• Sehe ich wie Heimdall. Wenn nur vom Gedanken getrieben rekonstruiert würde, dass man bestehende Ensembles ergänzen muss, dann gehts ja nie in größerem Maßstab voran. Denn dann kann man noch die nächsten 300 Jahre Ensembles erweitern. Ein einzelner Leitbau wie das herrliche Toplerhaus kann einschlagen wie eine Bombe und im wahrsten Wortsinne das Umfeld plätten, zu einer völligen Neubesinnung führen. Das haben bereits mehr als genug Rekonstruktionen gezeigt.

    Ich glaube so ein "Erweckungsmoment" ist gerade in Franken/Bayern besonders bitter nötig, man denke an die unbefriedigenden Stadtbilder von Würzburg, Fürth, Erlangen, Augsburg und München.

    Also, ums nochmal auf den Punkt zu bringen: Ich schätze deine Beiträge hier sehr hoch Riegel. Die sind erstklassig! Wenn es um konkrete Wiederaufbau-Vorhaben geht, braucht es aber einen Paukenschlag. Das muss schon etwas vom Formate Pellerhaus-Fassade und/oder Toplerhaus sein. Viele der naheliegenden Ergänzungen von Nachkriegsprovisorien sind sicher sehr erstrebenswert, aber ich denke nicht, dass solche Projekte in größerem Maßstab etwas ins Rollen bringen. Es braucht einen Vorläufer mit nachhaltiger Wirkung, etwas Imposantes. Daher lieber groß denken und einen echten Leitbau wiederbringen, dann die kleineren, vermeintlich einfacheren Geschichten angehen. Eine potenzielle Dresdner Frauenkirche hat Nürnberg nicht, mindestens aber mehrere mögliche Knochenhaueramtshäuser, Alte Waagen und Ostzeilen, was die Stadtbildwirkung betrifft.

  • Im Übrigen möchte ich noch anmerken, dass das Engagement hier im Forum sehr löblich ist, das Ganze aber auch irgendwie unter dem Wahrnehmungsradar der breiten Masse verraucht. Es wird also enorm viel Zeit aufgewendet, um ein kleines Publikum zu bedienen, das ohnehin schon sehr gut informiert ist und sich vielfältig engagiert. So drehen wir uns leider weiterhin im Kreis.

    Deshalb ist es wichtig, dass alle hier ihre guten Fachkenntnisse und ihre Literatur nutzen, um diese der Öffentlichkeit bestmöglich zugänglich zu machen. Um gemeinsam mit Stadtbild Deutschland wirklich etwas zu bewegen.

    Nur mal als kleiner Vergleich: Dieser Nürnberg-Faden hier wurde vor fast genau 10 Jahren eröffnet (Oktober 2004) und seitdem rund 215'500 mal angeklickt. Der Wiki-Artikel zu Nürnberg wurde allein im November 2014 ganze 40'000 mal abgerufen, siehe hier. Die Wikipedia-Seite erreicht also in gut 5 Monaten so viele Menschen wie das APH-Forum in über 10 Jahren! Und das ist nur die deutsche Seite, daneben gibt es noch Wiki-Seiten in allen anderen wichtigen Sprachen der Welt zu Nürnberg.

    Diese beiden Artikel über Teile der Nürnberger Altstadt etwa sind noch sehr mager in ihrem Umfang - jeder kann sie bearbeiten und ergänzen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Lorenz_%28N%C3%BCrnberg%29
    https://de.wikipedia.org/wiki/Sebald_%28N%C3%BCrnberg%29
    Das Kartäuserkloster darbt ebenfalls: https://de.wikipedia.org/wiki/Kart%C3%A…r_N%C3%BCrnberg
    Auch das Toplerhaus hat noch einen ziemlich mickrigen Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Toplerhaus_%28N%C3%BCrnberg%29
    Der umgebende Paniersplatz hat noch gar keinen Lexikon-Eintrag: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti…=edit&redlink=1

    Die Denkmallisten warten noch mit zahlreichen Baustellen und fehlenden Artikeln zu herausragenden Bauwerken auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der…berg/Innenstadt

    Hier eine Starthilfe für die Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Starthilfe

  • Das Problem in N ist, dass keine wirkliche Traditionsinsel erhalten geblieben ist. Und wo Ansätze zu einer solchen bestanden, wurde besonders hässlich gebaut.
    Solche Aufnahmen schmerzen natürlich, weil sie uns das Ausmaß des Verlorenen vor Augen führen.
    Sicher wäre es schön, ein kleines Stück wirkliches Nürnberg zu haben. Zwei Parallelgassen mit erhaltener Rand- bzw Fluchtbebauung, vorzugsweise im Ensemble mit einer Kirche oder einem sonstigen mittelalterlichen Großbau.
    Für diesen Wunsch scheint man im Nachkriegsnürnberg nix übrig gehabt zu haben.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    Einmal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (11. Dezember 2014 um 09:06)

  • Die Rekonstruktion von markanten Einzelbauten wie dem Toplerhaus oder dem Grolandhaus würden wohl keine weiteren benachbarten Rekonstruktionen nach sich ziehen. Ihr Umfeld ist vorwiegend mit Wohnbauten komplett bebaut, die zudem in einem guten Zustand sind. Einen potentiellen Aufhänger wie die Dresdner Frauenkirche gibt es in Nürnberg tatsächlich nicht. Dass sie als Initialzündung fungieren konnte, war nur möglich, weil ihr Umfeld auch brach lag.

    Der Vergleich mit dem Knochenhauer Amtshaus und der Alten Waage hinkt ein bisschen, weil diese an zentralen Plätzen liegen und herausragende Baudenkmäler sind/waren. In Nürnberg standen vergleichbare Bauten selten an solchen Plätzen (Ausnahme Pellerhaus). Dazu kommt noch, dass das Nürnberger Bürgerhaus und die öffentlichen Bauten eher schmucklos waren, und das Nürnberger Stadtbild viemehr als Riesen-Ensemble in Erscheinung trat. Also ein "Nürnberger Knochenhauer Amtshaus" und eine "Nürnberger Alte Waage" kommen mir auf Anhieb nicht in den Sinn.

    Anders sieht es mit einer "Ostzeile" aus. Dazu hatte ich bereits auf den einstigen Häuserblock zwischen Dötschmannsplatz und Platnersgasse hingewiesen. Nur lag dieser leider Abseits der Passantenströme, was er auch heute noch tun würde. Deshalb erlangte hier ein rekonstruierter Häuserblock nicht ein langfristiges Bewusstsein, wie es für eine Initialzündung notwendig wäre.

    Eine Chance einer grossflächigen, zentralgelegenen Rekonstruktion wurde beim Augustinerhofareal verpasst. Aber das ist ein Trauerspiel, welches schon mehr als zehn Jahre zurückliegt, und in der Hand ausschliesslich von Immobiliengurus lag. Bis heute wurde hier lediglich eine Brache (Parkplatz) realisiert. Eine Stadt, die an zentralster Lage den vorzeitigen Abbruch von bestehender Bausubstanz ohne Nachfolgebebauung bewilligt, zeigt, welcher Geist hier herrscht...

    So bleiben leider nur noch zufällige EInzelobjekte als realisierbar übrig. Ursus Carpaticus stellt die Existenz von Traditionsinseln fälschlicherweise in Abrede. Solche gibt es sogar mehrere, auch auf der Lorenzer Seite. Eine perfekte Traditionsinsel gibt es freilich nicht, aber gerade deshalb sollte doch ein spezieller Nürnberger Weg entwickelt werden, der auf der Weiterentwicklung dieser Traditionsinseln aufbaut.

    Ein Vergleichbarer Weg wie in Dresden und Frankfurt kann nicht angewandt werden, weil im ersten Fall eine Brachfläche vorhanden war, und im zweiten Fall das Herzstück der ehemaligen Altstadt in kommunaler Hand und ein grossflächiger Abriss eh vorgesehen war.

    Hildesheim und Braunschweig sind leider ohne weitere Folgen geblieben, und so würde ich diese beiden Städte auch nicht als Vorbild für Nürnberg nehmen.

  • Riegels Analyse trifft es auf den Punkt. Trotz des Eindrucks, hier fehlt es an fast allem, was den historischen Reiz des Stadtbildes ausmacht, ist die Altstadt eine dicht bebaute und dicht besiedelte (v.a. Sebald) Innenstadt mit nur einer Hand voll Brachen und wenigen Leerständen. Mir fallen nur drei Brachen überhaupt ein: Augustinerareal, Weissgerbergasse und am Pellerhaus. So etwas wie in Frankfurt oder Dresden kann man sich zwar wünschen, aber wirklich etwas bewegen kann man andernorts, nämlich bei der behutsamen Stadtbildpflege und der Zuwendung zu vernachlässigten Denkmälern und deren direkter Umgebung. Die Altstadtfreunde liefern da ein Husarenstück nach dem anderen ab, leider sind sie nicht alle nebeneinander und lassen sich in einem Heileweltspaziergang unterbrechungsfrei genießen.

    Mit der Wiederherstellung des Pellerhofes wird sicherlich ein Meilenstein gelegt, nämlich gezeigt, dass ohne einen öffentlichen Euro Totgesagte wiederauferstehen können. Die Pellerhausfassade allerdings wäre für das Stadtbild wichtiger, und würde im nahen Umkreis sicherlich einiges bewirken, insbesondere hinsichtlich der daneben liegenden Brache.
    Weiterhin ließe sich viel bewegen, wenn so manch vereinfachte historische Gebäudehaut wieder ihren Giebel und ihren Bauschmuck zurück erhielte. Außerdem muss m.E. die Asphaltfläche in der Altstadt reduziert werden, um ihre Erlebnisqualität insgesamt zu erhöhen.

    Möglicherweise haben sich eines Tages unsere Kinder von Energiespardiktaten und Geschmacksbefreitem Bauen emanzipiert, und erkennen den Wert eines Wohnwerten Lebensumfeldes. Aber so lange selbst direkt neben Baudenkmälern aus dem 17. Jahrhundert mit Styropor gedämmt (investiert) wird, sind wir davon noch weit entfernt.

  • Sorry, "Riegel" und "nothor", auch wenn vielleicht nicht gleich auf ein Toplerhaus weitere Rekonstruktionen im direkten Umfeld erfolgen, würde eine Rekonstruktion dieser Leitbauten ein deutliches Ausrufezeichen setzen. Auch schließt das Engagement für die Rekonstruktion des Toplerhauses nicht das Engagement für die Fassadenrekonstruktion des Pellerhauses aus. Die Alternative, die von Euch kommt, lautet dagegen nur Nichtstun (bezogen auf die beschriebenen Flächen). Wenn man aber nichts tut, ändert sich auch nichts. Denn auf das große Erdbeben zu warten, dass dann durch massenhafte Gebäudeeinstürze ein großes Baufeld für die ideale Flächenrekonstruktion (die erst einmal Anhänger finden müsste) schafft, heißt, auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu warten. Währenddessen wachsen neue Generationen heran, die irgendwann gar keinen Bezug zu den vergessenen alten Häusern mehr haben. So endete die kleine Chance auf die Rekonstruktion solch bedeutender Einzelbauten im "Wenn und Aber" eines Anspruchsmaximalismus.

  • Das sehe ich auch so, Heimdall. Dazu kommt, daß für das Toplerhaus und die Pellerhausfassade die städtebauliche Umgebung gar nicht so unpassend wäre, als manche hier meinen. Ein rekonstruiertes Toplerhaus z. B. würde in diesem Bild: http://www.manfredwirth.de/nbvpan.htm, das 1. Bild auf dieser Seite, den Platz des grauen Häuschens am Kopf der Zeile links von der Mitte des Bildes einnehmen. Zusammen mit der Burg ergäbe sich hier schon ein eindrucksvolles Bild. Das graue Häuschen scheint hier auch eher als Platzhalter/Provisorium konzipiert, so daß es m. E. nicht auszuschließen ist, daß beim Wiederaufbau an dieser Stelle einer Rekonstruktion des Toplerhauses schon rechnung getragen wurde.
    Wieviel auch nur Eine historisch getreue Rekonstruktion an einem Platz für den Gesamteindruck bewirken kann, sieht man doch beim Hauptmarkt, wo die Frauenkirche das einzige historische Bauwerk in der Platzrandbebauung ist, diese aber schon den ganzen Platz prägt. So könnte es mit dem Pellerhaus am Egidienplatz und dem Toplerhaus am Paniersplatz auch sein.
    Ensembles sind mit relativ wenig Aufwand zurückzugewinnen am Weinmarkt (abbruch des modernen Wohnblocks mit Schrägdach und Rekonstruktion der Vorkriegsbebauung) und am südlichen Teil des Albrecht-Dürer-Platzes (Rekonstruktion der Moritzkapelle samt Bratwurstglöckleins, ebenfalls beim Wiederaufbau angeblich schon vorgesehen, jedoch ''späteren Generationen überlassen'') Auch die Krämergassen und die Füll wären leicht zu Ensembles zu ergänzen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat

    Ursus Carpaticus stellt die Existenz von Traditionsinseln fälschlicherweise in Abrede. Solche gibt es sogar mehrere, auch auf der Lorenzer Seite. Eine perfekte Traditionsinsel gibt es freilich nicht,

    Unter eine Traditionsinsel ist etwas anderes zu verstehen, Riegel, als ein paar zufällig halbwegs zusammenhängend stehen gebliebene Bauten, wie um den Tiergärtner Torturm oder Weißgerbergasse bzw Unschlittplatz.
    Vielmehr wird damit der gestalterische Wille beschrieben, "etwas daraus zu machen", mit dem Erhaltenen so etwas wie einen befriedigenden Straßen- oder Platzraum zu schaffen, was in Braunschweig ganz gut gelungen ist. In N fehlt dieser Wille VOLLSTÄNDIG. Hier wirkt alles improvisiert und zufällig, gerade an neuraligischen Stellen stehen besonders hässliche und abstoßende Neubauten, während woanders, wo es gar nicht so sehr darauf ankäme, das eine oder andere wohlproportionierte Haus hingestellt wurde. Dem neuen Nürnberg fehlt wirklich jegliches, aber auch jegliches Bewusstsein für Schönheit, es ist, als hätte man ja keine Schönheit aufkommen lassen wollen, als wäre alles von einem grauslichen 60er Jahr- Ästhetik-Bazillus verseucht.
    Das heutige Nürnberg ist eine einzige abstoßende Grauslichkeit, eine Wiederaufbaustadt, die sich mit seiner alten, wunderbaren Geschichte nicht nur nicht identifiziert, sondern die ästhetisch fest in der Wiederaufbauzeit verwurzelt ist, das die Zerstörung als im Grunde gerechte Strafe empfindet, allenfalls idiotische Plakate wie "Nürnberg 1945: Nie wieder!" affichiert, beziehungsweise das Ausmaß der Zerstörung höchstens dokumentiert, um die Wiederaufbauleistung hervorzukehren.
    In einem in meinem Besitz befindlichen Buch "Nürnberg damals und heute" schreibt so ein Oberbürgermeisterwürstel tatsächlich die Worte: Heute kann man sagen, dass Nürnberg seine Prüfung bestanden hat!
    Tatsächlich, das schreibt er, eine Bedachtnahme auf die Churchillsche Formulierung: "Prüfung"! "Einer grausamere Prüfung werden Städte niemals unterzogen werden sein", schreibt er in einer frühen Propagierung seiner Mordbrennereien voll selbstgefälliger Bösartigkeit, und dieses OBMW ist noch stolz darauf, bei dieser Prüfung - ganz im Sinne des Prüfenden - reüssiert zu haben! Dass diese Wiederaufbauleistung - rein vom Asthetischen her - worauf es aber in diesem Zusammenhang (auch in diesem Buch) ankommen soll, lachhaft ist, erscheint angesichts dieser gedanklichen Verrenkung zweitrangig. Aber da wir gerade auf diesen Punktg zu sprechen kommen: man soll den rein wirtschaftlichen, funktionalen Aspekt keineswegs nicht zu sehr loben. Dass die BRD in der Lage war, einen bis zwei km² mit zeitgemäßen Wohnbauten vollzupflastern, wurde an vielen Stellen bewiesen. Ehrlich gesagt ist das nichts Besonderes, das hat man auch in Kalinigrad geschafft. Dagegen muss ins Treffen geführt werden, was Markus und auch vor ihm schon andere ausgeführt haben: KEIN einziges Bürgerhaus rekonstruiert!
    Welche geistige Armseligkeit!
    Im Übrigen ist Heimdall und Herzog und den anderen, die ihre Meinung vertreten nicht beizupflichten. Eine isolierte Rekonstruktion des Topler- Groland,- oder Pellerhauses bzw des Stadtgartenamtes brächte über den eigentlichen natürlich erfreulichen Selbstzweck hinaus: nichts, gar nichts, ja wäre sogar eher schädlich. Schaut her, wie weit wir uns hinauslehnen, was wir nicht alles machen, würden sie dann sagen.
    Eine Wiederherstellung des alten Nürnberg ist Utopie, nur in einer utopischen Gesellschaft möglich. Und man glaube ja nicht in diesem Zusammenhang an so etwas wie wissentschaftliche Rekonstruktionen im großen Maßstabe.
    Nein, das geht nur so: Wiederbelebung von Handwerks- und Zimmermannstraditionen, und damit ein zentral gesteuertes, sukzessives Ersetzen einzelner Quartiere für Bewohner in alternativer Lebensweise (natürlich ohne Automobile), die in Einzelhandel, Handwerksbetrieben, bzw Heimarbeit erwerbstätig sind. Natürlich müssen die neu entstandenen Häuser auf neuestem technischen Stand sein, vor allem was Raumklimatik entspricht (was nicht schwer fallen dürfte. Mit einem Unsinn wie Wärmedämmung muss ohnehin Schluss sein).
    Ansatzweise findet man solche Beispiele bereits (bspw in Ulm im abgelegenen Altstadtviertel Unter dem Kreuz, allerdings nur als Modell für offensichtlich Wohlbetuchte).

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @ ursus carpaticus:

    Nürnberg ist sehr wohl eine Stadt, die sich mit ihrer vergangenhait identifiziert. Sie ist auch nicht hässlich. Beim Wiederaufbau wurde innerhalb der Stadtmauern sehr behutsam vorgegangen. Man stelle sich Nürnberg in einem Kasselstyle vor, nur übel.

    Ich sehe natürlich, das Fehler gemacht worden sind, aber die sind in Nürnberg auf jeden Fall reparabel.

    Zum einen sollte man die verstümmelten Gründerzeitler an der Lorenzkirche wieder ausbauen, die Teilruinen, die man überall findet wieder aufbauen, und zunächst punktuell rekonstruieren.

    Das dürfte schon enorme Erfolge mit sich bringen.

  • @ Ursus


    Man kann die Nürnberger "Altstadt" in der tat wohl kaum noch als Altstadt bezeichnen. Es ist nur noch ein Vorort mit Burg, Weißerberggasse, Nassauerhaus, Fembohaus, Stadtmauer und 3-4 Kirchen...


    ------


    Hmmm, beim Fembohaus hat sich sogar noch ein Innenhof bewahrt (aus ehelmals hunderte...):
    http://www.panoramio.com/photo/3062026

    http://www.panoramio.com/photo/3062211

    4 Mal editiert, zuletzt von Niederländer (11. Dezember 2014 um 12:07)

  • Das mag sein, abe es wurde in vieler hinsichtlich die überkommene Kubatur beachtet, und vor allem Nürnberg ist durchaus noch zu verbessern und sozusagen auch zu retten. Man darf nicht den heftigen Zerstörungsgrad vergessen, und da schneidet die Stadt besser ab als die meisten anderen.

  • @ ursus carpaticus:

    Nürnberg ist sehr wohl eine Stadt, die sich mit ihrer vergangenhait identifiziert. Sie ist auch nicht hässlich. Beim Wiederaufbau wurde innerhalb der Stadtmauern sehr behutsam vorgegangen. Man stelle sich Nürnberg in einem Kasselstyle vor, nur übel.

    Ich sehe natürlich, das Fehler gemacht worden sind, aber die sind in Nürnberg auf jeden Fall reparabel.

    Zum einen sollte man die verstümmelten Gründerzeitler an der Lorenzkirche wieder ausbauen, die Teilruinen, die man überall findet wieder aufbauen, und zunächst punktuell rekonstruieren.

    Das dürfte schon enorme Erfolge mit sich bringen.

    Was man bei Nürnberg doch wirklich positiv hervorheben muß, ist die wunderbar wiederhergestellte Dachlandschaft. Fast keine Klötze entstellen die Stadtsilhouette, im Gegensatz zu so vielen anderen deutschen Städte. Der alte Straßengrundgriß wurde auch beibehalten. Ähnlich wie in Würzburg oder Dresden funktioniert die Stadt...als harmonisches schönes ganzes...aber eben nur vom weiten betrachtet.
    Hier liegt die Krux. Wenn man denn dan schließlich in der Stadt selbst ist, findet man sich in gähnenster Nachkriegsmonotonie wieder, hie und da sieht man einen Hauch von Ambition aber im großen und ganzen langweilig, schon irgendwie grotesk. Es gibt auch Städte, die funktionieren umgekehrt, die Stadtsihoullette wirkt grausam und wenn man die Stadt betritt findet man sich in schönsten Altstadtgassen wieder.
    Das Problem in Nürnberg sind die Fassaden selbst, die einzelnen Häuser, die außer ihr schönes traufständiges Dach nichts mehr mit der Nürnberger Altstadt zu tun haben. Wie gerne hätte ich 50er Jahre Interpretationen von Fachwerkhäusern gesehen, die Lücken zwischen den rekonstruierten wichtigeren Bauten schließen, aber wie unrealisitisch wär dies doch, angesicht des so verständlichen Wunsches nie wieder so eine fatalistische Zerstörung zu erleben, wie es bei Fachwerkhäusern nunmal der Fall war.
    Jetzt haben die Nürnberger eine Stadt, ihre Stadt, mit ihren schönen Dächern, ihrer Burg und ein paar übriggebliebenen Postkartenensembles, sehen das als Nonplusultra und verkennen wie tot ihre so funktionale Stadt doch ist, weil sie ist, wie sie ist, und stellen sich vehement gegen jede Verbesserung, das 50er-Jahre-Aufbaukonzept (was hier ja nicht das allerschlechteste war..aber eben bei weitem nicht das beste) vollkommen unkritisch als heilige Kuh anbetend.


  • Das Problem in Nürnberg sind die Fassaden selbst, die einzelnen Häuser, die außer ihr schönes traufständiges Dach nichts mehr mit der Nürnberger Altstadt zu tun haben. Wie gerne hätte ich 50er Jahre Interpretationen von Fachwerkhäusern gesehen, die Lücken zwischen den rekonstruierten wichtigeren Bauten schließen, aber wie unrealisitisch wär dies doch, angesicht des so verständlichen Wunsches nie wieder so eine fatalistische Zerstörung zu erleben, wie es bei Fachwerkhäusern nunmal der Fall war.
    Jetzt haben die Nürnberger eine Stadt, ihre Stadt, mit ihren schönen Dächern, ihrer Burg und ein paar übriggebliebenen Postkartenensembles, sehen das als Nonplusultra und verkennen wie tot ihre so funktionale Stadt doch ist, weil sie ist, wie sie ist, und stellen sich vehement gegen jede Verbesserung, das 50er-Jahre-Aufbaukonzept (was hier ja nicht das allerschlechteste war..aber eben bei weitem nicht das beste) vollkommen unkritisch als heilige Kuh anbetend.

    Genau, so ist es!

  • Was hat es eigentlich mit dem Wohnturm am Hauptmarkt auf sich? ich habe hier komischerweise, auch bei Recherchen im Bildarchiv, niemals irgendwelche aussagekräftigen Darstellungen finden können... Hat denn jemand ein Bild, Gemälde o.a.? Das würde mich einmal sehr interessieren. :)

  • Ach, wir haben doch darüber jahrelang gesprochen. Würde man diese 50er Jahre Bauten mit Kalkputz und Sprossenfenster verbessern, bräuchte man keine Rekos.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Es sind interessante Aspekte zum Vorschein gekommen, und man merkt, dass es zwei Lager gibt. Das eine, das eher weitere bedeutende Einzelbaudenkmäler als Initialzündungen rekonstruieren möchte, und das andere, das eher die bestehenden "Traditionsinseln" (unabhängig vom genau definierten Begriff) weiterpflegen und allenfalls vergrössern möchte. Jedenfalls kann kein bestehender Weg von Rekonstruktionsplanungen in anderen Städten übernommen werden, in Nürnberg müsste ein eigener Weg "erfunden" werden. Vielleicht lohnt sich hierzu ein eigener Thread mit dem Titel "Rekonstruktionsvorschläge für Nürnberg". Nur sollten dann die Vorschläge auch untermauert werden, und nicht bloss als Wunschliste aufgelistet werden.

    Zur Zeit gibt es aber eine andere Problematik in Nürnberg: Für die Altstadt gibt es ja spezielle Bauvorschriften, und wie überall wird von Wirtschaftsseite her eine Lockerung dieser Bestimmungen gefordert. Ich bin da nur oberflächlich informiert, aber meines Wissens sind nun einzelne Zonen vorgeschlagen worden, bei denen weiterhin strengere Bauvorschriften gelten sollen, und andere Altstadtbereiche, wo diese gelockert werden sollen. Für uns also eher ein Rückschritt...


    @ Grimminger

    In Nürnberg gab es mehrere Reste von Wohntürmen, die aber nur als Stümpfe in Altstadthäusern überdauert hatten. Nebst dem Nassauerhaus gab es eben noch einen Wohnturm am Hauptmarkt und einen am Egidienplatz (unterhalb des Pellerhauses).
    http://www.bildindex.de/bilder/mi07678a13a.jpeg (Hauptmarkt, unterhalb der Türme von St. Sebaldt, mit kleinem, mittigem Dreiecksgiebel)
    http://www.bildindex.de/bilder/mi02565g02a.jpeg (Egidienplatz, rechter Bildrand, mit kronenartigem Abschluss)