Hamburg - Baugeschehen

  • Grandios!
    Ich nenne das auch gerne Neo-Backsteinexpressionismus. Der frühe Modernismus funktioniert ja auch deswegen so gut, weil die Architekten noch eine klassische Ausbildung genossen und ihre Entwürfe mit der Hand zeichneten. Das wird hier wiederbelebt und schafft ästhetische Formen! :) Weiter so, Hamburg - modern und doch typisch regional!

    Fast könnte man von einem Hamburger Flatiron Building sprechen... Oder einer Neuauflage des Chilehauses, was die Grundformen angeht.

  • Trotzdem bleibt bei mir immer so gemischtes Gefühl, gerade angesichts solcher Entwürfe, die zeigen, was möglich wäre, zurück: Warum ist es weiterhin anscheinend Zufall (vielleicht ein Bauherr mit Geschmack oder eine zufällig gegenüber solchen Entwürfen positiv eingestellte Wettbewerbsjury), dass sich so etwas mal ergibt? Was könnte man alles mit diesem Material machen, wenn man wollte? Der Backstein/Klinker ist noch lange nicht "auserzählt", man kann sogar hochmodern richtig gute Sachen damit machen. Aber irgendwie scheinen die Architekten weiterhin Lust auf Selbstverstümmelung zu haben, so muss man sich zumindest in Bremen häufig schon freuen, wenn mit dem Material ein bisschen gespielt wird (durch bescheidene Fassadenmosaike etwa), aber niemals zuviel oder gar richtig schön. Dann lieber gleich ein bisschen Klötzchenmoderne daneben setzen, fast schon als Abbitte für die Sünde der Gestaltung.

    Es ist immer wie eine Tür, die einen Spalt weit aufgeht und dann wieder ohne Angabe von Gründen zugeschlagen wird. Der hintere Gebäudeteil etwa strahlt die Ödnis aus, die vieles von dem, was im Moment in Norddeutschland gebaut wird, schön wiedergibt. Wenn irgendwo unverhofft etwas Schönes entsteht, muss auch gleich ne Rasterkiste danebengestellt werden. Warum?

  • Hallo Zusammen,

    als Novize hier im Forum, jedoch als alter Hamburg möchte ich ein kleines "Positivbeispiel" (meiner Meinung nach) zeigen. Als langjähriger Mitarbeiter der Firma SHARP habe ich über 35 Jahre die Entwicklung insbesondere im Umfeld meines Arbeitsplatzes in Hamburg Hammerbrook verfolgt. Dieses im Krieg besonders zerstörte Viertel und die desastöse Nachkrigsentwicklung (unter anderem Abbau der zu rettenden Hochbahnstrecke siehe auch : Hochbahnstrecke nach Rothenburgsort ) werden nun zaghaft repariert. Mit dem Sonninpark ist nun die Wohnbebauung fast fertig, wie sie ein wenig an das alte Hammerbrook erinnert. Blockrandbebauung mit einem Park im Innenbereich und wechselnde Backsteinfassaden, die den Eindruck von individuellen Häusern vermittelt.

    Sicher nicht jedermanns Geschmack, aber extrem viel besser als die vielen anderen Versuche in Hamburg, ein Identität stiftendes Wohnviertel zu errichten. Richtige Dächer fehlen leider immer noch ...

    Hier einmal 2 Fotos vom Beginn der Bauphase und Heute im Vergleich.


    Grüße aus HH
    Andreas

  • Vielen Dank für die Bilder und willkommen, Voss-HH! Ja, Hammerbrook hat eine durchaus interessante Entwicklung genommen, wie insgesamt der Hamburger Osten aus seinem Dornröschenschlaf zu erwachen scheint. Das SonninPark-Gebiet wurde hier in irgendeinem der anderen Stränge auch schon gezeigt, ich finde es gelungen. Natürlich ist die Gestaltung im wesentlichen modern mit Anleihen an die norddeutsche Klinkermoderne, aber die Rückkehr zur Bebauung im Blockrand geben dem Ganzen gleich ein enorm urbanes Gefühl, in diesem Ausmaß und jenseits von klassischen Lückenbebauungen wird sonst in Deutschland nur noch in Berlin gebaut. Sonst sehe ich in richtigen Neubauvierteln von München bis Frankfurt, von Köln bis Dresden eigentlich nur Solitäre verschiedener Ausmaße, wenigstens meistens nicht mehr quer zu den Straßen.

    Auf jeden Fall ein schönes Beispiel!

  • Ende der 50iger wurden für das Unilever Hochhaus große Teile des Gängeviertels Caffamacherreihe zerstört - für was eigentlich? 2009 zog Unilever in die HafenCity. Da alles immer kurzlebiger wird, ist nun der nächste Umzug fällig. Diesmal geht es in die City - gleich neben die Nikolaikirche. Ein Standort, der Stadtreparatur vertragen könnte. Doch stattdessen, wird ein weiterer, trostloser moderner Neubau in die Landschaft gesetzt. Die "Neue Burg", so heißt der triste Kubus, nimmt weder Bezug zu seiner Umgebung, noch zur Stadt noch zu irgendwas anderes. Langweiliger, Stadtfeindlicher und unkreativer kann man eigentlich kaum noch bauen. Mit den üblichen Plattitüden wird der banale Glaskasten angepriesen. Die Moderne hat sich überlebt. Ich hoffe, dass für diesen leblosen Bau nicht auch noch ein historisches Gebäude geopfert wurde: https://www.mopo.de/hamburg/unilev…n-wird-32279424

    ...

  • Das bisherige Gebäude von Unilever in der Hafen City war schlimm. Dieser Neubau wirkt dagegen geradezu konservativ, die Fassade hat eine gewisse Plastizität. Ich finde es eigentlich ganz passabel.

    In dubio pro reko

  • Hallo Zusammen,

    in der recht ungemütlichen Einfallstrasse Heidenkampsweg soll ein Hotelneubau errichtet werden. Meiner laienhaften Einschätzung wird es ein recht gelungenes Bauwerk.

    Gesamtansicht

    Der Architekt hat sich für den Erdgeschossberiech vom Bild Night Hawk“ von Eduard Hopper inspitirieren lassen.

    Hier das Rendering dazu:

    Staßenebene

    Auf jeden Fall wird dies die Ecke beleben und ist anspruchsvoller als vieles, was jüngst errichtet wurde.
    In Kürze soll es losgehen mit der Bebauung.

    Grüße

    Andreas

  • Ich weiß noch nicht so recht, ob mir das Gebäude wirklich gefällt, aber weshalb wieder nicht der typische rote Klinker genommen wird, das finde ich extrem schade und dem Gebäude würde das besser stehen! Hallo, wir sind in Hamburg!

  • Das mit dem roten, backsteinähnlichen Klinker, war auch mein erster Gedanke. Durch dieses großflächige Grau, sieht es auf den ersten Blick aus wie ein Gebäude aus Sichtbeton. Aber möglicherweise wirkt das nach der Fertigstellung ja viel besser. Das bleibt abzuwarten.

    Wenn da im Erdgeschoss tatsächlich so eine Bar einzieht, wie auf dem Rendering zu sehen, wäre das schon toll. Aber am Ende kommt da vielleicht ein Supermarkt rein.

  • Alles andere als schön, dieser geplante Neubau. Ostblock-Feeling. Wenigstens herrscht auf der Visualisierung dazu passendes Hamburger Schmuddelwetter, so dass man schonmal einen ehrlichen Eindruck der zukünftigen Situation gewinnt.

    In dubio pro reko

  • Immerhin kommt dafür ein scheußliches Gebäude weg, im Vergleich dazu ist das hier ein Augenschmaus. An dieser Straße ist aber fast eh egal; in dem Viertel eigentlich auch ;)

  • Der Entwurf hat durchaus Potential, jeoch müsste man einiges ändern, dass er wirklich gelungen wäre:

    Es bräuchte roten Klinker, gerne mit fehlgebrannten Steinen um eine lebendige Textur zu erzeugen, wie bei den backsteinexpressionistischen Bauten.

    Die Basis müsste eigentlich über zwei, wenn nicht sogar über drei Geschosse gehen, dann wirkt die Auskragung gleich viel spektakulärer und erdrückt das Erdgeschoss nicht so.

    Die abgeschrägte Ecke sollte man mit einer Monumentalskulptur betonen, auch wenn Engels- oder Heiligenstatuen aus der Mode sind:

    https://www.raphaelsklinik.de/fileadmin/_pro…_924607dd40.jpg

    Alternativ gerne auch sowas ;) :

    https://herrberndmeyer.files.wordpress.com/2015/05/igp8386.jpg

    Man könnte auch einen Schiffsbug mauern, mit Bronzeapplikationen

    Natürlich alles vollkommen utopisch.

    Nicht zu letzt müsste die Eckbetonung auch auf das Dach übergreifen, sich zB in Filialspitzen oder Maßwerk ausdrücken.

    So aber verschenkt das Gebäude alles Potential, das in ihm wohnt: die Formen und Energien verpuffen, anstatt sich zu entfalten

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (13. Dezember 2019 um 00:12)

  • Also ich finde, an diesem Rendering kann man gar nicht erkennen, wie es mal wird. Das ist komplett abhängig von der Materialwahl. Von grauenvoll scheußlich bis ganz ordentlich ist alles drin. Für die Kategorie gut müsste es aber wohl tatsächlich Backstein werden ...

  • Eine weitere erfreuliche Nachricht aus der Hansestadt Hamburg: Im Stadtteil Hamburg-Mitte wird ein Hotel der TITANIC-Gruppe in neo-backsteinexpressionistischer Architektursprache realisiert (s. hier) und eine Nachkriegs-Bausünde ersetzen. Das exponierte Gebäude wird deutlich aus seinem Umfeld (Google-Maps) herausstechen und somit hoffentlich Maßstäbe für weitere Entwicklungen in dieser Ecke setzen.

  • Zitat

    So kann es gehen. Ich finde, gerade in den Metropolen gibt es nun doch einen sich stabilisierenden Trend zu besserer Architektur, ich habe in letzter Zeit gerade aus Hamburg und interessanterweise Köln eine ganze Menge dieser ganz ordentlichen Entwürfe gesehen.

    Das empfinde ich ganz genau so! Mir scheint, in den Innenstädten (wirtschaftlich stärker aufgestellter) deutscher Metropolen wird vermehrt Stadtreparatur betrieben. Dazu zählt im Übrigen auch Hannover, hier werden im Moment die letzten innerstädtischen Brachen bebaut und die gröbsten Bausünden nach und nach durch moderne Stadtquartiere ersetzt.

    Die Entwicklungen verlaufen zwar noch nicht ganz im Sinne unseres Vereins, nichtsdestotrotz zeichnet sich bereits ein Marsch in die richtige Richtung ab.

  • Das ist zwar richtig, aber es bezieht sich leider ausschließlich auf gewerbliche Bauten / Geschäftshäuser, die derzeit in Metropolen wie Hamburg mit mehr architektonischem Stilwillen gestaltet werden. Wann kommt dieser Trend endlich auch bei Etagenmietshäusern an, die momentan größtenteils sehr öde einfallslose Kästen sind? Wann sehen Wohnbauten endlich wieder (wie es in der Gründerzeit üblich war) genauso gut aus wie gewerbliche Bauten?