Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • Naja, letztendlich gibt es doch lichtpunkten in der dunklebrei - von Dresden, Frankfurt, Potsdam bis Lubeck passiert doch einiges intressantes. Intressante teilrekonstruktionen gibt es in Leipzig und ein paar intressante Neubauten gibt es auch in Berlin. Aber in Nurnberg gibts nicht ein Ansatz zu das hier. Oder ingesamt in BW und BY gibt es am Moment kein gefuhlte Bedarf

    @Königsbau Wir sind ja beide von Anfang an diesem Forum beteiligt aber konnten wir damals Vorstellen was im Lubeck, Potsdam und Frankfurt passieren wurde - damals ging es nur um Dresden - damals fand ich es noch trostloser

  • Natürlich gibt es Ansätze in Nürnberg. Lebst du in einer Parallelwelt? Du kommentierst doch gerade in einem Faden über eine der bedeutendsten Renaissance-Rekonstruktionen Europas der letzten Jahre. Zumal die Nürnberger Altstadtfreunde auch andere (Teil-)Rekonstruktionen durchgesetzt haben. Die Zeit arbeitet für diese Lobby.

    Manchmal frage ich mich echt, ob einige hier morgens irgendwelche Depressiva in ihren Kaffee tun... :zeitung:
    Na egal, davon muss man sich ja nicht anstecken lassen.
    Ich halte es da mit Luther: "Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz!" :biggrin:

  • Ok Erbse und kommt die Fassade? Siehst du wirklich eine Anderung in der Lokalpolitik im Bezug Rekonstruktionen in Nurnberg - wenn ja, zeigt mich diese Tendenzen

  • Vielleicht nicht sofort, aber sie wird kommen. Warum auch nicht?
    Die Nürnberger Lokalpolitik kenne ich nicht tiefgehend, aber sie ist genauso austauschbar wie jede andere Führungsebene. Es ist der generelle Zeitgeist, der hier Veränderung bewirkt, der Blick durchs Mikroskop zeigt nicht das ganze Bild. Wir haben oft genug auch schon Lokalpolitiker vom Anti-Reko-Standpunkt komplett umschwenken sehen, siehe u.a. Frankfurt.

    Was es braucht, ist der Biss der Bürger und eine starke Lobbyarbeit vor Ort. Gegen eine wirklich starke Gruppe kommt kein Entscheidungsträger an, es wäre ja auch nur schädlich für ihn.

  • In Franken kommt überhaupt nichts, alle gegenwärtigen Strömungen, so unterschiedlich sie sind und auch hier bewertet werden - DD, FF, Hildesheim, Potsdam, Lübeck, Ulms NM - um Franken oder allgemein Bayern haben sie einen großen Bogen gemacht. Hier knüpft man unbekümmert und fröhlich an die Wiederaufbauzeit an, weil man "weiß", dass man ohnehin alles richtig gemacht hat. Schau dir doch an, welcher Mist in Augsburg an prominentester Stelle entsteht, oder wie in Wü Lücken geschlossen werden. N.er Neubauten werden hier eh oft genug erörtert, was anderes als "nix gelernt" fällt einem dazu nicht ein. Der Innenhof des Pellerhauses war eine löbliche Ausnahme, wobei ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass er nur deshalb möglich war, weil man ihn nicht von außen sieht und der daher keinen Schaden für das edle 50er-/60er-Jahre-Stadtbild bewirken kann.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Von allein wird natürlich keine Veränderung möglich sein. Ich wiederhole mich zwar, dennoch:

    Was es braucht, ist der Biss der Bürger und eine starke Lobbyarbeit vor Ort. Gegen eine wirklich starke Gruppe kommt kein Entscheidungsträger an, es wäre ja auch nur schädlich für ihn.

    Jetzt kann hier noch soviel gejammert werden über die heutigen Zustände. Die Frage an jeden selbst ist: was tue ich, damit es künftig anders lang geht? Spreche ich mit den Entscheidungsträgern vor Ort? Engagiere ich mich bei den Altstadtfreunden (finanziell, mit Einsatz, aus der Ferne)? Verbreite ich meinen Standpunkt, zB über die sozialen Medien und Lokalmedien?

  • Spreche ich mit den Entscheidungsträgern vor Ort?

    "erbse", Du hast einerseits recht, andererseits "unrecht" (in Anführungsstrichen). Im Prinzip hast Du recht, weil die junge Generation in der Masse sehr viel unbefangener mit dem Thema Rekonstruktionen umgeht. Da ist man weniger verkopft und von Dogmen gesteuert. So zumindest auch mein Eindruck. Daraus erwächst allerdings auch noch kein direktes Engagment für Rekonstruktionen. Vielen ist das Thema einfach egal, wie so viele andere Themen (Politikverdrossenheit usw.). Ob sie also mal ihre Kopfhörer aus den Ohren nehmen oder das Smartphone mal eine Minute weglegen, ist ungewiss.
    Hinzu kommt, dass ein nicht unerheblicher Teil der nachwachsenden jungen Generation über einen "Migrationshintergrund" verfügt. Inwiefern sich diese Kreise für Rekonstruktionen der Baukultur einer ihnen eher fremden Kultur einsetzen werden, wird sich noch zeigen.
    Auf der anderen Seite sprichst Du selbst von "den Entscheidungsträgern". Rekonstruktionsfreunde sind also in der Regel selten an den Schalthebeln der Macht. Sie können nur ihre Wünsche aus- und die Entscheidungsträger ansprechen. Und diese Entscheidungsträger sind in der Regel während des Studiums durch eine akademische Schulung gegangen. Man könnte teils auch von "Gehirnwäsche" reden. Ein Freund von mir, der an der Kunsthochschule studiert hat, fängt dann an von der Schönheit der Form bei der Bauhaus-Architektur zu schwärmen. Ein Bekannter, ebenfalls von der Kunsthochschule, begeistert sich für Brutalismus. Eine Freundin, die ich noch vom Kunstgeschichts-Studium kenne, und die sich früher noch für Gründerzeit-Architektur begeistern konnte, spricht mittlerweile davon, dass sie die Bauhaus-Generation gut verstehen könne: "Man hatte genug von diesen ganzen Ornamenten und Kringeln." Das sind dann aber teils auch die Leute, die später Entscheidungsträger werden und bestimmen, wie Stadt aussieht.
    Hinzu kommt, was "Königsbau" schreibt, dass wir in einer Zeit zunehmender politischer Radikalisierung stecken. Und zwar deshalb, weil diejenigen, die seit Jahrzehnten den Marsch durch die Institutionen gegangen sind, erstmals Widerstand entgegengesetzt bekommen und nun um ihre Privilegien und eingespielten Denkmuster fürchten. Es kann sein, dass auch die Bemühungen um Rekonstruktionen in diesen Strudel zumindest in Teilen mitgerissen werden. In Potsdam erleben wir das gerade hautnah.
    Insofern, all das gilt es zu beachten. Aber, die Zukunft wird natürlich spannend.

  • Hier hätte ich eine kleine Galerie von Pellerhaus und Umgebung zu bieten:

    http://aph-bilder.de/album/NA

    Abgesehen von Edigienkirche und -gymnasium sowie Tucherschloß und Stadtmauer gibt es da fast nur Nachkriegsbebauung in weitem Umkreis, besonders störend ist die Uni und der Neubau des Scharrer-Gymnasiums gleich hinter dem Pellerhaus.

    Diese neu gestaltete Fassade sieht im Original eher noch primitiver aus als auf den Fotos, dennoch halte ich es für reichlich unwahrscheinlich, daß die alte Fassade wiederkommt.

  • In Potsdam erleben wir das gerade eben nicht. Das Ausmaß an Rekonstruktionen in der Innenstadt ist enorm. Dazu gehört zum Beispiel auch das Holländische Viertel. Vor nicht allzu langer Zeit ein Abrißkandidat. Ebenso ist der Alte Markt aus dem Nichts wiedererstanden. Das Stadtschloss ein Neubau. Die Garnisonkirche ein Neubauvorhaben im Bau. Sämtliche Gebäude auf dem Gelände der FHS in Neubauplanung.

    Das kann man mit diesem Schlafstädchen Nürnberg nun nicht vergleichen. Dort passiert ja fast gar nichts. Soll der Pellerhof von der Innenseite mit dieser DDR-Fassade eigentlich so bleiben? Mich erinnert das sehr an die DDR-Turnhallenarchitektur.

  • ^
    Wenn Nürnberg die Altstadtfreunde nicht hätte...
    Ist schon richtig, dass die Nürnberger Stadtprominenz sich nicht besonders hervortut mit größeren Rekonstruktionsvorhaben.
    Das ist jedoch irgendwie Tradition in Nürnberg, aber trotzdem könnte es noch viel schlechter gehen.
    Ein politischer Hemmschuh ist nach wie vor das Erbe der "Stadt der Reichsparteitage", und das Abzuschütteln ist Aufgabe der nächsten Generationen.
    Nicht dass das ein Problem der Nürnberger Bürger an sich ist, den im Alltagsleben spielt das überhaupt keine Rolle mehr. Es wird aber gerne politisch benutzt wenn es um die Hinterfragung der Wiederaufbaujahre geht, die mitunter dazu benutzt wurden alles "Braune" sauber aus der Stadt zu fegen.
    Ich selbst wohnte in einer Siedlung in Langwasser, die auf dem ehemaligen Märzfeld errichtet wurde. Vergangenheitsbewältigung durch Abriss und Schönfärberei. Nur gilt das nicht für die Altstadt. Das scheinen aber manche Politiker nicht begreifen zu wollen, dass es die Altstadt schon gab bevor die Stadt von "Braunhemden" uberflutet wurde.

  • Als nachträglicher Neujahrsgruß ein Fotoupdate aus dem Pellerhof. Heute geht es auf das Gerüst, um die Pracht aus der Nähe bewundern zu können. Der Hof ist jetzt schon eine Schau, aber erst mit dem Nordgiebel wird er sein volles Potential entfalten können. In Nürnberg wird man sich die Augen reiben, wenn erst einmal die Gerüste abgebaut sind. Bis dahin bieten die Fotos einen Vorgeschmack.

    Pellerhof August 2017

    Pellerhof August 2017

    Pellerhof August 2017

    Einmal editiert, zuletzt von noricum (5. Mai 2018 um 12:08)

  • Volutengiebel mit Luginsland im Hintergrund. :harfe:
    Pellerhof August 2017


    Der Giebel wird in orginaler Wandstärke ausgeführt. Entschließt man sich eines Tages doch noch zur Rekonstruktion des Hinterhauses, kann der Beton wieder entfernt werden.
    Pellerhof August 2017

  • Eine Wucht wird der Hof werden! Ich denke, sobald der Innenhof fertig ist, wird die Diskussion über die notwendige Rückkehr der Frontseite erst richtig losgehen. Es kann eigentlich nur pro Reko ausgehen!

    Hoffentlich wird dann auch in Nürnberg der Schrei nach Gesundung der ehemals schönen Stadträume ankommen und gehört werden! Ein starker Verein vor Ort besteht zum Glück bereits und man muss die Leute nur im Hof des Pellerhauses „abholen“...“wollt Ihr mehr davon“...“kennt ihr die ehemalige Frontseite des Pellerhauses, kennt Ihr das Topplerhaus, kennt Ihr...“...“ja, das alles kann wieder wahr werden, wenn Ihr das wollt!“...“so wie dieser göttliche Hof!“.

  • @ Neußer
    Das ist die organische Arbeit der Steinmetze, damit es authentischer aussieht, oder glaubst du die Renaissancebildhauer hätten auf das zehntel-mm genau gearbeitet!? Soll ja nicht nach CNC-Fräse und Roboter aussehen. Wenn wir das Original noch hätten, würden die Kanten und Flächen noch mehr "wackeln". So lebt das Ganze und atmet. Wird schon in Ordnung sein! Die eine abgeplatzte Stelle ist ein Einschluß im Stein. Das kann unverhofft passieren.
    Ich erinnere mich der Maßgabe für die Gewölbebauer der Schloßkapelle zu Dresden, denen nahe gelegt wurde nicht so exakt zu bauen, damit die Gesamterscheinung nicht wie aus dem 3d-Drucker aussieht! Organik ist das Schlüsselwort.

    Wenn der Giebel vollendet ist, dann ist er die beste Werbung für die Rekonstruktion des ganzen Pellerhauses. Wer sich dem dann noch verschließt scheint mir nicht ganz bei Trost zu sein!

  • @ Neußer: Die bearbeiteten Kanten kommen auch daher, dass die Steine bei unterschiedlichen Firmen in Auftrag gegeben wurden. Erst während des Setzens sieht man, was ggf. noch angepasst werden muss. Außerdem sind die Steine noch nicht verfugt, das relativiert dann auch nochmal einiges. Nach dem Abbau der Gerüste wird ein Mindestabstand von mehreren Metern ganz andere Dinge optisch verschwinden lassen. :D

    Zum Schluss ein schon etwas älteres Bild, in der stimmungsvollen Nachmittagsonne:

    Pellerhof August 2017