• Massive, sehr nachvollziehbare Kritik von Stefan Braunfels am Siegerentwurf:
    "Der größte Aldi von Berlin" :lachen:

    Das ganze Interview mit Braunfels bei Deutschlandradio Kultur, klick >> hier

  • Werden Wettbewerbe unter Zeitdruck durchgeführt, so wie in diesem Fall, kommt es offenbar immer wieder mal vor, dass kein einziger der eingereichten Entwürfe wirklich brillant ist und man sich dann eben notgedrungen für den am wenigsten schädlichen Entwurf entscheidet. Die Jury ist froh, wenn man diesem dann doch noch Genialität oder wenigstens Originalität bescheinigen kann (letzteres kann man dem HdM-Entwurf sicherlich nicht absprechen), eine gewisse materialmäßige Qualität und ein ansprechendes Inneres zu erwarten ist.
    Öffentliche Bauvorhaben, die als Luxusobjekte verstanden werden (wie Kulturbauten), d.h. keine zwingende Nutzungserfordernis vorweisen können, können jederzeit nach einem Regierungswechsel oder einer politischen/finanziellen Krise kassiert werden (siehe Humboldtforum, 2010 während der Griechenland-Schuldenkrise für Jahre auf Eis gelegt) und man tut gut daran, möglichst schnell einen Point of no return in der Realisierung zu erreichen. Ein jahrzehntelanges Auswahlverfahren wie zB beim Hamburger Rathaus war im Fall der Nationalgalerie20 schon deshalb nicht möglich, weil wertvolle Sammlungen abgezogen zu werden drohten.
    Schon der Ideenwettbewerb (sehenswertes Filmchen mittig) hinterließ eine Ahnung, dass hier nichts Gutes bei herauskommen würde. Sieht man sich neben dem 2. und 3. Preis noch die Anerkennungen an, so wird doch klar, dass ein komplett unterirdischer oder irgendwie öd geformter oder sehr unruhig wirkender Bau die noch schlechtere Lösung gewesen wäre.
    Meine letzte Hoffnung bleibt, dass es hier so gehen mag wie beim Impressionismus in Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts: was zunächst allgemein sehr vehement abgelehnt wird, vermag spätere Generationen doch zu überzeugen und man wundert sich über die früher empfundene Abscheu. Auch mir ist dies in meinem bisherigen Leben mit einzelnen Neubauten so ergangen. Es sind leider die komplette Banalität und die erschreckenden Assoziationen nach der Form des HdM-Baus, die mich pessimistisch stimmen.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

    Einmal editiert, zuletzt von Snork (28. Oktober 2016 um 17:37)

  • Meine letzte Hoffnung bleibt, dass es hier so gehen mag wie beim Impressionismus in Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts: was zunächst allgemein sehr vehement abgelehnt wird, vermag spätere Generationen doch zu überzeugen und man wundert sich über die früher empfundene Abscheu. Auch mir ist dies in meinem bisherigen Leben mit einzelnen Neubauten so ergangen. Es sind leider die komplette Banalität und die erschreckenden Assoziationen nach der Form des HdM-Baus, die mich pessimistisch stimmen.

    Dann scheinst Du allerdings jede Hoffnung auf eine Veränderung der Verhältnisse aufgegeben zu haben. Denn nur darauf zu hoffen, dass man das, was man heute ablehnt, in einigen Jahrzehnten nachträglich irgendwie abnicken zu können, ist reichlich passiv und setzt allein auf den eigenen Gewöhnungseffekt.

    Der Wettbewerb offenbart das ganze Dilemma der modernen Architektur. Und diese hatte nun fast 100 Jahre Zeit, die nachfolgenden Generationen zu überzeugen. Irgendwie aber ist das, anders als beim Impressionismus, bislang nicht durchschlagend gelungen. Vielmehr hat sie sich totgelaufen. Ich bin nun wahrlich kein Modernist, aber unter der mageren Auswahl der gezeigten Entwürfe hätte ich doch noch am ehesten dem Zweitplatzierten die Realisierung gewünscht. Der Bau scheint zumindest interessant, jedenfalls von innen.

  • Unsere Vertreter der Moderne sind also nicht mal in der Lage, dort ein geniales modernistisches Bauwerk zu erschaffen, wo sie es dürften. Für ein Museum der Moderne hätte man tatsächlich eine konsequent modernistische Architektur benötigt. Und dazu hätte man auch einen Standort wählen sollen, wo dies auch ohne Einschränkungen möglich ist. Hätte man etwas die Spree abwärts irgendwo bei der Daimler Benz Arena geplant, dann könnte man z.B. den spanischen Architekten Calatrava sowas bauen lassen:

    https://farm5.staticflickr.com/4041/4692528302_a03dd60c51_o.jpg

    oder sowas:

    http://www.valencia-cityguide.com/images/attract…lipe/cac01f.jpg

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

    Einmal editiert, zuletzt von Der Münchner (29. Oktober 2016 um 11:42)

  • In der Berliner Morgenpost gibt einen Beitrag 'Pro und Contra' in dem Frau Regula Lüscher und Stephan Braunfels ihre gegensätzlichen Standpunkte darlegen.

    Der Beitrag von Braunfels wird hier so Manchem aus der Seele sprechen, Regula wie immer unbelehrbar!

    MoPo

  • Lüschers Ausführungen über die Bedeutung der Kreuzstruktur der Erschließung des neuen Museumsbaus, über die "künstliche Topographie", die durch breiten Zugang zum Untergeschoss hergestellt wird, über die neue Fassung des Matthäikirchhofs sind ja durchaus nachvollzihbar. Warum aber um alles in der Welt muss dieses Gebäude von einem riesigen bierzeltartigen Satteldach überformt werden, welches die genannten, an sich überzeugenden Strukturen verwischt und ein völlig verfremdendes und verstörendes Architekturbild schafft, das alles mögliche erwarten lässt, nur nicht die von Lüscher so gepriesenen Strukturen. Das Satteldach könnte ohne weiteres durch ein Flachdach ersetzt werden. Wir hätten dann zwar eine riesige Zigarrenkiste, alles andere als eine architektonische Eingebung, aber wenigstens eine Übereinstimmung zwischen der inneren Struktur und dem äußeren Erscheinungsbild.

  • Das Problem an dem HdM-Siegerentwurf ist m.E. nicht die Fassade, sondern das Satteldach. Dieses erst lässt das ganze Gebäude zu kolossal erscheinen und bewirkt die Scheunen-/ Lagerhallenoptik. Auch die Neue Nationalgalerie wird dadurch optisch erdrückt und verliert ihre wunderbare Wirkung als gläsener Tempel auf einem steinernem Podest. Gerade gegenüber der NG ist der HdM-Bau eben nicht zurückhaltend, sondern aufdringlich und erdrückend (vgl. Bild). Eine Veränderung der Dachform des HdM-Baus könnte also viel Positives bewirken.

    Viel Potenzial hat m.E. hingegen die geplante transparente Backstein-Fassade, die HdM schon in London bei der Tate Modern ausprobiert haben. Hier dürften sich interessante, stimmungsvolle (Licht-)Effekte ergeben: Bild 1, Bild 2, Bild 3.


    Verweisen möchte ich auch noch auf einen interessanten Beitrag des SWR zum HdM-Bau, zu finden in der SWR-Mediathek.

  • Hätte man etwas die Spree abwärts irgendwo bei der Daimler Benz Arena geplant
    Äh, spreeaufwärts. Vom Kulturforum spreeabwärts kommt Moabit und Charlottenburg, spreeaufwärts kommt Kreuzberg und dann bald Treptow und Spindlersfeld, wo Platz für Arenen ist.

    Das Problem an dem HdM-Siegerentwurf ist m.E. nicht die Fassade, sondern das Satteldach. Dieses erst lässt das ganze Gebäude zu kolossal erscheinen und bewirkt die Scheunen-/ Lagerhallenoptik.
    Ja, das riesige ungegliederte Satteldach macht es zu einem Riesen-ALDI. Ich finde aber auch die ganze Blockstruktur nicht zufriedenstellend an dieser Stelle mit den Solitärgebäuden, diesen Entwurf mit dem kleeblattartigen Grundriß fand ich besser, weil der auch mehrere Stellen hatte, wo Fußgänger außen verweilen könnten. Das Problem dieser ganzen Gegend ist doch, daß sie für Fußgänger nach wie vor völlig unwirtlich ist, sich niemand außenrum aufhalten MÖCHTE.

  • In der Morgenpost sind jetzt Bilder zahlreicher weiterer Entwürfe für das Museum des 20. Jahrhunderts veröffentlicht worden. Der Leser kann übrigens über seinen Favoriten abstimmen. Eigentlich sind alle Entwürfe verdammt wenig "prickelnd", um es freundlich auszudrücken. :augenrollen:

    Klick >> hier

    Zudem hat gestern das ZDF-Kulturmagazin Aspekte einen Beitrag über den geplanten HdM-Museumsbau gesendet.
    Zur Mediathek klick >> hier
    .

    Einmal editiert, zuletzt von Maecenas (19. November 2016 um 14:22)

  • ich muss zugeben dass ich den Entwurf von Max Dudler zwar nicht so ganz verstehe... finde ihn aber dennoch mit abstand am besten.

    Die meisten anderen Entwürfe sind derart "Menschenfeindlich" dass man sich wirklich fragt was das alles soll. Schon auf den Visualisierungen wirken die reinretuschierten Personen wie Fremdkörper. Am liebsten hätten diese Architekten wohl ohnehin dass man Ihre Gebäude bitte eher nicht betritt sondern nur andächtig aus der ferne betrachtet.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht

  • ich muss zugeben dass ich den Entwurf von Max Dudler zwar nicht so ganz verstehe... finde ihn aber dennoch mit abstand am besten.

    Das sehe ich auch so. Wenn man einen mit dem Bauhaus-Rationalismus der Neuen Nationalgalerie kompatiblen Ergänzungsbaubau schaffen wollte dann wäre der Dudler-Entwurf der in dieser Hinsicht der konsequenteste und harmonischste Entwurf gewesen.

  • Dudlers Turm kommuniziert mit dem Kirchturm, nimmt die senkrechten Lisenen der Nationalgalerie auf und vergrößert sie zum bestimmenden Architekturglied. Dieses Element läßt den Bau allerdings zur 60iger Jahre Retroarchitektur werden (siehe Landtag von BW). Die Baumasse ist aber attraktiv aufgelockert in diverse durchaus harmonisch zueinander stehende Baukörper. Es käme nun auf die Farbgebung der Verkleidung an, so grau wie auf der Visu, nee! Dudler ist doch bekannt für auserlesene Natursteinverkleidungen.
    Einer der wenigen Entwürfe, die keinen Fremdkörper im Viertel darstellen!

    Einmal editiert, zuletzt von SchortschiBähr (20. November 2016 um 12:43)

  • Zu all dem ein Artikel in der 'Zeit':

    "Gerade weil fast alle Bauten auf diesem Platz als Solitäre auftreten, in sich gekehrt und darauf bedacht, das öffentliche Leben aufzusaugen, hatte man gehofft, das neue Museum würde abstrahlen und das Forum vitalisieren. Doch kann man dem Entwurf von Herzog & de Meuron nur Beziehungsunfähigkeit attestieren – er fasst den Platz nicht, er vernichtet ihn."

    Lest weiter!

    Museumsneubau

  • Köstlich erfrischend! Der Artikel sagt, wie es ist: Das Ding muß weg!
    ... anders ausgedrückt, neu inspirieren lassen, neu denken, neu planen, was anderes bauen, also los geht's ihr Berliner, wehrt Euch, damit das geplante Monstrum nicht alles um sich herum erschlagen kann!

  • Auch ich bin überwältigt, wie die Moderne sich am Kulturforum selbst entlarvt. Nichts, aber auch gar nichts passt zusammen.

    Soll und will ja auch nicht zusammenpassen.

    Die Damen und Herrn "Solitäre" dort reden nicht miteinander und hören sich auch nicht zu.

    Man muss sich nur vorstellen, eines der Raumschiffe aus dem Wettbewerb wäre auf dem Schlossplatz gelandet. Nicht auszudenken. Dann lieber am Kulturforum.

    Schade ist es nur um die in solch unwirtlicher Umgebung präsentierte Kunst von Weltrang!

  • Wenn ich mir diese super Bilder von den Innenräumen der Elbphilharmonie anschaue, kann ich überaupt nicht verstehen, weshalb Herzog/Meuron für Berlin so einen Schrott abliefern. Allein diese durchbrochene Ziegelfassade, außen, wie innen, in dieser überbordenden Großflächigkeit! Das macht ja ganz kirre, komme ich mir wie durchlöchert vor. Wie soll da Kunst wirken, auf so einem Hintergrund? Innen sollten sich doch Kunstmuseen, zumal für moderne Kunst, eher zurückhalten und der Kunst den Vortritt lassen!

    http://www.architecturalrecord.com/articles/11986…comes-into-port

  • Kulturforum: Neue Nationalgalerie im Plan


    Beim Mies-Bau der Neuen Nationalgalerie wurden bis Ende des vergangenen Jahres eine Vielzahl von Bauteilen im Innen- und Außenraum demontiert, die im Sinne der Denkmalpflege nach der Restaurierung wieder eingebaut werden. So sind etwa sämtliche Natursteinplatten von Fassaden und Terrassen sowie der Steinboden der Ausstellungshalle und des Foyers im Untergeschoss oder auch die Holzverkleidungen der Garderobe abgebaut worden. Die für den Wiedereinbau vorgesehenen Teile wurden codiert und eingelagert und dabei im Hinblick auf die spätere Remontage genau dokumentiert. Währenddessen galt es, diverse Schadstoffe zu beseitigen. Seit Ende 2016 finden außerdem Abbrucharbeiten und vorbereitende Maßnahmen für die Baugruben statt. Bald werden die Rohbauarbeiten beginnen, die unter anderem neue Depotflächen unterhalb der Terrasse an der Potsdamer Straße und die Betonsanierung an den freigelegten Fassaden betreffen. Auf Grundlage der 2013 stichprobenartig und bei laufendem Museumsbetrieb durchgeführten Untersuchungen wurde bereits eine umfangreiche Betonsanierung vorgesehen. Aber erst nach Freilegung der Fassaden entstand ein komplettes Schadensbild und erst jetzt ist genau ersichtlich, wie weitreichend der Stahlbeton geschädigt ist und saniert werden muss. Die bauliche Fertigstellung ist 2019 vorgesehen.

    Seit Oktober 2016 steht fest, dass der Neubau am Kulturforum, die Neue Nationalgalerie – Museum des 20. Jahrhunderts nach Plänen des Schweizer Büros Herzog & de Meuron mit Vogt Landschaftsarchitekten entstehen wird. Dies ist das Ergebnis eines mehrstufigen Wettbewerbverfahrens. Den zweiten Preis vergab die Jury unter Vorsitz von Arno Lederer an das dänische Büro Lundgaard & Tranberg Architekter. Der dritte Preis ging an das Berliner Büro Bruno Fioretti Marquez Architekten. Alle eingereichten Entwürfe des Realisierungswettbewerbs waren vom 18. November 2016 bis zum 8. Januar 2017 bei freiem Eintritt am Kulturforum ausgestellt. Die SPK ist gerade dabei, das Büro Herzog & de Meuron mit der Weiterentwicklung des Entwurfs und der Planung zu beauftragen, ebenso eine Baubehörde für die Realisierung des Neubaus. Außerdem bereitet das Land Berlin derzeit den Bebauungsplan vor, der noch in diesem Jahr vorliegen soll.

    Am Haus Potsdamer Straße der Staatsbibliothek wurde die Erneuerung der äußeren Gebäudeabdichtung im Dezember 2016 – früher als erwartet – abgeschlossen. Im Zuge dieser Baumaßnahmen wurden auch die Außenanlagen wiederhergestellt, einschließlich der denkmalgerechten Rekonstruktion des repräsentativen „Lesegartens“ vor dem Gebäude.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • ...und in der Berliner Zeitung:

    http://www.berliner-zeitung.de/kultur/kulturf…se-vor-25785876


    aus dem Artikel der "Morgenpost"
    ...Für den dadurch gewonnenen zusätzlichen Freiraum auf dem Kulturforum plant Braunfels Wasserflächen mit steuerbaren Fontänen. Sie sollen wiederum optischen und akustischen Schutz vor dem Straßenlärm bieten.

    Wasserflächen als "akustischer Schutz" ist ja verblüffend. Wie ist das zu verstehen? Übertönen die dB der Wasserfontänen dann die dB des Straßenverkehrs?
    Und wie kann man sich vor Lärm optisch schützen?

    Einmal editiert, zuletzt von newly (23. Februar 2017 um 21:58)