Wiesbaden - Villen-Ruine wird gerettet

  • Die skandalöse Geschichte, die ich hier im Forum schon mal angerissen hatte (Denkmalpfleger empfiehlt Abriß einer alten Villa, während er zufälligerweise in der Jury des Architektenwettbewerbs des Investors saß, Abriß beginnt, Proteste, Bürgerinitiative, Fassade vor Büro-Neubau stehenlassen als Kompromiß, dann nach Teilabriß wegen finanzieller Probleme Stillstand, Ruine steht seit 4 Jahren und vergammelt) hat nun zwar kein gutes, aber immerhin ein glimpfliches Ende genommen:

    Ein neuer Investor rettet den Torso und integriert ihn in einen Neubau, der auch noch - davon hatte ich allenfalls geträumt - ein Wohnhaus wird.

    Aus der FAZ:

    Weitere Bilder der traurigen Ruine:

    Die Seitenwand ist auch noch erhalten...

    ...mitsamt dem Eingangsportal

    Vandalismus oder oder beim Abriß beschädigt? Es gab jedenfalls weiter links auch eine Terrasse mit einem schönen gußeisernen Gitter, das bereits vor Beginn des Abrisses geklaut wurde. Manche Leute können alles gebrauchen...

    "Denkmalpfleger" Berthold Bubner bezeichnete dieses Haus damals als "minderwertig" und als "ein Serienprodukt des Jahres 1905"

    Und so soll der Neubau aussehen:

    Wie ich finde, eine ordentliche Lösung. Die frühere Planung sah wohl einen modernistischen Klotz (mitten in einem Villengebiet!) vor, vor dem die alte Fassade ziemlich unbeholfen ausgesehen hätte, hinter Fenstern der Villa sollte der Fahrstuhlschacht stecken. Verglichen damit - ich hatte eher damit gerechnet, daß eines Tages wegen Baufälligkeit der Rest auch noch plattgemacht wird - kann/muß man zufrieden sein.

    Ach ja: Der ruhmreiche Denkmalpfleger Bubner (Zitat: "Ich bin der sensibelsten einer!") ist damals zum Glück im Ruhestand verschwunden. 8) Und die Stadt hat aus der Geschichte (hoffentlich) gelernt.

  • Eine wirklich gute Nachricht! Zwar keine Komplettreko aber so sind immerhin die erhaltenen Reste gesichert.
    Hoffentlich ist das eine Lehre für Wiesbaden aber auch andere Städte.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Wann's fertig sein soll weiß ich nicht, aber der Bauantrag ist gestellt, laut Stadt könnte die Baugenehmigung noch im April erteilt werden, und der Investor strebt einen baldigen Baubeginn an (was freilich alle tun... :zwinkern: ).

  • @ Johan

    Ist schon in Arbeit, aber ich warte noch auf ein paar sonnige Tage, an denen es nicht so kalt ist, daß einem die Finger an der Kamera festfrieren, und Zeit haben muß ich dann auch noch...

  • Die Villa nach dem Wiederaufbau: Auf den allerersten Blick fast wie früher...

    Doch an der Seite sind leider die schönen früheren Treppenhausfenster und die alte Eingangstür (mit dem gastfreundlichen Schriftzug "salve") zugemauert - vermutlich zugunsten eines Fahrstuhlschachts.

    Links daneben der neue Anbau...

    ...der für sich genommen recht banal wirkt,

    aber erfreulicherweise kein modernistischer Klotz ist (kein "Spannender Kontrast"), sondern sich - auch wenn er das Gebäude auf fast die doppelte Breite erweitert und ein schnaler gläserner Mittelteil dazwischengequetscht wurde - recht gut an die historische Fassade anfügt,

    die im übrigen sorgfältig restauriert wurde; sogar stilgerechte hölzerne Fenster hat man sich gegönnt.

    Insgesamt kann man wohl sagen: Operation gelungen. 8)

  • Eines der wenigen guten Beispiele, dass sich moderne Architektur mit historischer Substanz durchaus vertragen kann - wenn man nur will. Äußerst lobenswert! Einziger Kritikpunkt: sieht es nur so aus, oder hat man sehr stark spiegelnde Fenster verbaut? Sieht etwas unschön nach Bürogebäude aus...

  • Hat zwar nichts damit zu tun, aber direkt gegenüber der besagten Villa (und in Nachbarschaft weiterer Gründerzeit-Villen) steht das folgende Gebäude.

    Auf welche Epoche schätzt Ihr diesen Bau?

  • Zitat von "Schloßgespenst"

    Auf welche Epoche schätzt Ihr diesen Bau?


    Keine Ahnung, aber ich tippe mal auf die 1950er Jahre. Der nächste Tipp bitte.

  • Hmm... schwierig... zuerst dachte ich auch an die 30er. Aber für die Staatsarchitektur 33-45 ist mir das Staffelgeschoß dann doch etwas suspekt. Späte 20er, um 1930? (Etwa zeitgleich mit Poelzigs IG.-Farben-Haus in Frankfurt?) Zur Not auch noch 45-50, kann ich mir aber weniger vorstellen.

  • Na, da bin ich ja auf eine interessierte Raterunde gestoßen. :D

    Und hier die Auflösung: MunichFrank lag als Einziger richtig - das Gebäude stammt tatsächlich aus den 50er Jahren.

    Aber auch ich war jahrelang sicher, daß es aus den 30ern stammt, die Formensprache und das Fassadenmaterial waren für mich eindeutig. Bis ich neulich in einem Buch zu meinem Erstaunen das wahre Baujahr las. In der Bildunterschrift stand allerdings auch die Anmerkung, daß man dem Bau ansieht, daß der Architekt (Name weiß ich nicht mehr) in der 30er Jahren studiert hat. ( :zwinkern: ) Das Ding ist also in der Tat untypisch für seine Zeit . Ein paar hundert Meter weiter etwa steht dieses "Kulturdenkmal", und das paßt wiederum genau in seine Epoche.

    Danke für's Raten - gut zu wissen, daß ich nicht alleine danebenlag... 8)