Potsdam - Garnisonkirche

  • Ich meine:Richtigerweise müsste es heißen:"Das RZ als Hort des Wiederstandes gegen die GK und Planungen der Potsdamer Mitte".
    Marcus Hammerschmidt hat zum Thema GK, ganz im Geiste der Wählergruppe "Die Andere "geschrieben.

    Es ist jedenfalls ein interessantes soziales Phänomen, welche spießigen Affekte das Projekt bei diesen Leuten auslöst. Also, dieses Kopfkino von dem habe ich noch nie gesehehen. Es ist einer der härtesten Artikel seit langem, so mit Schaum vor dem Mund, dass es keiner ernst nehmen kann. Absurderweise ist Telepolis ja sehr nach rechts gerückt in den letzten 10 Jahren.

  • „Der 1735 erbaute Garnisonkirchenturm hatte ein umfangreiches unterirdisches Ziegelmauerwerksfundament etwa acht Meter unter der Erde, um den früheren Turm zu stützen“ erklärte der Bauleiter.

    Da verstehe ich nicht so ganz, warum man beim heutigen Turm 38m tief bohren muss? Da der Turm ja in Ziegelbauweise hochgezogen wird, dürfte das Gewicht doch vergleichbar bleiben? Oder ist das nur wegen der Geothermieheizung? Oder hat das alte Ziegelmauerwerkfundament das Gewicht anders verteilt, als die senkrechten Betonpfähle?

    Fragen über Fragen^^

  • Erstens ist das historische Ziegelfundament ebenfalls pfahlggründet - und zwar mit Holzpfählen. Darauf kam Rüdersdorfer Kalkstein als Feuchtigkeitssperre und dann Ziegelmauerwerk. Wenn man einen 90-Meter-Turm im Sumpf bauen möchte müssen Pfähle sein.
    Zweitens: Die heutige Tiefe kommt wegen der Geothermie.

  • Ich habe mich auch gefragt, weshalb das alte Fundament nicht wiederverwendet werden kann. Leider passiert da ein ähnlicher Fehler wie in Dresden; dort lässt man die "Altstadt" wieder erstehen, baggert aber vorher noch die letzten echten Altstadtreste aus, um Tiefgaragen bauen zu können. Man gibt sich dann zufrieden, dass ein paar wenige Keller erhalten und in den Obergeschossen einzelne Spolien eingesetzt wurden.

    Bei der Garnisonkirche nehme ich an, dass das Fundament drin bleibt, aber dass die Pfähle durch das originale Fundament hindurch gebohrt werden. Das originale Fundament hat doch auch über 200 Jahre einen Turm getragen, weshalb sollte es da nun nicht mehr können? Der neue Turm wird ja gar schwerer als der alte... Und dadurch, dass der Turm weggesprengt worden ist, hat sich am Fundament nichts verändert. Die Holzpfähle darunter werden in den letzten 50 Jahren auch nicht verfault sein, da sich ja im Boden gar nichts verändert hat.

    Ich vermute einzig noch als Grund den veränderten Grundriss des Erdgeschosses. Während ursprünglich nur kreuzförmig angelegte Gänge vorhanden waren, soll neu ein achteckiger Kapellenraum das Erdgeschoss bestimmen. Dadurch werden die Kräfte des Turmgewichts auf die Aussenkanten des originalen Turmfundaments abgeleitet, und nicht mehr gleichförmig auf das ganze Fundament. Wenn ich so ein Bild wie hier sehe, denke ich oft als Bildtext dazu "Hier wird eben fast 300-jährige Geschichte unnötig zerstört".

    Die Geothermie ist ja ein schönes Nebenprodukt der Pfählung, aber nicht der Grund für die neuen Pfähle.

  • Es gibt ja immer Leute, die alles besser wissen. Aber, Riegel, hast Du dich einmal mehr als 10 Minuten mit dem deutschen Baurecht befasst?

    Die Argmentation, dass das - wahrscheinlich - noch vorhandene (und auch belastungsfähige?) Fundament "200 Jahre den Turm gehalten" hat ist doch völlig irrelevant. Der Bauantragsteller muss nachweisen, dass sein bantragtes Bauwerk statisch sauber gegründet werden kann und stellt keine bauhistorischen Vermutungen an.

    Die Alternative wäre gewesen das gesamte Funadament archäologisch begleitet auszugraben und einer langen Reihe von Belastungstest zu unterziehen. Das ist nicht nur finanziell unattraktiv sondern auch zeitlich - die Baugenehmigung verlangt eine Baufertigstellung ein Jahr nach Auslaufen der Genehmigung und das ist ohnehin schon knapp. Deshalb wird ja jetzt mit vorgezogenen Maßnahmen begonnen, obwohl das Bundesgeld erst im Januar 2018 kommt. Oder willst Du es drauf ankommen lassen in dieser Stadt eine neue BauG zu erwirken?

    Deshalb die Bitte: bleibt bei den Fakten und nicht soviele Spekulatius. Es ist zwar bald Adventszeit aber Jammerei über den Verlust von Originalsubstanz ist wirklich gänzlich unangebracht. Im übrigen auch die Gleichsetzung mit Dresden oder Bauten mit Tiefgaragen.

  • aber Jammerei über den Verlust von Originalsubstanz ist wirklich gänzlich unangebracht.

    Jede Zerstörung von Originalsubstanz ist zu beklagen und so gut es geht zu verhindern. Manche Rekoliebhaber haben eben ein emotionaleren Bezug zur Substanz als andere, Abfälligkeiten braucht es da nicht.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Man muss beim Bauen Realist sein, sonst wird man seinen Bau nicht fertigbekommen oder pleitegehen. Der Vorwurf der Jammerei ist auch keine "Abfälligkeit" sondern die Kritik an einer falschen Priorisierung. "Emotionale Bezüge von Rekoliebhabern" sind bei komplexen Wiederaufbauvorhaben nachrangig.

  • Bei der Rekonstruktion der Frauenkirche hat man allerdings die alten Fundamente ertüchtigt und in situ wiederverwendet!
    Aber Konstantins Haltung kann ich auch gut verstehen, zumal das Argument mit dem veränderten Turmgrundriß.
    Zum Verständnis: bleiben die alten Fundamente in der Erde, werden an einigen Stellen von den neuen Pfählen durchbohrt und dann kommt die neue Fundamentbetonplatte drüber!? Direkt auf den alten Fundamenten aufliegend!?
    Wird nun archäologisch gegraben oder "nur" archäologisch begleitet!? Und was heißt das?
    Weshalb hat das Landesdenkmalamt nicht schon viel früher, also die letzten Jahre irgendwann archäologische Grabungen zur Erfassung der Fundamente vorgenommen!?

  • Ich habe dieselben Vermutungen des Bauablaufs bezüglich des Fundaments wie SchortschiBähr.

    @ Konstantindegeer

    Es gibt ja immer Leute, die alles besser wissen.

    Du weisst aber, dass ich in solchen Sachen Fachmann bin und selber schon ganze Häuser wegen massiven einseitigen Senkungen wieder angehoben habe, unter Wahrung der originalen Keller? Schau mal hier: Schwertgasse 17-23. Ich war übrigens privater Bauherr.

    Das ganze ist für mich eine Mentalitätssache, was man auch bei den Baugesetzen in Deutschland sieht. Da wird noch zusätzlich zum Bauingenieur ein Prüftechniker verlangt, dazu dann noch ein "Abnahmeingenieur", zusätzlich zu den Amtsstellen. Das kennen wir bei uns nicht, und die Gebäude stürzen auch nicht ein. Da kommt mir halt immer die Wendung "Deutsche Gründlichkeit" in den Sinn...

    Das Fundament vollständig auszugraben wäre dazu gar nicht nötig. Belastungstests und Auswertung... wäre das nicht eine Alternative zu den aufwändigen Bohrpfählen gewesen?

    sondern auch zeitlich - die Baugenehmigung verlangt eine Baufertigstellung ein Jahr nach Auslaufen der Genehmigung und das ist ohnehin schon knapp.

    Das ist eine Frage der Dauer der Baugenehmigung. Bekommt jemand, der ein einfaches Haus baut, eine kürzerdauernde Genehmigung als jener, der ein gleich grosses, aber aufwändiges Haus baut? Und ist die tatsächlich vorgeschrieben? Wir kennen nur den Passus, dass innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung mit Bauen begonnen werden muss.

    Jammerei über den Verlust von Originalsubstanz ist wirklich gänzlich unangebracht. Im übrigen auch die Gleichsetzung mit Dresden oder Bauten mit Tiefgaragen.

    Ich bin in beiden Punkten überhaupt nicht einverstanden. Verlust von Originalsubstanz wegen einer Rekonstruktion darf es nicht geben. Bei der Garnisonkirche rechne ich aber nur damit, dass der Verlust an Originalsubstanz wegen den Bohrpfählen erfolgt und das gesamte Fundament sonst im Boden verbleibt. Die Gleichsetzung mit Dresden ist sogar sehr angebracht. Mit der Rampischen Str. 29 hat die Gesellschaft historischer Neumarkt Dresden auch gezeigt, wie es gehen kann und sollte! Wurde in Potsdam nicht auch die restlose Entfernung der Schlossfundamente beklagt? Und wenn man einen Turm auf ein bestehendes, tragfähiges Fundament stellen kann, wieso macht man es denn nicht?? Ich sehe neben den Baugesetzen nur die achteckige Kapelle als Grund für diese neue Fundierung.

    Ich lasse in Potsdam einzig den Entschuldigungsgrund gelten, dass man froh sein muss, überhaupt mit dieser Bauaufgabe endlich beginnen zu können, obwoh daneben auch diese Arbeiten noch von Protesten begleitet werden.

  • Das deutsche Baugesetzbuch ist keine "Mentalitätssache" sondern sehr starr und reguliert. Die Zeit für ein Ausgraben und eine lange Reihe von Belastungstests für das historische Fundament ist schlicht nicht da.
    Es gibt in Brandenburg auch keine länger oder kürzer dauernden Baugenehmigungen - es sind immer 6 Jahre und ein Jahr nach Ablauf MUSS fertiggestellt sein. Diese Frist zur Fertigstellung ist nicht verhandelbar, schon gar nicht in Potsdam. Wenn Du mehr Zeit hast: hier die Brandenburgische Bauordnung. Ich kann nur o. gesagtes wiederholen. Leider gehst Du ja auf diese Fakten gar nicht ein sondern bleibt bei Vermutungen zur Statik und zu einem unerkundeten Fundament.

    Aber es ist auch egal: die Pfähle werden gerade betoniert - gestört wird der Vorgang sicher nur noch von den Findlingen des Fundamentes und nicht von uns im APH. Noch im Winter - wenn der mild bleibt - kommt die Bodenplatte auf die Pfahlköpfe und ca. zu Ostern beginnt der Hochbau mit Vollziegeln der österreichischen Firma Wienerberger (FII drehte sich im Grabe um).

  • Zitat

    FII drehte sich im Grabe um

    Wie das? Er hatte doch wahrlich ein Faible für Österreichisches. Zumindest ist er niemals davor zurückgeschreckt, sich solches einzuverleiben.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich sehe den Artikel gar nicht so kritisch. Im Fazit wird es nochmal deutlich: Die Rekonstruktion wird ein Erfolg sein. Sie wird aber die Gesellschaft in Potsdam möglicherweise weiter spalten. Und deshalb äußert der Autor Bedenken. Ich finde es durchaus legitim, diese nicht von der Hand zu weisenden Probleme zur Sprache zu bringen. Ob man diese Argumente so stark gewichtet, dass man das Vorhaben komplett ablehnt, das steht auf einem anderen Blatt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • @ Lasker: genau diesen Artikel wollte ich eben auch ins Forum stellen.

    Ich lese neben der Süddeutschen Zeitung (SZ) auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Während die FAZ über den Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt überwiegend positiv berichtet, scheint man bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen außerparlamentarische Opposition gegründet zu haben mit dem Ziel Potsdam immer und immer wieder zu kritisieren.

    Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hat vor geraumer Zeit schon einmal über den bevorstehenden Abriss der Fachhochschule (FH) berichtet und auch da die Rekonstruktion der historischen Mitte Potsdams kritisch gesehen. In beiden Berichten vermisse ich die neutrale Berichterstattung. Ich habe das Gefühl man möchte hier einfach wieder einmal Öl in das Feuer gießen, jetzt wo ein wenig Ruhe in die Potsdamer Bürgerschaft eingekehrt ist. Der Redakteur sollte immer beide Seiten betrachten und nicht nur eine Seite.

    http://www.faz.net/aktuell/feuill…n-14953237.html
    (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10.04.2017)

    Aber ich gebe nicht auf, denn auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) lernt dazu:

    "Wird die Garnisonkirche einst rekonstruiert sein, werden sich die Proteste beruhigen. Denn Rekonstruktionen sind, das haben wir inzwischen gelernt, vordergründig immer ein Erfolg."

  • "Hetzartikel" - jetzt mach mal halblang. Hast Du überhuapt schon mal einen richtigen publizistischen Verriss über ein Rekonstruktionsprojekt gelesen? Der klingt ganz anders. Das ist doch völlig in Ordnung, was die FAZ da schreibt. Eine überregionale Tageszeitung muss doch keine völlig unkritische Lobhudelei betreiben.

    :augenrollen:

  • Da haben wohl "die Anderen Potsdamer", das Konzept zum FAZ-Artikel geliefert.
    Wenn man hier im Forum über die Hintergrundinformationen Bescheid weiß, durchschaut man die verkürzte Darstellungsweise und die schlechte Recherche des Journalisten ... da kann ich nur mit dem Kopf schütteln ... Vieles klingt nachgeplappert und natürlich typisch mit dem Stilomaten des megakritischen, etwas flapsigen, scheinbar investigativen Schreibstils besonders hoch zeitgeistgestylt.
    Allein die immer mehr in Mode kommende Argumentation der geschichtlich, kontaminierten Architektur!??? Herje, das zuende gedacht würde konsequenterweise bedeuten alle die Städte in Deutschland und darüberhinaus vollständig zu beseitigen und aufzugeben, in denen Nazigrößen und deren Schergen ein und aus gingen. Da bliebe nicht mehr viel. Na gut, die alliierten Bombergeschwader hatten da schon kräftig vorgearbeitet. Aber nach Westaufbau und DDR-Ideologiesprengungen denkt man nun immer noch so,... aus linker Sicht!? Und wirft es umdrehend den Rekobefürwortern entgegen.
    Oder weiter gedacht, wenn die Italiener so drauf wären, und alles beseitigen wollten, was die Erinnerung an Menschenschlächter in sich trägt, bliebe von Rom auch fast nix mehr übrig Wer entscheidet überhaupt was kontaminiert ist? Und was ist das überhaupt? Und worum geht es in dieser mir als Scheindebatte vorkommenden Diskussion überhaupt? Der Autor entkräftet sein Argumentieren von weiter oben eh durch den Hinweis auf die neue, neutralere denkmalschutzrelevante Haltung heutiger Historiker. Also, was soll dann noch die "Kontaminationsdebatte". :augenrollengruen::gehtsnoch:disgust:):ueberkopfstreichen:

  • Zitat

    Schließlich wurde im Nachkriegswestdeutschland mehr Denkmalsubstanz zerstört als in der DDR, denn der Modernisierungsfuror paarte sich hier mit ökonomischer Potenz. Dabei konnten auch ideologische Aversionen eine Rolle spielen, wie das Beispiel des 1960 abgerissenen Braunschweiger Schlosses zeigt. In beiden deutschen Staaten wurden Bauten haftbar gemacht für das, was in ihnen stattgefunden hatte. Heutigen denkmalpflegerischen Standards entspricht das nicht.

    Ja. Und? Das stimmt doch alles.