."

    Quelle: http://www.buehnen-frankfurt.de/wp-content/upl…Cr-Internet.pdf
    aus: "Ein Haus für das Theater. 50 Jahre StädtischeBühnen Frankfurt am Main", Herausgeber: Städtische Bühnen Frankfurt am Main GmbH, Leipzig 2013

    2 Mal editiert, zuletzt von Kaiserpalast (10. Juni 2017 um 12:10)

  • Was mich so enttäuscht, ist

    Enttäuscht kannst Du nur sein, wenn Du irgendwelche Erwartungen in die Presse hegst. Tust Du das nicht, bist Du ganz frei und nicht enttäuscht. Was erwartest Du also vom Mainstream? Es liegt einfach an uns, das Thema in die Diskussion zu bringen.

  • Hiobsbotschaft aus Köln - auch dort ist der Nachkriegsbau des Schauspielhauses (1962) und der Oper (1957) marode. In Köln hat man sich für eine "Generalüberholung" entschieden. Statt 250 Millionen Euro soll das Ganze nach heutigen Medienberichten nun MINDESTENS zwischen 545 und 570 Millionen Euro kosten !!!

    Den Bau den heutigen Sicherheitsbestimmungen und technischen Erfordernissen anzupassen ist quasi unbezahlbar. Ein Fertigstellungstermin ist übrigens auch nicht absehbar. Anvisiert wird wohl jetzt Ende 2022 (ursprünglich war 2015 geplant).

    Das Ganze ist völlig aus dem Ruder gelaufen und sollte eine Warnung an Sanierungsbefürworter des Nachkriegs-Schauspielhauses in Frankfurt/Main sein...

    ...

  • Der Bau in Köln ist so ziemlich aus einem Guss und relativ übersichtlich. Wie würde das dann bei dem zusammengewürfelten Betonhaufen in Frankfurt laufen? Mich würde es aber nicht mehr wundern wenn sich ein Wahnsinniger für eine Sanierung finden würde. Auf der anderen Seite glaube ich fest an die Wirkung von Geld und das deswegen die "architektonische Ikone der Nachkriegsmoderne" daran zerbrechen wird.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Um sich nochmal einen Eindruck von diesem völlig verbauten Ungetüm zu verschaffen, bin ich einmal rum gelaufen

    Will man das für 800 Millionen wirklich erhalten, ich denke nicht!!!!

    APH - am Puls der Zeit