Frankfurt a. M. - Braubachstraße

  • Ich konnt's mir vor kurzem auch nicht verkneiffen, heimlich zu photographieren...

    ... und wer's ganz gross anschauen will, klicke hier

    Links ist die Kreuzung Braubachstr./Domstr. mit dem Zunfthof (angeschnitten) sowie der Maus (Nr. 95). Auf der gegenüberliegenden Strassenseite folgt nach rechts ein Brandmauerkonglomerat. Vor allem aber kann kann man das gesamte Areal des technischen Rathauses sehen, bis hin zum Steinernen Haus (oberhalb Nr. 113)

    Bemerkenswert ist die Abfolge von drei Brandmauern. Die linke davon gehörte zu Braubachstrasse 21, dem nördlichen Nachbarhaus des Rebstocks. Es ist erstaunlich, dass hier noch bis 1944 die Abbruchwunden des Braubachstrassendurchbruchs von 1904/08 fortbestanden! Vielleicht aus dem Grund, dass Braubachstrasse 21 als Baudenkmal unantastbar war, und man es noch nicht fertig brachte, ihm eine adäquate Seitenfassade anzufügen. Die Brandmauern während der Durchbrucharbeiten kann man auf dem folgenden Bild sehen. Das Fachwerkhaus ist die Nr. 21 von Osten her, links erkennt man noch die Loggien des Rebstocks.


    (Quelle: http://www.altfrankfurt.com">http://www.altfrankfurt.com )

  • Danke für die Fotos.... man sieht auch, wie gut sich das Hauptzollamt in die Bebauung einfügt trotz seiner größe und seiner modernen Architektur... ich hätte eine Restauration in den Erbauungszustand besser gefunden als die jetzt stattgefundene modernistische Verunstaltung.

    Aber Frankfurt muss damals wohl wirklich unvorstellbar schön und gemütlich gewesen sein... genau wie Dresden, Köln, Hildesheim etc...

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Restitutor Orbis"

    Ehre, wem Ehre gebührt: Dein Modell-Foto hat mit Abstand die beste Qualität.

    Allerdings! Gegen dieses Bild sieht meins ja nun so richtig lausig aus :peinlich: Nicht schlecht, Riegel.... :applaus:

    Ich glaube auch nicht, daß das Fotografieren des Modells im Glaskasten irgendein Problem darstellt, was soll da passieren? Das einzige Problem ist wie gesagt, das Spiegeln des Glases.... :zwinkern:

  • Ich weiß nicht, wie es Euch ging, aber mir ist erst beim näheren Betrachten der Fotos folgendes aufgefallen:


    Dieses früher mit zwei Gauben bestückte Dachgeschoß (rote Markierung)

    ist nach dem Krieg zum Vollgeschoß umgebaut worden (rote Markierung),

    ...aber so geschickt, unter Verwendung desselben Materials, daß man kaum erkennen kann, was später ergänzt wurde!

    Der Beweis, daß man, wenn man wollte, auch schon
    in den 50ern behutsame Veränderungen vornehmen konnte.
    Es gab also doch auch akzeptable Lösungen zwischen einem
    historisch getreuen Wiederaufbau und solchen architektonischen Vergewaltigungen einer Dachlandschaft wie hier bei
    dem Gebäude der Kämmerei (Rathaus-Nordbau):


    http://www2k.biglobe.ne.jp/~tsutomu/germa…/frankfurt3.jpg

    http://www.freunde-frankfurts.de/graphics/lang_franz.jpg


    (Der Giebel war ja stehengeblieben und wurde erst nachträglich abgerissen - vielleicht "aus statischen Gründen", denn das war ja auch die offizielle Begründung für die Sprengung der Reichstagskuppel...):

    http://www.mimpiindah.de/City/Frankfurt/FFM1945.jpg

  • Das obengezeigte Haus Braubachstraße 37 ist übrigens - oder war bis zu seinem veränderten Wiederaufbau - die um eine Achse verbreiterte aber sonst getreue Kopie des schräg gegenübergelegenen Hauses 'Zur Stadt Antwerpen', Neue Kräme 5, das Ende der dreißiger Jahre im Zuge der Wedelgassenverbreiterung abgebrochen wurde.
    Der furchtbare Aufbau des Rathausnordbaus stammt erst aus den sechziger oder siebziger Jahren, nach dem Krieg hatte er ein Walmdach.

  • Zitat von "Frankfurter"

    Der furchtbare Aufbau des Rathausnordbaus stammt erst aus den sechziger oder siebziger Jahren, nach dem Krieg hatte er ein Walmdach.

    Das Walmdach hatte er aber nicht besonders lange - die Aufstockung ist spätestens Anfang oder Mitte der 60er entstanden, genau weiß ich's nicht.
    Das Walmdach sah zwar passabel aus, aber daß man die Giebel dafür abgebrochen hat - das ist typisch Ffm...

  • In meine Scans des Ravensteinplans arbeite ich nach und nach verschiedene Overlays ein. So kann beim Überlagern mit einem Plan der Altstadt von '44 bereits ohne das Zugrundelegen von Bauakten aus dem Institut für Stadtgeschichte weitestgehend abgeschätzt werden, wieviel Bausubstanz für den Bau der Braubachstraße (in Verbindung mit dem Bau der Domstraße) geopfert wurde:

    (Andere Straßendurchbrüche wie die Battonnstraße oder die Verbreiterung der Trierischen Gasse sind hier nicht hervorgehoben!)

    Zunächst wird sofort erkennbar, dass der Bau wirklich vollkommen ohne Rücksicht auf historische Strukturen vorgenommen wude. Die Zerstörung ist dabei umso größer, als nicht nur eine Straße geschlagen wurde, sondern auch nördlich und südlich der Straße völlig neue und vor allem (zeitgemäß) große Parzellen für historisierende Bauten geschaffen wurden.

    Zahlreiche ehemalige Messehöfe wurden abgerissen - u. a. der Erlanger Hof, der Johanniter Hof und vermutlich auch der Würtemberger Hof. Bei letzterem bin ich mir aufgrund seiner Nähe zum Hainer Hof nicht sicher, ob er nicht zusammen mit diesem erst Ende der 30er Jahre abgerissen wurde, ebenso ist mir die Baugeschichte der Köpplerhöfchens nicht ganz klar. Wer weiß mehr - Jörg, Riegel, Kardinal? Ziemlich sicher ist, dass in jenem Block nordöstlich des Doms Anfang der 40er Jahre wohl nur noch die Südfassade der Kannengießergasse sowie die Ostfassade der Fahrgasse aus wirklich historischer Substanz bestand.

    Anhand der Größe der Grundrisse kann ferner festgehalten werden, dass zahlreiche wohl noch wenigstens dem 15. Jahrhundert zugehörige Fachwerkbauten dem Durchbruch zum Opfer fielen, v. a. schön erkennbar in der Neugasse und besonders der Borngasse, die vollständig für den Bau der Ostseite der Domstrasse niedergelegt wurde. Für die Rücknahme der westlichen Flucht der Fahrgasse an der Stelle, wo sie in die Braubachstraße mündet, wurde nochmals, wie ersichtlich ist, eine ganze Zeile von Häusern abgerissen.

    Sehr interessant finde ich die Johanniterkapelle am östlichen Ende der Braubachstraße, von der ich praktisch überhaupt nichts weiß und zumindest in der einschlägigen Literatur auch noch nie etwas gesehen habe. Mal gucken, was sich dazu noch finden lässt.

    Soviel heute abend, demnächst mehr. Über Ergänzungen und Korrekturen würde ich mich freuen. ;)

  • So wie es aussieht hat man aber wohl leider nicht wieder das Schild "Krug Gasse" angebracht.

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert...wenn das Schwert sehr stumpf ist und die Feder sehr spitz!

    -Terry Pratchett

  • Frage an die Frankfurter: Ist der nachfolgende Irrsinn womögliche tatsächlich bevorstehend? Ich werde aus dem Artikel nicht ganz schlau, aber wenn der hier gezeigte Entwurf für eine Umgestaltung des Museums für Moderne Kunst derzeit ernsthaft diskutiert werden sollte, wäre ich doch ziemlich befremdet... :schockiert:

    Quelle: faz.net

    Hier der Artikel:
    http://www.faz.net/s/RubEBED639C4…n~Scontent.html

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (21. Oktober 2018 um 21:22)

  • Was ein unglaublich absurder Artikel, und was für eine unglaublich hirnverbrannte Argumentation. Den Abriss des MMK hat nie jemand gefordert, und genauso wenig ließe sich dieser je durchsetzen, sofern es keine wirklich guten Gründe gibt - nicht mal eine Rekonstruktion, denn dafür ist das MMK als Gebäude und Institution viel zu wichtig für die Stadt. Offensichtlich wurde hier nicht verstanden, dass es einen Unterschied macht, wo ein Gebäude steht, und welche historische Bedeutung die Rekonstruktion des Krönungsweges, im Gegensatz zur Schirn, innehat. Ich glaube ich muss hier nicht die hinreichend bekannten Argumente wiederholen, ich hoffe aber nur, dass diese Fieberphantasie bleibt wo sie ist, in einem Kopf mit offensichtlich nicht sehr großem Horizont...

    Aber was das vermeintliche Vorbild betrifft: Sowas auf dem Main verankert würde eine flächendeckende Neugestaltung der Alt- und Innenstadt doch erheblich vereinfachen... :P


    (Bild ist gemeinfrei, da Werk der US-Marine)

    Was sagt sie uns für Unsinn vor?
    Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
    Mich dünkt, ich hör’ ein ganzes Chor
    Von hundert tausend Narren sprechen.
    Goethe, Faust I

  • Vor allem wurde hier nicht der Unterschied zwischen guter und schlechter Architektur verstanden. Gute Architektur wird sich immer halten und nicht nach 25 Jahren in die Kritik kommen. Das MMK ist in meinen Augen eine solch gute Architektur. Besser als die Vorkriegsversion und völlig ausreichend an dieser Stelle. Es gibt in Frankfurt genug andere Ensembles, die so schreiend hässlich sind, dass man ihnen mal eine derartige Umgestaltung zumuten könnte, aber nur temporär; denn langfristig hilft hier wirklich nur die Abrissbirne!

  • Ich finde das Museum für Moderne Kunst auch gut. Schon die Wahl der Materialien - Putz und rötlicher Sandstein - zeigt einen gewissen Respekt vor dem Standort und zumindest den Ansatz des Willens des Architekten zur Bezugnahme auf die Architektur der Frankfurter Altstadt. Innen ist das Gebäude noch viel interessanter. Ich wüßte nicht, was man daran verändern sollte - und abreißen erst recht nicht. Dann lieber den ehemaligen Bundesrechnungshof am anderen Ende der Straße...

  • Abgesehen davon, dass dort (wenn auch qualitative) Historismusbauten und bis zum Krieg ein Behelfspavillion standen, sämtliche Alt-Frankfurter Bausubstanz an dieser Stelle ist 1906 vernichtet worden, und selbst deren hypothetische Reko wäre sinnlos, da man dann an drei Seiten des Blocks auf Hinterhöfe gucken würde.

  • Hier noch ein Ausschnitt auf einer Luftaufnahme des Blocks, die die Situation Ende der 1930er Jahre zeigt. Deutlich sichtbar der V-förmige Pavillion, der eher unbeholfen (man beachte die anstoßenden hohen Brandwände von Domstraße 12) die bis 1944 nicht gelöste Ecksituation zu bessern versuchte. Die Bautätigkeit an der Braubachstraße war nämlich mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum Erliegen gekommen, und der üppige Historismus in den 1920ern sowohl finanziell als auch stilistisch out, dass man die anschließenden, bereits geplanten Bauten nicht mehr hochzog (dazu in wenigen Tagen mehr):


    (Klicken zum Vergrößern)

    Und eine Ansicht der beiden Historismus-Fachwerkbauten im Westen des Blocks auf Straßenhöhe (danke, Riegel) - die Position des Betrachters ist hier eigentlich die selbe wie die des Fotografen des MMK im FAZ-Zeitungsartikel:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Fra…nsicht-1910.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    de.wikipedia.org/wiki/Datei:Fran ... t-1910.jpg

    Die Häuser ganz rechts im Bild an der Domstraße stehen übrigens heute noch.

  • Natürlich tut der Verlust mancher der schönen historistischen Gebäude weh. An der gezeigten Stelle aber ist das heutige Museum eine gute Lösung. Vielleicht ließe sich die ein oder andere historistische Fassade ja als Füllbau im weiteren Umfeld rekonstruieren? Wie überhaupt entlang der schmucken Braubachstraße einige Gebäude ja schon seit Jahren auf die Wiederherstellung ihrer Giebel, Dachstrukturen etc. warten. Das aber ist eben das Problem Frankfurts, vor allem in diesem Stadtareal: die Lieblosigkeit.