Dresden, Altstadt - Quartier VIII

  • Ich habe gestern selbst schon einige "Erinnerungsfotos" geschossen.

    Das Zehmsche Haus hat mich wirklich begeistert! Am späten Nachmittag waren auch schon große Teile des Erdgeschosses verputzt, das sich mit seiner dezenten Gliederung und den Stichbogenfenstern harmonisch in das Gesamtbild integriert. Auch der hölzerne Erker ist ein wahrer Traum, der das Straßenbild in idealer Weise bereichert. Interessant ist die Tatsache, dass dieser Bau fast frei von bildhauerischem Zierrat ist und stattdessen alles sinnvoll und tektonisch wirkt. Es ist eine Pracht!

    Das Hoffmannseggsche Haus hingegen finde ich weniger interessant. Es nimmt unter den Dresdner Barockhäusern eine meiner Ansicht nach geringe Stellung ein. Die Rücklagen wirken irgendwie unharmoisch, sodass man sich zwischen den beiden Achsen eine Lisene (oder das Weglassen der Spiegel) wünschte, die allerdings auch nicht sonderlich passen würde.
    Vielleicht aber kann man die Fassade auch nur erfassen, wenn man um die Baugeschichte weiß. Dazu gibt es ja zum Glück sehr gute Literatur!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Hier sah die Farbgestaltung noch etwas anders aus: http://www.neumarkt-dresden.de/image1/quartier8/planung8.jpg

    Sind die ganzen modernistischen Füllbauten mit ihren dresdenuntypischen Grautönen nicht ausreichend? Verwässern sie den farblichen Gesamteindruck des Neumarktensembles nicht zur Genüge? Muss man diesen Ton auch noch bei den bedeutendsten Rekonstruktionen zu Rate ziehen? Salomonisapotheke, Rampische Straße x und x, wahrscheinlich wird auch das Dinglingerhaus am Jüdenhof einen NRW-Schlechtwetterton erhalten? Selbst für die 29 war ursprünglich ein grauer Anstrich geplant, dagegen bin ich aber Sturm gelaufen! :wink: Man muss mal zählen, wieviele Fassaden im Quartier 8 Grau werden: Ich komme auf mindestens sieben!

    So schön die Architektur an sich ist, ich hätte für das Zehmsche und den benachbarten Gründerzeitler den Ockerton des Dresdner Schlosses gegenüber bevorzugt - auf diese Weise hätte man zudem in der Schlossstraße den symmetrischen Gesamteindruck betont, denn die Giebel sind in Lage, Form und Anzahl auf beiden Seiten vergleichbar.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

    3 Mal editiert, zuletzt von youngwoerth (9. September 2011 um 13:08)

  • Ja, das Grau geht mir mittlerweile auch tierisch auf den Keks. Auf der GHND-Seite sind neue Fotos - fast alle Gerüste sind gefallen. Waren sie heute echt mal schneller als bausituation-dresden.com/.

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"

  • Man kann wahrlich alles beanstanden, an allem und jedem ein Haar in der Suppe finden. Dass hier eines der schönsten und charakterevollsten Bürgerhäuser des dt. Manierismus wiedererstanden ist, ein leider abseits von Dresden dieser Tage völlig singuläres, etwa in Augsburg, dass dies wahrlich dringender nötig hätte, schier undenkbares Phänomen, wiegt nichts angesichts der vorgeblich verunglückten Farbwahl!

    Abgesehen von der NIchtigkeit dieses Sujets irrt sich mE Jongwart in der eigentlichen ästhetischen Beurteilung gründlich. Beim Anstrich des Zehmschen Hauses handelt es sich eben nicht um ein "ödes Modernistengrau", wie er sonst (uU durchaus berechtigt) zu sagen pflegt, sondern um ein noblen, Renaissancebauten grundsätzlich perfekt zu Gesicht stehnendes Blaugrau. Das klassisch-dresdnerische Ockergelb möge man hinreklamieren, wo es hingehört, auf klassisch Dresdnerischem Barock oder meinethalben Späteres.

    Wenn man wirklich etwas beanstanden will (was bei mir nicht der Fall ist), so besteht hier mE bei der eventuell sehr grob und synthetisch wirkenden Eckquaderung mehr Grund dazu. Aber vielleicht täuscht nur der Eindruck auf den Bildern.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ja, das Grau geht mir mittlerweile auch tierisch auf den Keks. Auf der GHND-Seite sind neue Fotos - fast alle Gerüste sind gefallen. Waren sie heute echt mal schneller als bausituation-dresden.com/.

    Häh, wo siehst du denn da neue Bilder? Sind immer noch die von vor ein paar Wochen... :blink:

  • Es ist eigentlich wahnsinn was in Dresden passiert. Wenn ich letztemal da war gab es keine Frauekirchen, Schloss war immer noch geschlossen und so weiter.

    Die Schlossstrasse wird wirklich etwas ganz feines. Die farbwahl finde ich auch gar nicht so schlecht.
    Vielleicht bleibt nur Magdeburg und Chemnitz als wirklich hassliche Grosstadten in Ostdeutschland ubrig.

  • @Ursus: Hehe, ich hatte auf Deine Erwiderung gewartet und Du hast mich nicht enttäuscht. :wink:

    Man kann wahrlich alles beanstanden, an allem und jedem ein Haar in der Suppe finden.

    Ja, ist mein gutes Recht, zu beanstanden, was ich für kritikwürdig halte.


    Dass hier eines der schönsten und charakterevollsten Bürgerhäuser des dt. Manierismus wiedererstanden ist, ein leider abseits von Dresden dieser Tage völlig singuläres, etwa in Augsburg, dass dies wahrlich dringender nötig hätte, schier undenkbares Phänomen, wiegt nichts angesichts der vorgeblich verunglückten Farbwahl!

    Das sind Deine Worte (die Du mir in den Mund legst) - ich wüsste nicht, irgendetwas in der Hinsicht behauptet zu haben.


    Zitat

    der NIchtigkeit dieses Sujets

    Du hältst es für nichtig, ich nicht.


    Nochmal: Sieben graue Fassaden in einem Neumarktquartier, ob nun nobel oder nicht, halte ich für inadäquat.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • Die Wiedergewinnung der dresdnerischen Glanz wird fortgesetzt. Dies ist ein Grund zur Freude in der ganzen Welt, weil der Untergang Dresdens ein Verlust fuer die ganze Welt war, nicht nur fuer Deutschland.

  • Dies ist ein Grund zur Freude in der ganzen Welt, weil der Untergang Dresdens ein Verlust fuer die ganze Welt war, nicht nur fuer Deutschland.


    Sehr richtig! Leider denken so einige Dresdner, dass ihnen ihre Stadt ganz alleine gehören würde und sie z.Bsp. mit dem Elbtal machen könnten, was sie wollen. Der Titel WELTerbe kam nicht von ungefähr. Ich bin sehr froh darüber, dass sich die Welt so für diese Stadt eingesetzt hat, auch wenn sie nicht immer Willkommen war (siehe Günter Blobel). Die Spender für die Frauenkirche aus aller Welt, die Mitglieder der GHND aus ganz Deutschland, das private Interesse und Engagement aus Goslar, Freiburg oder Stuttgart - diese Stadt hat das große Glück, bis heute von ihrem Mythos zehren zu können. Und selbstverständlich freue ich mich auch über die Rekonstruktion eines graufarbenen Gebäudes, keine Frage.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • für Jungwart:



    Alles nur eine Frage der richtigen Brille!!!


    Quelle: GHND, edited baj ze Karpatian Bär

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    2 Mal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (10. September 2011 um 21:24)

  • Schick! :smile:

    Im ersten Bild gefällt mir die Architektur besser, im zweiten die Farbwahl.

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  • Wäre schön, wenn die (Farb-)Kritiker hier auch einmal die beiden wirklich echten Fehler am Zehmschen Haus benennen könnten.

    Die sind nämlich real und dabei wesentlich gravierender und können nur noch z. T. korrigiert werden....

    Naaaa?

  • Echte Fehler?

    In diesem Zusammenhang muss ich in erster Linie an die Gurtbänder denken, die in den frühen Visualisierungen noch gar nicht autauchten und jetzt, im fertiggestellten Zustand, auch nicht ganz zu stimmen scheinen. So ist jenes zwischen dem 2.- und 3. Obergeschoss irgendwie nach oben verschoben und bildet somit keine wirkliche Einheit mit dem Gesims des Erkers.
    Abgesehen davon muss ich ursus in seiner Kritik an der Eckquaderung zustimmen. Im 1.- und 3. Obergeschoss etwa musste man jeweils einen Quader stark überstrecken, sodass hier Ruhe und Harmonie tüchtig leiden.
    Schade!

    Abgesehen davon bin ich von der Farbgebung des Zehmschen Hauses absolut begeistert. Sie kann man so auch an vielen Originalen, etwa in Görlitz oder Freiberg, besichtigen. Und wem noch ein Dresdner "Pendent" fehlt, dem seien der Große Schlosshof der Residenz oder der Stallhof wärmstens empfohlen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • vielleicht weil sie zu schief geraten sind?

    schmähohne, das sieht nach einem Einsturz zwischen heute 8 und 9 Uhr aus. Auf jeden Fall läuft da was außer Plan.

    ad 8ian, bb:

    die bei näherer Betrachtung wirklich nicht ganz stimmigen Gurtbögen sind aber zumindest auf der letzten Visualisierung ersichtlich. Ich muss sagen, dass ich mit der gesamten Oberflächengestaltung des Baukörpers (ausgenommen Giebel und Erker) nicht so klar komme - alle weißen Teile gerieten zu grob, zu synthetisch, vor alle die Fensterumrahmungen und die Eckquader. Ist mir bei den Nachbargebäuden auch so aufgefallen. Insgesamt finde ich nicht, dass sich die Qualität gegenüber den vorherigen Quartieren gesteigert hat. Eher ist ein Rückschritt zu vermerken.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
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    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    Einmal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (12. September 2011 um 13:54)

  • Wenn ich mir das so genau anschaue, könnte da auch schlichtweg nur schwarze Folie (= Abdichtungsbahnen) drauf liegen...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Eventuell nur eine optische Täuschung ob der Gerüste davor?


    Der Giebel in der Sporergasse ist ohne Gerüst und die Englische Treppe vorm Johanneum beinahe auch.

    Einmal editiert, zuletzt von Henry (12. September 2011 um 17:01)

  • Abgesehen davon bin ich von der Farbgebung des Zehmschen Hauses absolut begeistert.


    Ja, für sich betrachtet geht der Grauton - auch dank des Kalkanstrichs, den ich hier vermute - schon in Ordnung. Mir ist das große Ganze allerdings wichtiger als die isolierte Fassadenbetrachtung. Graue Fassaden nehmen im Neumarktbereich eindeutig überhand und degradieren in der Fülle m.E. das Gesamtensemble. Zudem weitere folgen werden...

    Zu den "echten Fehlern" kann ich nichts sagen, bin kein Kunsthistoriker und halte das Ergebnis für gefällig (was mir reicht).

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    Jesus ist mein Herr und Retter!

    Einmal editiert, zuletzt von youngwoerth (12. September 2011 um 16:58)