Frankfurt a. M. in alten Ansichten

  • Da sind ja bei aller jüngerer Überformung im Hintergrund noch einige Fachwerkbauten mit Zwerchhäusern zu erkennen! Ist Peter Becker zum Zeichnen auch in die Tiefen der Altstadtgassen abgetaucht? Das würde den dokumentarischen Wert der Sammlung natürlich noch einmal beträchtlich erhöhen.

  • Zitat von "Gregor"

    Da sind ja bei aller jüngerer Überformung im Hintergrund noch einige Fachwerkbauten mit Zwerchhäusern zu erkennen! Ist Peter Becker zum Zeichnen auch in die Tiefen der Altstadtgassen abgetaucht? Das würde den dokumentarischen Wert der Sammlung natürlich noch einmal beträchtlich erhöhen.

    Definitiv, es gibt einige Ansichten von ihm, die kein Foto jemals dokumentiert hat. Ein gutes Beispiel dafür ist das nachfolgende Bild von 1872, genannt "Der kleine Taubenhof und das alte Zeughaus":


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    Anbei mal die Situation auf dem Ravenstein-Plan (das Zeughaus ist hier das Gebäude, vor dem vertikal "Provis. Kön. Preus. Caserne" steht, der Treppenturm ist auch ganz gut zu erkennen). Auch ich verliere hier etwas die Orientierung, Becker stand vermutlich ungefähr auf Höhe des Schriftzuges "Kl. Taubenhof":


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    Becker hat hier kaum anders als Reiffenstein die nahezu unverändert aus dem Mittelalter überkommenen Zustände nur ganz kurz vor ihrem Niedergang dokumentiert - wenige Jahre später wurde das ganze Gelände für den Bau der noch heute hier befindlichen Neuen Börse abgeräumt, der Durchbruch der Börsen- und der Schillerstraße tat ein übriges. Die hierfür bedenkenlos niedergelegten Gebäude des Rahm- sowie des kleinen Taubenhofs stammten nachvollziehbar übrigens wenigstens aus dem 15. Jahrhundert (!), wenn nicht sogar in Teilen noch aus dem 14. Jahrhundert, als die Neustadt bebaut worden war. Das Zeughaus war ein Bau von 1667.

    Passend dazu noch eine Kohlezeichnung von Becker, ebenfalls 1872, "Der Rahmhof mit dem alten Zeughaus", hier ist aufgrund des zu sehenden Eschenheimer Turms eine Orientierung besser möglich, er stand wohl ungefähr Höhe des Schriftzugs "Rahmhof":


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  • RMA: besten Dank für deine regelmäßigen Präsentationen historischer Ansichten. Ich lese sie immer wieder gerne, auch wenn ich leider allzuoft nicht mit klugen Kommentaren glänze. Bitte mach weiter so

  • Zitat von "RMA"

    Anbei mal die Situation auf dem Ravenstein-Plan (das Zeughaus ist hier das Gebäude, vor dem vertikal "Provis. Kön. Preus. Caserne" steht, der Treppenturm ist auch ganz gut zu erkennen). Auch ich verliere hier etwas die Orientierung, Becker stand vermutlich ungefähr auf Höhe des Schriftzuges "Kl. Taubenhof"

    Denkst Du nicht, dass Becker die Zeichnung vom Hof des Hauses Grosse Eschenheimer-Strasse 37 gezeichnet hat? Es sieht nämlich ganz danach aus, als führte die festgehaltene Gasse von diesem Hof durch den kleinen Taubenhof. Auf dem Ravensteinplan 1861 ist diese Gasse aber noch nicht vorhanden, und wäre demnach zwischen 1861 und 1872 durchbrochen worden. Der Knick in der Gartentrennmauer (gemäss Plan) nördlich davon wurde dann durch den neuen Gassenverlauf, nach Westen verschoben. Der von einer Hütte umbaute Baum wäre demnach einer der beiden Bäume, welche nahe bei der Rückfassade von Nr. 37 standen.

  • Zitat von "Riegel"

    Denkst Du nicht, dass Becker die Zeichnung vom Hof des Hauses Grosse Eschenheimer-Strasse 37 gezeichnet hat? Es sieht nämlich ganz danach aus, als führte die festgehaltene Gasse von diesem Hof durch den kleinen Taubenhof. Auf dem Ravensteinplan 1861 ist diese Gasse aber noch nicht vorhanden, und wäre demnach zwischen 1861 und 1872 durchbrochen worden. Der Knick in der Gartentrennmauer (gemäss Plan) nördlich davon wurde dann durch den neuen Gassenverlauf, nach Westen verschoben. Der von einer Hütte umbaute Baum wäre demnach einer der beiden Bäume, welche nahe bei der Rückfassade von Nr. 37 standen.

    Gut aufgepasst, Riegel! So macht alles wesentlich mehr Sinn... ich hatte ja schon angemerkt, dass ich mir hier mangels Bezugspunkt alles andere als sicher war. :peinlich:

  • Eines der herausragendsten Zeugnisse von Peter Beckers künstlerischen Qualitäten ist das nachfolgende Blatt "Der Weckmarkt" von 1856, also der Partie südlich des Doms mit dem Leinwandhaus und der Alten Stadtwaage (später Stadtarchiv) - viel gibt es hierzu eigentlich nicht zu sagen, man muss einfach mal die vielen schönen Details geniessen:


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  • Kann mich "Erbsenzaehler" nur anschließen. Die Zeichnungen könnten glatt als Photos durchgehen.
    Als "Nichtfrankfurter" bekommt man so einen wunderbaren Eindruck des alten Frankfurts.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Mal was anderes: Folgende Postkarten stammen von J. Aha mit der Bitte sie hier in diesem Strang zu veröffentlichen und einige Fragen zu klären. Dargestellt ist ein Gebäude im Palmengarten, der Blickwinkel ist in beiden Fällen identisch. Das Gebäude scheint nur umgebaut worden zu sein; das Schrägdach mit den beiden Schornsteinen lässt dies vermuten. Weiß jemand genaueres über das Gebäude, v.a. wann es die nüchterne Fassade bekommen hat?

  • Die wunderbaren, um 1750 erbauten Barockhäuser "Stadt Antwerpen" sowie das "Große Kaufhaus", befanden sich südlich der Alten Börse am Paulsplatz in dem Häuserblock östlich der Paulskirche. Dieser wurde nach der Kriegszerstörung komplett abgeräumt und findet bis heute nur einen armseligen Ersatz in ein paar Straßencafes neben dem Dröhnen des Verkehrs auf der nahen Berliner Straße. Pläne, die Ostseite neu zu gestalten, scheitern seit Jahrzehnten.

    Dass sich von der Stadt Antwerpen das Hauszeichen als Spolie im Historischen Museum erhalten hat, und eine im Dachbereich verunstaltete Kopie des Hauses bis heute in der Braubachstraße steht, wurde bereits hier thematisiert:

    http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?t=1688&postdays=0&postorder=asc&start=72\r
    http://www.architekturforum.net/viewtopic. ... c&start=72

    Da die beiden Häuser beim letzten Frankfurter-APH-Stammtisch Thema waren, habe ich mich noch mal intensiv darum bemüht, eine Fotografie dieser herausragenden Frankfurter Bürgerbauten des 18. Jahrhunderts aufzutreiben, gegen die das Goethehaus wie Kleinbürgerei wirkt. Nach langem Suchen ist mir das tatsächlich gelungen:


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  • Blick von der Alten Brücke nach Westen, 1858. Wie sehr haben sich doch die Zeiten in exakt 150 Jahren geändert!


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    Links die Löhergasse in Sachsenhausen, bis in die frühe Neuzeit praktisch ein Handwerkghetto für die Menschen, die diesem übelste Gerüche produzierenden Beruf nachgingen. Sie wurde schon vor 1900 abgerissen, um der Aufschüttung und Kanalisierung des Mains Platz zu machen. Dahinter der Kirchturm der 1340 geweihten alten Dreikönigskirche, 1875 für den heute noch gut erhaltenen, neugotischen Neubau abgerissen.

    Vor uns sehen wir den Main noch so, wie ihn die Frankfurter für über ein Jahrtausend gekannt haben, wild und ungebändigt. Auf der vor uns zu sehenden Maininsel steht heute Christoph Mäcklers "Neuer Portikus".

    Rechts schließlich das "Frankfurter" Ufer, deutlich zu erkennen der 1460 von Eberhard Friedberger errichtete Rententurm am Saalhof, etwas dahinter die 1219 als Kapelle geweihte Leonhardskirche mit ihren zwei romanischen Apsidentürmen. Noch keine Spur dagegen vom Eisernen Steg, da erst 1868 erbaut.

  • Vielen Dank für diese Ansichten RMA, wirklich großartig!
    Wo erstehst du die üblicherweise? Ebay, Auktionshäuser, Antiquitätenladen?
    Gerade solch hervorragende Barockbauten wie 'Stadt Antwerpen' und das 'Große Kaufhaus' sollten beim Wiederaufbau der Altstadt nicht vernachlässigt werden. Aber darüber können wir ja im entsprechenden Strang diskutieren :zwinkern:

    Habe mal noch einige typische Ansichten des alten Frankfurts rausgesucht, die so und ähnlich wohl zu Hunderten an Verwandte und Bekannte verschickt wurden.

    Bilder einfach anklicken, um sie in voller Auflösung anzuzeigen!


    Altstadt mit Untermainbrücke im Vordergrund


    Ansicht des unteren Mainufer / Mainkai - Eiserner Steg, Rententurm, Saalhof (Bernusbau und Burnitzbau), Dom St. Bartholomäus


    Am Heiliggeistbrunnen in der Saalgasse, Blick auf den Dom


    Der [lexicon='Römerberg'][/lexicon] mit dem alten Rathaus, bekannt als 'Römer'


    Neues Rathaus mit Rathaustürmen "[lexicon='Langer Franz'][/lexicon]" und "Kleiner Cohn" in der Bethmannstraße


    Paulskirche von Frankfurt - noch mit originalem Dach... Gibt es da eigentlich Hoffnung, dass das mal wieder original hergestellt wird? Die momentane Notlösung sieht reichlich dürftig aus...


    Eschenheimer Turm


    Hauptwache an der Zeil, mit Katharinenkirche


    Zeil - Eingang zur Einkaufsstraße von der Hauptwache aus (Wenn mich nicht alle 7 Sinne täuschen, müsste links heute der Kaufhof stehen und rechts dieser hässliche Hako-Bau neben der Katharinenkirche) - rechts unten ist nochmal die barocke Hauptwache abgebildet


    Das alte Postamt/die Reichspost auf der Zeil


    Die Konstablerwache auf der Zeil - Wie ich finde, eine der heftigsten Kontraste zu heute


    Roßmarkt / Rossmarkt


    Goethedenkmal, nicht fern von Rossmarkt, Steinweg und Zeil


    Gutenbergdenkmal und Goetheplatz


    Gutenbergdenkmal und die gründerzeitliche Kaiserstraße


    Ehemaliges Schauspielhaus Frankfurt am oberen Mainufer


    Palmengarten-Terrasse - Ich nehme an, der Bau links ist das Gesellschaftshaus / der Festsaal?

    Ich habe fertig.

    Alle Bilder stammen von [url=http://www.zeno.org/Ansichtskarten…en?hl=frankfurt]Zeno.org[/url] und sind gemeinfrei, können also nach Belieben verwendet werden.


    Vielleicht können die Frankfurter ja noch die ein oder andere Info zu den Ansichten ergänzen :zwinkern:

  • @ erbsenzaehler: Antiquariatshandel, eBay und Flohmärkte. Im Frankfurt-spezifischen Markt wird sehr viel Wertvolles weit unter Wert verkauft, weil Leuten einfach die nötigen Kenntnisse fehlen. Dies kommt insbesondere bei der Auflösung von Nachlässen immer wieder zu Tage.

    Zu den Bildern: Tja, was soll man dazu sagen? Man kann daran ziemlich gut sehen, dass außerhalb des staufischen Gebietes die klassizistische bzw. gründerzeitliche Überformung, von wenigen Straßenzügen abgesehen (Alte Gasse, Kleine Eschenheimer Gasse und noch ein paar andere) bis ca. 1910 fast vollständig war.

    Das "Dorf" Frankfurt mit einer größtenteils nur barockisierten, im Kern mittelalterlichen Bebauung war binnen weniger Jahrzehnte einem Neubauboom zum Opfer gefallen. Auch von den prächtigen Stadtpalais des 18. Jahrhundert hatte, abgesehen von dem derer von Thurn & Taxis, keines überlebt. Damit zog Frankfurt endlich mit anderen Großstädten gleich, die dabei aber eben auch noch ihre gesamte Altstadt das Klo heruntergespült hatten wie z. B. Köln. Diese ist hier eben erst 1944 untergegangen.

    Um 1850 sahen weite Teile der Innenstadt ungefähr noch so aus wie hier auf Riegel's Bild - auch wenn es eigentlich aus den 1890er Jahren ist, wie von mir nachgewiesen:

    http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?p=55970#55970\r
    http://www.architekturforum.net/viewtopic. ... 5970#55970

    Bis heute weitgehend unbekannt ist auch, dass viele dieser massiven Gründerzeitler im Zweiten Weltkrieg alles andere als total zerstört worden sind. Unzählige wiederaufbaufähige Ruinen wurden für die Katastrophe abgebrochen, die die Zeil heute ist. Es wundert mich von daher auch kaum, dass es seltsamerweise gerade aus dem Bereich, den wir heute Innenstadt nennen, kaum Bilder von direkt nach dem Zweiten Weltkrieg gibt - die lagern wohl irgendwo in einem Giftschrank ob der Empörung, die sie bei Veröffentlichung auslösen würden. Meines Erachtens ist das auch durchaus politisch motiviert, würden sie die doch angeblich so grandiose Wiederaufbauleistung in ein anderes Licht rücken.

  • Hallo, während Ihr heute fleissig weitergepostet und geschrieben habt, habe ich zufällig gleichzeitig meine Ansichtskarten aus den früheren Beiträgen neu eingestellt, sodass sie alle wiederum sichtbar sind.

    @ RMA
    Zum letzten Bild aus dem Becker-Album mit der "wilden" Maininsel - da gibt's nichts beizufügen! Es ist einfach schön anzusehen und zu durchwandern, vor allem wegen der tollen Vergrösserungsmöglichkeit!

  • Vielen Dank noch fuer die Bilder, RMA und jetzt auch Erbsenzaehler! Ich glaube, in keiner anderen Stadt waren die mittelalterliche Altstadt und die buergerliche Stadt der Neuzeit so vollkommen ineinander verzahnt, passte alles so schoen zusammen. Ein bisschen kann man sowas heute noch in Strassburg erleben. Aber so vollkommen schoen, stimmungsvoll und passend war auch die Gruenderzeitarchitektur wohl nur in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon].

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat

    Paulskirche von Frankfurt - noch mit originalem Dach... Gibt es da eigentlich Hoffnung, dass das mal wieder original hergestellt wird? Die momentane Notlösung sieht reichlich dürftig aus...

    Ich dachte eigentlich, das sei gar keine keine Notlösung, sondern eine bewußte Abkehr von der historischen Form, genau wie beim Innenraum, der nach dem Wiederaufbau überhaupt keine Ähnlichkeiten mit dem historischen mehr hat, was mit Sicherheit bewußt geschehen ist, man vergleiche etwa mit dem Wiederaufbau des Reichstags.

    Auf Wikipedia ist allerdings folgendes zu lesen:

    Zitat

    Beim Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg verzichtete der Architekt Rudolf Schwarz auf die hohe Kuppel und errichtete ein nur leicht gewölbtes kupfergedecktes Dach. Diese Entscheidung wurde später häufig kritisiert, doch ließen die Umstände des Wiederaufbaus nichts anderes zu. Allein der Mangel an Bauholz und qualifizierten Zimmerern hätte keine Rekonstruktion des komplizierten Dachgebälks zugelassen. Bei der herrschenden Wohnungsnot wäre es zudem politisch nicht zu rechtfertigen gewesen, einen noch größeren Aufwand für den Wiederaufbau eines Denkmals zu treiben. Bei der Renovierung der Paulskirche 1984 bis 1988 respektierte man die Nachkriegsentscheidung und verzichtete auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.

    Bei dem fett gedruckten Satz könnte ich schon wieder zuviel kriegen. :augenrollen:

    Weiß jemand, ob das flache Dach tatsächlich nur der Not gehorchte (warum haben dann alle anderen Kirchen - zumindest äußerlich - ihre historischen Dächer zurückbekommen?) oder ob vielmehr ideologische Gründe ausschlaggebend waren? :?:

    In http://www.aufbau-ffm.de">http://www.aufbau-ffm.de heißt es übrigens:

    Zitat

    Im Gegensatz zum Goethehaus gab es keine grundsätzlichen Diskussionen um einen Wiederaufbau der Paulskirche, die "Wiege der deutschen Demokratie" sollte auch dem demokratischen Neubeginn symbolisch zur Verfügung stehen. Doch die Frage war, ob das Gebäude so wieder errichtet werden sollte, wie sich die Kirche im Jahre 1848 dargestellt hatte. Dies wurde leider verworfen, man müsse "für das deutsche Volk ein Bauwerk schaffen, das schlicht und einfach sei, jedoch allen künstlerischen Ansprüchen genüge." Aufgrund der gravierenden baulichen Eingriffe in die historische Substanz der alten Paulskirche läßt sich bis heute streiten, ob ein in der deutschen Geschichte so wichtiges Bauwerk damals nicht doch besser hätte in seiner ursprünglichen Gestalt wieder aufgebaut werden sollen.

    Von wem dieses schwachsinnige Zitat stammt, ist leider nicht vermerkt.

  • Es ist tatsächlich so, dass die originale Dachstuhlkonstruktion sehr kompliziert war und unverhältnismäßig viel Holz benötigte. Ich kann das zwar nur laienhaft beurteilen, aber wenn man sich mal historische Schnittbilder des Dachs gegenüber dem anderer Kirchbauten ansieht, ist es doch relativ offensichtlich.

    Aber es wurde ja bewußt gewählt, da ein Flachdach, wie es sie im Klassizismus ja durchaus gab, so beschissen aussieht, wie wir es seit nunmehr 60 Jahren bewundern dürfen. Und eine massive Kuppel hätte wahrscheinlich aus statischen Gründen nicht die gewünschte Form gehabt.

    Und es stimmt auch, dass die Situation 1948 katastrophal war, die Baumaterialien bis hin zu Nägeln mussten aus dem ganzen Bundesgebiet beschafft werden. Es war damals tatsächlich faktisch nicht möglich, den Originalzustand herzustellen. Ob das tatsächlich nötig gewesen wäre, und vor allem, warum man das dann in den 80er Jahren nicht nachgeholt hat, ist natürlich mehr als fragwürdig.

    Doch da der Mist jetzt unter Denkmalschutz steht, kann man nur hoffen, dass der Trend zum Traditionellen eines Tages so stark wird, dass man die einzig richtige Fassung wieder herstellt. Abgesehen davon war auch die Vorkriegsfassung, abgesehen von ein paar Deckengemälden, im Gegensatz zu so mancher Frankfurter Kirche nur wenig historistisch-kitschig verändert.

  • Hallo!

    Hier folgt meine höchst bescheidene Meinung zum aktuellen Zustand der Paulskirche:

    Das Flachdach empfinde ich als zweitrangiges Problem; tatsächlich hat es mich nie gestört, und in gewissem Sinne passt es auch zur Paulskirche; für mich zumindest.

    Ganz anders ist es mit dem Innenraum; als ich die Kirche das erste mal besuchte, war ich schlichtweg zutiefst bestürzt, da ich (naiverweise, wie ich heute sagen muss) diesen Anblick erwartet hatte (Die Empore mit Hutablage ist herrlich!). Das lässt bei mir die Frage aufkommen: War es die Absicht, mit dieser Neugestaltung größtmögliches Entsetzen beim Betrachter hervorzurufen?

    Kurzum, meiner Ansicht nach wäre es wichtiger, den Innenraum historisch zu gestalten; andererseits wäre es sinnlos, bei einer Rekonstruktion des Innenraums das Dach unverändert zu lassen.

    Das nur am Rande.

    Grüße vom Flüchtling

  • Die Paulskirche, so "schlicht" (oder besser hässlich) sie heute ist, reflektiert eben in ihrem jetzigen Zustand bestens das gebrochene und verkrampfte Verhältnis der Bundesdeutschen zu ihrer eigenen Nationalgeschichte.
    In jedem anderen "normalen" Land wäre ein solches Bauwerk, das überdies noch für eine positive demokratische Tradition steht, natürlich originalgetreu innen und außen rekonstruiert worden.