Verschwundene Orte in Tschechien

  • Ich weiß nicht recht ob das Thema hier gut aufgehoben ist, aber egal. Hier der Link:

    http://www.zanikleobce.cz/index.php?lang=d\r
    http://www.zanikleobce.cz/index.php?lang=d

    Ein Projekt das die verschwundenen Orte in Böhmen und Mähren dokumentiert.
    Sehr interessant ist die interaktive Karte:

    http://www.zanikleobce.cz/index.php?lang=d&menu=22%20title=\r
    http://www.zanikleobce.cz/index.php?lan ... 2%20title=

    Manchmal beinahe unfassbar.

  • Wie muss man sich denn diese Orte vorstellen ? Verlassene Häuser, Ruinen etc. ? So einen Ort habe ich mal in Norwegen gesehen - ein ehemaliges Walfangörtchen. Als ich dort war, wurde eines dieser Häuschen von einer Walewatchorganisation betrieben. Vermutlich ist diese Stadt heute wiederbelebt ! Vermutlich sogar aus dem gleichen Grund: wegen der Wale ! :D

  • :schockiert:
    Daß es so viele sind, hätte ich nicht gedacht.

    Oliver
    diese Orte sind dem Erdboden gleich.
    Man läuft über eine Wiese und findet ab und zu einen Mauerrest.
    Oder man läuft einen gepflasterten Feldweg entlang durch scheinbar unberührte Natur, und hat alle 50 Meter abgewinkelte Bordsteine, wo sich die ehemaligen Einfahrten zu den Bauernhöfen befanden. Und man begreift - das war die Dorfstraße!

    Es ist einfach zum heulen, wenn man sich vorstellt, was da vor die Hunde gegangen ist.

  • Zitat von "Oliver"

    Die Bildposition alt/neu stimmt aber nicht überein. Kann ich gar nicht glauben, daß da heute nur noch Wiese ist. :augenrollen:

    Dann warst Du nie im tschechischen Erzgebirge. Glaub mir, da sind die Orte komplett verschwunden und zurück blieb, wenn man Glück hat, ein Stück Grundmauer.
    Die Bildpositionen mögen verschiedene sein, der Ort aber stimmt.... GPS- Positionen werden ja auch gleich mit angegeben.

  • Man muß noch erwähnen, daß es hier nur um verschundene Orte geht.
    Viele andere Dörfer z.B. im böhmischen Erzgebirge sind formal als Orte noch vorhanden, aber da stehen dann angenommen von ehemals 100 Häusern noch 30. Und die werden nur als Wochenenddatschen genutzt oder stehen leer.

  • Zitat von "Miwori"

    Man muß noch erwähnen, daß es hier nur um verschundene Orte geht.
    Viele andere Dörfer z.B. im böhmischen Erzgebirge sind formal als Orte noch vorhanden, aber da stehen dann angenommen von ehemals 100 Häusern noch 30. Und die werden nur als Wochenenddatschen genutzt oder stehen leer.

    Ja klar, das kommt noch dazu. Hier bei uns an der Grenze gibt es Orte die haben 10 oder 20 ständige Einwohner. Einer hier hatte bis vor kurzem gar nur 6! Vor dem Krieg war das ein Dorf mit über 500 Einwohnern. Äußerlich sehen diese Dörfer gar nicht mal schlecht aus, wenn man um die Verluste an Häusern nicht weiß fällt einem manchmal gar nix auf. Aber in der Woche sind die Orte vollkommen tot.

  • Könnt Ihr mal was zu den Gründen sagen! Waren diese etwa zu deutsch? Oder kann es sein, dass diese einfach nur nicht gebraucht wurden? Ich dachte immer, dass es sich ähnlich wie in Polen verhielt, dass nach der Vertreibung gleich Tschechen "nachgerückt" sind.
    Im übrigen kann man davon ausgehen, dass unsere Bevölkerungsentwicklung hierzulande ähnliches zustandebringen vermag!

  • Wenn das kein Beitrag zur Völkerverständigung ist, dann möchte ich sehen, wie einer aussehen soll:
    Der Initiator, Pavel Beran, ist zweifelsfrei Tscheche und da er den größtenteil der Seite auf Deutsch gestaltet hat, versucht er anscheinend ein Deutsch-Tschechisches Publikum anzusprechen, so bietet er auf seiner Seite auch ein Forum an.

    Pavel, Europa braucht Menschen wie dich.

  • diese orte konnten nach der vertreibung nicht wieder besiedelt werden - immerhin gehörten große teile des sudetenlandes zu den verdichtetsten räumen europas.

    der bevölkerungsstand sank bis 1948 auf etwa 60% des vorkriegsniveaus, bei hoher fluktuation. und die besiedlung vollzog sich auch sehr ungleichmäßig. die tschechen zogen bevorzugt dahin, wo was zu holen war - vorallem in die reichen industriestädte nordböhmens und die landwirtschaftlich ergiebigeren regionen. die gebirgsgegenden, sofern nicht touristisch genutzt, wurden dagegen links liegen gelassen. etwa das erz- und das altvatergebirge oder auch das egerland.

    in den 50er jahren wurden dann ganze regionen zum militär- oder grenzsprerrgebiet erklärt und völlig beräumt. z.b. der böhmerwald, oder das duppauer gebirge. viele orte in nordböhmen fielen auch der braunkohle zum opfer.

  • Zitat von "Kindvon2dresdnern"

    Könnt Ihr mal was zu den Gründen sagen! Waren diese etwa zu deutsch? Oder kann es sein, dass diese einfach nur nicht gebraucht wurden? Ich dachte immer, dass es sich ähnlich wie in Polen verhielt, dass nach der Vertreibung gleich Tschechen "nachgerückt" sind.

    Ja, diese Gebiete waren größtenteils deutsch.
    Auf dem polnischen Gebiet gab es mehr "Substanz" zum Nachrücken. Dort mußten ja die ca. 1,5 Mio vertriebenen Ostpolen versorgt werden, außerdem war der Grad der Zerstörung im historischen Kern Polens natürlich weit größer. Ohne den Tschechen zu nahe treten zu wollen, aber sowohl was den Grad der Zerstörung der Infrastruktur als auch was den Verlust von Leben angeht hatten sie noch sehr viel Glück im Unglück... bis auf die ermordeten Juden natürlich, aber mit denen ging man nach dem Krieg ja ähnlich um wie mit den Deutschen.
    Jedenfalls fehlten den Tschechen einfach die Menschen um die Verluste in diesen Gebieten auszugleichen. Es gab ja ca. 3 Mio Deutsche und 5 Mio Tschechen in Böhmen und Mähren. In der Folge siedelten sich dei Tschechen in den industriellen Kernen, also den Städten, an, während das wirtschaftlich unattraktive Bergland (das Sudetenland liegt ja großteils in den Bergen) nur sehr schleppend oder gar nicht besiedelt wurde. In den Städten wurden sogar Neubausiedlungen hochgezogen, das Land aber verfiel. Erst in den 60ern, mit der aufkommenden Freizeitbewegung, entdeckte man diese Gebirgsgegenden als Urlaubsgebiet und kaufte sich dort Wochenendhäuser, die sogenannten "Chatas". Die waren aufgrund der beschriebenen Situation spottbillig und aufgrund der besagten früheren Besiedelungsdichte (3 Mio Deutsche) zahlreich vorhanden. Allerdings waren eher die kleinen Häuser gefragt.
    Heute ist es so das selbst scheinbar gut besiedelte Touristenorte wie Spindlermühle wenig ständige Bewohner haben und es praktisch kein Dorfleben gibt.

    Hier steht was zur Chata- Kultur:
    http://www.radio.cz/de/artikel/93852\r
    http://www.radio.cz/de/artikel/93852

    Und hier zur Neubesiedelung:
    http://www.radio.cz/de/artikel/93625\r
    http://www.radio.cz/de/artikel/93625

  • Danke für die Hinweise. Jetzt versteh ich auch, warum ich bei einem Ausflug ins Isergebirge so viele verkommene Bauten gesehen habe. Klar ist das nicht der einzige Grund aber die Geschichte hast sicher dazu beigetragen. Irgendwie kann ich das kaum verstehen: wenn mir jemand ein Haus schenken würde- wäre ich sofort dabei gewesen.

  • Zitat von "Kindvon2dresdnern"

    Danke für die Hinweise. Jetzt versteh ich auch, warum ich bei einem Ausflug ins Isergebirge so viele verkommene Bauten gesehen habe. Klar ist das nicht der einzige Grund aber die Geschichte hast sicher dazu beigetragen. Irgendwie kann ich das kaum verstehen: wenn mir jemand ein Haus schenken würde- wäre ich sofort dabei gewesen.

    Du hättest aber ein Auskommen finden müssen. Mit dem Auto in die nächste Kreisstadt fahren war damals nicht. Da die Strukturen vollkommen zusammengebrochen waren hat man nicht das machen können von dem die Deutschen vorher lebten, selbst wenn man die Fähigkeiten dazu gehabt hätte. Vom Tourismus leben war auch schwierig, denn über die Hälfte der Touristen kam vor dem Krieg aus Deutschland.
    Und zum geschenkten Haus: ich glaube den Tschechen ist gar nicht klar das sie das wohl am besten entschädigte Volk sind.

    BTW: im Isergebirge bin ich in 30 Minuten. Vielleicht sollte ich mal eine Fotoserie dazu machen.

  • Zitat von "Karasek"


    Und zum geschenkten Haus: ich glaube den Tschechen ist gar nicht klar das sie das wohl am besten entschädigte Volk sind.

    BTW: im Isergebirge bin ich in 30 Minuten. Vielleicht sollte ich mal eine Fotoserie dazu machen.

    ad 1.: Ich finde es wahnsinnig einseitig bei uns immer nur von den verruchten Arisierungen zu sprechen (was diese selbstverständlich waren - ohne Zweifel), aber die Massenenteignung in CZ, PL, SK, H, LT, RUS usw. nicht einmal zu erwähnen. Jedesmal, wenn ein arisiertes Gemälde oder sonstiges Kunstwerk seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wird, dann muss ich an das Haus meiner Familie in Prag denken, wo jetzt irgendwelche fremden Personen drinnen sitzen, die wahrscheinlich nicht einmal ein Unrechtsbewußtsein haben und mit dem geraubten Eigentum machen können, was sie wollen und der Staat deckt dieses Unrecht auch noch. Das ist allerdings klar, denn wenn all das, was gestohlen und geraubt wurde wieder seinen rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben werden würde, dann wäre es mit diesem Staat aus und vorbei, aber vielleicht wäre das wenigstens gerecht.


    ad 2: Ja, bitte fahre hinüber und mache bitte viele Bilder!

  • Schön auch die polnische "Rechtfertigung", das Lied der Deutschen von Fallersleben wäre allgemeineuropäisches Kulturgut und gehörte daher den Polen.

    Die deutsche Teilung hat diese Länder mitgerettet - denn ohne den historischen Zwang der Bundesrepublik, auch nach Osten zu schauen, wären Polen und Tschechen noch heute Mitglieder in der großslawischen Bruderschaft. Der sie im übrigen 1945 zustimmten bzw. ohne diesen "Vertrag" die Vertreibungen international nicht hätten legitimieren können.

    Am besten, man hätte sie dort gelassen, wo sie sind bzw. mit dem Großen Bruder einen ganz besonderen Vertrag abgeschlossen. Siemens und Hecklar & Koch hätten nebenbei schöne Aufträge bekommen.

    Nein, die werden gedünstet

  • Zitat von "HalleLuja"

    ... viele orte in nordböhmen fielen auch der braunkohle zum opfer.

    Genau wie hier; ein recht großes Dorf mit über 1000 Einwohnern -> nicht woanders neu aufgebaut, sondern einfach ausradiert! Aber das kennt man ja leider auch.

    ...kantige Kuben beginnen sich plötzlich zu drehen, Säulen bekommen durch Schrägstellen eine wohltuende Dynamik und mehr denn je werden spielerisch mit Materialität und Oberflächentexturen neue Ufer ausgelotet.