Hamburg - Störtebeker-Haus

  • Hier aus dem Ritz-Carlton... Ich finde es einfach schrecklich!

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Die Säulen im Ritz-Carlton sind so schrecklich weil die Proportionen nicht passen. Die Aufzüge sind kein Kitsch sondern geschmackvoll. Findest du die dreiteiligen Metalltüren besser?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Däne, ähnliches habe ich ja auch schon geschrieben. :zwinkern:
    Damit es wirklich "geschmackvoll ausschaut" muss echt noch eine
    Menge gemacht werden. Es reicht meiner Meinung nach nicht,
    Carrara-Marmor irgendwie zu verbauen. Es muss ästhetisch ausschauen
    und es muss zu den anderen Materialien passen.
    Der Aufzug könnte im übrigen vom Stil her in die miefigen 50er
    Jahre hineinpassen.
    Wenn der Vermieter wirklich was für trad. Architektur machen möchte,
    so sollte er die Mieteinahmen direkt wieder in das Störtebekerhaus
    investieren. Wie ich schon schrieb: Auch unter dem Armani-Anzug
    sollte es nett ausschauen... :boeseslachen:

  • Dass ist natürlich eine Geschmacksfrage. Aber ich mag nun einfach lieber hellere und einfachere Interieurs (in Dänemark ist es sowieso der Stil). Ich werde versuchen ein Paar Bilder zu finden um es mal zu illustrieren. Ich finde es aber problematisch, wenn das Innere und das Äussere nicht zusammenpassen. Z.B. beim Ritz-Carlton: Aussen 30er Jahre/Art Déco (mag ich eigentlich ganz gut), Innen super-Kitsch à la Vegas oder Ludwig der 2.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Ist ist nur im 0,5 OG so schlimm...Im EG und im Festsaal sind die Säulen 3-5x so hoch es wirkt gleich ganz anders. Außerdem sehen die echten 30er-Jahrebauten im inneren auch so aus.

    Was ich besonders frustrierend find ist das ehem. Four Seasons (weiß nicht, was heute drin ist) von Kliehues: Ein äußerlich moderner Bau (an sich nicht Mal unbedingt SO schlimm) und drinnen voll mit Biedermeier-Stuck und -Deko (Kamin, Porzellanfiguren, Sessel etc.). Wieso nicht etw. weniger davon drinnen und mehr davon draußen :augenrollen: ?!?!

  • Ich kam vor einigen Monaten zufällig am Störtebekerhaus vorbei und wäre vor Überraschung bald vom Fahrrad gefallen. Habe gleich ein paar Fotos gemacht, die ich reinstellen werde, sobald ich wieder Zeit habe.
    Die Ecke, an der das Haus steht, ist natürlich schon sehr unwirtlich und ein treffliches Beispiel für den Niedergang Hammerbrooks als Folge des Bombenhagels. Aber das Haus wird ja seine eigene Infrastruktur im Erdgeschoß mitbringen. Und in direkter Nähe ist tatsächlich ein kleines Wohngebiet, so daß diese wohl auch von Anwohnern genutzt werden wird.
    Abgesehen davon gibt es auch politisch-historische Gründe, den Standort zu unterstützen. Aber dies ist ja kein Politikforum; ohne das jetzt also weiter ausführen zu wollen, erinnere ich nur daran, daß in Hammerbrook noch 1932 zu 70% "rot" gewählt wurde und die Nazis bereits geplant hatten, das Gebiet "wegzusanieren". An diesem tragischen Ort wieder etwas ansehnliches entstehen zu lassen, ist doch einiges wert.

    edit: das Haus steht zwar in Hamm, aber das Gebiet südlich der Eiffestraße ist bis dorthin städtebaulich ein Stück.

    Was ich mich noch frage, ist, warum bei der Webpräsenz des Hauses als Foto des Altzustandes 20er-Jahre-Bauten zu sehen sind und nicht die viel typischeren Gründerzeithäuser. Der Kontrast zu heute sieht so geringer aus, als er ist, denn diese Bauten nahmen schon einige der Nachteile der wiederaufgebauten Stadtstruktur vorweg (u.a. kaum Ladenzeilen, geringeres Gefühl von Urbanität, optisch weniger ansprechend).

  • Danke für das Up-Date! Schlimm, diese Gegend...Als ich danach gesucht habe, bin ich ja erst in die flasche Richtung eingebogen, wo es im Grunde ganz gut und lebendig aussah...Aber dort ist ja wirklich tote Hose...Schade, dass so ein Gebäude in so einer Gegend steht. wo es wohl kaum die gebührende Aufmerksamkeit erhalten wird.

    Ist da schon das poln. Konsulat eigezogen...?
    http://leitseite.net/albums/hh_03/p3243308.jpg

  • vielen dank für die neuesten bilder, haussmann,

    das gebäude wird mit abschluß der arbeiten an den säulen in dieser umgebung, aber auch an anderen stellen einer modernistischen stadt, sicher ein positives beispiel mit vorbildcharakter abgeben. natürlich sieht man einige schwerpunkte bei der ornamentierung, auf die man an anderer stelle verzichtet hat. hier verbinden sich elemente der gründerzeit und norddeutschem klinkerbau.

    aber:

    sehr vernachlässigt hat man dagegen die fenstergestaltung, sowohl in der lochfassade als auch in den bögen. fehlende und stilistisch schlecht gestaltete versprossung lassen das an sich eindrucksvolle gebäude lange nicht so harmonisch erscheinen, wie es sein könnte.

    das ist sehr schade, zumal sich daran in absehbarer zeit auch nicht wieder etwas ändern wird.

    ich beobachte immer wieder, wie wenig auf die fenstergestaltung geachtet wird. dabei ist diese so entscheindend für die gesamtwirkung eines gebäudes. "die augen" des hauses sind wohl der wichtigste aspekt.

    selbst eine rasterfassade kann man beispielweise mit der umwandlung zu einer (echten) lochfassade und einer vernünftigen versprossung einen ansehnlichen eindruck verleihen. das hat man hier leider auch verpasst.

    ansonsten aber sicher der schritt in die richtige richtung.
    :applaus:

  • Ich schließe mich dem Dank an Haussmann an, auch wenn das Fehlen der urbanen Atmosphäre, wie auch von Haussmann angeprangert, das Betrachten teilweise zur Qual macht.

    Zitat von "Stefan"

    sehr vernachlässigt hat man dagegen die fenstergestaltung, sowohl in der lochfassade als auch in den bögen. fehlende und stilistisch schlecht gestaltete versprossung lassen das an sich eindrucksvolle gebäude lange nicht so harmonisch erscheinen, wie es sein könnte.

    Das ist auch mir als erstes aufgefallen ( Themenstrang: Fenster - die Augen des Hauses R.I.P. )
    Tatsächlich fehlt eine Versprossung sogar gänzlich, da die horizontale Sprosse in Wirklichkeit eine nicht mehr zum Fenster gehörende Brüstungsstange ist, die dort wohl aus Sicherheitsgründen angebracht wurde.
    Umgedrehte Fensterkreuze, wie es hier den Anschein hat, sind aber dennoch oft die Regel, was bedauerlich ist.
    Wie ich höre, verdoppeln sich die Kosten bei einem Zweiflügeligen Fenster jedoch, da der Fertigungsaufwand doppelt so groß ist.

    Schnellveränderung meinerseits:

    Haussmanns Originalaufnahme:

  • Prokovjev:

    gut gemeint, aber in der ausführung sollte die mittlere vertikale und die oberste horizontale (z.b) in ihrer dimensionierung schon breiter ausfallen.
    man kann solch eine ausführung auch als einscheibenverglasung wählen, wenngleich eine echte versprossung zu bevorzugen ist, da sie auch lüftungstechnisch ihre vorteile hat.

    ich denke ohnehin nicht, dass man bei diesem gebäude aus kostengründe darauf verzichtet hat, sondern weil man andere schwerpunkte gesetzt hat oder der bauherr in dieser richtung nicht beraten wurde, leider.

  • Also das Eckhaus auf Bild Nr. 8,
    das auf einer Seite noch eine prächtige
    Altbaufassade besitzt, während der Rest
    im kreativlosen 60er-Jahre Stil neu gebaut
    wurde, stellt für mich der Gipfel der
    Geschmacklosigkeit dar, und übertrifft alle
    entstellte historische Gebäude, die ich
    bist jetzt zu Gesicht bekam :gehtsnoch:

  • Naja.... es ist ja keine Entstellung im eigentlichen Sinne sondern zwei verschiedene Häuser, wobei hier ein Eckhaus im Patschke-Stil deutlich besser aussehen würde. Der Altbau ist aber einfach traumhaft....

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "haussmann"

    So, ich habe bei dem schönen Wetter gestern die erste kleine Radtour dieses Jahres unternommen und wie immer einige Bilder gemacht, u.a. auch vom Störtebekerhaus und seiner Umgebung:

    http://leitseite.net/gallery/view_p…_03&id=p3243290

    Schöne Fotos und herrliche Untertitel. Die Information zu den Fahrzeiten des Buses war schon zum Schmunzeln - aber süss.

    Zur Umgebung braucht man eigentlich nicht viel sagen. Ein Graus in Anbetracht der ersten Skizzen des Neubaus, zu derer Zeit ich nir gedacht hätte, in welch heruntergekommener Gegend gebaut wurde. Hoffentlich ändert sich hier alsbald eine ganze Menge. Unwahrscheinlich jedoch.

    Aber die Fenster sehen wirklich viel zu altenheim-ähnlich aus. Schade, dass hier der Architekt anscheinend kurz weggenickt ist, als er sich mit dem Fensterdesign beschäftigt hat. Wo doch die Fenster die Fassade grundlegend bestimmen!

    :(

  • Zitat von "madmellow"

    Die Information zu den Fahrzeiten des Buses war schon zum Schmunzeln

    Meine gesamte Galerie ist etwas eigentümlich untertitelt, ist wohl irgendwie mein Stil.
    Der Hinweis über die Fahrzeiten ist aber durchaus ernstgemeint. Hamburg ist flächenmäßig schließlich ähnlich groß wie Berlin, aber streckenweise kaum besiedelt. Es gibt genug Plätze im "Stadtgebiet", vor allem südlich der Elbe, an denen man quasi mitten auf dem Dorf ist, so daß ohne Auto kaum etwas geht. Und es gibt Stellen, die nur wenige Kilometer vom Zentrum entfernt sind und von denen es mangels Möglichkeiten, schnell die Elbe zu überqueren, trotzdem eine geschlagene Stunde dauern kann, zur Innenstadt zu kommen (Beispiel: Finkenwerder). Eine gewisse Strukturschwäche, die sich durch verschiedene Dinge ergeben hat, ist da unübersehbar.
    Jene Bushaltestelle ist für den ÖPNV benutzende Besucher des Hauses nicht unwichtig, da die U-Bahn Hammer Kirche mit ca. 1 km Entfernung zwar noch nutzbar, aber zu Fuß etwas weit weg ist (10-15 Minuten). Läge das Haus nur wenige Kilometer weiter südöstlich, würde man ohne Auto bereits ziemlich alt aussehen. Es ist dort oft kilometerweit noch nicht mal möglich, einen Seitenarm der Bille oder Elbe zu überqueren - ich habe inzwischen eine weitere Fahraddtour gemacht (Bilder kommen noch) und mußte einmal umkehren, weil man einfach irgendwo im Nichts landete und keine Brücke zu finden war. Es gibt sogar Punkte, die vom Busnetz überhaupt nicht abgedeckt sind. Vielen Stellen sieht man an, daß die letzte infrastrukturelle Arbeit, die hier verrichtet wurde, die Trümmerräumung nach dem Krieg war.
    Die Unterschrift sollte aussagen, daß das Haus gerade noch im einigermaßen abgedeckten Bereich des ÖPNV liegt. Das Fehlen des dichten Straßenbahnnetzes, das in den 70ern endgültig stillgelegt wurde, wird hier sehr deutlich.

    Bei allem Pessimismus gibt das nahe Wohnviertel, das übrigens sogar noch einen allerdings ziemlich verunstalteten, großen Altbaublock zu haben scheint (soweit ich das mit meiner "Fachkompetenz" sagen kann), aber Anlaß zur Hoffnung: soweit ich das sehen konnte, gibt es keinen einzigen Gastronomiebetrieb in dem Viertel. Das bedeutet, daß etwa ein Restaurant im Störtebekerhaus, wenn man mal von Pizza-Services usw. absieht, keinerlei Konkurrenz hat, es sei denn im eigenen Hause, und so auch außerhalb der Geschäftszeiten der Büros darüber gut besucht sein dürfte.

  • Jetzt wo das Haus so gut wie fertig ist, muss ich sagen:
    Ich würde da nie im Leben mieten! Verstaubte Architektur ist bei diesem Projekt noch nicht einmal das schlimmste, dazu kommt noch eine furchtbare Lage. Das ganze wird gepaart mit überteuerten Mieten. Jeder Unternehmer der Stil beweist, mietet in der City, Hafen-City (und Speicherstadt) oder an vergleichbaren Standorten, aber bestimmt nicht da!!! Die Architekten müssen blind sein, obwohl eigentlich ist der Bauherr der Trottel, schließlich bezahlt er den Mist.