Frankfurt a. M. - Haus zum Kranich (Römerberg 38)

  • Dieses schon mehrfach angesprochene Haus verträgt,
    wie ich finde, einen eigenen Faden. Ich klaue dazu
    ein paar von Restitutors Bildern.

    Doch zuallererst die Vorgängerbebauung, 1904 zusammen mit über
    100 anderen Altstadthäusern beim Bau der Braubachstraße
    abgerissen (ganz rechts im Bild sieht man auch die Ostzeile/den "Samstagsberg")

    Quelle: http://www.altfrankfurt.com">http://www.altfrankfurt.com

    Der Ursprungszustand des 1905 erbauten Hauses bis 1944:

    Quelle: http://www.linnemann-archiv.de">http://www.linnemann-archiv.de

    Weitere Ansichten (jeweils in der linken Bildhälfte):

    Der Zustand 1945:


    In der Ruine hausten noch eine Zeitlang Menschen,
    wie man an der provisorischen Terrasse sehen kann.
    Quelle: http://www.altfrankfurt.com">http://www.altfrankfurt.com

    Das ist der heutige Zustand nach dem (zweifelhaften)
    Wiederaufbau in den 50ern, bei dem die Reste des
    Obergeschosses mit der schönen Bemalung beseitigt
    wurden.

    Ich bin wie Restitutor der Meinung, daß eine
    Rekonstruktion der historischen Fassade mitsamt
    den Giebeln ein Riesengewinn für die Altstadt wäre,
    weil das Haus an einer so exponierten Stelle -
    Ecke [lexicon='Römerberg'][/lexicon]/Braubachstraße - steht und eine Art
    Eingangsportal zum [lexicon='Römerberg'][/lexicon] ist. Die Zahl der
    Geschosse stimmt ja noch, wenn man das oberste
    Vollgeschoß zum Dachgeschoß umbaut. Auch wenn
    die Proportionen vielleicht nicht 100%ig stimmen,
    schwieriger als bei den Häusern am Mainzer Domplatz
    könnte ein Umbau m.E. nicht sein.

    Ich habe mich allerdings lange gefragt, ob es überhaupt
    möglich ist, die detaillierten Fassadenmalereien nachzubilden,
    denn nur anhand der paar Fotos und Zeichnungen von dem
    Haus dürfte das sehr schwierig werden. Man könnte natürlich
    auch nur die Architektur rekonstruieren und eine schlichte
    einfarbige Fassade (z.B. in beige) nehmen, das sähe dann
    etwa so aus

    und damit immer noch besser als jetzt (und vermutlich
    besser als eine schlechte, stark vereinfachte Nachbildung
    der Malereien).

    Und dann stieß ich auf die Seite http://www.linnemann-archiv.de">http://www.linnemann-archiv.de

    Rudolf Linnemann (1874-1916) war der
    Künstler, der die Fassade damals gemalt hat. Von ihm
    ausgemalt wurden auch die Gesellschaftsräume im
    benachbarten Steinernen Haus, ferner war er mit Wänden,
    Decken und Fenstern in vielen Städten. u.a. in den Domen von Meißen
    und Königsberg tätig, und sogar in Istanbul und
    Alexandria hat er gewirkt.

    Und in diesem Linnemann-Archiv (Vater und Bruder
    waren ebenfalls Architektur- und Glasmaler) findet
    man unter anderem diesen Entwurf für das
    Haus zum Kranich:

    Quelle: http://www.linnemann-archiv.de">http://www.linnemann-archiv.de

    Sollten von der gesamten Fassade die Original-Entwürfe
    noch existieren, dann wäre es natürlich machbar,
    die Fassade 1:1 zu rekonstruieren! :einfall:
    Man bräuchte nur jemanden, der sowas heute
    noch kann (vielleicht der Maler, der den Innenraum
    der Dresdner Frauenkirche ausgemalt hat, der
    hat doch jetzt Zeit...).

    Aber das Ganze ist natürlich erstmal nur eine
    Spinnerei von mir. Ich weiß leider nicht mal,
    wem das Haus gehört. Es steht unter Denkmalschutz,
    aber der dürfte ja eigentlich nicht dagegensprechen,
    wenn man den Urspungszustand wiederherstellen will (?).

    Wie gesagt, alles graue Theorie. Aber jetzt, wo das
    Thema Reko in Frankfurt immer salonfähiger wird,
    könnte der "Kranich" tatsächlich eines Tages ein
    Thema werden. Und das umso mehr, da es sich ja
    nicht um eine komplette Reko aus dem Nichts handeln
    würde, sondern die originalgetreue Wiederherstellung
    eines zumindest im Erdgeschoß noch erhaltenen
    und ansonsten stark vereinfacht wiederaufgebauten
    Originalgebäudes, und bei einer solchen "Ergänzung"
    eines Gebäuderestes gab es in Frankfurt schon immer
    weit weniger bis gar keinen Widerstand
    (vgl. Stadtbibliothek, T&T-Palais, [lexicon='Langer Franz'][/lexicon]).

  • Es steht unter Denkmalschutz,
    aber der dürfte ja eigentlich nicht dagegensprechen,
    wenn man den Urspungszustand wiederherstellen will (?).

    ich denke gerade dieser wird zum zünglein
    an der waage. die gegenwärtige denkmalpflege
    spricht sich ja allzu gerne gegen rekonstruktion
    aus, insbesondere dann, wenn sie sich gegen
    die 'geschichlichen zeugnissen' des nachkriegs-
    modernismus richtet. da sind sich denkmalpfleger
    und architekten leider meist einig.

  • Ich weiß auch nicht genau, wie ich die Chancen für eine Rekonstruktion beurteilen soll. Ich hatte es ja schon an anderer Stelle angedeutet: Man dürfte mit Widerstand rechnen, wenn man das Salzhaus rekonstruieren wollte, weil dann die (zugegebenermaßen) künstlerische Gestaltung des jetzigen Salzhauses (Mosaike) verschwinden würde. Im Falle des Hauses "Zum Kranich" liegt die Sache meiner Ansicht nach etwas anders, da hier keine vergleichsbare Ausgestaltung des Nachkriegszustandes vorliegt. Das würde dafür sprechen, dass man hier eine Reko durchsetzen könnte.

    Andererseits: Manchen Denkmalpflegern und Architekten ist alles zuzutrauen! Die kommen möglicherweise auch auf die Idee, dass die derzeitigen Obergeschosse im Playmobil-Plastik-Look erhaltenswert sind...

  • Ich würde auch Widerstand des Denkmalschutzes erwarten. Ein gewichtiges Argument gegen eine Reko wäre sicherlich, dass das Gebäude in seiner jetzigen Form inzwischen länger besteht als der Vorgängerbau. Das ist allerdings unbestreitbar.

  • Zitat

    Obergeschosse im Playmobil-Plastik-Look

    ...äußerst treffende Bezeichnung! :lachen:

    Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, daß das jemand als erhaltenswert einstuft. Erst recht, wenn man sich die anderen Gebäude der Braubachstraße ansieht, die fast alle noch ihre Originalfassade haben. Und als direkt typisch für die 50er Jahre erscheint mir das auch nicht.
    Aber, richtig, man weiß nie.

    Zitat von "Henk Frost"

    Ein gewichtiges Argument gegen eine Reko wäre sicherlich, dass das Gebäude in seiner jetzigen Form inzwischen länger besteht als der Vorgängerbau. Das ist allerdings unbestreitbar.

    Das stimmt, aber das träfe ja auch auf den Rathaus-Nordbau zu. Der stammt meines Wissens aus dem Jahr 1907, hatte sein Mansarddach bis 1944, also etwa 37 Jahre. Das häßliche Staffelgeschoß trägt er seit mindestens 45 Jahren, also auch schon länger, und trotzdem ist ein Umbau (ob als Reko oder modern) bisher nur an Geldmangel gescheitert, nicht am Denkmalschutz.

  • Danke für die Infos zum "Haus zum Kranich". Ich glaube, solche Nachkriegsprovisorien wurden in den 50ern extra mit der Absicht errichtet (als man noch nicht der Doktrin des Betonbrutalismus erlag), sie irgendwann wieder zu rekonstruieren. Eine Reko bietet sich, ähnlich wie beim Pellerhaus in Nürnberg, geradezu an.

    Auf den Frankfurter Denkmalschutz sollte man aber in der Tat nicht hoffen. Mir kommt es so vor, dass der sich lieber Objekten a la Bundesbankgebäude und dergleichen widmet, *brrr*.

  • Zitat von "Schloßgespenst"

    Sollten von der gesamten Fassade die Original-Entwürfe noch existieren, dann wäre es natürlich machbar, die Fassade 1:1 zu rekonstruieren!

    Linnemanns Entwurf zur Fassadendekorationsmalerei zeigt einen Ausschnitt der Nordfassade gegen die Braubachstrasse. Meistens ist das Haus aber vom [lexicon='Römerberg'][/lexicon] her abgebildet, sodass von der Nordfassade nur wenige Abbildungen existieren. Eine Ansichtskarte, allerdings von schlechter Druckqualität, zeigt die effektiv ausgeführte Malerei. Man kann leicht erkennen, dass die Ausführung vom Entwurf stark abwich; insbesondere verzichtete man am 2. Obergeschoss teilweise auf figürliche Darstellungen, auch die Bänder auf Brüstungshöhe des 1. Obergeschosses zeigen einen ruhigeren Verlauf. Einzig der Krieger mit Schild gegen die Hausecke am 1. Obergeschoss scheint ziemlich dem Entwurf zu entsprechen. Man darf annehmen, dass Linnemann den Entwurf für die Ausführung noch überarbeitete, was durchaus normal war. Mindestens aber bekommt man durch ihn eine Idee von der Gestalt und Farbigkeit der ausgeführten Malerei.


    Quelle: http://www.linnemann-archiv.de">http://www.linnemann-archiv.de


    Ausschnitt einer Ansichtskarte von Photo-Büttner, Frankfurt, vor 1931

  • Naja, man könnte ja das was man dokumentiert hat malen, wenn's der Entwurf war ist's der Entwurf, dennoch künstlerisch wertvoller als Playmobil-Plastik-Grün. Und irgendwie auch echt... man hat ja schon mehreres nach Entwurf und nicht nach Ausführung rekonstruiert.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ich denke, wenn man recherchieren würde, kämen schon noch einige Photos zusammen. Ich erinnere mich, mal eine qualitativ gute Photographie gesehen zu haben, auf welcher der Blick von der Braubachstrasse auf den [lexicon='Römerberg'][/lexicon] festgehalten ist. Links und rechts wirkten der Kranich und das Salzhaus mit ihren Malereien wie eine Kulisse.

    Was ich aber aufgreifen möchte, ist die Problematik einer Realisation eines Entwurfes, welcher nicht für eine Ausführung vorgesehen war, sondern eben überarbeitet wurde. Und das ist hier offensichtlich der Fall. Es ist hier nicht feststellbar, wer den Ausschlag zur Überarbeitung gegeben hat, der Bauherr als Autraggeber oder sogar der Künstler selbst. Jedenfalls war eine Absicht dahinter. Ich denke aber, dass die Überbearbeitung des Entwurfs durch den selben Künster zur Ausführung gelangt ist.

    Gut, von der Maltechnik und Erscheinung dürften sich Entwurf und Ausführung in etwa entsprochen haben, und es handelt sich hier nicht in erster Linie um ein einmaliges Kunstwerk, sondern schlicht um eine Dekoration. Daher wäre auch die Rekonstruktion eines Entwurfs denkbar. Problematischer wäre aber dasselbe Vorgehen bei einem Kunstwerk, sei es in Form von Architektur oder eines Gemäldes. Denn da würde u.U. effektiv die Idee und der Ausdruck eines Künsters verfälscht.

    Bei einer allfälligen Rekonstruktion der Obergeschosse des Kranichs wäre wahrscheinlich genug Material vorhanden, um die ausgeführte Malerei rekonstruieren zu können. So erübrigt sich in diesem Fall diese Diskussion. Ich wollte hier lediglich die Problematik aufgreifen, welche entstehen kann, wenn man bei einer Rekonstruktion lediglich auf einen Entwurf abstellt, falls das zerstörte Original nicht mehr bekannt ist.

  • Asche auf mein Haupt für's ausbuddeln, aber ich kann nicht widerstehen...
    Reißet die Obergeschosse nieder und bauet das Original wieder auf! :o

    Der Bau ist mir am [lexicon='Römerberg'][/lexicon] mit am negativsten aufgefallen, weil er so ein furchtbares Mischmasch ist. Muss einen ziemlich merkwürdigen Eindruck bei architektonisch nicht so bewanderten Menschen/Touristen machen...

  • Das Gebäude ist eh ein typischer Fall von Nachkriegsbarbarei, denn es waren durchaus noch Reste (geschätzt etwa 40 - 50 %) der Bemalung vorhanden. Es war nämlich nicht niedergebrannt, sondern "nur" durch einen Sprengbombentreffer bis auf Teile des 1. Stocks hinab aufgerissen.

    Der noch eher glimpfliche Nachkriegszustand ist hier zu sehen:

    http://www.aufbau-ffm.de/serie/Teil0/Bilder/09.jpg\r
    http://www.aufbau-ffm.de/serie/Teil0/Bilder/09.jpg

    http://www.ffmhist.de/ffm33-45/bitmap/hm_pwroemerberg3.jpg\r
    http://www.ffmhist.de/ffm33-45/bitmap/h ... rberg3.jpg

    Anstatt die Reste nun wieder herzustellen hat man, wie mit der restlichen Altstadt, nach dem Krieg tabula rasa gemacht und auch sie heruntergeschlagen bzw. übermalt. Dasselbe geschah übrigens mit der nahezu unbeschädigten historistischen Ausmalung des Domes!

  • Ein weiteres Bild des Hauses zum Kranich von Forumer Riegel, eingestellt im Salzhaus-Faden:


    Die Wiederaufbaufassade ("Betongotik"/"Betonfachwerk") von 1952 ist mE ohne größeren Wert. Detailansicht des erhaltenen Erdgeschosses aus dem 17. Jahrhundert (auf welches 1908 im Zuge der Braubachstraßenarbeiten ein historistischer Neubau aufgesetzt wurde, der sich hervorragend einfügte):


    https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Haus…r_36_Detail.jpg


    Kann jemand noch größere Ansichten des Vorkriegsbaus anbieten, als wir sie oben im ersten Beitrag sehen? Die sind leider sehr klein und fitzelig.

    So sah das Ensemble Römerberg 34-38(?) übrigens im Spätbarock aus:


    (1754, Gemälde von Christian Georg Schütz dem Älteren, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Roem….jpg?uselang=de )

  • Snork 7. Juni 2020 um 16:14

    Hat den Titel des Themas von „Haus zum Kranich (Römerberg 38)“ zu „Frankfurt a. M. - Haus zum Kranich (Römerberg 38)“ geändert.