Berlin - Wannsee und Nikolassee

  • Unter den Kommentaren ist dieser Flitzpiepentext der lustigste:

    Zitat

    Berliner Kleingeister contra Taut
    Der Anbau von Taut gehört ebenso zur Baugeschichte wie alles andere an dem Gebäude. Auf dem Foto da oben sieht man beispielsweise eine Renaissancefassade neben einem Barockturm. Die Fassade war zuerst da, vermute ich. Kommt nun einer von den sich hier äußernden Experten auf die Idee, den Abriss des Turms zu fordern? Dabei war der Turm nichts anderes als der Politik der damaligen Zeit geschuldet. Da es aber Barock war, ist es schon in Ordnung.
    Die Kritik an Tauts Anbau belegt lediglich repressive gesellschaftliche Perspektiven, nach denen alles nach dem Krieg (und alles nach der Monarchie)gebaut wurde, nichts mehr taugt. Und dann werden solch lustige Begriffe wie "hässlich" benutzt.
    Was passiert, wenn man solche Leute machen lässt, sieht man am Marktplatz in Hildesheim:
    Mythenbildung in Hildesheim
    Mein Dank gilt dem Landeskonservator Haspel und dem Denkmalrat, die sich den Berliner Kleingeistern mutig entgegenstellten.

    "Repressive gesellschaftliche Perspektiven"? :lachen: Und dann noch, weil man einen Glasanbau nicht rekonstruieren wollte? So ein tolles und inhaltsleeres Wort muss man sich erst mal in seinem Kopf zusammenschustern. Witzig. :lachentuerkis:

    Übrigens, wenn man den Glasanbau durch eine Rekonstruktion des Vor-Zustands ersetzt hätte, wäre das natürlich auch ein Teil der fortlaufenden Baugeschichte gewesen und würde dann insofern auch als "Zeitschicht" wieder zum Gebäude gehören...

  • Nun übertreibt's mal nicht. So sah das Jagdschloss zuvor aus: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Jagd…enicke_2009.jpg

    Da hat die Sanierung schon deutliche Verbesserungen gebracht. Und Taut ist ja auch nicht irgendein Architekt.

    Auch wenn ich Kombinationen wie diese und etwa jene am Saarbrücker Schloss ablehne - es sind ja doch irgendwie Zeitschichten, die hier und da ganz interessant sein können. Die anderen Berliner und Potsdamer Schlösser sind ja zum Glück weitgehend original erhalten und werden es hoffentlich auch bleiben.

  • Nun übertreibt's mal nicht. So sah das Jagdschloss zuvor aus: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Jagd…enicke_2009.jpg

    Da hat die Sanierung schon deutliche Verbesserungen gebracht.

    Sicher ist die vorherige Version noch scheußlicher, wenn man jedoch keineswegs auf eine Veranda verzichten konnte, hätte man es doch besser dem Stile des Jagdschlosses angepaßt - so sieht es jedenfalls aus, als hätt man da irgendwas einfach mal vor die Tür gestellt.
    Was ich mir hätte vorstellen können wäre eine Veranda aus Holz - zum einen hätt man die Holzkonstruktion entsprechend gestalten können, zum anderen ist Holz ein hervorragendes Isoliermaterial, die Kosten der Wärmedämmung wären damit auch entfallen.

  • Zitat

    Der Anbau von Taut gehört ebenso zur Baugeschichte wie alles andere an dem Gebäude. Auf dem Foto da oben sieht man beispielsweise eine Renaissancefassade neben einem Barockturm. Die Fassade war zuerst da, vermute ich. Kommt nun einer von den sich hier äußernden Experten auf die Idee, den Abriss des Turms zu fordern? Dabei war der Turm nichts anderes als der Politik der damaligen Zeit geschuldet. Da es aber Barock war, ist es schon in Ordnung.

    Moderationshinweise (Aedificium): Obiges Zitat ist von einem Nutzer finale68 aus dem Kommentarbereich eines Zeitungsartikels : http://www.tagesspiegel.de/berlin/umstrit…en/7333398.html Bitte richtig und nachvollziebar zitieren!

    Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten. Das ganze Teil ist NEO-Renaissance. Eine Zwiebelhaube macht noch keinen Barock und wurde ausserden schon in der Süddeutschen Reinaissance modern, siehe Augsburger Rathaus und diverse Kirchtürme in Bayerisch Schwaben. Aber mal ehrlich ihr Kleingeister, wie könnt ihr den Zeithorizont derart durcheinander bringen, und dazu noch die Großartigkeit der Taut'schen Gehirnblähung nicht erkennen?
    Desweiteren bitte ich um eine sachliche Auseinandersetzung ohne Beleidigungen oder sonstige Ausfälle!

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Pfälzer Bub
    Wobei ich darauf hinweisen möchte, dass das von Dir zitierte Zitat nicht von mir stammt und auch nicht meine Meinung wiedergibt. Die Form Deines Zitats legt so ein Missverständnis nahe. Ich hatte nur einen Kommentator des oben verlinkten Presseartikels zitiert.
    (Oh jetzt war "Aedificium" schneller als ich... egal...)

    Hier übrigens noch eine alte Aufnahme vor Taut:
    http://www.dieter-kloessing.de/Sanssouci/Graf…enicke-3251.jpg

  • Die schräge und missliebige Messe ist zwar gesungen - hier aber noch ein Nachklapp zum Glaserker im Jagdschloss Glienicke. Herrn Schmidts Worte möchte ich mir dabei zu Eigen machen.

    Zitat

    [...]Mehr als 1500 Unterschriften wurden pro Geyer gesammelt, selbst der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit äußerte im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses seine Sympathie für die historische Lösung. Doch Haspel blieb bei Taut, der Bezirk musste den Baustopp schließlich aufheben. Was mit beispiellos harschen Tönen einher ging: Im Bezirksparlament warf Stadtrat Schmidt – unter dem Beifall vieler Verordneter – dem Landeskonservator „Geschmacksverirrung“, „Ignoranz“ sowie „Starrköpfigkeit“ vor. „Eines Tages“, so Schmidt, „werden Einsichtige diesen Quatsch wegräumen, ohne dass es dafür eines neuerlichen Brandes bedarf.“ Der derart gescholtene Jörg Haspel äußerte sich zu den Anwürfen öffentlich nicht.
    Seit Mai 2012 wurde weiter saniert. Dabei stellte sich heraus, dass große Teile des Glas-Erkers so marode waren, dass sie komplett erneuert werden mussten. Von Taut ist also nicht viel geblieben, vom Unmut im Bezirk eine ganze Menge.

    Jagdschloss Glienicke: Der Erker sorgt für Ärger | Berlin - Berliner Zeitung

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Wenn ich mir diesen ekelhaften Erker oder was das sein soll anschaue, dann fällt mir ad hoc ein:

    Der Taut hat´s Schloss versaut!

    Es tut schon weh, wenn man ständig lesen muss, wie dogmatisch und unreflektiert die Denkmalpfleger verzweifelt zu argumentieren versuchen. Armselig - kein Wunder, wenn viele Bauherren erst gar nicht mehr bei den "Experten" nachfragen und oftmals mehr Wissen als das BDA besitzen. Ich könnte mittlerweile schon einige Schmankerln erzählen, was das BDA an falschem Wissen verzapft...

  • Der Bahnhof Wannsee, auch ein Kleinod in traurigem Zustand:

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  • Nun, ganz so traurig ist der Zustand ja eigentlich nicht. Ich hatte nach dieser Äußerung schon weit schlimmeres erwartet. Danke für das Video.

  • Jagdschloss Glienicke, gesehen von der Babelsberger Seite über die Glienicker Lanke.

    Und jetzt die große Sch...zur Parkseite.

    Es sei erinnert, das eine originalgetreue Wiederherstellung der Fassade nach Albert Geyer keine Mehrkosten verursacht hätte.

    Das haben wir dem ehem. Landeskonservator Dr. Jörg Haspel und der Senatsverw. f. Stadtentwicklung zu verdanken. :kopfwand:

    Das beste ist, dass der flächenmäßig geringe Bereich, der nicht aus Glas besteht, auch noch wärmegedämmt ist! Klingt wie ein billiges Stück Ikea-Möbel, wenn man dranklopft. Im Bodenbereich sind auch schon jetzt einige Schäden an der Kunststoffverkleidung zu erkennen... :augenrollengruen:

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  • Interessant ist, dass Landeskonservator Jörg Haspel zugleich auch in einer Veranstaltung sagte, dass der Taut-Erker heute mit Sicherheit so nicht genehmigt werde. Vielmehr sei es nur darum gegangen, jetzt, wo er nun mal dran sei, ihn im Zuge der deutsch-deutschen Teilungsgeschichte erkennbar zu halten.

    Der Erker hat im Zuge seiner Fertigstellung in einer Zeit vor der Mauer indirekt mit der Mauer zu tun, sprich: dass man seinerzeit mehr in Richtung eigenes Territorium als in das Territorium des ausgemachten Feindes schauen wollte - sozusagen die Drehung des Eingangsbereiches des Jagdschlosses von der Wasser- bzw. Glienicker Seite zur Parkseite hin, also zur West-Berliner Seite hin -, direkt zu tun hatte der Erker mit der Vorstellung, dass ein Bildungszentrum mehr Helligkeit bieten müsse als das Jagdschloss bis dahin bot. Es war also eine reine Zweckmäßigkeitsüberlegung, keine aber, die von einem vorrangig ästhetischen Gedanken geleitet war. Zum anderen waren es nicht "Geschichtszerstörer", die dem Taut-Erker zuleibe rückten, es war der Taut-Erker selbst, der konstruktiv in sich zusammenfiel. Ästhetisch und konstruktiv also eine glatte Fehlkonstruktion.

    Insofern handelt es sich bei dem NEU vorgebauten Erker um eine gegenüber dem Geyer-Bau entstellende Neuschöpfung. Entstellend deshalb, weil es so wirkt, als wäre einem Baukörper sichtbar der Magen umgedreht worden.

  • Sieht ja noch schlimmer aus, als ich dachte...dass hier der Denkmalschutz wieder lieber einen Griff ins Klo gemacht hat, als ein Gesamtkunstwerk wiederherzustellen verrät ganz schön viel über deren dogmatisch-quere Denkweise. Schön langsam sollten die Denkmalpfleger aufpassen, dass man sie überhaupt noch fragt, wenn man etwas sanieren oder umbauen möchte.

    Das Jagdschloss Glienicke ist wieder ein verheerendes Negativbeispiel wie man bewusst und offensichtlich die eigentliche Intension eines "Denkmalschutzes" mit Füssen tritt. Mögen unsere - hoffentlich weitsichtigeren - Nachfahren, diesen grässlichen, konstruktionsschwachen Anbau wieder rückbauen! Wie ich bereits gelesen habe, dürften ohnedies schon die zu erwartenden und bereits im Anfangsstadium befindlichen Bauschäden mithelfen, dass dies recht rasch passiert...da hat sich jemand ziemlich "verhaspelt"!!!

  • Ich fürchte fast hier war Sinn oder Unsinn der Entscheidung völlig irrelevant. Haspel hat versucht, sich als starker Mann zu profilieren und Wowereit das buchstäbliche Eichhörnchen hat den Schwanz eingezogen, anstatt ein Machtwort zu sprechen.
    Hier rekonstruiert man einen Taut- Erker, der das Gebäude so eindeutig entstellt, dass eine Diskussion darüber überflüssig wäre und in Duisburg wird flugs eine ganze Siedlung von ihm planiert.

  • Zwischen dem Strandbad und der Insel Schwanenwerder wird der 2001 abgebrannte Gastronomiebetrieb der traditionsreichen Wannsee-Terassen in neuer Gestaltung wieder errichtet. Investor ist die Huth-Gruppe (HGHI), welche u. a. durch das Großprojekt am Leipziger Platz bekannt sein dürfte.

    Obgleich der reetgedeckte historische Vorgängerbau optisch seinen eigenen Charme hatte, glaube ich, dass die neue Gestaltung sehr gut gelungen ist. Das aktuell entstehende Gebäude hat sogar ein richtiges Dach! :zwinkern:


    Bildquelle: HGHI GmbH/Promo

    Auferstehung einer Legende - Berliner Zeitung

    Traditions-Ausflugslokal in Zehlendorf kehrt zurück <> Investor verspricht: Wannsee-Terrassen werden Traumcafé - Tagesspiegel

    Projektseite der HGHI mit Plänen und einem Visualisierungs-Video

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hat ein wenig von den Pappmachévillen US-Amerikanischer Vororte. Dennoch sehr elegant und gefällig. Ein kleiner Schritt für die Architektur, aber ein großer Schritt für Berlin!

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • Wenn man auf kommunaler Ebene willens ist, auf dem Gebiet der Bebauung etwas zu steuern bzw. zu verhindern, kann man das durchaus tun, zeigt dieses lobenswerte und erfolgreiche Beispiel aus Nikolassee. :applaus:

    Zitat

    Die mehr als einhundert Jahre alten Häuser, die Alleen und das Kopfsteinpflaster – das alles zusammen prägt den Charakter von Nikolassee. Dass das Ortsbild so erhalten bleibt, wird jetzt – nach 30 Jahren stadtplanerischer Willkür – in einem Bebauungsplan festgeschrieben. Dazu wird auch eine Ortserhaltungssatzung verabschiedet. Wer künftig in Nikolassee neu bauen will, muss sich am historischen Erscheinungsbild orientieren. Die Pläne liegen vom 17. November an für vier Wochen im Rathaus Zehlendorf öffentlich aus. Anwohner und Interessierte haben in dieser Zeit Gelegenheit, ihre Meinung dazu zu äußern.

    Schon seit Jahren setzen sich Anwohner in der Bürgerinitiative Nikolassee für die Erhaltung ihres Ortsbildes ein. Immer öfter mussten sie mit ansehen, wie alte Villen zwangsversteigert, abgerissen und durch Neubauten ersetzt wurden. So entstanden zum Beispiel fünf Fertighäuser, wo einst Schwestern eine alte Villa bewohnten. Ihre Sorge blieb ungehört, bis die Pläne für einen Neubau in der Lückhoffstraße bekannt wurden. "Das war sozusagen das auslösende Moment", sagt Henning Schröder, Ortschronist und Sprecher der Bürgerinitiative. Angesichts des geplanten futuristischen Glasbaus sei die Angst, ein zweites Schwanenwerder zu erleben, wieder hochgekommen. Auf der Insel entstand vor einigen Jahren eine Villa – heute von vielen als Marinebunker bezeichnet –, für die nicht nur 200 Bäume gefällt, sondern auch unzählige Sondergenehmigungen des Bezirks erteilt werden mussten. Die Schneise, die für den riesigen Neubau am Ufer geschlagen wurde, klafft jetzt wie eine Wunde auf Schwanenwerder.

    Das soll nicht noch einmal passieren. "Der Eigentümer des Hauses an der Lückhoffstraße ist bei der falschen Architektin gelandet", sagt Schröder. Der Entwurf haben einfach nicht nach Nikolassee gepasst. Eine Protestwelle zwang das Bezirksamt zum Handeln. In einem ersten Schritt setzten die Bezirksverordneten eine Veränderungssperre durch. Damit darf das alte Haus in der Lückhoffstraße innerhalb der nächsten vier Jahre nicht abgerissen werden. Bis dahin soll der Bebauungsplan vorliegen. [...]

    Amtsschutz für Nikolassee - Berliner Morgenpost

    Bezirk will Ortsbild schützen: Veränderungssperre für Haus Lückhoffstraße 17 - Berliner Woche

    Bürgerinitiative 'Wir in Nikolassee' - Aktivitäten zur Ortsbilderhaltung

    Ach ja, das auch noch - die im Beitrag erwähnte "Villa" auf Schwanenwerder.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)