Frankfurt am Main - vom Domturm - Allgemeines

  • Letzten Sonntag, also am 24. Oktober 2010, habe ich anbetrachts des schönen Wetters dann auch mal 10 KG Fotoausrüstung die über 300 Stufen des Domturms in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] hinaufgeschleppt. Anbetrachts dessen, wie viele Kirchtürme Europas ich schon hochgekraxelt bin, war ich dann doch erstaunt, wie stressig der Aufstieg ist. Der noch überwiegende mittelalterliche Teil der engen Wendeltreppen mit den sehr steilen Stufen ist ganz offensichtlich nicht für den heutigen Massentourismus konzipiert worden. ;) Leider ist von den insgesamt drei für Besucher vorgesehenen Plattformen momentan nur eine in 66 Metern Höhe geöffnet, ob sich das mal ändern wird oder aufgrund von Brandschutzvorschriften dauerhaft so bleibt – keine Ahnung.

    Genug geredet, die nachfolgenden Bilder entstanden mit der Canon 1Ds Mark II und dem Canon EF 70-200mm 4 L USM IS, also einem Teleobjektiv. Totalen werde ich demnächst wohl mal irgendwann nachreichen. Es sei noch angemerkt, dass es sich hier mehr um Schnappschüsse bzw. erste Eindrücke denn eine Bestandsaufnahme oder eine Serie mit einem bestimmten Fokus handelt und etwaige Kommentare, soweit nicht ohnehin explizit gekennzeichnet, einzig meine subjektive Auffassung darstellen.

    Zunächst ein Bild des „corpus delicti“ vom [lexicon='Römerberg'][/lexicon], im Detail ist anhand der dort befindlichen Menschen gut die erwähnte Aussichtsplattform zu erkennen.


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    Dreikönigskirche in Sachsenhausen, erbaut 1875–80 nach Entwurf von Franz Josef Denzinger, im Zweiten Weltkrieg als eine von wenigen Frankfurter Kirchen nicht zerstört.


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    Deutschordenskirche in Sachsenhausen, Kirche 14. Jahrhundert, der barocke Teil 1707–15 nach Plänen von Daniel Kaiser, Wiederaufbau nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1963–65; im Vordergrund der Neue Portikus auf der Maininsel, 2002–06 nach Entwurf von Christoph Mäckler.


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    Henninger Turm in Sachsenhausen, 1959–61 als Getreidesilo nach Plänen von Karl Lieser, mit 118,5 Metern bis 1974 höchstes Gebäude der Stadt und, ob man nun will oder nicht, mittlerweile auch eines ihrer Wahrzeichen.


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    Main Plaza am Deutschherrenufer in Sachsenhausen, erbaut 2000–01 nach Entwurf von Hans Kollhoff mit deutlichen Anleihen an die amerikanische Hochhausarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts – meiner Meinung nach einer der schönsten Neubauten der letzten 10 Jahre. Vielleicht auch das letzte wirklich postmoderne Gebäude in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon].


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    Wohnbauten zwischen etwa 1880 und 1930 jenseits der Dreikönigskirche in Sachsenhausen, eingesprengt einige Bauten v.a. der 1960er und 1970er Jahre von fragwürdiger städtebaulicher Wirkung.


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    Der Römerkomplex – im Kern frühes 14. Jahrhundert, heutiges Erscheinungsbild weitgehend 1900–08 nach Plänen von Max Meckel, Franz von Hoven und Ludwig Neher. Im Vordergrund die Dächer der „[lexicon='Römerberg'][/lexicon]-Ostzeile“, rechts das des Steinernen Hauses, im Hintergrund v.a. markant der Bundesrechnungshof. Mit letzterem, 1951–53 nach Entwurf von Werner Dierschke und Friedel Steinmeyer errichteten Gebäude wird man noch einige Zeit leben müssen.


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    Saalhof mit wohl noch unter Konrad III. errichteten staufischem Palas aus der Mitte des 12. Jahrhunderts (nur das Dach hinter Bäumen im Vordergrund erkennbar), dem nach Plänen von Stadtbaumeister Eberhard Friedberger 1454–56 errichteten Rententurm (ebenfalls nur das Dach mit Spitzhelmen erkennbar), dem längs am Main liegenden Bernusbau, 1715–17 nach Entwurf von Bernhard Kirn, sowie dem gerade in neuer Eindeckung befindlichen Burnitzbau von 1840–42, benannt nach seinem Architekten Rudolf Burnitz.

    Der 1971–72 im Stil des Brutalismus an den Saalhof angesetzte Bau des Historischen Musems wird (wohl nach übereinstimmender Meinung zum Glück) bald weichen. Im Hintergrund die Leonhardskirche, die zweite im Zweiten Weltkrieg nahezu unzerstörte Innenstadtkirche, erbaut in den 1220er Jahren.


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    Untermainkai mit dem so genannten Nizza-Ufer, an dem erstmals im 19. Jahrhundert aufgrund eines einzigartigen Mikroklimas ein Landschaftspark mit teils mediterranen Pflanzen angelegt wurde. Nach jahrzehntelanger Vernachlässigung zeigt sich dieser aufgrund einer Generalüberholung anlässlich der Fußball-WM 2006 nun wieder in seiner alten Pracht – ein stadtbekanntes Motiv ist vor allem die Platanenallee – und herbstlichen Farben.


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    30,37 Megapixel-Panorama des Paulsplatzes mit der Paulskirche aus drei Bildern – begonnen 1789 an der Stelle der hier 1786 abgebrochenen mittelalterlichen Kirche der Barfüßer, aufgrund der Revolutionswirren fertig gestellt erst 1833. Erste Entwürfe lieferte noch der Frankfurter Stadtbaumeister des Spätbarock, Andreas Liebhardt, nach dessen Tod 1788 übernahmen der neue Stadtbaumeister Johann Georg Christian Hess sowie der bedeutende, damals in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] weilende französische Architekt Nicolas de Pigage, schließlich hatte auch noch Hess Sohn Johann Friedrich Christian Hess seine Finger mit im Spiel, der 1816 das Amt des Vaters übernahm. 1944 ausgebrannt, äußerlicher Wiederaufbau mit Flachdach 1947–48.


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    Der Eiserne Steg, die historisch zweite Frankfurter Mainquerung für Fußgänger nach der Alten Brücke, erbaut nach Plänen von Johann Peter Wilhelm Schmick 1868–69 im neogotischen Stil als reines Bürgerprojekt, da die wie immer sparsame Stadt für die Finanzierung nicht gerade stehen wollte. 1910–12 Höherlegung und auch auf Druck des BDA Purifizierung (Beseitigung der neogotischen Zierelemente) aufgrund des zunehmenden Mainverkehrs, nach Sprengung 1945 nahezu unverändert wieder aufgebaut.


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    Es folgen Untermainbrücke (1872–74 nach Plänen von Johann Peter Wilhelm Schmick, Sprengung 1945, veränderter Wiederaufbau auf alten Pfeilern), Holbeinsteg (1990 nach Entwurf von Albert Speer Jr.) und schließlich die Friedensbrücke (1950–51 anstelle der leider trotz fast keiner Schäden im Zweiten Weltkrieg abgebrochenen, sehr aufwändigen Wilhemsbrücke von 1844–48) am Westhafen. Hier fällt der nach Plänen von schneider+schumacher 2001–04 errichtete Westhafen Tower ins Auge, nach meinem persönlichen Empfinden ebenfalls eines der schönsten Projekte der letzten zehn Jahre – und sei es nur wegen der baulichen Hommage an das „Gerippte“, also das typische Frankfurter Apfelweinglas.


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    Die Liebfrauenkirche an der Ecke Liebfrauenstraße / Töngesgasse, im Kern 14. und 15. Jahrhundert, im 18. Jahrhundert reich barockisiert, im Zweiten Weltkrieg 1944 so stark beschädigt, dass der Bau komplett neu aufgemauert werden musste. Der dahinter angrenzende Kirchhof ist wahrlich ein Hort im Trubel der Großstadt, das Innere wirkt aufgrund des Philistergeschmacks der Wiederaufbauzeit dagegen nun leider wie das einer Bettelordenskirche. Links ragt ein Kran beim Technischen Rathaus in den Vordergrund.


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    Der 170 Meter hohe Opernturm am Opernplatz, 2007–10 nach Entwurf von Christoph Mäckler, aber das wissen wohl die meisten. Ich muss sagen, dass ich persönlich über ihn in nicht solche Begeisterungsstürme verfalle wie viele, aber alleine die Tatsache, dass dieses Gebäude ganz entsetzliche Brutalismusbauten an gleicher Stelle ersetzte, kann man nicht anders als nur begrüßen. Ebenso, dass der Rotschildpark dadurch eine Revitalisierung und Vergrößerung erfahren hat.


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    Das Dominikanerkloster mit Heiliggeistkirche zwischen Battonnstraße, Kurt-Schumacher-Straße und Dominikanergasse – auch von dieser noch aus dem frühen 13. Jahrhundert stammenden Anlage ließ der Zweite Weltkrieg fast nichts übrig. Beim Wiederaufbau 1955–61 sah man sich leider verpflichtet, nicht einmal das Langhaus, sondern nur den alten Chor in eine ansonsten fast völlige Neuinterpretation der Anlage nach Plänen des Architekten Gustav Scheinpflug zu integrieren. Etwas mehr Respekt bei einer Institution, deren Stiftungen reicher Patrizier des Mittelalters und der Frühen Neuzeit das Städelsche Kunstinstitut einen nicht unbedeutenden Teil seines „Startkapitals“ (u.a. von Dürer, Grünewald und Holbein) verdankt, hätte man sich schon gewünscht. Gegenwärtig läuft eine Generalsanierung, mehr dazu siehe hier.


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    Häuser an der Konstablerwache – hier fällt auf, dass sich hinter der Fassade des Gebäudes mit der „Kirchenbauer“-Reklame wohl noch zwei Gründerzeitler verbergen, die ab hier einst die ganze Nordfront dieses Teils der Zeil ausmachten. Erkennbar ist dies an der Brandwand sowie den unterschiedlichen Fensterteilungen. Vielleicht eine Chance bei einer mehr denn je fälligen Neugestaltung der Konstablerwache, bedenkt man, was gegenwärtig aus ebenfalls völlig entstuckten Kandidaten im Bahnhofsviertel wieder für Schmuckstücke werden.


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    Das Gebäude D des Oberlandesgerichts an der „Neuen Zeil“, ein nach meinem Empfinden im Innenstadtbereich wohl nicht mehr zu übertreffendes Beispiel für den autistischen Städtebau vergangener Zeiten (um 1970), das uns als mahnendes Beispiel nach längerer wie erfolgloser Diskussion um ein Justizzentrum an anderer Stelle wohl auch noch eine Weile begleiten wird.

    Im Hintergrund das Dächergewimmel des Nordend und Bornheims mit den Türme von ingesamt drei Sakralbauten, von rechts nach links St. Josefskirche, Johanniskirche und schließlich Lutherkirche.


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    Der obere Teil des Deutschherrenufers mit zahlreichen Neubauten der letzten Jahre auf dem ehemaligen Schlachthofgelände – über den Main führen hier die Ignatz-Bubis-Brücke (1876–78 als Obermainbrücke nach Entwurf von Johann Peter Wilhelm Schmick, Sprengung 1945, fast unveränderter Wiederaufbau 1946–49, Umwidmung 2000) und die Flößerbrücke (1984–86 nach Plänen von Egon Jux), links angeschnitten gerade noch so die Deutschherrenbrücke (1911–13, Sprengung 1945, unveränderter Wiederaufbau 1945–49).


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    Zum Abschluss noch zwei Panoramen von jeweils 67,5 Megapixeln – einmal das Bankenviertel zwischen Opernturm und Main, gegenwärtig leider noch etwas gestört durch die direkt neben dem Dom aufragenden Kräne beim Technischen Rathaus, zum anderen das Fischerfeldviertel zwischen Main und Battonnstraße.


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  • RMA: Vielen Dank für Deine große Mühe, die Du Dir immer wieder machst. Die fotografische Leistung und Deine mit hohem Fachverstand geschriebenen Kommentare machen Deine Beiträge immer wieder zu einem architektonischen Hochgenuss.

    ...

  • Vielen Dank für die Bilder von einem, der sich in FFM nicht gut auskennt. Diesen Kollhoff-Bau am anderen Main-Ufer finde ich toll, ich mag ja die amerikanische Hochhausarchitektur aus der genannten Phase. Am Potsdamer Platz steht ein Gebäude in ähnlichem Stil. Die Leonhardskirche muss ich mir vor Ort bei Gelegenheit mal anschauen. Sehr erfreulich finde ich auch die Perspektive, dass das Historische Museum zwischen Römer und Main wegkommt, das ist mir vor Ort allerdings schon negativ aufgefallen, ein Technischer Rathaus, nur zwei Nummern kleiner. Furchbar. Wenn ich mich recht entsinne, steht direkt gegenüber laut aufgebrachter Tafel das einzige Frankfurter Fachwerkhaus, das den Krieg im Original überstanden hat.

  • Guter Photograph und gute Kamera, aber leider kein gutes Motiv.

    Es bringt zwar nichts, doch muss man trotzdem feststellen, daß [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] immer noch die hässlichste und auch irgendwie die "undeutscheste" Großstadt unseres Landes ist.
    Diese Mischung aus wenigen Vorkriegsbauten, banaler westdeutscher Nachkriegsarchitektur und völlig überproportionierten Hochhäusern und Betonriegeln ist ein optischer Graus.

    Dazu fällt mir immer folgendes Zitat ein:

    "Wir Amerikaner wollen Frankfurt in Omaha/Nebraska verwandeln, wenn Sie wissen, was ich meine, und wir machen das"

    Neil Postman

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • ^ Seh ich komplett anders.
    In meinen Augen ist Frankfurt in seiner fast aberwitzigen Mischung aus reicher (obschon durch Krieg und Nachkrieg enorm ausgedünnter) historischen Tiefe und den eindrucksvollen modernen Finanz- und Wirtschafts-Kathedralen eine durchaus sehr deutsche Stadt – und zwar eine die mir auch durchaus gut gefällt.
    Mittelalterliche Kirchenbauten, Goethe-Haus, Oper, Paulskirche, Römer, (demnächst) wieder im Aufbau befindlicher Altstadt-Kern - und das alles im Schatten von 200m-Glas-Stahl-Bank-Türmen ... Wo findest Du das auf der Welt ein zweites Mal?
    Keine Frage: Die mittelalterliche Stadt von vor 1945 wäre mir noch lieber ... Aber das was Frankfurt heute darstellt ist durchaus auch sehr sehenswert.
    Ich kann mich an dieser geschichtlichen Tiefe, die die Stadt ausstrahlt, jedenfalls immer gar nicht satt sehen, wenn ich sie besuche.

  • Ich sehe das ähnlich. Wie alt ist das älteste Gebäude von New York, das wohl die älteste und "europäischste" Stadt der USA darstellt? Wenn ich mich recht entsinne eine kleine Kirche von 1766, und da ist man dort schon verdammt stolz darauf. Außerdem hat kaum eine amerikanische Großstadt derart viele dezentrale Grünanlagen anzubieten. Ja, die Innenstadt ist in weiten Flächen eine Katastrophe, aber viele Hochhäuser stellen ganz zweifellos die besten Großbauten dar, die in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden. Außerdem ist man bezüglich der Geschichte zur Besinnung gekommen, sowas muss in einem Stuttgart erst noch passieren...

  • Die Bilder machen auch deutlich, was Frankfurt durch Projekte gewinnen kann, die in den nächsten Jahren zu erhoffen sind: [lexicon='Langer Franz'][/lexicon] & Kleiner Cohn, das Dach des Kämmereigebäudes, die Häuser am Krönungsweg und Hühnermarkt, Verbesserung (wenn auch leider ohne Rekonstruktionen) des Historischen Museums. Hoffentlich folgen danach die Beseitigung des Bundesrechnungsamts, die Rekonstruktion des Salzhauses, die Rekonstruktion des Dachs der Paulskirche, usw. usf. Wenn sich ein wirklicher Gesinnungswechsel vollzogen hat, ließe es sich in Frankfurt wahrscheinlich auch finanziell machen, den historischen Altstadtkern wieder auferstehen zu lassen und zu beleben und damit den heutigen provisorischen Charakter zu beheben. Denn so provisoriumhaft ist heute selbst Stuttgarts Altstadt (außer am Marktplatz) nicht, mann muß dann schon auf Pforzheim, Kassel oder Kiel schauen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zwar ist das Main Plaza in seiner Qualität leider ein Unikum unter den Hochhäusern, solange letztere aber außerhalb der Altstadt entstehen und im besten Fall sogar hässliche Nachkriegsbauten ersetzen, stören mich selbst schlechtere Exemplare in keinster Weise. Die Bilder zeigen auch, dass Frankfurt noch über größere Gründerzeitbestände verfügt. Würden die Sanierungsbeispiele im Bahnhofsviertel Schule machen und im Umgang mit der Bausubstanz des 19. und frühen 20. Jahrhundert mittelfristig Leipziger Verhältnisse einziehen, könnte die Stadt in ihren Außenbezirken eine attraktive Metropole werden, was sehr zu begrüßen wäre, nicht zuletzt deswegen, weil die Stadt wie kaum eine andere das Bild Deutschlands in der Welt prägt. Schlimm sind in erster Linie die Betonriegel innerhalb der Altstadt aus der Nachkriegszeit. So unrealistisch es zum jetzigen Zeitpunkt noch erscheinen mag: Hier hilft einzig eine radikale Abrisspolitik.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Vielleicht glauben hier ja Einige trotz ihrer Präferenz für historische Städtebilder, daß ein internationales Finanzzentrum so auszusehen habe.

    Es kann aber auch viel Geld in historischen Gebäuden verdient werden, ohne daß der "Arbeitsplatz" aussehen muss wie New York oder Singapur.

    Bestes Beispiel ist Zürich, wo es nur wenige Hochbauten gibt.

    Ich dachte immer, Hochhäuser in Europa werden nur im DAF verteidigt und gepriesen.

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Ich würde sagen, dein Standpunkt ist genauso dogmatisch wie der (vermeintliche) des "bösen" DAF. Dort hat übrigens kaum jemand etwas gegen Altbaubauten und auch nur die wenigstens ernsthaft etwas gegen die anstehende Altstadtreko. Der Vergleich mit Zürich hinkt hinten und vorne, weil letzteres im Zweiten Weltkrieg nicht bombardiert wurde. [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] sähe ohne den Zweiten Weltkrieg zweifellos ähnlich wie Zürich aus und wir würden trotzdem von Wolkenkratzern auf eine der besterhaltenen Fachwerkstädte Europas gucken.

  • Kann ich mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen. Ich denke, dass die Bedeutung der FFer Altstadt schin so etwas wie einen gewissenm auf jeden Fall größeren Respektabstand bedingt hätte. Ist aber natürlich nur spekulativ.
    Die "Erdrückung" des Zentrums durch die Hochhäuser ist mE schon eine Folge der Zerstörung. Wobei man zugestehen muss, dass FF in DD dadurch etwas Einzigartiges gelungen ist: die Schaffung eines aliud. Überall woanders weicht der neue Zustand in der Kubatur nicht so sehr von dem alten ab - alles ist nur schlechter und unbedeutender, im güsnstigsten Fall (selten!) gleich, aber eben nciht original. In FF ist eigentlich keine Vergleichsmöglichkeit gegeben, die (US-) Moderne kam gleich hinter der Altstadt uneingeschränkt zum Zug.
    Darin liegt eine gewisse Qualität. Ich seh auch FF nicht so hoffnungslos wie Würzburg und Nürnberg.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ohne den zweiten Weltkrieg gäbe es in Frankfurt heute garantiert keine Wolkenkratzer, vielleicht ein paar niedrigere Hochhäuser am Rand der Innenstadt.
    Ich konnte der Frankfurter Skyline noch nie etwas besonderes abgewinnen, die Architektur wirkt beliebig und ausdruckslos, wenn man mal vom wirklich interessanten Main Plaza, (evtl. noch dem Messeturm) absieht. So eine Gruppe Hochhäuser im Stil von Kollhoff, das hätte das Potenzial zu einem unverkennbaren Wahrzeichen.

    In dubio pro reko

  • ^ Du meinst also, ein Cluster aus gleich aussehenden Hochhäusern wäre weniger beliebig und austauschbar, resp. unverwechselbar und unverkennbar, als ein Cluster mit unterschiedlichen Stilen? Das sollte wohl gerade sowas wie ein missglückter Scherz gewesen sein. Und stünde Frankfurt heute eine ähnlich große Rolle im Finanzwesen zu, wenn es den 2. Weltkrieg nicht gegeben hätte (was man sicher bezweifeln kann), gäbe es heute ebenso Hochhäuser. Hochhäuser entstehen ja nicht, weil sie schön (oder nicht schön) anzuschauen sind, sondern weil Bedarf dafür besteht.

  • Zitat von "spacecowboy"

    ^ Du meinst also, ein Cluster aus gleich aussehenden Hochhäusern wäre weniger beliebig und austauschbar, resp. unverwechselbar und unverkennbar, als ein Cluster mit unterschiedlichen Stilen?

    Genau das meine ich, warum sollte das ein Scherz gewesen sein? Ein einheitlicher Cluster im eleganten Stil des Main Plaza würde sicher großartig wirken, im Gegensatz zu dem existierenden, in dem die willkürlich verteilten, äußerlich ohnehin wenig spektakulären Gebäude keinerlei harmonische Beziehung zueinander aufnehmen.

    Zitat

    Und stünde Frankfurt heute eine ähnlich große Rolle im Finanzwesen zu, wenn es den 2. Weltkrieg nicht gegeben hätte (was man sicher bezweifeln kann), gäbe es heute ebenso Hochhäuser.

    Ich bezweifle daß in solcher Häufung und an solch zentraler Stelle Wolkenkratzer in einer unzerstörten Stadt Frankfurt entstanden wären, vermutlich hätte die Stadt ein Weltkulturerbe-Prädikat und für das Zentrum als Schutzzone (vgl. Wien) gäbe es eine Satzung, die den Hochhausbau verhindern würde.

    Aber letztendlich Spekulation und nicht absolute Gewissheit - beiderseits.

    In dubio pro reko

  • Zitat von "spacecowboy"

    Und stünde Frankfurt heute eine ähnlich große Rolle im Finanzwesen zu, wenn es den 2. Weltkrieg nicht gegeben hätte (was man sicher bezweifeln kann), gäbe es heute ebenso Hochhäuser.

    Hochhäuser wären in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] bei einem solchen "alternativen Geschichtsverlauf" wohl kaum gebaut worden, schon aus dem Grund, weil in diesem Fall Berlin wie in der Realität vor 1945 der mit Abstand wichtigste Bankenplatz Deutschlands geblieben wäre. Ebenso wie [lexicon='Leipzig'][/lexicon] noch heute das Zentrum des deutschen Buchhandels und Verlagswesens darstellen würde.
    Letzten Endes hat sich die heutige wirtschaftliche Bedeutung Frankfurts, manifestiert im Hochhausbau, erst als Folge des Zweiten Weltkrieges herausbilden können.

  • Zitat von "RMA"

    Ich würde sagen, dein Standpunkt ist genauso dogmatisch wie der (vermeintliche) des "bösen" DAF. Dort hat übrigens kaum jemand etwas gegen Altbaubauten und auch nur die wenigstens ernsthaft etwas gegen die anstehende Altstadtreko. Der Vergleich mit Zürich hinkt hinten und vorne, weil letzteres im Zweiten Weltkrieg nicht bombardiert wurde. [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] sähe ohne den Zweiten Weltkrieg zweifellos ähnlich wie Zürich aus und wir würden trotzdem von Wolkenkratzern auf eine der besterhaltenen Fachwerkstädte Europas gucken.

    Warum bin ich dogmatisch? Ich finde es als Europäer eher normal, sich an traditioneller Architektur zu erfreuen. Schließlich ist unser Kontinent abgesehen von den durch den Krieg verunstalteten Städte voll davon.
    Diese Leidenschaft sollte mich doch mit den Schreibern gerade hier im Forum verbinden. Und da der Hochhausbau in dieser Ausprägung tatsächlich eher ein US-amerikanisches Produkt ist, empfinde ich solche Städtebilder eben logischerweise eher als uneuropäisch und kopiert.

    Dein letzter Absatz ist leider total unlogisch. Einerseits erzählst Du mir, daß der Vergleich mit Zürich hinkt, da dieses Finanzzentrum im Krieg nicht bombardiert wurde um gleich darauf zu behaupten, daß aber in Frankfurt auch ohne Krieg heute Hochhäuser stehen würden.
    Ein anderer Schreiber behauptete dann noch, daß Hochhäuser gebaut würden, weil Bedarf dafür bestünde. Sonderbar, daß dann im Finanzzentrum Zürich dieser Bedarf ausgeblieben ist, obwohl dort einige der größten Banken der Welt ihren Sitz haben.
    Hochhäuser für Banken und Unternehmen sind meiner Meinung nach in erster Linie Prestigeobjekte und sollen der Welt Reichtum und Einfluß zeigen. Daher ahmten auch sämtliche US-Metropolen das Beispiel New York nach um zu zeigen, daß sie es auch geschafft haben (obwohl in Städten wie Houston und Chicago nicht serselbe Platzmangel herrschte wie auf der Insel Manhattan; die haben Platz ohne Ende).

    Frankfurt war leider hier der Vorreiter in Europa, lange vor den Finanzplätzen London und Paris.

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Hitzige Grundsatzdiskussionen über Hochhäuser führen hier zu nichts, außer zu Zoff und Kränkungen - und bei mir mittlerweile auch zu Langeweile. :augenrollen:

    Eine sehr interessante und aufschlußreiche Bilderreihe, vielen Dank. Und auch für Frankfurter gibt es aus dieser Perpektive Dinge zu entdecken, die man vielleicht noch nicht wußte - geradezu sensationell finde ich das hier:

    Zitat von "RMA"

    Häuser an der Konstablerwache – hier fällt auf, dass sich hinter der Fassade des Gebäudes mit der „Kirchenbauer“-Reklame wohl noch zwei Gründerzeitler verbergen, die ab hier einst die ganze Nordfront dieses Teils der Zeil ausmachten. Erkennbar ist dies an der Brandwand sowie den unterschiedlichen Fensterteilungen. Vielleicht eine Chance bei einer mehr denn je fälligen Neugestaltung der Konstablerwache, bedenkt man, was gegenwärtig aus ebenfalls völlig entstuckten Kandidaten im Bahnhofsviertel wieder für Schmuckstücke werden.

    Ich dachte immer, bis auf das entstuckte Eckhaus seien alle auf dieser Platzseite ursprünglich vorhandenen (auf Bilder aus den 50er Jahre noch unversehrt zu sehenden) Altbauten abgerissen worden. Warum das nicht Fall war, habe ich jetzt auch herausgefunden:

    Zitat

    Ein weiteres Haus der Kaufhalle-GmbH wurde am 28. November 1963 an der Ecke Zeil-Konstablerwache/Kurt-Schuhmacher-Straße eröffnet. Ein Gebäude mit moderner Leichtmetall-Glas-Fassade, in dem 250 Mitarbeiter beschäftigt waren.

    Zitat

    kurios: Da sich der Warenhauskonzern nicht mit den Eigentümern eines alten Doppelhaus einigen konnte, mußte um dieses Haus herumgebaut werden (siehe Abbildung). 1993 gab die Kaufhalle diesen Standort auf.


    http://www.aufbau-ffm.de/serie/heute/kaufhallekonst.html


    Purer Zufall also, daß die Häuser stehenblieben. Die Eigentümer haben zwar die Fassade extrem verschandelt, aber durch Feilschen um den Preis (ungewollt) den Abriß verhindert. Mit einer Fassaden-Reko bei diesen beiden Häusern und beim Eckhaus sowie einer Umgestaltung der beiden EX-Kaufhalle-Gebäude könnte man ein schmuckes Ensemble schaffen, an einer Ecke (Konstablerwache), die bislang nur durch Häßlichkeit und Unwirtlichkeit auffällt.

  • Interessante Fotos!

    Lustig, an dem Tag war ich auch in FFM unterwegs und habe Fotos geschossen. Waren wirklich angenehme Lichtverhältnisse.

    Für weniger Ideologie!

  • Brandmauer: sehe und hoffe ähnliches! Frankfurt ist zweifelos eine ber besseren gelungen Gross-Städte Deutschlands: die Qualität der verblieben Altbauten (obwohl die
    vereinfachten Dächer mich stören) UND die hohe Qualität der Kratzer.....zusammen ein gelungenes Deutsches Städtebild.

    Altbauten der Gründerzeit waren damals in Frankfurt auch besonders attraktiv und gelungen. Roter Sandstein mit gelben, grauen oder grauweisen Putz: recht sehr schön. Schade das einige (!) wichtigen alten Gebäuden (Hauptpost) noch fehlen und viele bedeutende Gründerzeitler nicht ihren ehemalige Dachbekrönung zuruck bekamen. Aber ich kann damit leben.
    Zeil und Bahnhofsplatz könnten meiner Meinung nach besser gestaltet werden.....das ist aber sehr machbar un gegensatz zu weit schlechtere Bedingungen in Dresden, Kassel, Heilbronn, Pforzheim oder Kassel. Daneben nicht sehr weit entfernt auch vergleibar schöne Städten wie Wiesbaden (auch relativ leicht zu verbessren) und etwas weniger leicht: Mainz und Darmstadt. Diese beiden sind im vergleich zu Frankfurt weit schlechter dran, besonders das viel zu vereinfachte Darmstadt stört.

    Welche ander Grosstadt kann da mit Frankfurter Qualität Schritt halten (ausserhalb Berlin, Hamburg)?

    - München? Düsseldorf? Köln? [lexicon='Leipzig'][/lexicon]? Dresden? Hannover? Stuttgart? Denke nur [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hat vergleibare Qualität zu bieten und vielliecht auch München.

  • Zitat von "Der Münchner"

    [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] immer noch die hässlichste und auch irgendwie die "undeutscheste" Großstadt unseres Landes ist.

    Sind undeutsch und hässlich nun etwa Synonyme? Außerdem gefällt mir der Unterton von "Amerikanisierung gleich Kommerzialiserung oder Banalisierung" überhaupt nicht. Die Krönung ist dann das säbelrasselnde Zitat von Portman, dass im krassen Widerspruch zur Realität des Marshall-Plans, Luftbrücke usw steht. Etwas mehr Differenziertheit wäre hier dringend angebracht.

    Frankfurt erhebt keinen Anspruch auf universelle Schönheit, aber wer es beispielsweise in Boston gut aushält (und das sind nicht wenige), dem wird auch diese relativ kleine Stadt, die Moderne und Geschichte auf interessante Weise vermischt, möglicherweise gut gefallen. Das Interessante ist doch, dass EZB, Römer, Gründerzeitnachbarschaften und Ebbelwoikneipe auf kleinstem Gebiet gut harmonieren.

    Übrigens ist die Foto-Sammlung vom Feinsten! Vielen Dank.