• Wußte garnicht, daß die Westfassade noch so gut erhalten war...
    war die etwa Neo-romanisch oder warum hat man sie später ganz zerstört?
    Das würde ja die gesamte vermeintliche Re-Romanisierung noch absurder erscheinen, wenn die
    Westfassade echt romanisch war, Echte Romanik durch 50er Jahre-Minimal-Romanik ersetzen...

  • Die Fassade des Doms war zuletzt vor dem Krieg Neo-Romanisch.

    Sie wurde beim Wiederaufbau (wohl bis auf das Portal) nicht zerstört, sondern es wurden Steine vor geblendet. Hierdurch entstand dass festungsartig wirkende Westwerk

    Die Verblendung wurden dann bei der letzten Renovierung wieder beseitigt, so dass die Neo-Romanische Fassade wieder zu Vorschein kam.

    Was hiervon schöner ist, ist selbstverständlich Geschmackssache. Ich fand auch die Nachkriegsvariante nicht schlecht. Es ist aber aus meiner Sicht auch nicht abzulehnen, wenn eine noch vorhandene Neo-Romanische Fassade wieder freigelegt wird. dass das Portal fehlt ist schon zu bedauern, zumal es die Bomben ja überstanden hatte. Aber auch die jetzige Eingangssituation finde ich akzeptabel.

    Interessant an der ganzen Sanierungsgeschichte ist allerdings der Wandel in der Bewertung von Neo-Romanischen Bauteilen.

  • Das Problem besteht in der Vermischung unterschiedlicher Konzepte. Ich finde den eklektizistischen Vorkriegszustand in sich stimmig, aber auch den ursprünglichen Wiederaufbau der Nachkriegszeit. Der heutige Zustand bleibt hinter beiden zurück.
    Das ist natürlich eine Geschmacksfrage, die man anders sehen kann.
    Gibt es eigentlich Bilder vom Zustand vor dem historistischen Umbau?
    Wahrscheinlich wäre eine Rekonstruktion dieses Zustandes die überzeugendste Lösung gewesen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Gibt es eigentlich Bilder vom Zustand vor dem historistischen Umbau?
    Wahrscheinlich wäre eine Rekonstruktion dieses Zustandes die überzeugendste Lösung gewesen.


    Die Fassade war vor dem historistischen Umbau, soweit ich das bislang gelesen habe, barock. Bilder hiervon such ich auch schon, habe aber noch keine gefunden.

    Interessant wäre aber auch zu ermitteln, wie denn die ursprüngliche Romanische Fassade ausgesehen hat und ob deren Reste noch in der historistischen stecken.

  • Das war zu "befürchten" (hinsichtlich der Barockfassade). Ohne Zweifel hat diese dem Stadtbild am besten entsprochen, und ohne Zweifel ist eine Reko derselben am allerunwahrscheinlichsten!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das neoromanische Tympanon des Hauptportals hat sich übrigens erhalten.
    Ein Foto gibt's auf wikimedia commons.

    Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. - Friedrich Schiller -

  • Ein Bild, dass den Dom im Jahre 1839 zeigt. Die Fassade erscheint aber hier nicht, wie in der Literatur angegeben barock, sondern eher gotisch.

    http://www.ebay.de/itm/Dilger-WUR…=item25a9cd36c0


    Dies kann aber auch täuschen. Zur Zeit Julius von Echters wurden Kirchenbauten mit gotischen Formelementen erbaut/erneuert. Jedenfalls befanden sich sowohl die Rosette, als auch die Galerie nicht in der Fassade.

    Eine optimale Gestaltung ist wohl zu keiner Zeit gefunden worden, was dann auch zu den jeweils "zeitgemäßen" Umgestaltungen geführt hat.

  • Beim staatlichen Bauamt Würzburg fand ich folgende Aussage zum Kiliansdom:


    Zitat

    (...) ...die mehrfach geplante barocke Umgestaltung der Westfassade kam jedoch aus finanziellen Gründen nicht zur Ausführung.

    1879-83 errichtete Friedrich Friedreich die neoromanische Portalfassade. (...)


    Auf der Internetseite des Bauamtes finden sich zwei Fassadenvorschläge von 1952. Zum Kotzen, daß die Nachkriegsgeneration beim Wiederaufbau unbedingt ihre eigene Architektur durchboxen musste. Völlig intakte Fassaden wurden so sinnlos vernichtet/umgebaut. In den meisten Fällen nicht zum Vorteil der Bauwerke.

  • Zitat

    g. Die gebänderte Sockelgliederung wird entfernt, der Eingangsbereich mit Tympanonfeld auf das romanische Öffnungsmaß zurückgeführt. Der Giebel wird abgebrochen und eine Blend- bzw. Schutzwand in Bimsstein frei davor gestellt. Uhr, Rose und Dreibogenfenster werden verdeckt [...]
    Die 1961 errichtete Blendwand zwischen den Türmen war von den Architekten bewusst schlicht gefasst und eine eigenständige architektonische Aussage damit vermieden worden. Die Detailausbildung der vorgeblendeten Wand, speziell die nicht vorhandene Einbindung in die Turmwände sowie der Schutz der rückwärtigen neoromanischen Wand und deren Einbauteile verdeutlich dies.

    Bimssteingewordene Ratlosigkeit. Da wäre doch die Restaurierung der neoromanischen Fassade (Rekonstruktion hätte es ja nach dem Schadensbild zu urteilen ja kaum gebraucht) im Zweifelsfalle immer noch die bessere Möglichkeit gewesen...

  • Zitat

    1952 findet ein Gutachterverfahren zur Gestaltung der Westfassade statt. Teilnehmer sind Prof. Bosslet, Würzburg, Prof. Döllgast, München, Prof. Esterer, München, Dr. Ing. Weyres, Dombaumeister zu Köln, das Landbauamt Würzburg, Herr Simon, Bischöfliches Bauamt, Herr Schädel und Sep Ruf, München. Die hochkarätig besetzten Gremien entscheiden sich gegen den Erhalt der bestehenden neuromanischen Fassade und für eine moderne Interpretation. (...)


    Sep Ruf. Das sagt doch schon alles. Wir erinnern uns, Sep Ruf ist auch für dieses Schmuckstück in Fulda verantwortlich.


    Zitatquelle

  • Das erinnert mich alles stark an den Dom zu Hildesheim, vor allem der Hinweis auf die Wiedergewinnung des romanischen Ursprung als Ausrede für Modernismus, übrigens in Hildesheim bis heute !

  • Die Baugeschichte der Fassade des Domes stellt sich nach den Ausführungen in dem Buch Kuhn, Grosser Füherer durch den Würzburger Dom (...) Würzburg 1968 wie folgt dar:

    Ab 995 Bau des Westwerkes

    1133 Erhöhung der Türme um zwei Glockengeschosse

    1418 Gotische Helme mit Maßwerkbalustraden (1946/47 beseitigt)

    1507 Uhrtürmchen an der Westfassade (1698 beseitigt)

    1721 Im Zusammenhang mit dem Bau der Schönbornkapelle, Planungen einer Westportalfassade. Pläne von Petrini, M. v. Welsch, L. Hildebrand, Gg. B. Fischer und B. Neumann. Eine Abbildung des Planes von Neumann habe ich gesehen (in Moser, Würzburg, Geschichte einer Stadt, Bamberg 1999) es handelt sich um eine sehr zurückhaltende Barockisierung unter weitgehender Berücksichtigung des romanischen Bestandes. Die Türme sollten kaum, wenn überhaupt verändert werden. Dies Mittelfassade weist ein großes Fenster mit Korbbogen auf, um das Portal Rustikaquader , kein Säulen, Stuck oä.

    1879-1885 Umgestaltung im neoromanischem Stil durch Friedreich. Das bis dahin bestehende gotische (ß) Spitzbogenfenster wird durch die Rosette und die Galerie ersetzt. Das Neuromanische Portal wird eingebaut

    1960 Verblendung der Mittelfassade mit Bimssteinen (lt. Wikipedia). Entfernung des Portalschmuckes. Die Mittelfassade wird hierbei der Fassade der Türme angeglichen. Die Turmhelme sind modern.

    2004 -2006 Freilegung der Neoromanischen Fassade. Tympanon und Säulen des Portals werden nicht wieder angebracht.

  • Zitat

    Ein Bild, dass den Dom im Jahre 1839 zeigt. Die Fassade erscheint aber hier nicht, wie in der Literatur angegeben barock, sondern eher gotisch.

    Ich denke, diese Entstehungszeit 1839 ist zu hinterfragen. Der Dom sieht darauf nämlich ziemlich so aus wie nach 1870.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich schließe mich ursus Ansicht an: momentan weder Fisch noch Fleisch, eine eher unbefriedigende Lösung; man hätte wenigstens den Bogenfries über der Uhr wieder anbringen können um etwas mehr Harmonie zu erhalten. Die Nachkriegslösung fand ich an sich auch nicht schlecht, aber nachdem die neoromanischen Reste entdeckt wurden, stellte sich die Frage (für unser eins), ob man die neueste Fassung erhalten wollte eigentlich nicht mehr. Ich hoffe, dass man langfristig über die Jahre die neoromanische Version wieder komplettiert und denke mit Ausnahme der Turmhelme stehen die Chancen dafür gar nicht so schlecht, denn die Rosette, die Rundbogenfenster und die Uhr wirken überdimensional groß und die Fassade im jetzigen Zustand irgendwie schlecht proportioniert. Wenn der Tympanon noch erhalten ist sollte der Rest an der Fassade (wieder mit Ausnahme der Turmhelme) eigentlich nicht das große Problem sein.

  • Der Dom sieht darauf nämlich ziemlich so aus wie nach 1870


    Das stimmt nicht ganz. Anstelle des auf dem Bild zu sehenden Spitzbogenfensters, waren nach der Neugestaltung Galerie und Rosette. Auf meine Ausführungen oben darf ich verweisen. Eine barocke Fassade wie wir sie uns vorgestellt haben hat nie existiert.

  • Ja, das schon, aber derartige Lithographien aus dieser Zeit haben niemals photographische Genauigkeit. Ich denke schon, dass damit die Abbildung des Domes um 1875 beabsichtigt war. Ansonsten wäre diese "Vision" ein wenig zu prophetisch. Dazu kommt, dass dieses Erscheinungsbild nicht der frühen Neogotik um 1830 entsprach, sondern sehr gut in die Zeit um 1880 passt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Es ist sicher richtig, dass solche Bilder oftmals einen "geschönten" Zustand zeigen.

    Mir liegt hier die identische Ansicht als Abbildung eines Stahlstiches vor. Der Stahlstich ist wesentlich schärfer als die Lithographie. Auf diesem ist zu erkennen , dass oben in der Fassade die Uhr und darunter ein (noch romanisches oder barockes (?) Rundbogenfenster zu sehen. Es handelte sich wohl doch nicht um ein Spitzbogenfenster.

    Zu erkennen ist auch ein einfaches barockes (!) Portal

    Der Stahlstich ist was Staffage und ähnliches angeht, identisch mit der Lithographie, geht also auf die selbe Grundlage zurück. Er soll allerdings von 1832 stammen (was ja durchaus sein kann, wenn zunächst ein Stahlstich und später von gleicher Vorlage eine Lithographie veröffentlicht wurde.

    2 Mal editiert, zuletzt von Andreas (22. Juli 2015 um 13:16)

  • Hier eine etwas bessere Version der Ansicht von 1832 (Stahlstich)

    http://www.bing.com/images/search?…Onzw&ajaxhist=0

    Die Fassade nach den Kriegszerstörungen:

    http://www.bing.com/images/search?…FxCw&ajaxhist=0

    und beim Wiederaufbau:

    http://www.bing.com/images/search?…0CCw&ajaxhist=0

    Die Neuromanische Fassade war nach dem Krieg wohl noch vollständig erhalten, inklusive Portal. Nur die Helme und die gotischen Balustraden der Türme waren zerstört, bzw. beschädigt.