Halle (Saale) - Innenstadt (Galerie)

  • ... wenn ich ein wenig ergänzen darf?

    alexander hat ja bereits großeteile der altstadt gezeigt. ich möchte mich hier zum großen teil auf die äußeren ringe der altstadt beschränken. auch auf die gefahr hin, dass sich einiges wiederholt
    (Moderationshinweis (Michael): Vorherige Beiträge von Alexander wegen fehlender Bilder in die Altgalerie verschoben)

    der gründerzeitgürtel geht aber weit darüber hinaus und umfasst die ganze nördliche innenstadt mit neuwerk, paulus-,mühlweg- & kurviertel, burgstraße, giebichenstein, kröllwitz und trotha. alles geschlossene z.t. villenartige gründerzeit.

    südlich der altstadt schliessen sich die arbeiterviertel an, die sich wie jahresringe um die altstadt legen - von z.t. älteren häusern in alt-glaucha über die gründerzeit, die 20er,30er,50er bis zu den plattenbauten. das alles muss hier leider unberücksichtigt bleiben.

    verschweigen darf man auch nicht, dass es noch sehr viel verfall gibt. sogar wertvolle renaissancegebäude und gothik darunter. die ältesten häuser von 1450 z.b. in der mittelstraße sind dem verfall preisgegeben. kaufmöglichkeiten hat die stadt ausgeschlagen. aber auch hunderte gründerzeithäuser sind z.t noch in einem elenden zustand, vorallem an den strark befahrenen straßen. das krosteke dabei, die meinsten ruinen gehören der städtischen hwg, die diese "glabunden" (echt hall'sch), wenn überhaupt für phantasiepreise verkaufen will und darauf sitzen bleibt. und viel zu oft schlägt rückichtslos die abrissbirne zu. davon viel beim nächsten mal.

    zur orientierung - hier ein grober plan der altstadt.


    wir starten: am hansering ecke leipziger (der hauptgeschäftsstraße)

    blick in die obere leipziger

    leipziger turm

    blick zurück in die untere leipziger. das "ritterhaus" im hintergund ist einer der wenigen neubauten in der leipziger str.

    ...weiter am hansering - nochmal das landgericht

    so sieht der östl. (obere) teil der straße aus

    blick zurück

    weiter entlang der rückseite zur hauptpost - ein gewaltiger neoromanischer bau.

    rechts daneben - der recht vergammelte sitz des saalkreises.


    die post von vorn kennt ihr ja schon

    hier geht es in die gr. steinstr. und weiter zum universitätsring...

  • wir drehen uns um und gehen den parkartigen teil des uni-rings hoch.


    die oper

    in anbetracht des schmuddeligen klinkerbaus sollte man meinen-
    träumen ist besser als schäumen. :zwinkern:

    vorwiegend (früh-)klassizistische gebäude der universität säumen die obere straße. aber wir begeben uns gleich auf den campus

    den ernüchternden glaskasten linker hand habt ihr ja schon gesehen. deshalb verzichte ich darauf. er wirkt aber in realität nicht so dominant.


    das sogen. "löwengebäude"

    totaler kontrast der anderen art.
    blick hinunter von der sehr schönen neuen freitreppe -

    melanchtonianum


    thomasianum

    daran anschließend die mensa


    noch einmal ein blick über den historischen teil des campus

    [/img]

  • wieder auf dem uni-ring

    soviel üppigkeit ist hier nicht oft zu finden. halle war ja schließlich preußisch

    ..dafür gibt's auch (neo?) art deco

    wir nähern uns dem ende des uni-rings

    blick in die gr. ulrichrstr., die zum markt führt. eigentlich die zweite einkaufsstraße der stadt. aber im hinteren teil ziemlich verödet.

    das nette gebäude rechts, hab ich leider nicht gut getroffen

    im gegensatz dazu die parallel verlaufende "kleine uli" - eine belebte kneipenmeile

    ...das urania daneben könnte mal wieder frischen putz vertragen,
    aber es wird wenigstens genutzt
    [/img]


    so das wars dann erst einmal. bald geht's weiter....

  • Danke für die tolle Halle-Galerie.
    Ich bin durch Halle nur mal durchgekommen und hatte dabei nicht die Gelegenheit, mir die Stadt so genau anzuschauen. Aber was ich damals gesehen habe, hat mir sehr gefallen.

    Ich denke, Halle gibt einen guten Eindruck davon, wie die Innenstädte vieler deutscher Großstädte (z.B. Köln oder Stuttgart) heute aussehen würden, wenn es den Bombenkrieg nicht gegeben hätte: 50 - 60% Gründerzeitbebauung; dazwischen (und eher verstreut) noch rund 30 % Bausubstanz aus früheren Jahrhunderten und der Rest Bebauung aus dem 20. Jahrhundert.

  • Da wartet man sehnsüchtig auf eine Halle-Galerie und ist schon fast am resignieren, und dann kommt 'ne geballte Ladung an Bildern ins Forum. Toll gemacht, Alexander und HalleLuja.

    Die Bilder zeigen eindrucksvoll, welch vielfältige Bausubstanz in Halle schlummert. Es ist keine herausgeputzte Touristenstadt wie Erfurt, wirkt alles andere als gepflegt, und ist trotzdem beeindruckender als die meisten anderen Städte in dieser Größenordnung. Diese Stadt ist eine Mischung aus urbaner Vollkommenheit und Abrisstristesse, hübschen Plätzen und monströsen Plattenbauten, historischen Ensembles und modernen Brüchen, engen Gassen und futuristischen Hochstraßen. Kurzum: interessant.


    Was mir nicht gefällt:
    - Kaum Verdichtungsbemühungen in der Altstadt, stattdessen offensichtlich weitere Abrisse.
    - moderne, belanglose, nichtssagende 08/15-Neubauten im Stile von Reifeisen- und Volksbanken inmitten der historischen Altstadt nach 1990.
    - Schmierereien an den Gebäuden (wie in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und anderswo ebenso)
    - Karstadt-Klotz statt Rathaus-Reko (das ist wirklich übel).

    Alexander, ich habe mal gelesen, dass es in Halle eine Initiative gibt, die die Fenster an leerstehenden Häusern schmücken als ob da jemand wohnen würde. Deshalb vielleicht auch die immergleichen Gardinen und Blümchen an den 3 von dir gezeigten Gebäuden. Des weiteren meine ich mich zu erinnern, dass die 2 hässlichen Wohnhochhäuser ( siehe letztes Bild 1/8 ) demnächst abgerissen werden. Die Gebäude, wo du die Frage gestellt hast, ob an denen Sanierungsvorbereitungen vorgenommen werden, sehen für mich nach typischen Sicherungsmaßnahmen aus, damit diese nicht in sich zusammenfallen.

    Ansonsten würde ich mich über mehr Bilder freuen, besonders aus dem Paulusviertel und die Gegend rund um Griebichenstein. ' Habe da schon viel gutes gehört.

  • Danke ebenfalls für die vielen Bilder.

    Zitat von "Riegel"

    :zwinkern:


    Das ist doch ein Historismus-Bau vom Ende des 19. Jahrhunderts! Aber wirklich sehr schön...

    Doch nicht 19. Jh., sondern 16. Jh.

    Im Halle (und Nachbarorten, z.B. in Merseburg) stehen noch mehr so ähnliche Bauten rum, die ähnliche Merkmale aufweisen.

    Wobei ich die Verwirrung, ob der Bau nun aus dem 16. oder doch aus dem 19. Jh. stammt, durchaus nachvollziehen kann. Für Kenner von beispielsweise Hessischem oder Westfälischem Fachwerk sieht es tatsächlich eher nach 19. Jh. aus.

    Es gab in der Architektur der 2. H. des 19. Jh. eine Strömung, die man „romantischer Fachwerkbau“ nennen könnte, vielleicht angestoßen durch romantische Stadtdarstellungen, wie etwa des Holzmarktes in Halberstadt, hier in der zeitgenössischen Darstellung von Carl Hasenpflug
    Mit dieser architektonischen Strömung verbunden ist der Name des Architekten Carl Schäfer (Marburg).
    http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Schaefer\r
    de.wikipedia.org/wiki/Carl_Schaefer

    In seinem Buch „Die Holzarchitektur Deutschlands vom 14. bis 18. Jahrhundert“ (1888) sind sehr ähnliche Bauten abgebildet.



    Fragen an die Leute "vor Ort":
    Zeichnet sich denn ab, wann (ob?) die restlichen noch unsanierten Bauten aus dem 15./16. Jh. bis Mitte 19. Jh. saniert werden? Es gibt ja noch recht viele verfallene Bauten aus der Zeit (ich habe so ca. 10-15 relativ akut gefährdete Bauten gesehen).
    Um die Gründerzeitbauten im Stadtzentrum braucht einem nicht mehr bange sein (so jedenfalls mein Eindruck), hier ist ja alles auf dem richtigen Weg. Die Qualität der Bauten ist erstaunlich hoch, und der Sanierungsstandard nach meinem Eindruck aus der Innenstadt auch.

    Schade, dass zu den Bildern so wenig Infos beigefügt sind. Gespannt warte ich auf Bilder des Treppenhauses der Universität (von etwa 1834 von Zwirner, wenn ich richtig informiert bin!). Und die Post vom Ende des 19. Jhs./Anfang 20. Jh. in "Rheinischer Romanik" ist auch eine Wucht, ziemlich exotisch.

    Ansonsten: Schönes Städtchen, Besuch lohnt auf jeden Fall, am Riebeckplatz am Besten einfach die Augen zu machen oder nur staunen.

  • @ spacecowboy:

    Zitat

    Die Bilder zeigen eindrucksvoll, welch vielfältige Bausubstanz in Halle schlummert. Es ist keine herausgeputzte Touristenstadt wie Erfurt, wirkt alles andere als gepflegt, und ist trotzdem beeindruckender als die meisten anderen Städte in dieser Größenordnung. Diese Stadt ist eine Mischung aus urbaner Vollkommenheit und Abrisstristesse, hübschen Plätzen und monströsen Plattenbauten, historischen Ensembles und modernen Brüchen, engen Gassen und futuristischen Hochstraßen. Kurzum: interessant.

    Besser könnte man Halle nicht zusammenfassen. Trotz all der offensichtlichen Mißstände ist die Stadt ungeheuer spannend und interessant und abwechslungsreich. Dieses Potential muss man besser nutzen.

    Zitat

    Alexander, ich habe mal gelesen, dass es in Halle eine Initiative gibt, die die Fenster an leerstehenden Häusern schmücken als ob da jemand wohnen würde

    Jetzt wo du es sagst, fällt mir auch ein, dass ein leerstehendes Jugendstilhaus am Waisenhausring von einheimischen Künstlern umgestaltet wurde.

    Philon:

    Zitat

    Ich denke, Halle gibt einen guten Eindruck davon, wie die Innenstädte vieler deutscher Großstädte (z.B. Köln oder Stuttgart) heute aussehen würden, wenn es den Bombenkrieg nicht gegeben hätte: 50 - 60% Gründerzeitbebauung; dazwischen (und eher verstreut) noch rund 30 % Bausubstanz aus früheren Jahrhunderten und der Rest Bebauung aus dem 20. Jahrhundert.

    Man muss jedoch bedenken, dass Halle auch schon vor Krieg und Abrisswut im Gegensatz zu anderen deutschen Städten über einen überdurchschnittlich hoher Gründerzeitanteil in der Altstadt verfügte.


    Nachdem HalleLuja den Grüngürtel, die Wallanlagen und natürlich der Uniplatz mit dem Wissen eines Einheimischen vorgestellt und ergänzt hat, stelle ich in Kürze den achten und letzten Teil meiner Halle-Serie ein.

  • Zitat von "Alexander"


    Dieses Fachwerkhaus weist große Ähnlichkeiten zum zuvor diskutierten auf. Ich glaube, dieses hier ist problemloser ins 16. Jh. zu datieren. Was meinst du, Riegel?

    Das Haus weist sogar eine frappante Ähnlichkeit mit dem zuvor diskutierten auf! Ich würde jetzt sogar behaupten, dass beide vom gleichen Zimmermann im 16. Jahrhundert errichtet worden sind, womit ich meine Behauptung, das erstere sei ein Bau des Historismus, zurücknehme. Dennoch glaube ich, dass das erste im Historismus sehr stark verändert worden ist. Vielleicht war es eine sehr frühe Fachwerkfreilegung, bei welcher auch "rekonstruiert" wurde. Man müsste die Oberflächen der Holzbalken besser sehen, um allenfalls jüngere Balken von den älteren unterscheiden zu können.

    Offenbar handelt es sich bei der Verstrebungsart um eine regionale Eigentümlichkeit, welche ich bisher nicht kannte. Zugegeben, ich kenne mich im allemannischen und fränkischen Fachwerk besser aus als im sächsischen.

  • interessante galerie. das traumhafte gebäude mit dem san luca kannte ich noch gar nicht.
    insgesamt kann ich madmellows einschätzung in abgeschwächter form bestätigen: manches wirkt tatsächlich wie totentanz. nicht nur die vielen ramschläden in der haupteinkaufsstrasse. wenn man diese verlässt, landet man doch ziemlich schnell zwischen leerstand, verfall, platten und brachen. da fragt man sich, wo sind die menschen hin? oder besser: wo sollen sie herkommen?
    in diesem zusammenhang kann man natürlich den kaufhof-anbau am markt kritisieren. aber der (verworfene) plan, den benachbarten ratshof zum karstadt umzubauen, hätte zumindest leute in die city gelockt. statt dessen hat nun auch karstadt in halle dicht gemacht.
    dabei hat halle tatsächlich sehr schöne ecken, vor allem natürlich entlang der saale. wie sähe die stadt - und ihre city - wohl heute aus, wenn sie nach der wende wieder landeshauptstadt geworden wäre? wie würde sie klingen? wahrscheinlich mehr nach "pop als nach blues". (als ich letztens einem russischen gast halle zeigte, sagte er, hier wehe der blues durch die strassen...)

  • Riegel:
    Ich habe die Holzbalken der Fachwerkhauses in der kl. Ulrichstraße einmal bei höherer Auflösung betrachtet. So weit ich sehen könnte waren alle tragenden Hölzer noch angeraut, um Putz besser haften zu lassen, was auf Originalsubstanz, bzw. Substanz von vor der Verputzung hindeutet. Lediglich die Sturzriegel im 2. OG scheinen neueren Datums (glatte Oberfläche) zu sein (19. oder Restaurierung spätes 20. Jh.).


    Auf der Homepage der Stadt Halle wird im Vergleich zu anderen Städten sehr detailliert über Stadtentwicklung und -umbau berichtet. Dazu zwei hochinteressante PDF-Dateien zum Download, in denen dusführlich und mit Tabellen Grafiken die aktuelle Stadtentwicklung erläutert wird:

    http://www.halle.de/DownLoads/3870/isek_komplett_tendenzenziele.pdf\r
    http://www.halle.de/DownLoads/3870/isek ... nziele.pdf

    http://www.halle.de/DownLoads/3870/ISEK_komplett_Umbaugebiete.pdf\r
    http://www.halle.de/DownLoads/3870/ISEK ... ebiete.pdf

    Hierin wird deutlich, dass die Kernstadt in der Stadtentwicklung klare Priorität hat und der notwendige Wohnungsabriss weitgehend in den Plattenbaugebieten zu bewältigen sei. Gezielte Abrisse von Altbausubstanz sollen sich weitgehend auf Hofgebäude beschränken, auch wenn der Leerstand z.B in der Altstadt 27% und in den übrigen Albauvierteln zwischen 18 und 30% beträgt. Die klare Tendenz seit mitte der 90er: Fast alle Altbaugebiete haben Bevölkerungszuwachs. Die Altstadt hat ihren Stand von 1990 seitdem wieder eingeholt. Tendenz steigend.

    Jetzt sollte die Konsequenz dieser Entwicklung eigendlich die Rettung der maroden vorgründerzeitlichen Bausubstanz in der Altstadt sein. Wegen des astronomischen Leerstandes und Fördermittelkürzungen tut sich jedoch nach wie vor wenig...

  • ja, solche leitbilder sind gut gemeint und wollen niemanden vor den kopf stossen. deswegen sind sie auch so allgemein, dass sie
    - untereinander austauschbar sind und
    - eher dazu neigen, bestehende defizite locker in künftige stärken umzudeuten.

    am ende kommt dann eine imaginäre rosige zukunft heraus, dass man gleich ein paar arbeitskreise einrichten möchte, um diese visionen kurzerhand wirklichkeit werden zu lassen. welche stadt will nicht ein "unternehmerfreundliches klima" schaffen?
    dabei lautet die spannendere (und ehrlichere) frage doch, was passieren soll, wenn sich der weltenlauf nicht den städtischen leitbildern unterwirft.
    allein schon der umgang mit prognosen zur bevölkerungsentwicklung zeigt, dass man im grunde besser nicht auf entschleunigtem bevölkerungsrückgang hoffen sollte.
    ein sprichwort besagt: ist man nicht auf alles vorbereitet, ist man auf nichts vorbereitet. sollte ein entwicklungsplan nicht auf alles vorbereitet sein?
    statt sich die lage schön zu reden, wäre es besser, vom worst case ausgehen. das macht den weg für wirklich grossflächige abrisse in den plattenbaugebieten frei. und falls es nicht so schlimm kommen sollte - umso besser: dann würde es eine umso stärkere revitalisierung der innenstadt geben.

    so aber verlieren sich solche pläne im allgemeinen, man will ja die wähler der plattenbaugebiete nicht verschrecken. das stadtentwicklungskonzept stellt sich "vollständig" auf das optimale entwicklungsszenario ein.
    traumtänzerei, wo realitätssinn angebracht wäre. scheitern leider vorprogrammiert.

  • @ Alexander
    Dann werden wohl die Fenster nach oben vergrössert worden sein. Beim zweiten restaurierten Fachwerkhaus scheinen die Fenstergrössen noch ursprünglich zu sein, und in etwa so muss man sie sich auch beim besprochenen Haus vorstellen.

    Übrigens im Marburger Bildindex stösst man auf eine Fülle von Photos, vorwiegend von 1990, und es ist sehr interessant, diese mit deinen Bildern zu vergleichen! Scheint sich in den letzten 17 Jahren sehr viel getan zu haben.

  • Man sollte auch bedenken, dass Halle mit DDR-Altlasten zu kämpfen hat wie kaum eine andere ostdeutsche Großstadt (siehe auch kleinere Städte wie Hoyerswerda, Schwedt und Eisenhüttenstadt), weshalb die Gesamtsitutation gegenüber Dresden, Jena oder Potsdam unbefriedigend ist.

    Die Gründe liegen auf der Hand:
    - massiver Arbeitsplatzabbau in der Chemiebranche nach 1990. Von einst vielen hunderttausenden Arbeitsplätzen zwischen Halle, Dessau und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] sind nur noch wenige zehntausend vorhanden.

    - die für die vielen Arbeiter geschaffenen sozialistischen Schlafstädte in und um Halle sind natürlich nach wie vor ein Gegenpol zur historischen Altstadt.

    Beispiel Halle-Neustadt und Silberhöhe: will man konsequent auf den Bevölkerungsrückgang der Stadt Halle reagieren, darf nicht ein müder Euro für Aufwertung in diese Plattenbaugebiete gesteckt werden. Das geht natürlich nicht, denn in beiden Plattenbaugebieten leben zusammen noch ca. 70000 Menschen, zumeist gut betuchte Rentner (da im Gegensatz zu Westdeutschland Männer und Frauen gearbeitet haben), also potentielle Wähler, die man nicht vergraulen will.

    Die gezeigten Bilder vermitteln den Eindruck, als ob man in Halle weniger Interesse an der Altstadt besitzt als in der Touristenstadt Erfurt. Wenn man sich aber die Ausgangssituation und die aktuelle (wirtschaftliche und gesellschaftliche) Lage vor Augen führt, muss man schon staunen, dass überhaupt so viel in Halles Altstadt passiert.

    Natürlich sei auch festzuhalten, dass der Stadtumbau und die Stadtplanung im Osten alles andere als zufriedenstellend ist, so auch in Halle. Darüber wurde und wird ja hier auch viel diskutiert. Und ich mache auch keinen Hehl daraus, dass in meinen Augen der Grund dafür ist, dass hier drittklassige, westdeutsche Berufspolitiker auf ostdeutsche Abhängigkeit stoßen. Eine Gemengenlage, die kriminelle Energie wie sie derzeit im sächsischen Korruptionsskandal aufgedeckt wird, geradezu herausfordert. Aber jetzt schweife ich zu sehr ab...

  • Riegel und Alexander,
    Ich möchte mich noch mal in die Fachwerkdiskussion einklinken und in Ergänzung der obigen Diskussion Detailfotos der betreffenden Objekte beisteuern, die ich vor einigen Wochen selbst gemacht habe.

    Das zuerst gezeigte Haus am Graseweg:
    Wie schon gesagt wurde, sind natürlich einzelne Balken zwischenzeitlich erneuert. Die Fenster sind typische Formen des 19. Jh., wobei die Größe mir Original zu sein scheint (zumindest das linke, beim rechten ist der Sturz wohl nachträglich, siehe Überblattung rechts – die Pinnlöcher der dann ehemals durchlaufenden Riegelkette kann ich nicht erkennen). Reiche Leute hatten auch im 16. Jh. schon riesige Fenster, dann aber mit kleinen, in Blei verlegten Scheiben, ähnlich wie heute noch bei Kirchenfenstern häufig anzutreffen.- ist „Riegel“ bestimmt sowieso bekannt.


    Kleine Ulrichstr.
    Hier sieht man sehr deutlich die Kerben in den Balken, die eingehauen wurden, damit der Putz besser haften konnte. Erneuert ist soweit ich sehr nur die Strebe rechts unten und die Knaggen.


    Innenhof „Händelhaus“
    Stockwerkschwellen und Stände noch Original, der Riegel links und die Zierauskreuzung wohl bei der letzten Sanierung erneuert (da noch sehr scharfkantig)

    Ansonsten muss ich mal schauen, ob ich für euch die schönsten meiner Halle-Fotos auch noch mal hochlade...

    Und noch was: Ich als unvoreingenommener, der vor kurzem zum ersten Mal in Halle war und vorher in den Medien und über Bekannte nur deprimierende Fotos gesehen hatte, war sehr positiv von der Stadt überrascht. Die Außenwahrnehmung ist deutlich schlechter als die Realität. Habe allerdings fast nur die Innenstadt gesehen.

    Viele Grüße und danke für die spannende Diskussion

  • @ Leipziger
    Danke für die aufschlussreichen Photos! Zum ersten Fassadenausschnitt vom Haus am Graseweg: beim rechten Fenster ist auch der rechte Pfosten zu zwei Drittel erneuert, nicht nur der Sturz. Beim linken Pfosten glaube ich ein Holznagelloch des ursprünglichen Sturzes auf der Höhe der oberen Riegelkette zu erkennen. Beim linken Fenster sind keine tieferliegende Holznägel zu erkennen. Daraus schliesse ich, dass ursprünglich vermutlich alle Fenster auf der Höhe der oberen Riegelkette endeten, mit Ausnahme der Fenster im 1. Obergeschoss an der linken Gebäudeecke. Dort könnte sich dahinter die Hauptstube befinden, welche wie beim Haus an der Kleinen Ulrichstrasse durch grössere Fenster ausgezeichnet war.

    Beim Haus an der Kleinen Ulrichstrasse haben die Fenster noch die ursprüngliche Grösse, und die Hauptstube ist an der Fassade klar ablesbar. Allerdings dürften hier hingegen die Fenster der Stube nicht dem ursprünglichen Zustand entsprechen: auf dem zweiten Fassadenausschnitt ist deutlich ein Holznagel erkennbar, welcher just auf der Höhe der "Kontaktfläche" des doppelten Sturzriegels liegt (habe ich mich verständlich ausgedrückt? :zwinkern: ). Aber damit ist ein höher liegender Sturz, so wie heute, nachgewiesen. Die tiefer liegenden Simse sind ebenfalls möglich, nur denke ich, dass die regelmässige Pfostenstellung ehemals durchgehend war.

    Nachfolgend noch eine Photo des Hauses vor der Renovation:


    Quelle: http://www.bildindex.de">http://www.bildindex.de

  • alles richtig, was du sagst - der große fehler wat, dass man bisher vom doppelstadtkonzept - halle- halle-neustadt ausging (ausgeht?). der stadtteil war bis 1990 rechtlich eine selbständige gemeinde. man musste dementsprechende rücksichten nehmen - und hat in halle-neustadt überproportial investiert. geholfen hat's nicht, denn die bevölkerungszahl hat sich in den 17 jahren halbiert, von 95.000 auf heute unter 50.000. im anderen großen plattebaugebiet leben von usrpünglich 43000 menschen sogar nur noch 12000. da wurde und wird aber auch radikal abgerissen. wenn man diesen umstand betrachtet, ist alt-halle sogar gewachsen. umso unverständlicher ist jedoch die bisherige stadtpolitik.

    inzwischen setzt ein umdenken in der stadtverwaltung zwar ein, was ich am neuen stadtentwicklungskonzept zeigt. jedoch gegen den erheblichen widerstand der wohnungsbaugesellschaften und vieler kommunalpolitiker. man darf auch nicht vergessen, dass die bauhaus-fraktion aus dessau ha-neu zu ihrem lieblings-spielzeug gemacht hat und dort regelmäßig workshops für bauhausjünger veranstaltet. einige wirre geister reden sogar von einem flächendenkmal halle-neustadt.

    ein weiteres problem ist , dass vergleichsweise vielen hallensern ihre stadt scheiß egal ist, als z.b. in [lexicon='leipzig'][/lexicon]. und die, die sich engagieren werden von der stadt oft genug ausgebremst, teilweise sogar gemobbt.
    da hat sicher viel ddr-denke überlebt.

    vor pauschalisierungen sollte man sich dennoch hüten und pessimismus ist auch nicht angebracht. die historische bausubstanz der stadt hat 1990 vor ihrem untergang gestanden. davon kann heute keine rede mehr sehr sein. und halle ist für seine größe eine kulturell ungemein reiche stadt und immer mehr sind sich dessem auch sehr bewusst. . die ökonomische basis ist allerdings sehr dünn. und halle wurden bis jetzt auch eingemeindungen der reichen vororte verwehrt. aber da scheint auch ein umdenken in magdeburg einzusetzen.

  • Etwas verspätet bedanke ich mich auch für diese Galerie, Halleluja, nachdem ich auch unter den Wünschenden war.

    Eigenartigerweise habe ich ein besonderes Interesse für Halle entwickelt, obwohl ich noch nie da war, mit seiner Vielfalt (siehe die verschiedenen Diskussionen, die sich schon entwickelt haben) und dem "Schicksal".

    Halle-Neustadt steht übrigens schon im Dehio, Handbuch der Kunstdenkmäler. Klar, eine solche zeittypsiche Monstrosität erfüllt den Denkmalbegriff locker-flockig.

    Was ist eigentlich aus der Malzfabrik geworden? Und aus der Mühlenruine? Das sind m. E. wirkliche Herausforderungen. Mittlerweile denke ich mir, die Mühle (teils) als Ruine zu lassen und im Stil englischer Abteiruinen in einen gärtnerisch anspruchsvollen Park zu verwandeln wäre zumindest malerisch und wohl günstiger als der Versuch einer Renovierung. Die Sicherung der Ruinen ist natürlich teuer und durch einen Park kann man wenig Erlöse erzielen. ...