Dresden - die Johannstadt

  • Die Gründerzeitviertel sollten die Orte sein in denen der neue traditionelle Baustil entsteht. Dieser würde sich wohl ziemlich gut an den verbliebenen Gründerzeitbestand anpassen, da sich von hohen Decken/Grosszügigkeit auch heute noch praktisch alle Menschen begeistern lassen. Ich glaube nicht, dass es in D jemals eine Gründerzeitreko gegeben hat und geben wird. Vielmehr müsste auch hier im Forum mal diskutiert werden wie denn der neue Baustil auszusehen hätte bzw. wie denn das neue Ornament des 21ten Jahrhunderts ohne kitschig/rückwärtsgewandt zu wirken, wieder die Hausfassaden schmücken könnte. Ich habe mal irgendwo einen "Bücherstrudel"gesehen der eine Bibliotheksfassade schmückte. Sowas zeigt in die richtige Richtung...
    :D

  • Ich finde die alte Blockrandbebauung eigentlich ideal - einerseits entstehen echte urbane Strukturen zur Straße hin, was auch das Gestalten "echter Plätze" ermöglicht. Andererseits gibt es im Inneren der Blöcke (wie man das aus den Luftaufnahmen erkennen kann) großzügige freie Flächen mit viel Grün, geschützte Bereiche, in denen beispielsweise Kinder sicher spielen können etc. Gleichzeitig können die Innenfassaden mit Balkons etc. gestaltet werden, ohne daß dies die Fassaden zur Straße hin ästhetisch beeinträchtigt.

    Das erscheint mir ein wesentlich besserer Ansatz als das heute übliche Konzept, die Gebäude einfach auf die grüne Wiese zu setzen.

  • Danke Miwori und Youngwoerth für eure interessanten Fotos. Für mich sind diese Fotos und damit das gesamte Viertel besonders bedeutend, da es sich dabei um die Heimat meiner Eltern handelt. Mein Urgroßvater hat in den 20ern eine Wohnung auf der Bundschuhstraße angemietet und die eine Seite des Straßenzuges zusammen mit einem Teil des Böhnischplatzes, blieb wie durch ein Wunder wie eine Insel im Meer des Totalschadensgebietes Johannstadt erhalten. Drei Generationen meiner Familie haben im ersten Stock eines Jugendstilhauses (ich glaube das vorletzte erhaltene Haus) verbracht, das man als herausragendes und seltenes Beispiel dieser Stilrichtung in Dresden bezeichnen kann.
    Aus Erzählungen meiner Eltern habe ich viele Eindrücke der Zeit um die frühen 50er und Sechziger Jahre aufnehmen können und weiß deshalb, dass die Johannstadt damals noch lange ein Meer aus Trümmern und Ruinen war in dem man sich leicht verlaufen konnte. Mein Vater wohnte damals mit seinen Eltern noch auf dem Kollwitz-Ufer, dessen Bauten heute leider zusehends verfallen und konnte meine Großmutter leicht auf dem Weg zur Schule in die“ Irre“ führen.
    Als man in den 70er Jahren mit der Bebauung der nördlichen Johannstadt begann, sind noch einige Häuser dem Abriss zum Opfer gefallen, so auch auf der Bundschuhstraße, wo ein Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite überlebt hatte. Allerdings sah man das damals aufgrund des eklatanten Wohnraummangels eher pragmatisch und war glücklich über diese „komfortablen“ Wohnungen. Heute halten ja noch viele Mieter von damals ihrem Viertel die Treue und unsanierte Plattenbauten werden aufgrund der Lagegunst und des niedrigen Preises (Freunde sind der Beweis dafür) gern von Studenten bewohnt.
    Das Haus in dem meine Eltern noch wohnten, wurde in den frühen 80ern, man höre und staune, saniert. Leider sind dabei, wohl noch zeittypisch, einige schöne Details wie Bleiglasfenster und Kachelöfen demontiert wurden, die vielleicht für Devisen in den Westen gingen. Damit war die 5-Zimmer-Wohnung leider passé. Würde da aber noch gerne wohnen.
    Ansonsten bin ich der Meinung, dass man hier in den nächsten Jahren wenig wird machen können und dass die beeindruckende Stadterweiterung des Alten Dresden, mit ihren schönen und vor allem größtenteils nicht überbauten Hinterhöfen, so niemals wieder kommen wird.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Keine Frage, die Bilder sind gerade im Vergleich zur Vorkriegsbebauung frustierend. Insbesondere auch frustrierend, weil es sich bei der Johannstadt nicht etwa um ein Plattenbaugebiet auf der grünen Wiese am Rande der Stadt handelt. Denn anders als in vielen anderen Städten in Ostdeutschland, wo leergezogene Plattenbauten dutzendweise abgerissen werden, dürften die Johannstädter Plattenbauten aufgrund der innerstädtischen Lage zum Wohnen sogar beliebt sein. Der sanierte Zustand und der allgemein gepflegte Eindruck vermitteln dies.

    Eine Reko der Vorkriegssituation ist freilich wenig zielführend, da nicht umsetzbar. Eine Verdichtung mit moderner, aber hochwertiger Wohnbebauung in lockerer Blockrandbebauung hingegen halte ich jedoch für wünschenswert.

  • Verwegener Plan: Was ist eigentlich, wenn man all die Plattenbauten usw abreissen und die Bausubstanz in neue Blockranbebauung nach historischem Vorbild wieder reinvestiert? Gäbe doch massig Bauarbeitsplätze und obendrein Stadtaufwertung sondergleichen. So ein vier, -fünfstöcker ist doch fix hochgezogen. Die alten Mieter ziehen neu ein, haben ein neues, viel attraktiveres Wohnfeld zu gleichen Preisen und der Investor vertickt die neu gewonnenen Dachwohnungen an betuchtere Leute und Studenten. Die würden sicher danach lächtzen. Wäre in 2 Jahren komplett machbar und jeder hätte was davon. Von mir aus auch die Stukkateurbranche. :)

  • Am Gebäudekomplex am Käthe-Kollwitz-Ufer sind die Ankündigungsplakate für die Sanierung verschwunden. Scheint mir kein gutes Signal zu sein, denn von Entrümpelung und sonstigen Aktivitäten konnte ich nichts entdecken.

    Die Website geht immerhin noch, mal sehen..wie lange noch

    Elbflorenz | Dresden | Wohnen und Leben am Terrassenufer | Das Objekt

    Gruß DV

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Vlt fangen die auch an … kA. Auf jeden Fall ein herrliches Projekt! Tausende Male besser als diese Plattenbauten entlang der Elbfront, welche mich mehr aufregen als die Brücke (nur Einzelstrukturen).

    PS: Reko Jägerkaserne!

  • Ich mag diesen Strang mal wieder vorkramen...in der Johannstadt hat in den letzten Jahren doch eine beachtliche Sanierungswelle eingesetzt, die ihren Höhepunkt wohl nun in der Sanierung der großen Wohnungsanlage am Käthe-Kollwitz-Ufer findet,

    http://maps.google.de/maps?f=q&sourc…124.41,,0,-12.9

    http://www.terrassenufer-dresden.de/das-objekt/index.php

    Weiter stadteinwärs entdeckte ich nun auch Hinweise auf die Sanierung der verbliebenden unsanierten Häuser: Einmündung Alfred-Schrapel-Str.

    http://maps.google.de/maps?f=q&sourc…92.71,,0,-13.21

    (näher ran geht nicht...da bereits verpixelt)

    und

    diese hier: http://maps.google.de/maps?f=q&sourc…18.19,,0,-13.64

    Gruß DV

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  • Wenn es in dieser Ecke kein sich in nächster Zeit inflationär verschärfendes Verkehrsproblem gäbe, wäre ich durchaus geneigt, gerade diesen Straßenzug, ja diese Wohnlage, als geradezu paradiesisch zu bezeichnen!
    Nach hinten zum grünen Innenhof, gibt es noch das Rudiment eines kleinen urbanen und trotzdem ruhigen Gründerzeitviertels, in dem auch für die Nahversorgung gesorgt ist. Nach vorne hin, und hier liegt der Grund meiner kleinen Schwärmerei, gab es mal diesen schier unbegrenzten Elbraum, ein Naturerlebnis besonderer Güte, in das die Anzeichen menschlicher Kultur sorgsam "eingefühlt" wirkten. Leider gehört das aber nun der Vergangenheit an, leider!

    Dennoch muss man sagen: die Sanierungen waren bitter nötig und sind für die Stadt ein Gewinn! Wünschenswert wäre es nun, diese maßstäbliche Elbuferbebauung in Richtung Innenstadt weiter zu führen, wo sie doch schon kurz hinter dem Feldherrenplatz endet. Mit dem Bau der Seniorenresidenz am Terrassenufer hat man hier meiner Meinung nach schon ein städtebaulich durchaus gelungenes Gebäude erstellt.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zur Sanierung der Albertbrücke:

    Zitat

    ...Die Behelfsbrücke ermöglicht die überfällige Sanierung der Albertbrücke ohne langzeitliche Vollsperrungen des gesamten Verkehrszuges; die Dresdner Neustadt und der Stadtteil Johannstadt bleiben während der – geplant – anderthalbjährigen Brückensanierung verkehrlich verbunden. Dabei dient die Behelfsbrücke während dieser Periode ausschließlich dem Fußgänger- und Fahrradverkehr. Der Autoverkehr sowie die Straßenbahn können gleichzeitig jeweils halbseitig weiter über die Albertbrücke geführt werden. Die Umbindung der normalerweise über die Albertbrücke laufenden Versorgungsleitungen auf Konsolen an der Behelfsbrücke sichert eine höhere Baufreiheit auf den Flächen der Albertbrücke und verkürzt erforderliche Bauzeiten.

    ...

    Zitat

    ...Die Landeshauptstadt wird voraussichtlich im Juni mit dem Bau der Behelfsbrücke beginnen, der etwa ein Vierteljahr dauern soll. Bis zum Beginn der Sanierung an der Albertbrücke wird es dann möglich sein, die dort augenblicklich vorhandene Verengung der Fahrspuren für Autos aufzuheben...

    http://www.dresden-fernsehen.de/default.aspx?I…showNews=955090

  • Dresden, Johannstadt - Luftbild aus dem Jahr 1943
    "Blick auf die Häuserviertel östlich von Sachsenplatz und Sachsenallee mit der turmreichen Jägerkaserne am Elbufer."

    Bildquelle: "Luftaufnahmen vom alten Dresden" aus dem Bestand der Deutschen Fotothek

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Die Sachsenallee und die Johann Georgen Allee (Nähe Hygienmuseum) waren die Prachstrassen schlechthin. Da konnten alle anderen Städte einpacken. Vorbei ists.

    http://www.deutschefotothek.de/?df_hauptkatalog_0304466&dmode=zoom#|home

    1949:
    http://www.deutschefotothek.de/?df_hauptkatalog_0102939&dmode=zoom#|home

    Da sage noch jemand in Dresden würde ALLES wieder historisch augebaut. Eine verschwindend kleine Fläche gerademal.

    Jedesmal, wenn man solche riesige Häusermeere sieht, welche einfach verschwunden sind, wird die ungeheure Wucht des Angriffs deutlich. Wahnsinn.

    5 Mal editiert, zuletzt von Henry (15. April 2011 um 22:31)

  • striesener straße dresden - Google Maps


    JOHANNSTADT-SÜD

    Gagfah reißt Johannstädter Plattenbauten ab


    Die Häuser an der Striesener Straße stehen schon seit vergangenem Jahr leer.
    Nach dem Abriss entsteht dort eine Grünfläche.


    Die Gagfah will die Plattenbaublöcke zwischen Striesener Straße und
    Nicolaistraße noch in diesem Jahr abreißen. (...)

    Nach dem Abriss soll auf dem Areal eine Grünfläche angelegt
    werden, sagt Benner. In Zukunft könnten anstelle der Plattenbauten
    Eigentumswohnungen oder gewerblich nutzbare Gebäude wie Büros oder Läden
    errichtet werden. Mietwohnungen dürfen keine mehr gebaut werden, so
    Gagfah-Sprecherin Benner weiter. Insgesamt reißt das Unternehmen rund
    3500 Wohnungen in Dresden ab. (two)

    Quelle: sz-online

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Auch wenn man sich über eine Nachverdichtung der Johannstadt freuen kann, erscheint die Architektur ungeschlacht und insgesamt primitiv. Man gewinnt den Eindruck, dass keine Architekten mehr die Feder führen, sondern Ökonomen und Statiker. Hier stimmt fast nichts!

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  • entsteht vis-a-vis nun ein Neubau


    Fast exakt dasselbe Gebäude ist kürzlich in Freiburg-Oberau errichtet worden. Unsere deutschen Städte werden sich immer ähnlicher.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Ja die Städte werden sich wirklich immer ähnlicher, da stimme ich zu. Bald wird man keine merklichen Unterschiede mehr erkennen. Es wird aber in letzter Zeit aber wirklich viel Zeit in den Umbau und in die Sanierung investiert. Ist ja an sich nicht so schlecht, es ist aber doch schön wenn man sich die 'Eigenheiten' der einzelnen Städte beibehalten könnte.

  • In der Johannstadt werden mittlerweile die letzten Gebäude und -Ensembles vor dem Verfall gerettet, sodass der ohnehin kleine Altbaubestand in kurzer Zeit durchsaniert sein wird. Eines der größten Projekte stellt die langgezogene Häuserzeile Käthe-Kollwitz-Ufer 34-42 (um 1935) und die angrenzende Bebauung Hertelstraße 39-47 (um 1925), die sich noch in einem absolut desolaten Zustand befindet, dar.
    Allerdfings wurde am Kollwitz-Ufer mittlerweile der erste Bauabschnitt (36-42) beendet, der Maßstab für die weiteren Sanierungsmaßnahmen sein möge.


    Käthe-Kollwitz-Ufer 34-42 im Zusammenhang: am rechten Bildrand mündet die Hertelstraße in die Uferbebauung ein.


    Der erste Bauabschnitt umfasste die Eingänge 38-42. Wiederum am rechten Bildrand kann man die noch unsanierte Nummer 37 erkennen.


    Hofansicht der Anlage mit dem sanierten Teil der Häuserzeile.


    Symmetrieachse: hinter den Balkonen befand sich früher die Küche. Das kleine Fenster nebenan war den Bädern vorbehalten.


    Der noch unsanierte Teil der Anlage: im Hof wurde eine Tiefgarage errichtete, deren Dach begrünt werden soll.

    "Propaganda-Material" der Investoren:

    http://www.terrassenufer-dresden.de/backstage/dgg-…z_Image_Fin.pdf

    Bilder sind von mir.

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  • Die stadtwärtig nächste Einmündung auf das Käthe-Kollwitz-Ufer stellt die im leichten Bogen verlaufende Alfred-Schrapel-Straße dar. Hier, direkt an der Ecke, wurde das "um 1910" errichtete Haus Alfred-Schrapel-Straße 10 soeben fertiggestellt. Daran anschließend soll der bereits besprochene Wohnblock auf der letzten Brache entstehen.
    Gegenüber werden gegenwärtig weitere zwei Häuser umfassend saniert.


    Der Bau scheint absolut vorbildlich saniert worden zu sein. Auch die Grünanlagen (Vorgarten) wurden schonend ergänzt.

    http://www.schwarz.t3-hoster.de/fileadmin/user…se_Alfred12.pdf

    Im Anschluss an das Eckhaus soll der bereits besprochene Wohnblock errichtet werden. Obwohl die eine Viualisierung wenig bis gar nicht überzeugt, bin ich auf das Ergebnis ehrlich gespannt.


    Bauschild

    Kauf Wohnungen | Schlesinger Immobilien Dresden

    Direkt gegenüber gibt es neben einer weiteren kleinen Brache, die den Blick in das vollständig begrünte Innere des Blockes freigibt, zwei weitere Sanierungsprojekte, nämlich die Häuser Alfred-Schrapel-Straße 7 und 9. Sie befinden sich derzeit in einem auf den Rohbau zurückgeführten Zustand.


    Bauschild


    Am rechten Bildrand kann man bereits sanierte baugleiche Objekte sehen.

    Bilder sind von mir.

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