Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • Dieser verbissene Widerstand gegen restaurative Heilung und historische Urbanität entspringt genau diesem so typisch deutschen (links-)intellektuellen Selbsthass, den ich so verachte. Wann hört diese Psychose in diesem Land endlich mal auf? Wann tun wir uns in diesem Land endlich wieder Gutes? Ich fühle mich so unwohl in diesem Deutschland der Gegenwart, wo diese Leute die öffentliche Meinung über Gesellschaft und Kultur bestimmen. Ich glaube ich bin damit hier nicht allein.

    In dubio pro reko

    Einmal editiert, zuletzt von reklov2708 (10. März 2016 um 16:36)

  • Nürnberg war einstmals freie Reichsstadt...und jetzt?

    Es war eher (fast) ein zweites Prag als nur irgendeine freie Reichsstadt, vielleicht sogar die mit Abstand schönste Stadt Deutschlands. Jetzt ist es aber nur noch ein Bochum mit roten Satteldächern, einigen Türmen und einigen recht kümmerlichen Altstadtresten.

    2 Mal editiert, zuletzt von Niederländer (10. März 2016 um 16:53)

  • Nr. 1: Berufs-Denkmalpflegerin = ideologisierte Sichtweise, Deutungshoheitsverlustangst.
    Nr. 2: Dem Sprachgebrauch nach Architekt = "Lügengebäude", "Disney", Was weg ist, ist weg" (sagte der Mann, dem die Zähne ausgeschlagen wurden).

    Ich war fast ein bisschen erschrocken als ich das gelesen habe. Es klingt so, als habe es in Deutschland noch nie eine Diskussion um originale Rekonstruktionen gegeben. Wie gerade die "Fachfrau" so tun kann, als sei jeder Wiederaufbau nach einem zerstörten Original unglaublicher Frevel, ist mir ein absolutes Rätsel. Weiß sie denn nicht, wie Nürnberg und andere Großstädte aussehen würden, hätte man nicht wenigstens einen Teil der alten Gebäude nach dem Krieg rekonstruiert?
    Ich kann akzeptieren, dass man den Wiederaufbau des Pellerhauses mit Begründung des Denkmalschutzes für den Bestandsbau ablehnt, auch wenn ich persönlich anderer Meinung bin. Die Diskreditierung von Rekonstruktionen jeglicher Art aber ist ein Unding. Das grenzt an fachliche Inkompetenz.

  • Es geht bei der scharf geführten Debatte ja mehr um den Status des aktuellen Gebäudes am Platz als eingetragenes Einzeldenkmal. Daher kam ja dieser Aufschrei "Rechtsbruch" usw., denn ein Denkmal muss ersteinmal grundsätzlich bewahrt werden. Die oben zitierte Nr. 2 ist berufsmäßiger Denkmalschützer in der Bauverwaltung und sein Job ist es ja, Denkmäler zu erhalten. Leider wirkt die Argumentation ein wenig hilflos, denn die halbe Altstadt Nürnbergs ist ein "Disneyland", da es in wesentlichen Elementen Rekonstruktionen sind. Rekonstruktionen haben in Nürnberg übrigens eine überraschend lange Tradition. Einige dieser Rekos sind bereits über 100 Jahre alt, isnbesondere Brunnen (Schöner Brunnen, Neptunbrunnen) und trotzdem Denkmäler. Da hat Saxonia absolut Recht, als Denkmalschützer kann man Rekonstruktionen nicht ablehnen. Das wäre ein Bruch mit dem eigenen Geschäft und zudem ein fatales Signal an jene private Eigentümer, die mit dem Gedanken der Vernichtung ihres lästigen Denkmals spielen, da sich ja dann ein Wiederaufbau verbieten würde. Eben der Denkmalschutz hat zum kürzlich abgebrannten Zollhaus in der Erlenstegenstraße gesagt, dass es solange ein Denkmal bleibe, wie 10% der Originalbaussubstanz erhalten seien. Das ist auch als ein Zeichen zu verstehen gegen jene, die meinen die Reste jetzt wegräumen zu können.
    Hinsichtlich des Pellerhauses möchte ich nicht Denkmalschützer sein. Schon gar nicht in Nürnberg! Die Stadt hat allein in den letzten zwei Jahren mind. 3 ausgezeichnete Denkmäler verloren: Das Archivgebäude von Schlegdendahl in der Veilhofstraße, ein altes Bahngebäude von 1905 in der Bahnhofstraße und die ehem. Verwaltung der Frankenkraftwerke in der Harmoniestraße. Die sind systematisch abgebrochen worden obwohl es Denkmäler gewesen waren. Und was jetzt nachkommt (noch ist nichts bekannt) hat keinesfalls den Rang einer Pellerhausreko. Die Stellungnahme des Denkmalschutzes zu diesen Maßnahmen war lapidar, dass der Denkmalschutz aufgehoben wurde da in der letzten Zeit Umbauten zum Nachteil des Gebäudes vorgenommen worden waren oder man die Sache neu bewertet habe (Stichwort: Nachqualifizierung). Bitte? Da fragt man sich wirklich worum es beim Denkmalschutz eigentlich geht.

    Mein Leserbrief wurde übrigens heute in der NZ veröffentlicht, allerdings fehlt der wichtige Passus:

    Der Denkmalschutz zeigt hier seine innere Zerrissenheit: Er pendelt zwischen Substanzfetischismus und zeitgeschichtlichem Aussagewert. Wie zufällig greift er hier den einen, die Pellerhausreste wegwischenden Moment in der über 400 Jahre währenden Geschichte der Adresse heraus und schützt nun ein durchschnittliches Magazingebäude. Das ist in der Tat schwer zu vermitteln und schadet dem Denkmalschutz durch seine Unverständlichkeit erheblich.

    Das spricht den Aspekt an, den Exilwiener anspricht, die Denkmaldoktrin: Ich denke es gibt einfach keine. Das Pellerhaus sei Sinnbild für den verantwortungsbewussten Wiederaufbau. Verantwortungsbewusst wem gegenüber, war die Rathausreko nicht verantwortungsbewusst? War die Reko der Dresdner Frauenkirche nicht verantwortungsbwusst? Was ist mit dem wieder aufgebauten Hauptpostgebäude am Hbf Nürnberg? Würde hier Denkmalschutz bestehen könnte es stehenbleiben, aber der Denkmalschutz sagt dazu nur "zu viel verändert, nicht herausragend genug", obwohl es innen eine spannende Mischung aus der 30'er Jahre und der 50'er Jahre Architektur ist. Was soll der Denkmalschutz eigentlich bewirken, geht es hier um Didaktik oder um alte Steine und Holzbalken?
    Nur beim Disneyargument sind sich alle Fachleute einig: Hübsch sein allein reicht nicht.

    Die heutige NZ ist übrigens hochinteressant dazu, Hr. Enderle erläutert seinen Standpunkt und findet meine ich überzeugende Argumente!

  • Möchte mich auch für die Information bedankten.
    Kann jemand von den NZ-Beziehern vielleicht einen Scan einstellen, oder war es auch in der NN?
    Wie viele Leserbriefe waren abgedruckt, nur der von Nothor?

    Vielen Dank!

  • Positiv sehen, es bewegt sich etwas. Wenn das Feuer erst einmal in die Menge getragen ist, entzündet sich diese von selbst.
    Daß die üblichen linken Schmierfinken in der Zeitung dagegen scheiben, überrascht nicht. Wir sollten uns davon aber nicht täuschen lassen.

    Ein kleines Plus gibt es städtisch so oder so: Der Platz wird von den Autos befreit und angenehm umgestaltet.


  • Die Stadt hat allein in den letzten zwei Jahren mind. 3 ausgezeichnete Denkmäler verloren: Das Archivgebäude von Schlegdendahl in der Veilhofstraße, ein altes Bahngebäude von 1905 in der Bahnhofstraße und die ehem. Verwaltung der Frankenkraftwerke in der Harmoniestraße. Die sind systematisch abgebrochen worden obwohl es Denkmäler gewesen waren. Und was jetzt nachkommt (noch ist nichts bekannt) hat keinesfalls den Rang einer Pellerhausreko.

    Hast Du Fotos der abgerissenen Gebäude?

  • Aus der NN vom 10.03.16:

    Leserbriefe pro Rekonstruktion
    Zeitungsartikel_09_03

    Sollten wir als Stadtbild-Deutschland Verein nicht auch eine öffentliche Stellungnahme abgeben?
    Dann würde es in der Presse direkt heißen, dass sich nun auch ein zweiter Verein für die Rekonstruktion einsetzt.
    Diese Stellungnahme sollte an die Presse und an den Oberbürgermeister von Nürnberg geschickt werden.

    Zumal sich gestern auch der BDA gemeinsam mit "Baulust" dazu deutlich geäußert hat: :wuetenspringen:

    Zeitungsartikel 09_03

    Die Stadtpolitik wird sich vorallem auf diese "offiziellen" Stimmen berufen, sollte es zu einer offenen Diskussion kommen. Es sei denn, es kommen noch andere Kommentare "von außen".

    Frage an die Vereinsmitglieder: Könnte man da etwas machen?

    Man sollte deutlich zeigen, dass es noch andere Interessengruppen und Vereine gibt die sich mit Architektur befassen und eine Rekonstruktion befürworten.

  • Gibt es analog zum in Württemberg ansässigen Schwäbischen Heimatbund in Bayern eine ähnliche Vereinigung, die man vielleicht für eine Stellungnahme zugunsten der Rekonstruktion des Pellerhauses gewinnen könnte? Großartig wäre auch Schützenhilfe durch eine "prominente Person des Zeitgeschehens", z. B. aus der Politik. Ich fürchte allerdings, dass Politiker nur dann aufspringen, wenn die öffentliche Meinung eindeutig pro Rekonstruktion steht und sie damit einen sicheren Erfolg für sich verbuchen können.

    Was meinen eigenen Leserbrief vom 04.03.2016 anbetrifft (vgl. hier Seite 33, Nr. 644) so nehme ich an, dass dieser erst gar nicht veröffentlicht worden ist. Nach einer mir am 07.03.2016 zugegangenen standartisierten Email hieß es, dass man mir nicht mitteilen könne, ob und wann meine Meinungsäußerung in der Zeitung oder online erscheine. Außerdem sei die Angabe von Namen, Anschift und Tel.-Nr. erforderlich. Da ich zunächst nur meinen Namen und meine Anschrift mitgeteilt hatte, reichte ich am 07.03.2016 umgehend meine Tel.-Nr. nach. Seitdem habe ich nichts mehr gehört.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (11. März 2016 um 20:46)

  • Vielleicht könnte ein oder noch besser noch mehrere junge und nicht dogmatisch verbohrte Architekten einen Leserbrief pro Rekonstruktion an die Nürnberger Zeitung oder die Nürnberger Nachrichten senden.

    Möglicherweise könnten unsere Dresdner Freunde die Gesellschaft Historischer [lexicon='Neumarkt Dresden'][/lexicon] um Schützenhilfe bitten. Gerade das Beispiel Dresden könnte mit rekonstruierter Frauenkirche und dem Neumarkt Überzeugungsarbeit leisten.

    Ferner könnten auch unsere Freunde aus Hessen versuchen Befürworter der Rekonstruktion des Pellerhauses aus Frankfurt a. M. zu gewinnen, wo ja inzwischen die dortige Rekonstruktion der Altstadt auf eine sehr große Zustimmung trifft. Vielleicht könnte man als Fürsprecher auch am Frankfurter Wiederaufbau beteiligte Architekten gewinnen. Insbesondere hinsichtlich der Goldenen Waage, welche ja zweifellos das Glanzstück der wieder gewonnen Frankfurter Altstadt werden wird.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (11. März 2016 um 23:34)

  • @Villa1895
    Ich habe von einem Nürnberger erfahren, dass in der NZ gestern 13 (!) Leserbriefe zum Pellerhaus abgedruckt wurden. Dazu auch nocheinmal eine ausführlichere Stellungnahme von Karl-Heinz-Enderle.
    Zwei der Briefe waren von Baulust und BDA und haben sich für den Erhalt des 50er Jahre Baus ausgesprochen. Die anderen elf sind für eine Rekonstruktion. Ich denke mal dass dein Brief dort mit dabei ist, zumal die Absender wohl aus ganz Deutschland waren.
    Leider bekomme ich nur die NN und kann es nicht nachprüfen, vielleicht weiß nothor hierzu mehr?

  • Ein stimmiger Beweis, auch wenn nicht representativ, dass der jetzige Zustand alles andere als zeitgemäß ist, und einer dringenden Überarbeitung bedarf.
    Denkmalschützer und Architekten, die alle Grundsätze der Ästhetik verleugnen, und nicht mehr bereit sind sich weiterzuentwickeln, verstossen gegen die Grundprinzipien der akademischen Bildung.
    Keiner hat das Recht auf Fehlentwicklungen in der Wissenschaft und Kunst zu bestehen, sofern der Fortschritt des Besseren belehrt. Allein das Festhalten an überkommenen politischen Denkweisen beweist das Erstarren in sich und ist Anachronismus in Reinkultur.
    Das Pellerhaus als gelungenes Symbol einer vergangenen Epoche wieder erstehen zu lassen bricht kein architektonisches Grundgesetz, da Proportion, Bezug und Standort desselben unverändert zur Zeit der ersten Errichtung sind. Zumal die Fundamente und die Grundstruktur des Ursprungbaus noch weitestgehend erhalten sind.

  • @Berkowitz

    vielen Dank, Du hast das wunderbar und sehr treffend formuliert, jeder Mensch guten Willens wird und muss dies verstehen.

    Das derzeitige Pellerhaus wirkt doch nur noch billig und armselig gegenüber dem originalen Pellerhaus, das ein wahres Bauwerk von Weltgeltung war. Lasst uns alle Hebel in Bewegung setzen und Mitstreiter gewinnen, gegen alle verbohrten sturen Böcke, die von der Wiederherstelllung dieses Meisterwerks der Baukunst noch immer nichts wissen wollen. Man kann doch diese 50 er Jahre Fassade woanders hin versetzen, meinetwegen auf den Mond oder oder wohin der Pfeffer wächst, oder ins Nürnberger Knoblauchland. Dann bliebe diese von Baulust und BDA gar so hoch- und über den Schellenkönig gepriesene 50 er Jahre Fassade ja erhalten. Dann sollten diese Herren aber still sein und dem Willen des Volkes nachgeben und akzeptieren, dass das originale Pellerhaus ohne wenn und aber als Rekonstruktion wiederkommt. Es würde der Stadt Nürnberg weltweit zu großer Ehre gereichen. Es gäbe sehr, sehr viele begeisterte Besucher, wie dies auch bei anderen Rekonstruktionen, wie etwa der Dresdner Frauenkirche der Fall ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (11. März 2016 um 23:37)

  • @'Villa1895

    Richtig, es geht uns alle an, und die Zeit wird für uns sein.
    Nürnberg hat noch viele Baustellen, aber das Pellerhaus ist für mich jetzt die wichtigste von allen.
    Fehlt noch die Einsicht der Stadtoberen, und da kann man sich leider nicht sicher sein, in welche Richtung sie geht.
    Nur sollten sich die Stadtpolitiker im Klaren sein, dass Nürnberg als "Großstadt in zweiter Reihe" immer mehr in den Focus von Investoren und Immobilienfonds rückt, und jede Aufwertung des Erscheinungsbildes letztendlich auch das Stadtsäckel füllt.

  • Ich habe soeben den Vereinsvorstand angeschrieben und angefragt ob unser Verein eine Stellungnahme abgeben kann.
    Unsere Stellungnahme sollte sich meiner Meinung nach darauf konzentrieren die Argumentation der Denkmalpflege und des BDA auseinander zu nehmen und den Altstadtfreunden und Bürgern Nürnbergs den Rücken zu stärken.

    Stadtbild Deutschland e.V. als deutschlandweit tätiger Verein verfolgt im allgemeinen das Prinzip, dass in lokalen baukulturellen Konfliktfragen die jeweiligen Orts- oder Regionalverbände sich einbringen, sofern in der betreffenden Stadt aktive Mitglieder ansässig sind. Der Vorstand ist in der Regel nicht "nah genug dran", um sich kompetent der örtlichen Problemfragen anzunehmen.

    Allerdings haben wir bislang keinen etablierten Nürnberger Ortsverband; zum anderen ist der Fall Pellerhaus einer mit deutschlandweiter Strahlkraft, so dass es doch angezeigt sein könnte, in diesem Fall von Vorstandsseite Stellung zu beziehen. Ich werde in Abstimmung mit unserem Pressesprecher etwas konzipieren.


  • Zumal sich gestern auch der BDA gemeinsam mit "Baulust" dazu deutlich geäußert hat: :wuetenspringen:
    Zeitungsartikel 09_03

    Hätte nicht gedacht, dass diese "Expertin" aus dem anderen Brief an Dreistigkeit noch zu überbieten wäre, aber das schlägt dem Fass jetzt wirklich den Boden aus.

    "Mit einer rekonstruierten Fassade würde die Jahrzehnte gewachsene Identität des Ortes ein für alle mal zerstört."

    Blöd nur, dass das alte Pellerhaus den Ort fast 350 Jahre lang geprägt hat. Auch wieder dieses Gefasel von materialisierter Demokratie, so ein Unsinn. Dreh ich mich um, steh ich vor einem Kaiser-Wilhelm-Denkmal und gleich daneben folgt eine Barockkirche. Das ist die gelebte Realität in fast allen deutschen Städten und es schadet nicht.

    "Es integriert die Ruinenteile wie selbstverständlich in das Gesamtkunstwerk und komme nun 'auf erstaunlich gelassene Weise mit der potemkinschen Steintapete des Innenhofes zurecht."

    Rumms. Muss man das noch kommentieren? Unglaublich, das schockt mich selbst als Nicht-Nürnberger, wie hier argumentiert wird. Den Altstadtfreunden muss bei allem erwarteten Gegenwind die Kinnlade runtergefallen sein, als sie diesen Satz gelesen haben.