Dortmund - 3do (Neubau des Hauptbahnhofes)

  • Der Dortmunder Hellweg ist eine der meistfrequentiertesten Einkaufsstraßen in Deutschland, hier ist zu Geschäftszeiten eigentlich immer was los und man findet hier Fillialen von fast allen großen Ketten. Dennoch sieht es dort meistens sehr, sehr trostlos aus obwohl dort teilweise noch schöne Gründerzeitarchitektur zu finden ist. Da demnächst aber das 3do entsteht, ein ziemlich großes Einkaufszentrum über dem Hauptbahnhof, ist der Westenhellweg in Gefahr, seine Vorreiterrolle als Einkaufsstraße zu verlieren. Die Vorteile von 3do liegen auf der Hand: wetterunabhängiges Einkaufen, die Nähe zum Bahnhof (zum Hellweg sind's 5 min zu Fuß), eine helle Atmosphäre und meistens Übersichtspläne der Geschäfte. Daher die Frage: Was muss man tun, damit sich der Hellweg zum positiven verändert und erste Wahl bleibt?

    Hier mal ein paar Fotos vom Ist-Zustand:

    Westlicher Teil, vorwiegend billige Geschäfte und billige Architektur (das linke Gebäude könnte ein Vorkriegsbau der neuen Sachlichkeit sein, denn bis in die 20er Jahre stand dort noch ein mittelalterliches Gasthaus):

    Zwischen Petrikirche und Hansastraße:

    Zwischen Hansastraße und Reinoldikirche:

    Platz vor der Reinoldikirche:

    Kreuzung der damaligen Hauptverkehrsstraßen die durch die zerstörte Altstadt geschlagen wurden:

    Zwischen Reinoldikirche und Stadtring:

    Übergang zur Kaiserstraße:

    Mehr Bilder hier

    Über architektonische Änderungen habe ich ja in diesem Thread schon genug geschrieben, jetzt will ich mal Vorschläge machen, wo die Stadt und nicht die Investoren gefragt sind.

    Zum einen ist da die wahnsinnige Reklamebeschilderung, mit der jedes Geschäft sich vor den anderen herausheben will, im Prinzip aber nur unter und mit den anderen untergeht. Hier wäre Mäßigung angebracht, zum Beispiel, dass kein Reklameschild mehr in die Straßenschlucht gehängt werden darf und die Schriftzüge im Allgemeinen eine gemäßigte Form annehmen sollten. Das Problem ist allerdings, dass soetwas schwer durchzusetzen ist, besonders in Städten, die kein historisches Stadtbild haben. Hier müsste man langsam aber konsequent durchgreifen.

    Ergänzend dazu und eigentlich noch viel störender kommen die ganzen Vordächer vor den Gebäuden, die eigentlich zwei Zwecke haben: den Regen abhalten und das Schaufenster bzw. die Fläche davor zu beleuchten. Allerdings nehmen sie den Blick nach oben und geben der Straße ein sehr, sehr unruhiges Aussehen und werfen Schatten. Wenn man all diese häßlichen Vorbauten entfernt und durch Markisen ersetzt, die man bei schönem Wetter einfach einfährt/hochklappt hat man schon sehr viel gewonnen.

    Dann das Straßenpflaster, dass durch sein Muster allein schon die Straße in einen Laufbereich und einen Schaufensterbereich einteilt. Ich selber habe schon die Erfahrung gemacht, dass man einfach umgerannt wird, wenn man in der Mitte des Hellweges einfach stehenbleibt. Diese Muster erzeugen Hektik und machen den Hellweg enger als er ohnehin schon ist. Hier wäre eine durchgängige Straßenpflasterung wünschenswert, am besten mit Kopfsteinpflaster oder etwas, was ähnlich aussieht.

    Die Straßenbeleuchtung hängt momentan noch an einem die Straße überspanndendem Leitungsnetz. Hier wäre es sicher schöner, wenn Kandellaber diese Aufgabe übernehmen würden, allerdings nur dann, wenn es möglich ist, die gesamte Straße hell auszuleuchten. Ansonsten sind andere Ideen gefragt.

    Was ich als nette Stadtreparatur empfände, wäre ein Bebauungsplan für die ehemalige Kreuzung der Verkehrsschneisen östlich der Reinoldikirche (Foto oben) mit historischem Umrissen. Hierbei sollte eine Rekonstruktion des Eckgebäudes am Hellweg als Leitbau im Bebauungsplan festgelegt werden, denn es war mit seinem Mansarddach und der prunkvollsten Fassade in vmtl ganz Dortmund ein ganz besonderes Haus. Das einzige Problem wird ein kleiner Rückbau des C&A-Gebäudes sein, den man dann in Kauf nehmen müsste.

    Was haltet ihr von den Vorschlägen - sind sie umsetzbar und sinnvoll oder eher weniger?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • im prinzip sind deine vorschläge sehr sinnvoll. aber in diesem spezielle falle? hier scheinen ja nicht nur die reklameschilder, vordächer, straßenlaternen und gehwegplatten hässlich zu sein, sondern leider auch die häuser. na ja, und die lösung für dieses problem wäre dann ja wiederum wohl kaum umsetzbar...
    aber wenn das die haupteinkaufsmeile ist, dann wird der rest der city wohl auch nicht viel anders aussehen. und so ergibt das ganze ja vielleicht wieder ein in sich stimmiges bild, wo kandelaber und markisen eher wie fremdkörper wirken würden.
    aber zu deiner beruhigung: zumindest in [lexicon='leipzig'][/lexicon] hat das einkaufszentrum im bahnhof keineswegs zur verödung der city geführt, sondern zu deren (re-)vitalisierung beigetragen. es wird also bestimmt nicht schlimmer werden.
    wenn auch ich ein paar prinzipielle vorschläge zur aufwertung von shopping-straßen machen darf: bäume, brunnen und bänke erhöhen verweilqualität und -dauer, indem sie als "wellenbrecher" im menschenmeer dienen. das wird dann auch keiner so schnell umgerannt...

  • Diesen Monat wurde das schon längst totgeglaubte Projekt 3do in trockene Tücher gebracht. Nach der WM 2005 beginnt der Abriß des jetzigen Bahnhofs (einer der wenigen "netten" 50er-Jahre Bahnhöfe, von der Bauart noch ein richtiger Bahnhof mit Schalterhalle, Bahnhosrestaurant etc, nicht so verkommen wie spätere Bauten (Gelsenkirchen, Hamburg-Altona).
    Danach kommt über die Gleise ein riesiges Einkaufszentrum (36 000 qm Einzelhandel, 10 000 Gastronomie und 26 500 qm Freizeit und Unterhaltungsangebote). Dazu ein großer Hoteltower, der auch das höchste Hochhaus in Dortmund sein wird. Die Gleise werden von dem Baukörper überspannt, so dass es darunter vermutlich ziemlich zugig wird. Abgesehen davon geht die komplette städtische Wirkung verloren, der gesamte Bahnhofsvorplatz wirkt m.E. eher uneinladend zumal das 3do Gebäude mit 45 Metern nicht besonders niedrig ist. Gebaut wird das ganze vom portugisischen Investor Sonae... das denen unser Städtebau egal sein kann ist klar...

    Naja, hier jedenfalls ein paar Informationen:
    [urlhttp://http://www1.dortmund.de/themen/planenu…/3do/index.jsp=]Projekt 3do @ http://www.dortmund.de\r
    http://www.dortmund.de[/url]

    Der Bahnhofseingang von Norden:

    ... und von der City aus (diese komisch gestreifte Straße ist der Burgwall, einst Stadtmauerverlauf, der aber in der Nachkriegszeit verlegt wurde und der ursprüngliche Verlauf von einigen gigantischen Büroblocks überbaut wurde):


    So sieht es heute aus - etwas kleinstädtisch wirkend und der Bahnhof ist auch nicht besonders schön, aber wenn man den Vorplatz in den Zustand der 50er zurückbaut könnte das durchaus was aussehen:


    ... manchmal frag ich mich echt, wozu es sich noch zu kämpfen lohnt. Hat man hier eine kleine Rekonstruktion durchgesetzt und dort mal den Abriß eines historischen Gebäudes verhindert kommt an einer anderen Stelle irgendein Investor, schmiert die Stadt und klotzt einen riesigen Komplex dahin, der die nächsten 40 Jahre auch wohl mal so stehenbleibt.


    ... mal ganz davon abgesehen: Wer einmal in Köln, Bremen oder Hamburg Altona ([lexicon='Leipzig'][/lexicon] kenn ich nicht) war weiß, wie sehr sich Bahnreisende und Einkaufende im Wege steht. Warum kann man nicht einfach mal Bahnhof Bahnhof sein lassen und die Geschäfte in der Stadt lassen??


    Fotos: http://www.dortmund.de\r
    http://www.dortmund.de, http://www.bahnhofsmission-dortmund.de\r
    http://www.bahnhofsmission-dortmund.de

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Dieser Bahnhof könnte genauso in die Hose gehen, wie Kassel Wilhelmshöhe. Die Architektur ist ja mehr als beliebig, um nicht zu sagen billig.

    Dass immer mehr Banhöfe zu Einkaufszentren umfunktioniert werden liegt hauptsächlich an dem anachronistischen Ladenschlussgesetz. In Ländern, in welchen der Besitzer und nicht die Regierung über Öffnungszeiten befindet sind Bahnhöfe (abgesehen vom Lebensmitteleinzelhandel) Verkehrszentren geblieben.

    Man hätte ja zur Abwechslung mal ein gutes Bahnhofsgebäude hinstellen können, doch die Zeit der grossen Bahnhofsarchitektur (s. geplante Projekte in Stuttgart und München) scheint vorbei zu sein.

  • Das Argument mit den Ladenschlußgesetzen ist gut. Wegen meiner könnte man dort wirklich mal ein wenig herumspielen. Ich brauch das zwar nicht, dass man um 2 Uhr nachts noch einkaufen kann... aber bevor sich das gesamte städtische Leben nur noch in Bahnhöfen abspielt...

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Es gibt nichts schöneres, als in Kanada um 3 aus der Bar zu gehen und dann anschliessend im Supermarkt einzukaufen :)

    Deutsche Städte sind nach 20 Uhr toter als tot. Gut, nicht alle, aber Dortmund auf jeden Fall; und Sonntags erst, darum ist der Sonntag auch der Tag mit den meisten Familienstreitereien, die Leute langweilen sich schlichtweg.

  • Senator, jetzt durfte ich aber schmunzeln, als ich deinen letzten Absatz mit den Familienstreitigkeiten am Sonntag las. Ob geöffnete Läden dem Einhalt gebieten werden...? :zwinkern:

    Das Dortmunder Bahnhofsprojekt scheint dem Münchener Projekt zu ähneln. Auch wenn mir die Architektur nicht gefällt, so glaube ich, dass sie die Bahnhofsgegend aufwerten wird.

    Der Bahnhof in seiner ursprünglichen Funktion ist nicht mehr lukrativ. Täglich steigen dort mehrere tausend Menschen ein, aus und um, die wiederum oftmals von ihren Angehörigen, Bekannten, Freunden usw. abgeholt werden. Somit sind wohl oder übel viele Menschen gezwungen, sich auf den Bahnhöfen aufzuhalten und der Gedanke liegt da nahe, für sie umfangreiche Einkaufsmöglichkeiten zu schaffen.

    Im Leipziger Hbf gibt es oben auf dem riesigen Querbahnsteig keine Geschäfte, vermutlich aus denkmalschutzrechtlichen Belangen. Die Promenaden hat man in 2 extra dafür neu geschaffenen Tiefebenen hineingebaut, wo sich hastende Reisende und das gemütliche Einkaufsvolk nicht in die Quere kommen.

    In Frankfurt sieht das wiederum ganz anders aus. Statt dort die B-Ebene zu sanieren und für Läden attraktiv zu machen, hat man auf dem Querbahnsteig alle paar Meter riesige und (für meine Begriffe) für die ehrwürdige Bahnhofshalle absolut nicht passende Glaspavillions hingesetzt, die die Reisenden extrem behindern.

    In Köln besteht eher das Problem, soweit ich das richtig einschätzen kann, dass die Geschäfte genau in dem Durchgang liegen, wo auch die Reisenden lang müssen, wenn sie zum Zug wollen.

  • Zitat

    In Köln besteht eher das Problem, soweit ich das richtig einschätzen kann, dass die Geschäfte genau in dem Durchgang liegen, wo auch die Reisenden lang müssen, wenn sie zum Zug wollen.


    Wenn man in Köln von Engpässen redenkann liegt das m.E. nicht an den Geschäften an sich, sondern eher an der Breite der Durchgänge (die aber nicht verändert wurde) im Vergleich zum Reiseaufkommen. Die Fressläden befinden sich alle abseits dieser Durchgänge, so dass durch stehende Döner essende Passanten eigentlich keine Behinderung besteht.

  • Dortmund ist sicherlich kein unbedeutendes Provinznest, jedoch bin ich ehrlich der Meinung, dass dieses Projekt einige Nummern zu groß ist für die Stadt!

    Woher sollen denn die ganzen Kunden/Hotelgäste kommen, für die das alles gebaut wird? Und woher sollen die Geschäfte kommen? Siedeln sich wirklich so viele neue Läden an? Oder ziehen die Geschäfte aus der Fußgängerzone in den Bahnhof und die Dortmunder Fußgängerzone wird zur Geisterstadt? Oder wird eher der Bahnhof zur Geisterstadt, weil sich keine Mieter finden?

    Und dann diese Architektur und erst diese Ausmaße. Ein riesiger Fremdkörper inmitten einer gewachsenen Stadt.

    Also echt. Solche Projekte dienen doch nur dazu, dass die Stadtoberen später dann im historischen Schwanzvergleich besser abschneiden! :x

  • Zitat von "Seraph Eleison"


    Also echt. Solche Projekte dienen doch nur dazu, dass die Stadtoberen später dann im historischen Schwanzvergleich besser abschneiden! :x

    Ich glaub damit bringst du alles auf dem Punkt ;)

    Der sachliche Teil deines Beitrags spricht genau meine Befürchtungen aus. Und es ist wirklich zu groß für Dortmund. Dortmund ist nicht Frankfurt, Hamburg oder München, Dortmund ist nur durch Eingemeindungen so stark gewachsen... dementsprechend mutet auch die übrige Architektur an. Die Neubauten der letzten Jahre passen irgendwie nicht so ganz nach Dortmund - und ich fände es schade, wenn man den Rest der Stadt daran anpassen würde.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ja, armes Dortmund; das einzig Köstliche, woran ich mich erinnern kann, ist die Zeche Hohenzollern und wer kennt die schon?
    Wenn man den Bahnhof von Hundertwasser hätte aufhübschen lassen, wäre es netter gewesen; in Anlagen, wie den hier projektierten, wird der gesichtslose , moderne , kultur- und geschichtsverlorene Mensch gezüchtet, bzw. findet er seine Lauffläche.

  • so eine ähnliche diskussion gab es vor 10 jahren auch in [lexicon='leipzig'][/lexicon], als der hbf umgebaut wurde. die befürchtungen einer sterbenden innenstadt sind inzwischen aus der welt, denn natürlich gilt die alte weisheit: der teufel scheisst immer auf den grössten haufen! was in diesem zusammenhang bedeutet, dass man mehr leute anzieht, wenn man mehr bietet. und wo mehr leute hinkommen, siedeln sich dann auch mehr geschäfte an. die umwandlung von bahnhöfen zu einkaufszentren geht also nicht zu lasten der innenstädte, sondern zu lasten der randgebiete und umliegenden städte. (zumindest, wenn der bahnhof im zentrum liegt, und nicht wie der neue berliner hbf in die pampa gebaut wird.)
    architektonisch ist dieser 3do-neubau zwar sicher nicht der grosse wurf, aber das kann man vom jetzigen bahnhof ja auch nicht gerade behaupten. deshalb meine prognose: in ein paar jahren wird die ganze diskussion darüber vergeben und vergessen sein...

  • Zitat von "Mansfeld"

    Ja, armes Dortmund; das einzig Köstliche, woran ich mich erinnern kann, ist die Zeche Hohenzollern und wer kennt die schon?

    Du meinst vmtl. die Zeche Zollern, Standort des westf. Industriemuseums? Ja.. ein schöner Jugendstil-Backsteinbau, aber es gibt noch ein paar andere schöne Ecken in Dortmund... das Bahnhofsviertel aber auch in Zukunft nicht.

    @ rakete: So häßlich finde ich den jetzigen Dortmunder Bahnhof gar nicht. Natürlich ist das kein Vergleich zu dem Vorkriegsbahnhof, aber wenn man die nachträglichen Umbauten wieder entfernen würde, wäre es ein ganz netter Bahnhof. Das Problem ist in meinen Augen eigentlich nur, dass er nicht behindertengerecht ist.
    Aber 3do wird in meinen Augen genauso in die Hose gehen wie Hamburg-Altona. Ich hoffe doch stark, das der Westenhellweg genug Potenzial hat, dass ihm kein großes Geschäft abhanden kommt. Ich mag es, die doch relativ enge Straße entlangzulaufen, an großen Gründerzeitfassaden vorbei und nahezu alles zu finden, was man so braucht.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat

    Deutsche Städte sind nach 20 Uhr toter als tot. Gut, nicht alle, aber Dortmund auf jeden Fall; und Sonntags erst, darum ist der Sonntag auch der Tag mit den meisten Familienstreitereien, die Leute langweilen sich schlichtweg.

    Zitat von "spacecowboy"

    Senator, jetzt durfte ich aber schmunzeln, als ich deinen letzten Absatz mit den Familienstreitigkeiten am Sonntag las. Ob geöffnete Läden dem Einhalt gebieten werden...? :zwinkern:

    ...und ich hab' nur den Kopf geschüttelt. Senator, wenn Du glaubst, Familienfrieden ließe sich schaffen, indem man sich möglichst wenig über den Weg läuft, dann können wir ja auch gleich den Sonntag zum Werktag erheben, das heißt nicht nur die Geschäfte sind offen, sondern alle (auch Du) müssen arbeiten! :augenrollen:

    In Wiesbaden schaffen es die Kaufhäuser übrigens nicht mal, bis 20 Uhr offen zu haben, ab 19 h rennt man gegen die Glastür - was nützt da ein abgeschafftes Ladenschlußgesetz, wenn die Kaufkraft fehlt? Eine Ausweitung auf 21 Uhr fände ich auch gut, aber Finger weg vom Sonntag!

    Zu eigentlichen Thema hätte ich natürlich auch gerne was gesagt, aber ich sehe keine Fotos, und der Link zur Stadt Do funktioniert irgendwie auch nicht. :?

  • Zitat

    Der sachliche Teil deines Beitrags spricht genau meine Befürchtungen aus. Und es ist wirklich zu groß für Dortmund. Dortmund ist nicht Frankfurt, Hamburg oder München, Dortmund ist nur durch Eingemeindungen so stark gewachsen... dementsprechend mutet auch die übrige Architektur an. Die Neubauten der letzten Jahre passen irgendwie nicht so ganz nach Dortmund - und ich fände es schade, wenn man den Rest der Stadt daran anpassen würde.

    Habe mich derart über diese Aussage aufgeregt, daß ich mich extra mal angemeldet habe, da man als Gast ja leider nicht schreiben kann.

    Also - Dortmund ist also nur durch Eingemeindung groß geworden, ja? Und was ist dann mit Städten wie Köln, die mal eben so 300.000 (!) bis dato Nicht-Kölner einverleibt haben, und das im Jahre 1975, als DO bereits mehrere Jahrzehnte seine jetzige Größe erreicht hatte??

    Es ist völliger Quatsch, Dortmund fehlende Urbanität anzukreiden. Die Innenstadt ist eine der größten in Deutschland, hat 3-5 Kilometer Durchmesser und 166.000 Einwohner. Und in Dortmund ist man noch im Stadtkern, wenn anderorts bereits "Bezirk XY" auf den Schildern steht.

    Anders sieht es bei den Stadtteilen aus, da muß ich meinem Vorschreiber Recht geben (wenn er es denn auf diese bezog). Hier merkt man doch sehr stark, wie kleinteilig die Stadt ist. Aber wie gesagt - die City mit Ihrem sehr wohl gewachsenen Kern weit über den 6-spurigen Wallring hinaus macht alles wieder wett. Und nun -endlich- bringt der schlafende Riese sein Potential mit einem Megaprojekt wie 3do zum Vorschein. Und spätestens dann ist Schluß mit der Belächelung aus dem Rheinland und anderen Arroganzhochburgen. Es ist 2006 und
    wir mischen in Zukunft mit - ob manche das nun wollen oder nicht!


    Zitat

    Ja, armes Dortmund; das einzig Köstliche, woran ich mich erinnern kann, ist die Zeche Hohenzollern und wer kennt die schon?

    Wer immer das geschrieben hat, bedient sich a) einer mehr als antiquierten Audruckweise und beweist b) das er eine sehr alt-europäische Vorstellung (wie sie z.B.in abgelegenen Alt-Metropolen wie Wien herrscht) von städtebaulicher Qualität hat. Dortmund hat sich aber nie als begehbares Museum für Rheuma-Touristen verstanden, sondern als moderne, im Strukturwandel begriffene HighTech-Metropole des neuen Europa. Schonmal darüber nachgedacht, das Geschmäcker und Interpretationsweisen des Begriffes "Großstadt" unterschiedlich sind wie alles andere auch? Und schonmal mit offenen Augen auf Architekturtrip in DO gewesen? Kanns mir nicht wirklich vorstellen...

    LG,

    Kai

  • Natürlich ist die Dortmunder Innenstadt ziemlich groß... aber es fehlt trotzdem die Urbanität... in Städten wie Köln hat die Bebauung in Bezirken wie Ehrenfeld oder Nippes noch 2 Stockwerke mehr als z.B. das Klinikviertel direkt neben dem Wallring.

    Und das Hochhäuser Urbanität schaffen ist in meinen Augen Schwachsinn, ebenso ein vollkommen überdimensioniertes Einkaufszentrum mit Bahnanschluss, dass aussieht als stünde es in einem amerikanischem Vorort. Vielleicht wird man ein, zwei Jahre staunen, später will man es sicherlich wieder loswerden... wie in Hamburg-Altona.
    Bahnhöfe wie der von Frankfurt, Oberhausen oder Köln wirken da wesentlich städtischer weil der Bahnhof noch ein Tor zur Stadt ist und nicht von einem EKZ erdrückt wird.

    Nicht das wir uns falsch verstehen... ich mag Dortmund... ich finde es auch durchaus urban. Und ich liebe Ecken wie das Kreuzviertel oder Dortmund-West, wo keine häßlichen Glasbauten ungemütliche Stimmung hervorrufen.
    Nur wenn das so weitergeht werd ich wohl nach meinem Studium nicht lange bleiben... ich fand den RWE-Tower schon überflüssig, Dortmund solle lieber zusehen, Brachflächen wie das Gelände der Westfalenhütte wieder zu nutzen - unter Einbezug historischer Bausubstanz. Auf Phoenix-West tut sich ja schon einiges.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Da mir die letzten Tage dauernd die Zeitung geklaut wurde, hab ich's heute nur durch Zufall mitbekommen: das Projekt 3do ist nun doch geplatzt:
    WAZ-Link

    Ist zwar schade um die Steuergelder, aber ich freu mich, dass uns diese Mega-Mall erspart blieb. Bin mal gespannt was nun kommt - so wie jetzt geht's ja nicht weiter. Ein Umbau, Neubau, Denkmalschutz + gerechte Sanierung? Oder in ein paar Jahren doch eine Rekonstruktion des wunderschönen Gründerzeitbahnhofs?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ich habe kurz nach Bekanntmachung vom geplatzen 3-do
    in der regionalen Lokalzeit verfolgt, wie ein
    warscheinlich selbsternannter, involvierter dortmunder Architekt seinen
    mikrigen Planungsentwurf vorgestellt hat,
    so nach dem Motto: Bahn Frei...JETZT KOMM ICH! :lachen:

    Sein Projekt bestand nur aus einem
    schmalen Glasdach, das die Nordseite mit
    der Südseite des Bahnhofs verbindet.
    Und alles natürlich aus Glas, weils ja irre modern ist
    und wiedermal Kosten einspart.

    Zum Schluss der Lokalzeit sagte
    ein Beamter der Stadt Dortmund der zu Gast war,
    diese Planung ist zu simpel, passt nicht in die Stadtplanung
    und man wird sich damit nicht beschäftigen.
    Recht hat er gehabt! :!:

    Ich würde es mir ebenfalls wünschen, wenn
    eine Rekonstruktion des schönen Bahnhofs
    aus der Reichszeit realisiert wird, zumindest großes Interesse weckt. Alleine schon die Eingangshalle mit ihrem großen Kuppeldach und dem Türmchen wäre gigantisch und ein sehr markantes Bauwerk, dass zudem noch die Innenstadt aufwertet.

  • War ja im Frühjahr in Dortmund, und war von der Stadt eher enttäuscht- und der Bahnhof war dazu passend ein leider entsprechend ernüchterndes Entree...

    Die schönsten Plätze in Dortmund waren die rund um die rekonstruierten großen Kirchen - bezeichnend, daß der Nachkriegsmoderne keine gelungenen Plätze gelangen. Die Bauten aus jüngster Zeit sind vielleicht noch weniger überzeugend- nicht einmal die Bibliothek von Mario Botta.

    Eine Rekonstruktion des alten Bahnhofs täte Dortmund sicher gut...

    Was soll eigentlich aus dem Brauereiturm werden, dem Dortmunder U ? Als ich dort war, war die Brache rundherum abgeriegelt wie ein Militärgelände...

    ... und wenn jetzt nicht ganz allgemeine und durchgreifende Maßnahmen angewandt werden, so werden wir in kurzer Zeit unheimlich nackt und kahl wie eine Kolonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen... (Schinkel 1815)

  • @ Roverandom
    Die Urteile von Fremden finde ich ja immer interessant Ich bin nicht mehr ganz unvoreingenommen, weil ich drei Jahre in Dortmund gewohnt habe...

    Klingt vielleicht etwas resigniert, aber: was hast du erwartet? Eine Weltstadt ist Dortmund wahrlich nicht. Daran kann auch die Existenz von Borussia Dortmund nichts ändern. Und wenn die gotischen und romanischen Kirchen nicht mehr wären (danke an diejenigen, die sie wiederaufbauten...), hätte Dortmunds Stadtbild alles verloren. Sie wären aus der Erinnerung verschwunden wie das zerstörte romanische Rathaus http://www.bildindex.de/bilder/MI04516a08b.jpg\r
    http://www.bildindex.de/bilder/MI04516a08b.jpg http://de.wikipedia.org/wiki/Altes_Rathaus_%28Dortmund%29\r
    de.wikipedia.org/wiki/Altes_Rath ... ortmund%29 oder das spätgotische Gildenhaus.
    Die Gründerzeitarchitektur ist entweder ebenfalls zerstört (Bahnhof http://www.bildindex.de/bilder/MI09462e10b.jpg\r
    http://www.bildindex.de/bilder/MI09462e10b.jpg ) oder so schwach, dass sie kaum positives bewirken kann (Krüger-Passage, ehemalige Post neben dem Bahnhof...... etc.)

    Ansonsten kann ich Dir weiterhin nur zustimmen: Die Nachkriegszeit hat baulich nichts wirklich dauerhaftes, positiv-markantes hervorgebracht. Wenn der rote Naturstein der Botta-Bibliothek http://ibpelle.de/img/biblio_ansicht029.jpg\r
    ibpelle.de/img/biblio_ansicht029.jpg erstmal das Einheitsgrau der Nachbarbauten angenommen hat, wird er endgültig in der Masse untergehen. Er wird untergehen wie die Pavillonarchitektur, die vorher dort stand.
    Als das Dortberghaus (unmittelbar hinter der Botta-Bibliothek vom Bahnhof aus gesehen http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showthread.php?t=4547\r
    http://www.deutsches-architektur-forum. ... php?t=4547 ) in den 30er Jahren neben der kleinen Häusern der heute zerstörten Altstadt stand, sah es stolz, markant aus. Neben solchen Ungetümen wie der WestLB http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:IMG_0487.JPG\r
    de.wikipedia.org/wiki/Bild:IMG_0487.JPG von Harald Deilmann (aus Münster!) und dem braunen Sparkassenhochhaus ist es gar nichts mehr.
    Auffallend scheußlich ist übrigens das Ding hier, auch ein echter Deilmann:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Volkswohl-Bund_HV_01.jpg\r
    de.wikipedia.org/wiki/Bild:Volks ... _HV_01.jpg

    Zum Dortmunder U:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Dortmunder_U\r
    de.wikipedia.org/wiki/Dortmunder_U
    Vor inzwischen 10 Jahren (1997) stürzten sich hordenweise Architekturstudenten auf dieses bereits ungenutzte Areal und warfen irgendwelche gedanklichen Kuben ab. An den Westenhellweg angebunden werden sollte das Gelände beispielsweise über irgendwelche Fußgängerbrücken werden, die sich wirrwar rtig über die Kreuzung Rheinische Straße/Königswall/Westenhellweg schwangen.
    Dennoch blieb bis 2003 die Idylle der Industrieruine präsent, die vorderen Hallen-Bereiche „fremdgenutzt“ von irgendeinem ständigem Tödelmarkt, am Eingang gut bewacht von irgendwelchen schwankenen, alkoholisierten Pennern.
    2003 ging es dann los. Monatelang wurde das Gelände kaputt gemalen. Eigentlich war man heilfroh (zumindest ich). Zermalen wurde auch ein leer stehendes Verwaltungsgebäude am Königswall aus den 60ern.
    Dann die Ernüchterung: Der Neubau von Brau+Brunnen konnte die Erwartungen auf wirkliche Verbesserung nicht annähend erfüllen. Hauptgrund: Er ist einfach zu klein, um die große leere zu beherrschen und nachhaltig positiv zu stärken. Nebenbei gesagt, ansonsten finde ich den Neubau mit vertikal gegliederter Ziegelfassade gar nicht so übel, eher positiv.
    Wie es weitergeht? Informiert bin ich nicht so richtig, weiss aber, dass unser guter Ecki vor geraumer Zeit nun schon eine tolle Idee hatte, die offenbar auf Gegenliebe stieß, wie übrigens schon in den 90ern beim Harenberghaus und vor kurzem beim RWE-Tower (in der Planungsphase mal „RWE-Gas-Tower!“, einmal auch als REWE-Tower bezeichnet – REWE wie die örtliche Supermarktkette)
    http://www.gerberarchitekten.de/frameset.htm\r
    http://www.gerberarchitekten.de/frameset.htm
    siehe unter Wettbewerbe/Gutachten
    Ob wirklich irgendwas passiert, halte ich gar nichtmal für sicher.
    http://www.rheinischestrasse.dortmund.de/project/assets/template7.jsp?smi=12.0&tid=62874&tid2=62876\r
    http://www.rheinischestrasse.dortmund.d ... tid2=62876

    Was öffentliche Gebäude angeht, neigt man in Dortmund eher zur Provinzialität: Stadtbaurat Kullrich baute um 1900 das Rathaus in eine x-beliebige Häuserzeile eher am Rand der Stadt ein, anstatt dem Museum für Kunst- und Kulturgeschichte (mit gewisser regionaler Bedeutung) ein vernünftiges Haus zu bauen, zog dies in die ehemalige Sparkasse ein (Architekt Steinbach, um 1922). Das Ostwallmuseum nutzt das in den 50ern rigoros geglättete Gebäude des ehemaligen Bergbauamts, erbaut Ende des 19. Jhs. Die rudimentär erhaltene, sehr opulente Hauptpost der Jahrhundertwende am Hilltropwall wurde (ich meine in den 80er Jahren) abgebrochen, nur ein Portal blieb als Spolie erhalten.
    Das einzige halbwegs positive Beispiel ist das neue Dortmunder Rathaus aus dem 80er Jahren: Einerseits ein markanter Solitär, und nicht zu hoch, andererseits bildet es richtige städtebauliche Kanten, dazu hat es eine Natursteinfassade.

    Typisch für den Umgang mit Geschichte in Dortmund ist auch der Umgang mit dem „Freistuhl“, einen lindenbestandenen, uralten Gerichtsplatz, Symbol der einstigen Freien Reichsstadt Dortmund. Dieser wurde 1847 als Insel zwischen den Bahngleisen des neu angelegten Bahnhof stehen gelassen, dann beim Bahnhofumbau um 1910 verlegt, dann nach 1945 und in den 70ern verlegt und nochmals nach dem Bau der Botta- Bibliothek Ende der 90er völlig umgestaltet. Trotzdem (oder gerade deswegen) ist das Ergebnis bescheiden.
    http://freimaurerei.de/index.php?id=1431\r
    freimaurerei.de/index.php?id=1431

    Ich entschuldige mich vorab bei dem Einheimischen für diese pessimistische Meinung, leider überwiegt aber der negative Eindruck der Stadt. Es ist ja noch nicht zu spät – Hamburg war ja schließlich auch mal hässlich, aber in Dortmund (wie vielerorts in NRW) liefen und laufen Veränderungen oft in die falsche Richtung. Und die Zeche Zollern, echt eine Wucht im positiven Sinn und sehr sehenswert, steht leider an der falschen Stelle in der Stadt.