Stuttgarter Bausituationen

  • Nein, das ist gewiss kein typisches Stuttgarter Straßenbild, sondern die Ausnahme. Du tust ja so, als stünden in ganz Stuttgart nur solche Baracken rum, das ist absoluter Blödsinn und schon direkt eine böswillige Behauptung. Geh doch mal zur Abwechslung ins Lehenviertel oder schau dir den Bismarckplatz an.

    Das hier sind auch Stuttgarter Straßen. Ich behaupte nicht dass diese Bilder wiederum repräsentativ sind, aber es gehört zum vollständigen Eindruck von Stuttgart, dass man auch die angenehmen Seiten der Stadt wahrnimmt.

    Und in Stuttgart ist es eben nicht anders als in den meisten deutschen Großstädten, Hässlichkeit und Schönheit liegen oft nur wenige Schritte voneinander entfernt.

    In dubio pro reko

    3 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (25. Juli 2015 um 10:40)

  • Lieber Königsbau, das Thema hatten wir ja schon. Es gibt schöne Wohngebiete in Stuttgart (West, teilweise Süd und ein bißchen Ost). Bei deinen Bilder zeigt das zweite schon ein Problem: Schöner Altbau, aber die breiten und stark befahrenen Straßen verhindern, daß man sich dort aufhalten will. Weite Teile der übrigen Wohngegenden sehen nun mal nicht ansatzweise so aus, sodaß die von dir gezeigten Bilder in keinster Weise - wie du ja selbst sagst - repräsentativ sind.
    Die beiden Hauptprobleme Stuttgarts bleiben die grausame Innenstadt, die es so in Deutschland nicht oft gibt, und der übermäßige Verkehr. Beides hängt miteinander zusammen ("bloß nicht im häßlichen öffentlichen Raum aufhalten!").

  • Ja, das Thema hatten wir schon, Du hast es wieder aufgewärmt. Weite Teile der Wohngegenden sehen auch nicht ansatzweise so aus, wie Du es mit diesem Baracken-Bild dargestellt hast. Du scheinst Stuttgart ja geradezu zu verachten, da habe ich wohl einen ausgeglicheneren Blickwinkel. Ich sehe sehr wohl, daß die Kernstadt über weite Strecken ein städtebaulicher Graus ist, aber ich sehe dann eben auch das Bohnenviertel, die schönen Arbeitersiedlungen in Ost, viel gründerzeitliche Bausubstanz in West, gediegene Wohnquartiere in Süd und dazu noch die Villenbebauung der Halbhöhenlage. Für mich gibt es in Stuttgart noch sehr viel Schönes zu sehen, und so ein Beispiel wie Dein Bild ist einfach nur polemisch. Denn das gibt nicht im entferntesten das Stadtbild in seiner ganzen Vielfalt wieder, sondern ist nur eine äußerst heruntergekommene Straßenecke, die aber bald aus dem Stadtbild verschwindet.

    In dubio pro reko

  • In der Möhringer Straße in Stuttgart Süd wurden kürzlich diese zwei Neubauten fertiggestellt. Zwar ging dies auf Kosten zweier Altbauten, doch ist dies verschmerzbar weil die Gebäude eine Gestaltung aufweisen, die respektvoll mit der Umgebung umgeht, sogar mit ihr harmoniert. Es geht doch, wenn man will.

    In dubio pro reko

  • reklov2708
    Für Neubauten auf bisher unbebauten Flächen zur Stadterweiterung finde ich sie noch akzeptabel.
    Vielleicht könntest du hier Bilder der ursprünglichen Gebäude zum Vergleich gegenüberstellen, die dafür fallen mussten?

  • Ich bin hier mal ausnahmsweise der Meinung, dass die Neubauten eine architektonische Verbesserung darstellen. So sah es vorher aus, keine große Baukunst sondern nur einfache Arbeiterhäuser:

    In dubio pro reko

  • Auch diese 'einfachen Arbeiterhäuser' hatten aus meiner Betrachtung eine qualitativ höherwertige Fassadengestaltung gegenüber den Neubauten. In saniertem Zustand wäre das noch deutlicher zum Ausdruck gekommen.

  • Ich habe beim Vorbeigehen diese erfreuliche Entwicklung in der Erdgeschoss-/ Ladenzone des Hauses Tübinger Straße 17a festgestellt:

    (Bis vor kurzem noch Fotohaus Sänger: https://goo.gl/maps/5BPnf)
    Dort zeichnet sich eine offensichtliche Verbesserung ab.


    Bei meiner Kurzrecherche fand ich folgende Informationen zur Geschichte des Hauses:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gesch%C3%…%28Stuttgart%29

    Ansicht Reichshof:
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…f_Stuttgart.jpg
    Demnach handelt es sich um keine Rekonstruktion, sondern um eine formale wie materielle Annäherung, die bis dato einen erfreulichen Eindruck bei mir hinterlässt.


    Weiteres Bildmaterial von mir, das mit der Kamera eines Mobiltelefons entstand. Die entsprechende Qualität ist dem Umstand geschuldet:

  • Milaneo vs. Gerber: Heiterkeit hier – Demut dort

    Irgendwie seltsam - das zentrumsnahe und relativ verträglich gestaltete Gerber ist offensichtlich ein Flop, während das Milaneo irgendwo hinter der Bahnhofsbaustelle mit seiner gruseligen Architektur zu einem Erfolg wird (am Wochenende sieht man dort allerdings vor allem Kennzeichen von weiter entfernten Landkreisen).

    Offensichtlich reicht es aus, groß genug zu bauen und ausreichend Parkplätze einzuplanen, um einen kommerziellen Erfolg zu erzielen. Da gibt es dann zwar auch nur McDonald's, KFC, MediaMarkt und Co. - aber OK, wenn alle dorthin fahren, fährt man halt auch hin...

  • Ich habe bislang in keinem der beiden eingekauft und habe es auch nicht vor. Warum jetzt das eine mehr Erfolg hat als das andere, weiß ich natürlich nicht. Ich denke nur, das Argument "Das Gerber sieht ordentlich aus, da müßten doch mehr einkaufen" greift bei den heutigen Deutschen im Allgemeinen und bei den Stuttgartern im Besonderern nicht. In Stuttgart gibt es so etwas wie ein "urbanes Leben" fast nicht. Die Stadt wird funktional genutzt. Und da gilt es: Mit dem Auto hinein fahren, am besten auf dem Parkplatz vor dem Geschäft oder in der Tiefgarage parken, einkaufen nach dem Motto "Geiz ist geil" und wieder mit dem Auto in die Vorstadtsiedlung, wo das Haus auf der grünen Wiese und der Mercedes auf dem grundstückseigenen Parkplatz steht. Für manche reicht das... :schlafenbett:

  • So mag es schon sein. Aber hier bestätigt sich auch, was vorherzusehen war. Das Milaneo ist unzulänglich mit der City verknüpft. Das konnte zweierlei Auswirkungen haben: Entweder musste das Milaneo von der City abgehängt werden und ein kümmerliches Dasein fristen, oder aber das Milaneo würde ein Bombenerfolg und die Innenstadt würde einen gewissen Kaufkraftabfluss zu spüren bekommen. Nun ist die zweite Möglichkeit eingetreten. Man fährt mit Auto oder Stadtbahn zum Milaneo und von da wieder nach Hause, denn ein anschließender Weg in die Innenstadt ist zu umständlich. Stuttgart hat seinen Weg der funktionalen Aufgliederung der Stadt (wie einst von der berüchtigten Charta von Athen gefordert) weiter beschritten. Das Bewusstsein, was Stadt eigentlich ausmacht, dass sie von Dichte und Durchmischung lebt, ist und bleibt hier unterentwickelt. Noch immer werden hier genuin städtische Funktionen ins Umland ausgelagert, derzeit am liebsten zum Flughafen-Messe-Zentrum.

  • Hier mal die Objekte der Diskussion im Bild. Aufnahmen von gestern.

    Das Milaneo vom Zug aus.

    Das Gerber.

    Zweifellos ist das Gerber äußerlich wertiger gestaltet, zudem ist es stärker in der City gelegen. Andererseits kann ich die Kunden schon verstehen. Sie gehen ja nicht in ein Einkaufszentrum wegen der Fassade, sondern wegen des Innenlebens. Das soll nicht heißen, dass das Milaneo besser gebaut sei. Das wäre die falsche Schlussfolgerung. Aber wenn das Milaneo mehr an Geschäftsvielfalt bietet als Gerber ist die Wahl schnell getroffen. Zumal, wenn dort mehr Parkplätze geboten werden. Man muss ja sehen, dass das Gerber auch nicht unmittelbar an der Flaniermeile liegt, sondern eher eine Rand-City-Lage inne hat. Dort ist weder eine Fußgängerzone (zumindest nicht auf der Seite, die ich gesehen habe), noch eine attraktive Straße. Insofern gibt sich der Standort wohl nicht viel. Hinlaufen oder -fahren muss man allemal. Zudem wirkt die Schaufenstergestaltung des Gerber unglücklich. Der Bau wirkt Bunker-artig, es gibt keinen Blick ins Innere. Die Schaufenster sind zudem seltsam zugehängt gewesen, so dass man kaum erkennt, dass es sich um ein Einkaufszentrum handelt. (Vielleicht habe ich aber auch nur einen schlechten Tag erwischt?) Da ist das Milaneo, auch wenn ich es nur im Vorbeifahren gesehen habe, freundlicher, transparenter - schon durch die vielen Fenster. Somit also ist der Erfolg folgerichtig, da kann auch die bessere Architektur des Gerber nicht mehr viel rausreißen.


    (alle Bilder von mir)

  • Das Gerber ist von drei Seiten von einer (allerdings ziemlich unattraktiven) Fußgängerzone umschlossen, die an die zentrale Fußgängerzone der Königstraße angebunden ist (da geht man rund 10 Minuten zu Fuß). Wahrscheinlich ist tatsächlich die bessere Errreichbarkeit mit Auto und Stadtbahn für den Erfolg des Milaneo entscheidend, ebenso wie die deutlich größere Auswahl.

  • Ich muss mich korrigieren, ich glaube, zwei der umgebenden Straßen dürfen doch eingeschränkt befahren werden - da schaue ich zeitnah nochmals vor Ort vorbei, ob das auch nach der Fertigstellung weiterhin so ist :smile:

    Die Fotos stammen vom Juni 2012, als nur eine große Baugrube zu sehen war.

    Da gibts halt vor allem Billigshops und Imbißläden, nichts gehobenes.

  • Aber auch dieses Carree ist zum Abriss vorgesehen.

    Vermutlich ist die Neubebauung dann mit einem Verlust der Kleinteiligkeit verbunden? Das wäre m.E. nicht zu begrüßen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)