• ….und der Verfasser des Kommentars hat völlig recht: es werden nicht mehr original erhaltene Bauten. Denn auch wenn man mit Rekonstruktionen beginnt, erhöht sich die Zahl der original erhaltenen Altbauten dadurch nicht. Der Autor macht in diesem Text weder eine Aussage für, noch gegen Rekonstruktionen. Denn es geht darin um die Restaurierung noch vorhandener alter Bausubstanz.

    Ja man hätte mehr rekonstruieren könnte und könnte es immer noch. Aber so lange niemand die Initiative ergreift wird daraus nichts und es entsteht weiterhin jener Investorenschrott mit Wurmlöchern, Riesenbalkonen, Flachdächern und Plastefenstern etc. oder auch jene Funierplattenbauten, die ein Gemeinschaftswerk von Corbusier und Speer darstellen könnten

    Wer diese Situation aber nicht mehr länger hinnehmen möchte, und wem es nicht paßt daß die Altstadtfreunde sich nicht mit Rekonstruktionen befassen – der möge dann doch bitte eine Vereinigung „Altstadtfreunde II“ aus der Taufe heben, welche die Brachflächen in der Altstadt erwirbt und darauf, sei es mit Hilfe von Spendengeldern, Investoren oder öffentlichen Zuschüssen, oder sonstigen Geldquellen, die Originalbebauung rekonstruiert.

    Das klingt zwar sehr harsch formuliert, aber anders wird das wohl kaum funktionieren. Ohne eine lokale Vereinigung, die sich für Wiederaufbauten abgerissener oder kriegszerstörter Baudenkmäler einsetzt, wird sich da nichts zu tun. Die breite Bevölkerung muß halt auch erst mal aufgerüttelt werden. Einer bestehenden Vereinigung, die sich mit der Restauration und Erhaltung von Bestandsbauten befaßt, dann aber in den Rücken zu fallen, ist jedoch eher destruktiv.

  • Zitat von "Altbaufreund"

    ….und der Verfasser des Kommentars hat völlig recht: es werden nicht mehr original erhaltene Bauten.

    Na, ob er das im vollen Bewußtsein eines möglichen Wiederaufbaus so formuliert hat, darüber kann man sich streiten. Ich denke ja eher, daß der Verfasser die Möglichkeit von Rekonstruktionen erst gar nicht in Betracht gezogen hat.

    Zitat

    Die breite Bevölkerung muß halt auch erst mal aufgerüttelt werden.

    Und wer soll das übernehmen?

    Zitat


    Wer diese Situation aber nicht mehr länger hinnehmen möchte, und wem es nicht paßt daß die Altstadtfreunde sich nicht mit Rekonstruktionen befassen – der möge dann doch bitte eine Vereinigung „Altstadtfreunde II“ aus der Taufe heben

    Zum Beispiel Du. ;)

    Zitat

    Einer bestehenden Vereinigung, die sich mit der Restauration und Erhaltung von Bestandsbauten befaßt, dann aber in den Rücken zu fallen, ist jedoch eher destruktiv.

    Kritisieren ist nicht gleich "in den Rücken fallen".

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat

    Am Ende im Welserhof fasst Laura ihre Meinung kurz und knapp zusammen: »Das Alte finde ich hübscher.

    Offenbar sind die Kinder klüger als die Altstadtfreunde.
    Diesen Verein kann man offenbar wirklich vergessen. So eine Bande von Realitätsverweigerern und Schönfärbern...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • ^ Dito. Am schärfsten fand ich das hier:

    Zitat

    Wiederaufbau geglückt: Mit dieser Fassade an der Fleischbrücke sind die Altstadtfreunde zufrieden.


    Wenn's nicht so traurig wär, würd ich mich vor Lachen kringeln... :augenrollen:

    Wie kann man diese grau melierten Herren bloß davon überzeugen, dass Nürnberg dringend einige Rekonstruktionen nötig hat?

  • Weil ich gerade in einem dunklen Anfall von Selbsthass (oder ist es Masochismus) zenos Link (bingmaps) - du weißt nicht, was du damit anrichtest, zeno - weiterverfolgt habe, zwei Fragen:
    Ecke Füll/Albrecht Dürer Straße - steht da tatsächlich noch ein edles Alt-Nürnberger Giebelhaus?
    Und was hat es mit dem schmalen Giebel zwischen den zusammenlaufenden Straßenzügen Irrerstraße/Weißgerbergasse auf sich?
    Kann mich an so viel Schönheit gar nicht mehr erinnern.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "erbsenzaehler"

    ^ Dito. Am schärfsten fand ich das hier:


    Wenn's nicht so traurig wär, würd ich mich vor Lachen kringeln... :augenrollen:
    Wie kann man diese grau melierten Herren bloß davon überzeugen, dass Nürnberg dringend einige Rekonstruktionen nötig hat?

    Zitat von "ursus carpaticus"


    Offenbar sind die Kinder klüger als die Altstadtfreunde.
    Diesen Verein kann man offenbar wirklich vergessen. So eine Bande von Realitätsverweigerern und Schönfärbern...

    Volle Zustimmung "Erbsenzaehler" und "ursus carpaticus". Diesen Bau als geglückten Wiederaufbau zu feiern, ist ein Hohn für eine Stadt wie Nürnberg. Womöglich wäre der Bau in einem Vorort von Bochum gelungen, ansonsten passt er aber nicht in die fränkische Metropole. Offenbar haben die Altstadtfreunde einfach ihren Zenit überschritten und raffen die Zeichen und Chancen der Zeit nicht mehr. Müssen wir warten, bis die kleine Laura und ihre Freunde das Heft endlich in die Hand nehmen?

  • Also ich war ja bis dato nur einmal in Nürnberg (und aufgrund des wenig ansprechenden Stadtbildes wird es auch dabei bleiben), aber abgesehen vom Pellerhaus müsste es doch hier über kurz oder lang möglich sein, dass ein Bauherr sich einmal an eine Rekonstruktion wagt? Dominoeffekt...

  • Ich habe jetzt eine Weile die Geschehnisse in der fränkischen Großstadt verfolgt. An dieser Stelle mal ein großes Dankeschön an alle die da regelmäßig Bericht erstatten, gute Arbeit!

    Nun finde ich aber mitunter sehr erschreckend, was dort passiert. In Nürnberg ist man noch meilenweit von halbwegs stimmigen, stadtbildverträglichen Neubauten wie etwa in Berlin entfernt. Und von großflächigen (auch geplanten) Rekonstruktionen wie in Dresden, Potsdam oder Frankfurt ganz zu schweigen. Stattdessen wird die Stadt weiter aktiv mit banalstem Kisten-Einerlei verschandelt, das jedwede Regionaltypik vermissen lässt. Mich stimmt das traurig. Halten wir uns doch vor Augen, dass dies einmal eine der großartigsten mittelalterlichen Altstädte Europas war, die hier so traktiert wird. Nach dem vgl.weise gelungenen Wiederaufbau in der Nachkriegszeit hält man es heute offenbar für geboten, vorallem der Altstadt genügend modernistische "Kontraste" hinzuzufügen, damit man endlich den Anschluss an "zeitgemäße" Städte finden könne.

    (Zu weiteren erschreckenden Neubauten, wie etwa dem geplanten Augustinerhof, siehe auch: Nürnberg - Themenübersicht)


    Ich sehe nur einen Ausweg aus dieser Zwickmühle: Eine Gestaltungssatzung für das alte Nürnberg innerhalb der (ehemaligen) Stadtbefestigung, evtl. auch darüber hinaus. Materialien, Dachneigung, Fensteranordnung und -größe, Parzellierung, Erdgeschossgestaltung - all dies muss festgelegt werden. Anders geht es offenbar nicht, Nürnberg wird überrollt von penetranten Bauklötzen. Für bestimmte Grundstücke müssen mittelfristig Rekonstruktionen angestrebt werden. Ein Leitbau-Konzept wäre hier eine Option. Es müssen dafür private Investoren gefunden werden, mit Spenden allein ist das nicht zu schultern. Auch die Altstadtfreunde Nürnbergs sollten mit eingebunden werden.

    Wie könnte eine solche Gestaltungssatzung aussehen? Existiert solch eine gar, wird aber sträflich missachtet (was mich doch sehr überraschte)? Welche Bauten gehörten unbedingt rekonstruiert? Was sind noch für Spolien vorhanden? Wie könnten angepasste Neubauten in der Nürnberger Altstadt aussehen? Wie lassen sich dafür Investoren & Bürger der Stadt gewinnen?

    Ich freue mich auf eine angeregte & zielorientierte Diskussion. Wir wollen zeigen, dass wir hier nicht nur quatschen können, sondern auch etwas voranbringen! 8)

  • Nun, ich hab meinen Pessimismus, was Nürnberg betrifft schon zu oft geäußert.
    ME hilft da keine Gestaltungssatzung mehr, sondern nur noch Flächenabrisse.
    Avant de construire il faut detruire.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • erbse

    Naja, Interesse bestünde sicher, aber wenn man es realistisch betrachtet…

    Das einzige, was diese Stadt in weiten Teilen wirklich noch retten könnte, ist das, was Ursus schon schrieb: Abriss und zwar „klotzen nicht kleckern“! Außerdem könnte der Pellerhof eventuell zu einem Umdenken führen…hoffentlich. Und die Altstadtfreunde müssten endlich einmal den notwendigen Schwenk in Richtung Rekonstruktion vollziehen!!! Ein Studienkollege aus Nürnberg, der mit den Altstadtfreunden öfters zusammenarbeitet hat berichtet, dass sich deren Häuser wunderbar vermieten lassen. Es kommen dort mehrere Interessenten auf freiwerdende Bestandseinheiten. Eine Nachfrage nach historischen Häusern besteht also in der Altstadt.

    Der beibehaltene Stadtgrundriss ist jedoch eine Vorgabe für eine – architektonisch – hochwertigere Zeit.

  • Im Prinzip würde ich Exilwiener zustimmen. Die Idee einer Gestaltungssatzung ist zwar richtig und wichtig (und wird in Nürnberg auch diskutiert).
    Das Problem ist nur: Was in Nürnberg im Augenblick politisch durchsetzbar ist, entspräche nicht unserem Anliegen (sondern hätte möglicherweise eher einen gegenteiligen Effekt). Und was unserem Anliegen entspräche (etwa eine Gestaltungssatzung à la Frankfurter Dom-Römer-Areal), ist zur Zeit in Nürnberg politisch nicht durchsetzbar.

    Was die anderen Punkte angeht, kann man die durchaus diskutieren und ich fände es auch wichtig, das zu tun.
    Alleine, wie will man eine Frage wie "Wie lassen sich dafür Investoren & Bürger der Stadt gewinnen?" diskutieren ohne die Situation vor Ort zu kennen. Ich habe nun beinahe zwei Jahre im Raum Nürnberg gelebt (derzeit nur sporadisch dort) und habe immer noch nicht wirklich verstanden, was da zwischen den Akteuren (Stadt, Investoren, Architekten) eigentlich abläuft, wie die Eigentumsverhältnisse sind, welche der alteingesessenen "Baulöwen", innerstädtischen "Großgrundbesitzern" und Großinvestoren da in welcher Hinsicht wozu das sagen haben usw.

    Insofern ist für Außenstehende eigentlich nur die Frage: "Welche Bauten gehörten unbedingt rekonstruiert? " sinnvoll diskutierbar.
    Und selbst da sind tausend Empfindlichkeiten zu beachten, da die ganzen 50'iger und 60'iger-Jahre-Häuser im Bereich der ehemaligen Altstadt größtenteils im Privatbesitz sind und die Besitzer sich schön bedanken werden, wenn man von Neubrandenburg, Stuttgart oder Dresden aus den Abriß ihres von ihrem Vater oder Opa vor 60 Jahren eigenhändig anstelle seines zerstörten mittelalterlichen Gebäudes gebauten Hauses und dessen Ersetzung durch eine Rekonstruktion des Vorkriegsgebäudes fordert (paradoxerweise ist die Situation in Städten wie Frankfurt und Dresden, wo letztlich für den Wiederaufbau großflächig enteignet wurde, heute für Rekonstruktionsprojekte wesentlich günstiger als z.B. in Nürnberg, wo das nicht geschehen ist). Manche würden das vielleicht sogar: aber wer finanziert ihnen das dann?!
    Ohne eine penibel genaue Kenntnis der Besitzverhältnisse im Altstadtbereich ist eine solche Diskussion daher kaum in einer Weise zu führen, die nicht sehr schnell kontraproduktiv würde.
    Sorry, aber das musste ich in Nürnberg auch alles erst mühsam lernen.

  • Hallo Leute,

    ich wollte nur kurz darauf verweisen, was ich gestern schockierenderweise gelesen hab. Am Wöhrder See wird in einer Gegend, die gar nicht mal so eng bebaut ist als daß man dafür gleich etwas abreißen muß, wohl bald wieder ein Altbau fallen. Ich finde es unmöglich, wie die Stadt mit ihrer historischen Substanz umgeht. Nicht daß schon mehr als die Hälfte der Stadt im Krieg zerstört wurde, nein, man muß heute mit guten Investoren Altbauten vernichten und jeden noch so gut austauschbaren Betonklotz hinsetzen. :boese:

    Die Diskussion ist hier zu beobachten:
    http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showthread.php?t=8961\r
    http://www.deutsches-architektur-forum. ... php?t=8961

    Das hier ist der geplante Neubau:
    http://www.gmp-architekten.de/index.php?id=6&no_cache=1
    ("01.04.10 gmp gewinnt 1. Preis für den Bau des Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg")

    Und hier der Altbau (es handelt sich um den linken, leicht gelblichen Bau):
    http://img697.imageshack.us/i/veilhof2.jpg/\r
    img697.imageshack.us/i/veilhof2.jpg/

    Grüße aus der Stadt, die verblendet ist vor lauter Moderne.

  • Nabend Jungens!!!

    ich könnte mir vorstellen, dass sich viele freuen würden, wenn das Haus ihrer Großväter wiedererstehen würde. Außerdem ist die nürnberger Altstadt in vielen Teilen bedeutsam für die gesamte deutsche und europäische Kulteur, so dass man prüfen sollte ob nicht eine Sache des Bundes bzw. der EU vorliegt.

  • Ich hab mit N. nichts zu schaffen und kenne daher auch die Situation vor Ort nicht.
    Aus der Distanz besehen, so wie sich die Lage hier im Forum darstellt, würde ich danach trachten, eine möglichst starke Gegenbewegung zu den Altstadtfreunden aufzubauen und ihnen möglichst viele Mitglieder abzuwerben, da mit deren ideologisch verbrämter Führungsriege offenbar wirklich kein Staat zu machen ist. Sodann bliebe mE keine andere Möglichkeit, als Spenden zu sammeln, und auf einer zu erwerbenden (wohl x-beliebigen) Altstadtbrache den Neuaufbau des, sagen wir, Toplerhauses zu betreiben. Die Wirkung wäre sicher enorm, und über kurz oder lang wäre es mit den alten Altstadtfreunden vorbei.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Naja, die Altstadtfreunde sind eine Autorität in Nürnbersch. Aber Du hast sicher Recht, dass einmal jemand (ein noch zu bildender Verein oder so) mit der Reko des Toplerhauses quasi als Initial starten müsste. Die Mehrheit der Nürnberger und der Altstadtfreunde wäre sicherlich dafür und dadurch käme ein ideologisches und/aber auch notwendiges Umdenken zustande.

    Außerdem werden einmal die wenigen noch vorhandenen Altstadthäuser gerettet und saniert sein (wann auch immer) und dann stellt sich sowieso die Frage: Wie weiter? Antwort: via (notwendiger) Rekonstruktionen!

  • Zitat von "Exilwiener"

    Aber Du hast sicher Recht, dass einmal jemand (ein noch zu bildender Verein oder so) mit der Reko des Toplerhauses quasi als Initial starten müsste. Die Mehrheit der Nürnberger und der Altstadtfreunde wäre sicherlich dafür und dadurch käme ein ideologisches und/aber auch notwendiges Umdenken zustande.

    Also ich bin auch sehr für das Toplerhaus...Aber leider nur steht an seiner Stelle ein langweiliger, aber intakter Nachkriegsbau.

    Macht doch das arme Nürnberg hier nicht so nieder. Gemessen am Rest in Westdeutschland, wurde hier doch ne Menge erhalten und wiederhergestellt.

    Das Glas ist halbvoll und nicht halbleer in Nürnberg.

    Wenn überhaupt wird man nur einzelne, sehr hochwertige Bauten rekonstruieren können. Quasi "Leitbauten" nachdem die angepaßten Neubauten schon längst errichtet worden sind - und nicht umgekehrt wie in Potsdam oder Dresden.

    Das mit dem Toplerhaus halte aber auch ich für 'ne gute Idee, da dort die Umgebung und der Städtebau noch relativ intakt sind.

    Das Einzigartige, was diese Stadt einmal war, werdet ihr aber nie mehr wiederkriegen. Kein Mensch wird dort die großen verdorbenen Viertel für Rekos abreißen...

  • Zitat von "Oktavian"


    Macht doch das arme Nürnberg hier nicht so nieder. Gemessen am Rest in Westdeutschland, wurde hier doch ne Menge erhalten und wiederhergestellt.

    Das Glas ist halbvoll und nicht halbleer in Nürnberg.

    Nein, da bin ich gar nicht deiner Meinung. Nürnberg ist für mich das Letzte, das Schändlichste, was die Wirtschaftswunderwiederaufbauzeit so aus dem Boden gestampft hat.
    Natürlich spielt bei dieser Beurteilung auch das Ausmaß des Verlustes, also das früher Vorhandene eine Rolle.
    Der Standort Nürnberg hätte halt eine andere Herangehensweise als zB Duisburg oder Bochum erfordert. Sicher ist der Kaufhof zwischen Mauthalle und Nassauerhaus nicht übler als Vergleichbares in Recklinghausen, wenn dir das ein Trost ist.
    Und was wurde hier bitte an Bürgerbauten 'erhalten oder wiederhergestellt'?
    Kein einziges Haus wurde rekonstruiert, ich meine, dies allein spricht Bände. Dafür wurden knappe 100 mehr oder weniger erhaltene Altstadthäuser abgerissen, ungezählt der stehen gebliebenen Fassaden, wie etwa jener des Fleischerhauses.
    Kein einziger Straßenzug, und sei er noch so vergleichsweise erhalten gewesen, präsentiert sich heute störungsfrei.
    Nein, was N. betrifft, so ist das Glas nicht halb, sondern ganz leer. Wirklich nur mehr das Glas ist da, die leere Hülle. Dieser 'Wiederaufbau' verdient nur Verachtung und Abscheu. So infernalisch und niedertächtig die Zerstörung war, so barbarisch die Nachkriegszeit.
    Du sprichst selbst von den großen verdorbenen Vierteln. Gibt es in N. etwa ein nichtverdorbenes Viertel?
    Was in N. zwar verdorben, aber noch irgendwie akzeptabel ist, war schlicht einigermaßen erhalten geblieben.
    Selbst neben dem Dürer Haus haben sie etwas vollends Abstoßendes hingeknallt. Sogar den Unschlittplatz wollten diese Wirtschaftswunderbarbaren abreißen, nur eine Bürgerbewegung hat das verhindert. Die dortigen Bausünden reichen jedoch auch so aus.
    Nein, für mich ist es besser, N. als komplett verloren zu betrachten und die Stadt aus der Liste meiner potentiellen Reiseziele zu streichen. Es ist einfach besser so, gerade, weil ich N., bzw das Bild, die Vorstellung von der alten Stadt habe, so sehr mag. Wenn ich mich ärgern will, genügen die zig anderen verschandelten BRD-Städte vollauf.
    Nur in Anbetracht dieser Hoffnungslosigkeit war mein Vorschlag, das Toplerhaus an x-beliebiger Stelle neu entstehen zu lassen, zu verstehen (was ich normalerweise eher ablehnen würde). Aber in dieser dementen und charakterlosen Stadt, wo der inferiore Nachfolgebau wahrscheinlich ohnehin unter Denkmalschutz steht, ist eine Reko in situ wohl von vornherein aussichtslos. Daher wäre es notwendig, diesen blinden, selbstgefälligen fränkischen äh... ein Substantiv lasse ich jetzt wohl besser aus, einfach irgendetwas von dem, was früher war, zu zeigen, etwas, dessen Verlust ihren saturierten Gehirnen nicht einmal bewusst geworden ist.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich finde da übertreibst du jetzt maßlos.

    Also mit dieser "Nur-das-total-Historische-zählt"-Einstellung noch mit dieser Art von Formulierungen wirst du weder eine erfolreiche Bürgerinitiative gründen, noch deren Ziele bei Wirtschaft und Politik umsetzen können.
    Glaub mir, ich weiß wovon ich rede...

    Deutschland hat einen unbeschreiblich grausamen Krieg vom Zaun gebrochen und hat bitter, bitter dafür bezahlt.

    Ich bin froh, daß es trotz aller Bausünden noch und wieder (halbwegs) schöne Städte in Deutschland gibt. Und ich freue mich über jede einzelne Reko, wo auch immer, die entsteht und über jeden Neubau der sich halbwegs gut einfügt.

    Du kannst einfach nicht mehr vom Zustand Deutschlands von vor 1945 ausgehen - das ist nun einmal Fakt

  • Hm. Ich stehe da doch eher auf Ursus' Standpunkt, der schreibt:

    Zitat

    So infernalisch und niedertächtig die Zerstörung war, so barbarisch die Nachkriegszeit.

    Oktavian gibt einfach die Meinung der Stadtoberen und Altstadtfreunden wieder. Dächten wir alle so, so verlierte das Forum seine raison d'être.

    Die Annäherung an die Qualität des Vorkriegsstadtbildes durch Rekonstruktion und guten traditionellen Neubauten scheint mir das zu sein, worum sich hier doch alles dreht. Und nicht nur bezüglich Nürnberg.
    Nachdem die Chance, das Fleischhaus zu rekonstruieren, vertan ist, sollten sich alle, die sich um Reparatur des Stadtbildes kümmern, in Nürnberg auf die vollständige Rekonstruktion des Pellerhauses und Toplerhauses konzentrieren. Erst durch diese beiden Häuser, die in einer anderen Stadt längst rekonstruiert worden wären, wird die Besonderheit Nürnbergs wieder etwas sichtbar werden.
    Heute ist Nürnberg gegenüber Bamberg, Regensburg und in dieser Form in der Zukunft selbst gegenüber [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] einfach mittelmäßig!
    Und das ist eine große Schande.


    Frankreich hat die Napoleonischen Kriege vom Zaun gebrochen, die halbe Welt kolonisiert und Mitteleuropa zerstückelt. Es hat sie sehr zum Vorteil gereicht. Soviel zum moralischen Gehalt des Weltgeschehens und vor allem der Weltgeschichte, ohne jetzt irgendetwas unzulässig vergleichen zu wollen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES