Erfurt - Wiederaufbau des Augustinerklosters

  • Aus der heutigen FAZ:

    Erfurt gräbt

    Wiederaufbau des Augustinerklosters

    In der Bibliotheksruine des gotischen Augustinerklosters zu Erfurt haben archäologische Grabungen begonnen. Sie sind Auftakt zum Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bauwerks sowie der angrenzenden sogenannten "Waidhäuser", der 2008 beendet sein soll. Schon bei den Vorarbeiten zur Grabung war unvermutet ein Gewölbekeller entdeckt worden. In einer Mischung aus geretteten historischen Teilen und ergänzenden Neubauten soll die Biblitohek auch eine Tagungsstätte erhalten. Die Waidhäuser sollen mit Gästeappartements ausgestattet werden. Die Gesamtkosten werden auf etwa 5 Mio Euro veanschlagt. Berühmt ist das Augustinerkloster als Wirkungsstätte Martin Luthers, der dort von 1505 bis 1511 lebte. Doch die Anlage ist auch wegen ihrer herauragenden gotischen Architektur ein Denkmal ersten Ranges.

    Soviel zum FAZ-Text. Vielleicht noch etwas zum Kloster:
    Die heutige Anlage entstand in den Jahren 1277-1320 und wurde 1945 durch Luftminen schwer beschädigt. (zum Glück blieb die Klosterkirche unversehrt) Meines Wissens nach war der folgende Wiederaufbau der Klostergebäude eines der erste Wiederaufbauprojekte im Osten Deutschlands. Schon 1946 ging's los.
    Allein die Bibliothek war zu DDR-Zeiten noch Ruine und als Kriegswunde im Stadtbild präsent, aber das scheint sich ja nun glücklicherweise zu ändern.

  • Vorsicht, der Wiederaufbau könnte ein Etikettenschwindel sein. Ich habe dazu ein wenig recherchiert und bin auf Medienberichte gestoßen, die - statt einer Rekonstruktion der Bibliothek und der Waidhäuser - von einem modernen Wiederaufbau sprechen:


    Zitat

    Voraussichtlich werde der Wiederaufbau von Bibliothek und Waidhäusern zu Beginn des kommenden Jahres beginnen. Laut Projektleiter Jörg Baum sollen auf die noch erhaltenen Grundmauern der Gebäude moderne, sandsteinverblendete Stahlkonstruktionen aufgesetzt werden. Der Übergang von alter zu neuer Bausubstanz werde durch eine gläserne Sichtkante markiert, die zugleich als Lichtschacht für den noch erhaltenen Keller der Bibliothek diene. Das Gewicht der Neubauteile werde über Mikropfähle durch das alte Mauerwerk hindurch direkt auf das Fundament geleitet.

    Quelle: http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/463699.html\r
    http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/K ... 63699.html


    Auch auf den Seiten des Mitteldeutschen Rundfunks steht nichts Vielversprechendes drin:

    Zitat

    Keine historisierende Lösung
    Am 25. Februar 1945 legten zwei Luftminen das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert in Schutt und Asche. 267 Menschen, die im Gewölbekeller der Bibliothek Schutz suchten, wurden getötet. An die Opfer des Krieges soll im Keller der neuen Bibliothek eine Gedenkstätte und ein Fürbitt-Altar erinnern. Das evangelische Kloster und die Stiftung haben sich beim Wiederaufbau gegen eine historisierende Lösung entschieden. Das dreistöckige Gebäude, das sich exakt auf den alten Fundamenten erheben wird, soll sich unter anderem durch eine originelle Fensterverteilung auszeichnen.

    Quelle: http://www.mdr.de/denkmal/2508410.html\r
    http://www.mdr.de/denkmal/2508410.html

    Der Text aus der FAZ ist diesbezüglich ja auch schon recht schwammig.

  • Habe auch selbsr noch mal auf der Seite des Augustinerklosters vorbeigeschaut, weil mir die Sache dann doch etwas zu positiv klang. Es wird also nicht historisierend wiederaufgebaut.
    Wenigstens hat man sich zu einem Sandsteinbau und Satteldächern "hinreißen" lassen. Auch werden die mittelalterlichen Keller mit einbezogen.

  • Dann hätte man es lieber so gelassen wie es ist - so wird das alte Flair mal wieder zugemüllt...

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Weiß jemand, ob es hier sonstige Neuigkeiten oder vielleicht Bilder gibt?

    Nachdem die Finanzierung der Waidhäuser gesichert ist, konnte am 13. Juli 2007 der Bauauftrag ausgelöst werden. Den Zuschlag für den Rohbau erhielt die Firma Bauer Bau GmbH aus Erfurt. Baubeginn war am 23. Juli 2007, die Fertigstellung des Rohbaus soll bis zum 21. Dezember diesen Jahres erfolgen. Die Fertigstellung der Waidhäuser ist für September 2008 geplant.

    Im September 2007 erfolgt die öffentliche Ausschreibung für den Wiederaufbau der Bibliothek.
    Sollte das Ausschreibungsverfahren „normal“ verlaufen, gehe ich davon aus, dass noch in diesem Jahr der Auftrag erteilt werden kann. Erst danach wissen wir, wie der weitere zeitliche Ablauf sich gestalten wird.

    http://www.augustinerkloster.de/wiederaufbau/\r
    http://www.augustinerkloster.de/wiederaufbau/

  • Zitat

    "Evangelisches Augustinerkloster" - ist das nicht ein Widerspruch in sich ?

    Nicht, wenn man bedenkt, dass Luther Augustinermönch war, und dort gelebt, gebetet und gearbeitet hat. Dort fing er seinen geistlichen Laufbahn an.
    Die Bestände der Bibliothek sind übrigens erhalten, sie werden jetzt im Klostergebäude selbst gelagert.
    Der Gewölbekeller der Bibliothek, die freistehend neben dem Kloster stand, war übrigens ein architektonisches Meisterwerk der Gotik, das ganze Gewölbe ruhte nur auf Einen Pfeiler in der Mitte des Kellers!
    Heute sieht man nur noch ein rechteckiges Loch neben dem Klostergebäude.
    Von der historischen und architektonischen Wert her sollte das Gebäude unbedingt rekonstruiert werden. Wenn man andererseits bedenkt, dass in diesem Loch 267 Menschen mit Einem Schlag getötet wurden, dann versteht man, dass es nicht einfach ist dort wieder munter rekonstruieren anzufangen. Ich könnte mich vorstellen, dass das Loch einfach als Gedenkstätte blieb.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Brandmauer, ja das ist doch der Widerspruch ! Luther als Gründer der evangelischen Abspaltung hat doch gerade die Regel der Augustiner gebrochen, indem er geheiratet, Besitz angehäuft und die katholische Kirche verraten hat.

    Deswegen verstehe ich ja gerade nicht, wie heute lutherische Christen in klosterähnliche Gemeinschaften leben können. Wenn diese Christen konsequent wären, müssten sie zum katholischen Glauben konvertieren.

  • Zitat von "Oliver"

    Brandmauer, ja das ist doch der Widerspruch ! Luther als Gründer der evangelischen Abspaltung hat doch gerade die Regel der Augustiner gebrochen, indem er geheiratet, Besitz angehäuft und die katholische Kirche verraten hat.

    Deswegen verstehe ich ja gerade nicht, wie heute lutherische Christen in klosterähnliche Gemeinschaften leben können. Wenn diese Christen konsequent wären, müssten sie zum katholischen Glauben konvertieren.


    off-toppic
    Was hat denn das damit zu tun? Lutter wollte die verkrusteten, korrupten (Besitz anhäufenden) Strukturen reformieren (nicht abspalten). Erklär mir bitte warum eine evangelische Gemeinschaft gegen diese Ideen sprechen soll! (Und jetzt komm nicht mit Zölibat, das war nicht der Hauptbestandteil der Thesen)

  • In liturgischen und verwaltungsmaessigen Sachen sind die Evangelischen (Lutherischen) nun einmal den Papisten naeher geblieben als die Reformierten (Kalvinisten). Es gibt bei den Evangelischen noch Bischoefe, und es gibt auch Altaere in den Kirchen. Wenn man die reformierten Kirchen in den Niederlanden oder der Schweiz kennt, dann wird der Unterschied deutlich.
    Eine evangelische Klostergemeinschaft, wie es sie dort im Augustinerkloster zu Erfurt tatsaechlich gibt, verstehe ich auch nicht ganz. Was ist der Unterschied zu einer katholischen? Leben diese Leute auch zoelibataer? Und nach den Regeln des Hl. Augustin, den sie aber nicht als solcher anbeten duerfen?
    Interessant ist uebrigens, dass in Deutschland die evangelische und die reformierte Kirche schon um 1900 fusioniert sind, waehrend sie in den Niederlanden erst in den letzten Jahren (nach 2000) zusammengefunden haben, und das ging hier mit vielen Protesten einher. Beide sind jetzt in der PKN (Protestantische Kirche in den Niederlanden), jedoch nicht alle reformierte Kirchen wollen die Einigung anerkennen.
    Interessant im Bezug auf Deutschland ist, dass vor der Einigung um 1900 der preussische Hof, und also auch das Kaiserhaus, reformiert war. Das hatte seinen Ursprung in den Herzogtuemern Kleve und Mark :) , also in oder nahe den Niederlanden.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Kleve und Mark meinst Du, Brandmauer. Das Hztm. Berg gehörte zum Haus Pfalz-Neuburg.

    Kindvon2dresdnern, ein Ordenschrist hat ein öffentliches Gelübde auf die evangelischen Räte abgelegt. Luther hat sein Gelübde gebrochen und daher finde ich es etwas komisch, wenn Christen gleichzeitig Mönch und evangelisch sein wollen. Mir persönlich ist es egal, ich sehe nur den Widerspruch. Aber das muss derjenige dann selber wissen, was er macht.

    Armut:

    Zitat

    Mt 19,20 Der junge Mann erwiderte ihm: Alle diese Gebote habe ich befolgt. Was fehlt mir jetzt noch?
    Mt 19,21 Jesus antwortete ihm: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.

    Jungfräulichkeit:

    Zitat

    Mt 16,24 Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
    ...
    Mt 19,11 Jesus sagte zu ihnen: Nicht alle können dieses Wort erfassen, sondern nur die, denen es gegeben ist.
    Mt 19,12 Denn es ist so: Manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht und manche haben sich selbst dazu gemacht - um des Himmelreiches willen. Wer das erfassen kann, der erfasse es.

    Gehorsam unter einem geistlichen Oberen:

    Zitat

    Mt 20,25 Da rief Jesus sie zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen.
    Mt 20,26 Bei euch soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein,
    Mt 20,27 und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein.

  • Zitat von "Oliver"

    Brandmauer, ja das ist doch der Widerspruch ! Luther als Gründer der evangelischen Abspaltung hat doch gerade die Regel der Augustiner gebrochen, indem er geheiratet, Besitz angehäuft und die katholische Kirche verraten hat.

    Deswegen verstehe ich ja gerade nicht, wie heute lutherische Christen in klosterähnliche Gemeinschaften leben können. Wenn diese Christen konsequent wären, müssten sie zum katholischen Glauben konvertieren.

    Hallo Oliver! Der Dreißigjährige Krieg ist vorbei!

    Was die Päpste zu Luthers Zeiten so alles getrieben haben, muss man wohl nicht erwähnen.

    Zumindest in der Schweiz gibt es auch evangelische Nonnen/Schwestern

  • Ich grab den Thread zum Augustinerkloster jetzt mal wieder aus.
    Habe im Winter dort Halt gemacht, da ich mich mit den näheren Umständen des Wiederaufbaus nicht beschäftigt habe, haue ich die Bilder hier einfach mal so rein.

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

  • Zwar keine Rekonstruktion, aber dennoch weitenteils ganz elegant und ansprechend gelöst, finde ich. Bloß, was geschieht mit dem großen Steinlager auf Bild 2? Und dem Schuttplatz auf dem 28. Bild? Das war ja wohl einst das Innere eines Gebäudes. Ist da eine Rekonstruktion oder zumindest eine pflegerische Maßnahme geplant?

  • Gefällt mir auch, weil die Regionaltypik gewahrt bleibt und die Qualitätsanmutung hoch ist.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Die Strichcodefenster sehen wie ein 90er Liebeskind-Chic aus. Da fehlen dann nur noch die Spitzen.

    Ich finde daran hässlich, dass dieser Umbau dem Ort die Anmut nimmt.

  • Sehe ich auch so. Hier wurde nicht mal, wie bei der Paulinerkirche in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], der Versuch unternommen, die gotische Formensprache wiederaufzunehmen. Der Neubau wird zusammen mit den historischen Gebäuden nie als Einheit wahrgenommen werden. Schlechtestmöglicher "Wiederaufbau".

    Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. - Friedrich Schiller -