Regensburg (Galerie)

  • ^ Wollte auch gerade aufschreien. Ich war letztes Jahr fast 2 Stunden mit meiner Frau am Bismarckplatz und habe es dort geliebt. Was für eine herrliche Anlage! Vor allem mit den beiden Brunnen. Für deutsche Großstadtverhältnisse geradezu sensationell.

    Ich habe eine daran orientierte Neugestaltung für den bislang zugeparkten Neuen Markt in Stralsund vorgeschlagen. :thumbup:

  • Also für Studenten ist der Bismarckplatz im Sommer das zweite Wohnzimmer... :wink:


    Einige Anmerkungen zu Regensburg:


    Das kann durchaus auch an der Art der Haussanierungen liegen (Philon hat das hier im Thread 2008 auch schonmal angedeutet). Putz und Fenster sind an manchen Stellen einfach unpassend meiner Meinung nach.

    Das ist mir auch aufgefallen. Viele Häuser wurden mal in den 60/70 Jahren hergerichtet und erhielten einem der Zeit entsprechenden Rauputz... seitdem wird halt immer wieder mit der Farbe darübergepinselt, ohne mal das Gesamterscheinungsbild zu verbessern. Das nächste was auffällt ist, dass es an sehr vielen Häusern (mindestens ein Drittel - sehr wahrscheinlich mehr - noch Haken für Fensterläden an den Häusern sind. Nur die Fensterläden fehlen so gut wie überall, selbst bei sehr gut gelungenen Sanierungen. Das schmälert manchmal den Eindruck ganzer Straßenzüge, die eigentlich heiterer und südländischer wirken könnten. (Vielleicht wird ja das bewusst vom Denkmlschutz goutiert?)

    Dann muss man noch auf die scheußliche Gestaltung in der Maximilianstraße zu sprechen kommen. Anstatt die Straße im Sinne der restlichen Altstadt aufzuwerten wurde großflächiges Granit bis an die Häuser verlegt. Dazu kommt eine modernistische Straßenmöblierung. Da wundert es nicht wenn man in der jüngsten Ausgabe des "Regensburger Altstadtbladls" (eines Werbe- und Anzeigenblatts) ließt: "Die Sperrung der Straße für den Durchgangsverkehr war zweifelsohne ein Schritt in die richtige Richtung. Die Neugestaltung mit den an die Häuser brandenden Plattenbelägen und die Aufstellung moderner Lichtstehlen trifft allerdings bei der Regensburger Bevölkerung auf geteilte Zustimmung. Daraus resultiert auch die Schwierigkeit, qualitätvolle Geschäfte in größerer Anzahl wieder hierher zu locken, um die einstige "Prachtstraße" wieder zu einer aktuellen Einkaufsmeile zu machen."
    Hier wird also Bewusst der Zusammenhang zwischen Straßenbelag/-möblierung und den Geschäften die in der Straße sind, gemacht. Die Maximilianstraße hat trotz etlicher Bausünden immer noch einige qualitätvolle Bauten aufzuweisen, die durch eine denkmalgerechte Sanierung wieder voll zur Geltung kommen würden. Der Bodenbelag macht diese Straße jetzt zu einer drittklassigen Einkaufsstraße (in der überwiegend Ramschläden sind), die sonst wo in Westdeutschland sein könnte, die man aber nicht als Eingangsstraße zum Weltkulturerbe erwarten würde.
    Generell kann man sagen das man in einigen Bereichen ein eher unglückliches Händchen in der Straßen/Platzgestaltung bewiesen hat, wenn man Vergleiche mit Erfurt, Görlitz oder aber auch Prag anstellt.
    Des Weiteren ist mir aufgefallen, das bei Dachsanierungen quasi immer das ganze Dach ersetzt wird mit niegel-nagel-neuen Ziegel im einheitlichen Farbton. Anstatt nur die zu ersetzen die es auch wirklich nötig haben, die Dachlegung dann neu zusammenzustellen, um so eine harmonischere Dachlandschaft zu erhalten.


    Kurz möchte ich auch noch auf die vielen Gründerzeitler, die es vor der Altstadt gibt eingehen: Leider ist bei der Mehrheit der Stuck komplett abgschlagen, die Fenster sprossenlos, zusätzlich noch Rollläden eingebaut. Viele dieser Häuser stehen nicht unter Denkmalschutz so dass man froh sein muss, dass sie nicht abgerissen werden (was wohl ihrer hohen Qualität zu verdanken ist) und man auf eine Wiederbestuckung oder eine Sanierung im denkmalgerechten Sinne lange warten kann.

    Diese Kritik könnte man vielleicht als Korinthenkackerei bezeichnen bei einem Weltkulturerbe, und ist sie womöglich auch. Aber meiner Meinung kommt es auf solche Details in einer historischen Altstadt an, um einen historischen und harmonischen Eindruck zu erziehlen. Es sind Faktoren, die dem geschulten Auge nicht entgehen und die den Eindruck teilweise etwas schmälern.
    Nichtsdestotrotz hat Regensburg wohl eine der bedeutensten Altstädte in Deutschland zu bieten, die eine unglaublich hohe Aufenthaltsqualität hat.

  • Ich habe zehn Jahre in Regensburg gelebt. Die wahren Highlights - die mittelalterlichen Profanbauten - sieht/würdigt man oft erst auf den zweiten Blick. An sich finde ich auch, daß Regensburg in weiten Teilen keine (quasi im ´Laiensinn´) "schöne" Stadt ist.

    Zeno: Meinst Du etwa den Neupfarrplatz und nicht den Bismarckplatz?

  • Halle über Regensburg zu stellen, ist mir zu exilwienerisch dh mehr oder weniger unsinnig. Da kann man gleich mit Görlitz oder Tauberbischofsheim kommen.
    Erfurt lässt sich diskutieren.
    Dass nördlich der Donau auch noch hübsche Ensembles stehen, war mir neu.

    Nein, Zeno meint schon den Bismarckplatz, was mir auch zu hart erscheint. Klassizismus ist so seine Sache nicht. Insgesamt ist an Regensburg natürlich sehr viel auszusetzen. Es ist eine bayerische Stadt, das heißt großartige Substanz, mit der viel geurasst wurde und wahrscheinlich noch wird. Offenbar ist den Bayern ab ca 1950 jeglicher Geschmack abhanden gekommen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • War meine bewusst provozierende Einstufung des Bismarckplatzes nicht ein Kompliment für das hochwertige Regensburger Altstadtbild zu verstehen, das eine hohe Dichte vorbarocker Bauten aufweist? So ein barocker und nachbarocker Prachtplatz passt doch da nicht rein - jedenfalls habe ich mich mit ihm nie angefreundet, das Ältere vorziehend.

    So ein erstklassiges Bauwerk wie das Goldene Kreuz und gegenüber die Arch sind natürlich phantastisch, während ich das Thon-Dittmer-Palais als Fremdkörper empfinde. Freilich muss man wissen, dass das Palais von seiner Substanz wesentlich älter ist als die heutige Gestaltung seiner Schauseite. Gleichzeitig müssen wir auch wahrhaben, dass die charakteristische Dreiecksform des Platzes vergleichsweise jung ist, wie uns Frau Condreanu-Windauer hat wissen lassen, eine schon fast schmerzliche Erfahrung, nachdem wir die vermeintliche Mittelalterlichkeit der Form des Platzes lange Jahre kultiviert haben.

    Die Maximilianstraße schließlich ist ein relativ junger Straßenzug, nicht ohne Reiz, aber ihr hängt doch ihre Entstehungsgeschichte nach. In den 80er-Jahren habe ich sie noch attraktiver empfunden. Während sie zur Fußgängerzone geworden ist, scheint mir auch das Niveau der Läden gesunken. Manchmal hat man das Gefühl, die Maximilianstraße wäre geradezu notwendig, um einen Übergang zwischen dem engen, verwinkelten Kernbereich der Altstadt und der Bahnhofsgegend herzustellen. Die Fröhliche-Türken-Straße als Parallelstraße hat z. B. einen signifikant anderen Charakter, übrigens eine der ältesten Altstadtstraßen im deutschen Sprachraum, geht sie doch auf die via decumana zurück. Aber das alles sind in der Tat Luxusprobleme.

    Und natürlich meine ich den Bismarckplatz. Ursus hat absolut sicher festgestellt, dass ich nicht den Neupfarrplatz meine. Dieser trapezförmige Platz hat freilich auch seine Stärken und Schwächen. Ich glaube manchmal, am meisten fehlt mir der einstmals offene Durchgang in einem Haus an der Westseite zur Wahlenstraße. Was die Leute immer mit der Alten Wache haben. Ihr wisst, ich hab's halt nicht mit dem Klassizismus.

  • Letztes Wochenende war ich mit der Familie auf dem Regensburger Weihnachtsmarkt. Natürlich sah ich mir dabei auch die Stadt an. Mir hat Regensburg außerordentlich gut gefallen. Zwar gibt es leider auch im UNESCO Weltkulturerbe einige Bausünden. Doch diese lassen sich noch verschmerzen. Was mich genervt hat, sind die vielen Autos, die durch einige Teile der Altstadt fahren dürfen. - Hier kommen einige Bilder vom Wochenende.

  • Sieht aus wie eine Lagerhalle mit großem Glupschauge. Würde man ein Schild mit der Aufschrift "Obi" dranhängen, könnte das Gebäude funktionieren.

  • Sieht aus wie eine Lagerhalle mit großem Glupschauge

    Ja, es hat was von einem Zyklop ;) Aber es wirkt nicht böse. Die Süddeutsche bezeichnet es sogar als "schüchtern".

    Dieser Stil, ein mehrgeschossiges Fenster an der Stirnseite zu platzieren, ist aber nicht neu. In Nürnberg steht auch so was (Sebald Kontore), das war mal so um 2005 modern.

    Ein Pluspunkt sind die Materialien, die in der Sonne schimmern.

    Hier paar Bilder des Nachbargebäudes.

    Beauty matters!


  • Im Eingangsbereich setzt sich der Stil mit den "Glubschaugen" fort.

    Das honoriere ich, da es zeigt, dass das Museum als Ganzes geplant wurde. Im Gegensatz zu Nürnbergs zukünftiges Zukunftsmuseum, welches problemlos seine Fassade wechselte. (Siehe hier, hier, hier und hier). Das Innere und Äußere hat keinen Bezug zueinander.

    Beauty matters!

  • Hach, was mir für´s Raumgefühl fehlt, sind Treppen! Außer eine Rolltreppe an der Wand entlang nach oben, gibt es weiter nichts zu sehen.

    Es geht auch anderes. 10 museum that are worth a visit for the interiors alone (man achte nur auf die Details).

    Trotz allem habe ich mich wohl gefühlt. Ein architektonisches Wow-Gefühl erwartete ich auch nicht.

    Das Museum gliedert sich in zwei Themenbereiche auf. Einmal eine Sonderausstellung, die 1400 Jahre zurückreicht und einer Dauerausstellung im 1. Stock, die um 1800 beginnt.

    Enttäuscht war ich von der Sonderausstellung 1000 Schätze aus 1000 Jahre. Die Exponate waren toll in Szene gesetzt, es gab viel zu sehen, nur leider müsste man studierter Historiker sein, um die Exponate mit den entsprechenden Zitate einzuordnen. Ich weiß immer noch nicht, wie das Herzogtum Bayern entstand? Wer sind die Bayern? Woher kamen Sie? Wie groß war ihr Territorium, welche Veränderungen gab es? Es wurde erwähnt, dass Österreich und Bayern Kriege gegeneinander führten, aber der Grund wurde nicht erklärt. Es wurden Reiterstiefel einer Moorleiche gezeigt, aber ohne zu erklären, wie die Umstände gewesen sein könnten. Am meisten ärgerten mich die Zitate. Es wurden zig Zitate irgendwelcher Tempelritter oder Ärztinnen in den Mund gelegt, die frei erfunden waren. Das erfährt man aber erst im nachhinein durch Zufall.


    Beauty matters!

  • Die Dauerausstellung im ersten Stock (ab 1800) ist definitiv besser. Viel spannender hätte ich die Zeit davor gefunden.

    Um das prachtvolle mittelalterliche Nürnberg wird es mir ewig leid tun.

    Unterwegs zurück zum Auto.

    Es wird gebaut ;) :

    Beauty matters!

  • Dieser Stil, ein mehrgeschossiges Fenster an der Stirnseite zu platzieren, ist aber nicht neu.

    Ganz und gar nicht. Dieser Stil war ja ursprünglich an Stelle der heutigen neuen Altstadt in Frankfurt geplant. (Siehe hier)

    Es wird gebaut

    Wenn ich mir das Bild anschaue, empfinde ich das als bedrohlich. Ist das im Altstadt-Bereich? "Soziale Wohnbau-Offensive" klingt für mich in diesem Fall wie "Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen!". :daumenunten:

  • Die Exponate waren toll in Szene gesetzt, es gab viel zu sehen, nur leider müsste man studierter Historiker sein, um die Exponate mit den entsprechenden Zitate einzuordnen.

    Das war genau das Problem dieser Ausstellung: Tolle, absolut hochkarätige Einzelstücke aus der Zeit von 500 bis 1800. Aber keines davon war irgendwie in politische oder kulturelle Kontexte eingeordnet. Wenn man von bayrischer Geschichte keine Ahnung hatte, hat man dort auch nichts gelernt (wenn man sich auskannte und die Stücke einordnen konnte, hat man durchaus profitiert).

    Stattdessen wurden die Stücke durch, wie Franka schon bemerkte, größtenteils erfundene Zitate realer oder selbst wieder nur erfundener Personen der jeweiligen Zeit ergänzt.

    Dass die Zitate bzw. Personen nur erfunden waren, wurde aber nirgends gesagt. Ich habe das selbst nur durch Internetrecherche herausgefunden, da einige der Zitate mir doch etwas spanisch vorkamen. Der unbedarfte Museumsbesucher wird wohl gedacht haben, dass das reale Zitate sind. Das soll vermutlich moderne Museumsdidaktik sein, aber eigentlich ist es schlicht eine Frechheit.