Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • Lieber Noricum, liebe Freunde von Architectura Pro Homine,

    hier mein Schreiben an die Nürnberger Nachrichten und an die Nürnberger Zeitung:

    Rekonstruktion des Pellerhauses:

    Für die Rekonstruktion des schönsten Bürgerhauses des gesamten deutschen Sprachraums, des Nürnberger Pellerhauses
    Jetzt, nachdem ich von Teilen der originalen Innenausstattung an anderem Ort weiß (in einem modernen Anbau des Fembohauses), bin ich erst recht der Auffassung, dass das Pellerhaus 1:1 wieder aufgebaut werden muss. Denn dieses Haus, das bedeutendste Bürgerhaus der Spätrenaissance des gesamten deutschen Sprachraums, ist darüber hinaus ein Kunstwerk von Weltrang. Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass, sofern das Pellerhaus dem Land Bayern gehörte, es längst original wieder aufgebaut wäre, wie das Land Bayern auch die Würzburger Residenz originalgetreu wieder aufgebaut hat. Selbstverständlich kamen im Rahmen des Wiederaufbaues die erhalten gebliebenen, während des Krieges ausgelagerten und dadurch geretteten Ausstattungsgegenstände wieder ins Schloss zurück, wohin sie gehören. So muss das auch beim Pellerhaus gemacht werden. Es ist doch ein Wahnsinn, dass diese Ausstattungsstücke in ein anderes Gebäude eingebaut wurden. Das Pellerhaus muss 1: 1 rekonstruiert werden und was von der originalen Ausstattung noch vorhanden ist, muss unbedingt wieder ins Pellerhaus zurück. Der jetzige Zustand des Pellerhauses ist doch absolut unbefriedigend und auch unwürdig. Das Pellerhaus war ein strahlendes, kostbares, weithin berühmtes Juwel der Stadt Nürnberg und muss es wieder werden. Da darf es keine faulen Kompromisse geben. Man muss doch nur die alten Bilder des einstigen Pellerhauses ansehen, um das zu begreifen. Auch spricht die Schönheit des zurzeit in Rekonstruktion befindlichen Pellerhofs dafür, ja schreit direkt danach, dass auch das Vorderhaus, ohne wenn und aber, rekonstruiert werden muss. Die Zeit für die Rekonstruktion für dieses Schmuckstück, für diese Perle der Stadt Nürnberg ist doch längst reif. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ist das Pellerhaus erst einmal wie Phönix aus der Asche auferstanden, werden alle begeistert sein und die Kritiker werden verstummen. Besucher und Touristen von nah und fern, Touristen aus aller Welt, werden zu diesem einzigartigen Haus pilgern und sich an der Kraft und Schönheit dieses Bauwerks erfreuen, das von der diesseitigen Lebensfreude und dem Kunstsinn seiner Erbauer kündet. In Dresden und in Frankfurt werden herrliche Häuser rekonstruiert, von denen teilweise nichts mehr da war. Aber in Nürnberg sind noch sehr viele Bestandteile des originalen Baues vorhanden. Das Pellerhaus schreit förmlich nach seiner Original getreuen Rekonstruktion. Diese wird der Stadt Nürnberg zu großer Ehre und weltweit zu Anerkennung gereichen. Frisch auf ans Werk, es muss alles gut werden.


    Bin mal gespannt, ob und was ich als Reaktion erhalten werde.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (4. März 2016 um 22:23)

  • Nr. 1: Berufs-Denkmalpflegerin = ideologisierte Sichtweise, Deutungshoheitsverlustangst.
    Nr. 2: Dem Sprachgebrauch nach Architekt = "Lügengebäude", "Disney", Was weg ist, ist weg" (sagte der Mann, dem die Zähne ausgeschlagen wurden).
    Nr. 3 & Nr. 4: Offenbar normal(tickend)e, interessierte Bürger.


    Was ein Denkmal sein soll, darf nicht (ausschließlich) in Hinterzimmern sog. Fachkreise ausgeklüngelt werden, sondern ist (auch) eine Angelegenheit aller Bürger, die deswegen maßgeblich gehört werden sollten; das nennt man auch Demokratie. Dagegen pflegt die Denkmalpflege z. T. einen Deutungsfeudalismus.


    Meine Meinung ist, dass die Nachkriegsfassade nicht denkmalwürdig ist.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)


  • Meine Meinung ist, dass die Nachkriegsfassade nicht denkmalwürdig ist.

    Und selbst wenn, das würde nie den Erhalt an dieser Stelle und die Verhinderung einer getreuen Rekonstruktion des Pellerhauses rechtfertigen, einer Fassade die wohl ohne Übertreibung ein "Weltkulturerbe" im Wortsinne ist, während diese 50er Fassade allenfalls regional Bedeutung hat. Vorausgesetzt ist natürlich ein handwerklicher, materialechter Wiederaufbau, aber das denke ich ist Konsens hier im Forum und auch bei den Altstadtfreunden.
    Es wird sicherlich einen Platz geben, wo man die jetzige Fassade hin-translozieren kann, die passender ist als der jetzige Standort. Im Haus selber wird wohl nicht viel erhaltenswertes aus den 50ern da sein, und stellt somit keinen Hinderungsgrund da.

  • @thommystyle™

    Danke, Du bringst es exakt auf den Punkt, die 50 er Jahre Fassade gehört woanders hin versetzt, wenn die Denkmalschützer schon meinen, sie sei schützenswert und müsse erhalten werden. In ganz Nürnberg herrscht kein Mangel an 50 er Jahre Bauten. Da wird sich in der Großstadt Nürnberg mit gutem Willen bestimmt ein Platz finden lassen, wo diese 50 er Jahre Fassade gut hinpasst. Mit dieser Lösung könnten doch auch die Denkmalschützer leben, denen es doch ausschließlich oder primär um den Erhalt der in ihren Augen gar so wertvollen 50 er Jahre Fassade geht und angeblich nicht um die Bekämpfung der Rekonstruktion des Pellerhauses.


    Übrigens hatte auch ich bereits auf Seite 31, Beitrag 607 die Ansicht vertreten, nämlich dass das Haupthindernis der Rekonstruktion, die 50 er Jahre Fassade an einen anderen Ort transloziert werden müsse. Danach wäre im wahrsten Sinne des Wortes der Weg frei für die Original getreue Rekonstruktion des einzigartig schönen Pellerhauses. Dieses stellt nach seiner Rekonstruktion zweifellos in seiner Großartigkeit und Schönheit ein Kulturerbe von Weltrang dar.

  • Es ist zu erhoffen, daß die ideologisierten "Disney-" und "Lügengebäude"- Hetzer hier nicht das letzte Wort bekommen, sondern die Humanisten im eigentlichen Sinne, die die Originalgetreue Rekonstruktion des Pellerhauses befürworten.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Die NZ fragt die Leser nach der Rekonstruktion des Pellerhauses.
    Wer dafür stimmen möchte kann dies mit einem Anruf unter 0137 666 2221 tun. (25ct. pro Minute)
    Habe gleich ein paarmal angerufen! :D

  • Habe es auch versucht, aber es läutet dreimal kurz und dann ist Besetztzeichen? Kann das sein? Den Artikel der NZ dazu finde ich leider nicht im Netz, um die Tel Nummer zu checken.

    Einmal editiert, zuletzt von Exilwiener (8. März 2016 um 17:00)

  • Bei meinem Anruf kam eine automatische Stimme die mir gesagt hat, dass ich an der Montagsfrage teilgenommen habe (obwohl es Dienstag ist) und dass meine Stimme gezählt wurde.

    Nochmal die Nummer die ich gewählt habe: 0137 666 222 1.
    In der NZ vom Montag steht sie auf Seite 13.

    Einmal editiert, zuletzt von noricum (9. März 2016 um 00:36)

  • Auch ich habe an die Nürnberger Zeitung (NZ) einen Leserbrief geschrieben. Die Redaktion fragte mich nach der vollständigen Anschrift, also gehe ich davon aus er wird veröffentlicht.

    "Sehr geehrte Damen und Herren,

    nachdem ich Ihren Bericht über das Pellerhaus gelesen habe, sollte die Stadtpolitik wirklich darüber diskutieren ob man die Fassade des Pellerhauses und das Nebengebäude nicht wieder rekonstruieren könnte. Durch die Rekonstruktion würde man den Egidienplatz massiv aufwerten.

    Auch wenn Rekonstruktionen durch manche Bürger kritisch gesehen werden, Frankfurt, Dresden oder Potsdam belehren uns eines Besseren. Zum Abschluss kann gesagt werden, die Fassade aus den 50er Jahren, war vielleicht damals zeitgenössisch, sieht aber heute aus wie ein Provisorium.

    Lasst uns Nürnberg wieder ein Stück mehr aufwerten und Fehler aus der Vergangenheit korrigieren.

    Mit freundlichen Gruß"

  • Die Redaktion hat auch von mir einen Brief erhalten, mal schauen ob er veröffentlicht wird. Mir scheint bisweilen als würde die auflagenstärkere NN Stimmung gegen den Rekonstruktionsvorschlag machen, während die NZ eher die Tendenz zu haben scheint den Vorschlag zu befürworten.

  • Gestern muss in den Nürnberger Nachrichten ein Bericht erschienen sein mit der Überschrift "Finger weg vom Pellerhaus". Ich hatte es am Zeitungskiosk auf dem Titelblatt gelesen aber mir die Ausgabe nicht gekauft. In der Online- Ausgabe ist dieser Bericht leider nicht veröffentlicht wurden.

  • Es bedarf nur einer relativ einfachen Frage, um den heutigen kunsthistorischen Wert und die Bedeutung für das Nürnberger Stadtbild des aktuellen Pellerhauses aufzuzeigen bzw. um all jenen, die sich für den Erhalt dieser historisch wohl so wertvollen Fassade einsetzen, die Haltlosigkeit ihrer Argumentation vor Augen zu führen:

    Wie oft führen sie Gäste, die ihre Stadt besuchen, zum Pellerhaus, um ihnen die kunsthistorisch und ästhetisch einmalige Fassade zu präsentieren?

    Oder noch einfacher: Wie oft gehen sie zum Egidienplatz um sich das Pellerhaus anzuschauen?


    Da dies offenbar rhetorische Fragen sind sollte die Antwort ziemlich eindeutig sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Grimminger (10. März 2016 um 14:41)

  • Und als kleiner Zusatz: Ich als Heidelberger zeige meinen Gästen ganz besonders folgende Gebäude:

    Kurfürstliches Residenzschloss und, na, wer errät es? Das Haus zum Ritter St. Georg.

    Und um aus Erfahrung zu sprechen: Von der ganzen schönen Stadt bleibt vor allen Dingen immer ein Gebäude im Gedächtnis. ;) Und nein, es ist nicht das Schloss. Sondern eines der schönsten Renaissance-Bürgerhäuser Deutschlands aus dem Jahre 1592.

  • Die Argumente der Dogmatiker überzeugen mich 0.

    Das "schlagendste" Argument der Aufbaugegner, dass es sich bei der 50er ein"Bauwerk, das sicherlich zum Besten zählt, was die 50er Jahre architektonisch in Nürnberg hervorgebracht hat" (es darf laut gelacht werden) ist schon vernichtend genug.

    Die Frauenkirche in Dresden, die vielen Rekonstruktionen in Potsdam, Frankfurt, Dresden...sollten auch den Dogmatikern in der Provinzstadt Nürnberg den Horizont erweitern können. Nürnberg war einstmals freie Reichsstadt...und jetzt? Soll der hässliche Status quo einzementiert werden, nur weil ein paar Dogmatiker mit sattsam indoktrinierter Meinung jedes freie Denken darüber, den versifften Zustand dieses Platzes positiv verändern zu wollen, im Keim ersticken?

    Ich glaube nicht, dass die heutige Denkmaldoktrin eine Halbwertszeit von Gotteszahlunendlich hat, sondern dringend einer Weiterentwicklung bedarf - wie man an den unzähligen Rekonstruktionsbeispielen längst sehen müsste! Es bedarf einer Neuorientierung des Denkmalschutzbegriffes per se!

  • Interessant finde ich, dass 2x in dem Artikel von einem "verantwortungsvollen Wiederaufbau" gesprochen wird, aber in keiner Form verständlich wird, worin diese Verantwortung bestand. Ich persönlich habe ja durchaus etwas für die Nachkriegsarchitektur übrig, allerdings finde ich das neue Pellerhaus nicht besonders herausragend und schon gar nicht kann ich eine Verantwortung für die große Historie des Vorgängerbaus bessesen. Der Bau ist evtl. vergleichbar mit der Neuen Maxburg in München oder dem Münsteraner Stadttheater, wo man die letzten verbliebenen Reste des Vorgängerbaus ebenfalls in den Neubau mit einbezogen hat. In beiden Fällen ist aber der Nachfolgebau gelungener als in Nürnberg und die Vorgängerbauten waren nicht ganz so bedeutend (auch wenn es keine 08/15-Bauten waren).

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)