Schäßburg/Siebenbürgen (RO) - Allgemeines

  • Habe vor zwei Wochen ein lange gehegtes Vorhaben in die Tat umgesetzt und Siebenbürgen besucht. Davon präsentiere ich euch nun ein paar Ansichten von Schässburg (Sighisoara), eine der alten sächsischen Städte, die in ihrem Zentrum natürlich völlig deutsch geprägt ist. Das besondere an Schässburg ist seine Lage als Burgstadt auf einem langgestreckten Hügel mit vollständig erhaltener Stadtmauer und Bebauung (in der Hauptsache 14.-16. Jh.; Fassaden z,T. in schlichtem Barock, dazu singulär Gründerzeit). Schässburg gehört zum UNESCO Weltkulturerbe.

    Zur Zeit sind groß angelegte Sanierungsarbeiten in der Stadt im Gange, die noch holprigen Straßen werden vermutlich alle neu gepflastert.


    Panorama der Stadt mit Bergkirche, Stundtturm und dem auffälligen Rathaus im Neorenaissancestil:



    Ohne Kommentar:


    Blick zum Stundturm, dem Wahrzeichen der Stadt mit seinem wunderschönen filigranen Dach:


    Der Ausblick von oben:


    In der Burgstadt, links das Haus zum Hirschen:


    Das zum Teil sehr schadhafte Mauerwerk (rechts):


    Erklärung im Bild:


    Der Schneiderturm, eines der Stadttore:


    Blick zum Stundtturm:


    Der Eingang zur hölzernen Schülertreppe, die zu Bergkirche und Bergschule führt:


    Die spätgotische Bergkirche, wie alle siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen wuchtig und schwer:


    Bergkirche und -schule aus der Ferne:

    ... und wenn jetzt nicht ganz allgemeine und durchgreifende Maßnahmen angewandt werden, so werden wir in kurzer Zeit unheimlich nackt und kahl wie eine Kolonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen... (Schinkel 1815)

  • Hm, die Fotos haben beim Hochladen irgendwie alle an Schärfe verloren...

    ... und wenn jetzt nicht ganz allgemeine und durchgreifende Maßnahmen angewandt werden, so werden wir in kurzer Zeit unheimlich nackt und kahl wie eine Kolonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen... (Schinkel 1815)

  • Tausend Dank! Bilder von dort waren mein sehnlichster Wunsch (außerdem noch die Städte der Zips, aber das ist ein anderes Thema), aber die Chance auf die Erfüllung des Wunsches war doch eher gering... umso schöner jetzt etwas davon hier zu sehen. :D
    Man stelle sich vor die Kohl- Regierung hätte Anfang der 90er nicht alle Tore für die Siebenbürger Sachsen (und andere) geöffnet. Vielleicht wäre die Region heute schon weit entwickelter... wenn auch vielleicht nicht wirtschaftlich, so aber doch zumindest touristisch?
    Zumindest hat man damals sein Scherflein zur Zerstörung einer Kulturlandschaft beigetragen. Man kann nur hoffen das einige Siebenbürger Sachsen im Zuge des hoffentlich dort stattfindenden Aufschwunges einen Weg zurück finden.

    BTW: ich habe mir vorgenommen dorthin mal eine Riese zu machen. Wie war es denn so in Sachen Infrastruktur, Übernachtung und Verständigung?

  • Ein wunderschöner Ort! Hoffentlich wird die "Rehabilitierung" der Straßen wieder gutes Kopfsteinpflaster bringen.

  • Irgendwie haben diese siebenbuergischen Staedte einen ganz eigenen Stil, der sie ausgesprochen malerisch macht. Eine Mischung aus sueddeutschem Spaetgotik, boehmischer Renaissance, ungarischem Barock, und rumaenischer Kargheit und Farbenfrohheit. Das ganze wirkt heiter und klar, trotz der betrueblichen Zeitgeschichte.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Dorthin wollte ich immer schon! Toll, dass Du es gewagt(?) hast! Kann man auch mit dem eigenen Auto nach Siebenbürgen fahren ?(Oh, Gott ich komme mir gerade vor wie ein Ami, der mich fragt, ob es in Österreich auch Autos gibt?! :gg: )

    Warst Du auch in Hermannstadt und Kronstadt? Gibt es eigentlich noch hauptsächlich deutsch bewohnte Ortschaften dort? Fragen über Fragen... In ein paar Fernsehdokus war zumindest die Rede davon, dass viele Sachsen wieder zurückwanderten.

  • @ Brandmauer

    Interessant, daß du den böhmischen Einfluss erwähnst - das empfand ich nämlich auch so. Mir ist Schässburg manchmal wie ein Prag im Kleinformat erschienen, auch durch die mit Hradschin und Kleinseite vergleichbare Lage von Bergstadt und unterer Stadt. Typisch rumänische Viertel findet man eher an den Ausfallstraßen - in der Bergstadt selbst durften ja bis ins 19. Jh. nur Deutsche siedeln.

    Neben den Städten fand ich die Dörfer genauso sehenswert, und zwar wegen der erhaltenen Dorfstrukturen - man muß sich vorstellen: in Österreich/Deutschland würde man solche Straßenzüge als Museumsdörfer ansehen. Wenn man durch die Gegend wandert, ist man hin- und hergerissen zwischen Empfindungen von "Rückständigkeit" und "Idylle" - sehr ambivalent also!! Bilder folgen!

    Zitat

    BTW: ich habe mir vorgenommen dorthin mal eine Riese zu machen. Wie war es denn so in Sachen Infrastruktur, Übernachtung und Verständigung?

    Also, wenn man keine überhöhten Ansprüche an Komfort stellt, ist es in den größeren Städten kein Problem, ein Hotel zu finden. Gerade in Schässburg ist der Tourismus im Kommen. Sogar Mitte Oktober waren keine Ströme aber Grüppchen in der Altstadt unterwegs. Das zeigt sich auch an den Souvenirstandln, die sich im Zentrum breit machen - und an diesem Herrn:

    Der ist nämlich (angeblich) hier geboren...

    Am Land gibts einfache Pensionen oder die evangelischen Gästehäuser. Infos dazu und auch enerell über das deutsche Kulturerbe in Siebenbürgen auf der Seite der Siebenbürger Landmannschaft (http://www.siebenbuerger.de">http://www.siebenbuerger.de)

    Verständigung ist nicht immer einfach, die Fremdsprachenkenntnisse der Rumänen sind begrenzt; aber mit einer Mischung aus Deutsch, Englisch und ein paar angelernten Brocken Rumänisch bin ich ganz gut durchgekommen. Und natürlich trifft man früher oder später auf den einen oder anderen Deutschen (Sachsen) - nicht nur vor den Kirchen und Pfarrhäusern (Von dort gehen die Initiativen zum Kulturerhalt und Kulturdialog aus) Und die Angesprochenen sind dann meistens wirklich erfreut und erzählen stolz, daß ihre Mutter eine Sächsin war usw.

    Zitat

    Dorthin wollte ich immer schon! Toll, dass Du es gewagt(?) hast! Kann man auch mit dem eigenen Auto nach Siebenbürgen fahren ?(Oh, Gott ich komme mir gerade vor wie ein Ami, der mich fragt, ob es in Österreich auch Autos gibt?! gruenes Grinsen )

    Warst Du auch in Hermannstadt und Kronstadt? Gibt es eigentlich noch hauptsächlich deutsch bewohnte Ortschaften dort?

    Letzte Frage zuerst: Nein, meines Wissens nicht - ich war in Birthälm/Biertan (auch wegen der dortigen mächtigen Kirchenburg), der Ort hat ca. 1500 Einwohner, davon 80 Sachsen - hat man mir am Dorfplatz erzählt. Dieser Prozentsatz ist denk ich repräsentativ - und abei liegt Biertan im sächsischen "Stammgebiet" sozusagen.

    In Hermannstadt war ich, in Kronstadt leider nicht. War ohne Auto unterwegs, das man aber für Fahrten ins Land (z.B. zu den über 200 Kirchenburgen!) brauchen würde... Wie risikoreich es mit dem eigenen Auto ist, kann ich nicht genau sagen; die Überlandstraßen, die ich kennengelernt hab, waren alle in Ordnung, Nebenstraßen sind mitunter schon schlaglochübersät - und natürlich sind (noch) zahlreiche Pferdefuhrwerke unterwegs und ein paar Kühe oder eine Schafherde kreuzen ab und zu den Weg!

    Ja, habs gewagt und nicht bereut :) War echt spannend; gerade weil nicht so 100% erschlossen wie er Westen.

    ... und wenn jetzt nicht ganz allgemeine und durchgreifende Maßnahmen angewandt werden, so werden wir in kurzer Zeit unheimlich nackt und kahl wie eine Kolonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen... (Schinkel 1815)

  • Roverandom

    Vielen Dank für die Bilder. Der Baubestand legt nahe, dass Schäßburg im späten 18. Jahrhundert einen Aufschwung genommen hat. Die barocken Häuser ähneln häufig vergleichbaren Bauten aus dem östlichen Österreich.

    Wann hat die Stadt ihre deutsche Mehrheit verloren?


    Zitat

    Neben den Städten fand ich die Dörfer genauso sehenswert, und zwar wegen der erhaltenen Dorfstrukturen - man muß sich vorstellen: in Österreich/Deutschland würde man solche Straßenzüge als Museumsdörfer ansehen. Wenn man durch die Gegend wandert, ist man hin- und hergerissen zwischen Empfindungen von "Rückständigkeit" und "Idylle" - sehr ambivalent also!! Bilder folgen!

    Wahrscheinlich steht dem ländlichen Rumänien in den nächsten Jahrzehnten eine sehr große Abrisswelle bevor, die das Wirtschaftswachstum nach sich ziehen wird.


    P.S.: Was hatten die Kommunisten eigentlich von der Behauptung, Vlad III. Draculea, genannt Dracula, sei in Schäßburg geboren worden?

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat

    Graf Dracula ist dort geboren ? Hast Du auch Bilder von der Burg, wo der Graf residierte ?

    Ja, Vlad Tepes, das historische Vorbild für Dracula, ist dort geboren. Die Burg, die du meinst, ist Schloß Bran bzw. Törzburg und liegt weiter weg in der Nähe von Kronstadt. Da war ich leider nicht :( Die Burg hat aber mit Dracula wenig zu tun (er hat dort sv. ich weiß nur ein paar Mal übernachtet), und wird nur wegen ihres malerischen Aussehens als Draculaschloß vermarktet...

    Zitat

    Wahrscheinlich steht dem ländlichen Rumänien in den nächsten Jahrzehnten eine sehr große Abrisswelle bevor, die das Wirtschaftswachstum nach sich ziehen wird.

    Ja, das ist wohl leider unvermeidlich. Man würde sich wünschen, daß man behutsam vorgeht und einige Fehler vermeidet, die im Westen passiert sind. Eine Organisation, die sich dafür einsetzt und ziemlich sympathisch wirkt, ist der Mihai Eminescu Trust - benannt nach dem rumänischen Nationaldichter (http://www.mihaieminescutrust.org)


    Zitat

    Der Baubestand legt nahe, dass Schäßburg im späten 18. Jahrhundert einen Aufschwung genommen hat. Die barocken Häuser ähneln häufig vergleichbaren Bauten aus dem östlichen Österreich.

    Wann hat die Stadt ihre deutsche Mehrheit verloren?

    Hab da leider keine Zahlen, aber ich schätze erst im 20. Jh. Da vollzog sich die Auflösung der deutschen Gemeinde schubweise (nach 1918 Romanisierungspolitik; nach 1945 sowjetische Verschleppungen; nach 1989 massive Auswanderungswelle)

    Die Häuser in der Burgstadt sind im Kern alle älter als 18. Jh; aber dann waren auch österr. Architekten in Schässburg tätig (die Zwiebelhelme des Stundturmes!)

    ... und wenn jetzt nicht ganz allgemeine und durchgreifende Maßnahmen angewandt werden, so werden wir in kurzer Zeit unheimlich nackt und kahl wie eine Kolonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen... (Schinkel 1815)

  • Schäßburg und den vielen anderen historischen Stätten in Siebenbürgen kann man nur wünschen, dass sich mit steigender Bekanntheit und zunehmendem Kulturtourismus auch die wirtschaftliche Lage, die Lebensqualität sowie die Erhaltungsmöglichkeiten für diese alten Städte und Dörfer deutlich verbessern.

    Besonders spannend finde ich die Entwicklung in Hermannstadt: Dass diese siebenbürgische "Hauptstadt" in diesem Jahr zur europäischen Kulturhauptstadt ernannt wurde, freut mich sehr. Großen Einfluss auf diese Entscheidung hatte der deutsche Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis. Er wurde 2004 mit 88,7 % wiedergewählt und hat der Partei der deutschen Minderheit eine absolute Mehrheit im Rathaus verschafft - und das, obwohl der Anteil der Deutschen unter 2% liegt! Eine ganze Reihe von großen deutschen und österreichischen Unternehmen hat sich seitdem im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs in Hermannstadt angesiedelt und Arbeitsplätze gesichert (Continental, Siemens, Thyssen Krupp, Wienerberger, Metro). Die Altstadtsanierung wird aufwändig vorangetrieben. Für die Erhaltung des wertvollen Archivs der deutschen Minderheit setzt sich die Volkswagenstiftung ein. Das deutsche Gymnasium, das Brukental Lyzeum, wird auch von vielen rumänischen Eltern geschätzt. Es gehört zu den angesehensten Schulen in Rumänien.

    http://de.wikipedia.org/wiki/sibiu

    http://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_Johannis

  • Zitat von "Roverandom"


    Also, wenn man keine überhöhten Ansprüche an Komfort stellt, ist es in den größeren Städten kein Problem, ein Hotel zu finden. Gerade in Schässburg ist der Tourismus im Kommen. Sogar Mitte Oktober waren keine Ströme aber Grüppchen in der Altstadt unterwegs. Das zeigt sich auch an den Souvenirstandln, die sich im Zentrum breit machen - und an diesem Herrn:

    Am Land gibts einfache Pensionen oder die evangelischen Gästehäuser. Infos dazu und auch enerell über das deutsche Kulturerbe in Siebenbürgen auf der Seite der Siebenbürger Landmannschaft (http://www.siebenbuerger.de">http://www.siebenbuerger.de)

    Verständigung ist nicht immer einfach, die Fremdsprachenkenntnisse der Rumänen sind begrenzt; aber mit einer Mischung aus Deutsch, Englisch und ein paar angelernten Brocken Rumänisch bin ich ganz gut durchgekommen. Und natürlich trifft man früher oder später auf den einen oder anderen Deutschen (Sachsen) - nicht nur vor den Kirchen und Pfarrhäusern (Von dort gehen die Initiativen zum Kulturerhalt und Kulturdialog aus) Und die Angesprochenen sind dann meistens wirklich erfreut und erzählen stolz, daß ihre Mutter eine Sächsin war usw.


    Aha, danke sehr. Ich spiele schon seit Jahren mit dem Gedanken mal einen Urlaub dort zu verbringen. Gegen rustikal und einfach habe ich nichts, ich brauche nur meine Reiseenduro und ein Zelt. Die Frage die sich mir halt in Rumänien stellt ist ob ich das Motorrad am Ende der Reise auch noch habe.
    Apropos Fremdsprachenkenntnisse der Rumänen: zumindest bei den Älteren und Gebildeteren ist Französisch die erste Fremdsprache, so wie sich auch das Land selbst oft an Frankreich orientiert hat. Bei der jüngeren Generation hat aber sicherlich Englisch Vorrang.

  • Bergfriedhof

    Gespannt bin ich vom Bergfriedhof in Schäßburg, den ich im August besuchen werde...dann gibt es auch von mir wieder einmal Bilder zu diesem Strang.


    Der Bergfriedhof ist absolut sehenswert. Für jemanden wie unsereines, für den Friedhöfe immer mehr oder weniger eben sind, auch wenn sie mal etwas erhöht liegen, ist es schon bemerkenswert, dass Friedhöfe in Siebenbürgen nicht selten auf dem Berg liegen (habe mich daher schon gefragt, ob "Bergfriedhof" nicht eine Tautologie ist). Vor allem aber ist der Cimitirul Evanghelic din Deal alles andere als eben. So wie die Altstadt ("Burg") selber nicht im Tal und eben ist, ist es auch ihr Friedhof nicht. Zum anderen kennen wir Friedhöfe stets als gepflegte Anlagen. Infolge des Weggangs der Sachsen ist aber auch der Bergfriedhof verlassen. Er präsentiert sich dementsprechend; nicht wenige Gräber sind zugewachsen. In der Summe stellt sich der Bergfriedhof als eine bergige Angelegenheit dar, wo scheinbar verstreut Gräber am steilen Hang angelegt sind. Er ist durchaus romantisch, was freilich mit unseren Assoziationen zum Thema Sterben und Tod kontrastiert.

  • Snork 7. Februar 2020 um 19:30

    Hat den Titel des Themas von „Schäßburg - Allgemeines“ zu „Schäßburg/Siebenbürgen (RO) - Allgemeines“ geändert.