Aalen - Allgemeines

  • Vielen Dank für diese Galerie. Sie zeigt die Probleme baden-württembergischer Altstädte klar auf. Die ganz fiesen Beton-Kästen-Bausünden verurteilen sich selbst. Die gefährlichere Pest sind aber meiner Meinung nach die mehr oder minder angepaßten, bisweilen sogar historisierenden Neubauten. Viel zu häufig werden in Ba-Wü alte Häuser, die unscheinbar oder in schlechtem Zustand sind, als "Schandflecke" abgerissen, was um so leichter durchzusetzen ist, wenn die Neubauten vage historisierend ausfallen und nicht allzu penetrant hervorstechen. In kriegszerstörten Städten wie Ulm habe ich gegen historisierende Bauten nichts einzuwenden, aber in erhaltenen Altstädten sind sie eine Sünde. Aalen besaß freilich, soweit ich das einschätzen kann, keine bedeutende Altstadt. Die Stadt wurde 1634 durch einen Brand weitgehend zerstört und die Nachfolgebebauung fiel ziemlich bescheiden aus. Laut Wikipedia stehen die ältesten Häuser in der Spitalstraße. "Es sind die einzigen Häuser, die den Stadtbrand 1634 überlebt haben. Sie stammen alle aus dem 14. Jahrhundert und sind in den 1970er Jahren renoviert und vom Putz befreit worden, um das Fachwerk der Öffentlichkeit zu präsentieren." Mir ist nicht klar, welche Häuser das sein sollen und die Angabe "14. Jahrhundert" glaube ich auch nicht unbesehen.

    Einmal editiert, zuletzt von Tübinger (13. Juli 2014 um 22:01)

  • Jemand schrieb zu Anfang, Aalen hätte "faktisch keine sehenwerten Bauten", also ich finde das stimmt so nicht. Ist zum Teil ein schönes kleines Städchen mit historischem Flair.

    Allerdings stimmt es schon, dass bei genauerem Hinsehen einige der "angepassten" modernen Gebäude nicht so doll sind, zu plump. Dabei kann man mit ganz simplen modernen Gebäuden - man braucht gar nicht viel Schnickschnack - eine unheimlich gute Altstadt-Wirkung erzielen. Hier sind aber einige Gebäude wirklich noch unter Mittelmaß , das stimmt schon.

    Dennoch ist der alte historische Character der Stadt erkennbar. Zumindest ist hier nichts verloren, die hässlichen Neubauten kann (und wird) man wieder entfernen, nur eine Frage der Zeit.

    Ich sehe grade eben noch, Tübinger hat gesagt

    Zitat

    Die gefährlichere Pest sind aber meiner Meinung nach die mehr oder minder angepaßten, bisweilen sogar historisierenden Neubauten.

    Seh ich genau so, diese Dinger meinte ich auch.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Ich sehe grade eben noch, Tübinger hat gesagt


    Seh ich genau so, diese Dinger meinte ich auch.

    Vorsicht, das ist ein Spiel mit dem Feuer. Die Theorie, dass es wohl zu weniger Abrissen so genannter historischer "Schandflecke" käme, wenn die Neubauplanungen bewusst modernistisch und "kontrastreich" ausfallen, müsste erst noch verifiziert werden. Vermutlich wird auch dies bei den meisten Leuten nur ein Achselzucken hervorrufen. Im schlimmsten Fall entstehen großflächige Modernistenkisten, die zum genauen Gegenteil führen. Von mehreren Seiten bedrängen diese die kleinteilige Rest-Altbausubstanz, bis irgendwann Stimmen laut werden, im Zuge von "Flurbereinigungen" auch noch diese letzten, nun "unpassenden" Bestände an "Hutzelhäuschen" wegzuräumen.

  • Vorsicht, das ist ein Spiel mit dem Feuer. Die Theorie, dass es wohl zu weniger Abrissen so genannter historischer "Schandflecke" käme, wenn die Neubauplanungen bewusst modernistisch und "kontrastreich" ausfallen, müsste erst noch verifiziert werden. Vermutlich wird auch dies bei den meisten Leuten nur ein Achselzucken hervorrufen. Im schlimmsten Fall entstehen großflächige Modernistenkisten, die zum genauen Gegenteil führen. Von mehreren Seiten bedrängen diese die kleinteilige Rest-Altbausubstanz, bis irgendwann Stimmen laut werden, im Zuge von "Flurbereinigungen" auch noch diese letzten, nun "unpassenden" Bestände an "Hutzelhäuschen" wegzuräumen.

    Beweisen kann ich meine Meinung nicht, doch mein Eindruck ist so. Die meisten Leute mögen idyllische Altstädte, doch ihr Geschmack ist so ungeschult, daß sie sich auch mit nachgemachter Neuware zufrieden geben, wenn diese einigermaßen nett aussieht. Wenn in meiner Heimatregion ein historischer Bau in einer Altstadt abgerissen werden soll, lese ich neben den üblichen Begründungen (zu klein, schlechter Zustand, zu hohe Sanierungskosten etc.) oft auch das Versprechen, der Neubau werde sich "einfügen", den vorgehenden Bau "zitieren" oder "interpretieren", "das Gesamterscheinungsbild bewahren" usw. Ich kenne auch mehrere Fälle in denen geplante Neubauten nach Widerständen seitens der Verwaltung oder Bevölkerung enger an ihre Umgebung angepaßt wurden. Grobe Bausünden sind, glaube ich, doch schwerer durchzusetzen als gefällige Giebelhäuser.

  • Ein Beispiel aus Reutlingen. Dort soll in der Altstadt eine Shopping-Mall ("K8" genannt) erbaut werden, wofür ca. 10 Häuser abgebrochen werden sollen. Die Stadtverwaltung und die Investoren versprechen: "Es wird stark am Thema Einfügen in die Altstadt gearbeitet." "Wir sind froh, dass wir eine Kleinparzellierung haben, das bietet sich hier an." "Mit dem K 8-Projekt lassen sich laut Stefan Dvorak gleich drei Sanierungsziele verwirklichen: die Stärkung des Einzelhandels sowie der Altstadt als Wohnort und dazu noch eine 'städtebaulich angepasste' Neubebauung." "Die Attraktivität des gesamten Quartiers könne bei einer 'sensiblen Planung' gesteigert werden". "Es ist kleinstrukturiert und schadet dem Einzelhandel in der Altstadt nicht." "Gut sei außerdem, dass mit Wolfgang Riehle ein Reutlinger Architekt beauftragt sei, der mit viel Fingerspitzengefühl an seine Projekte herangehe. 'Er hat ein Händchen für die Stadt' meinte WiR-Rat Jürgen Straub. Und Thomas Ziegler sprach von einer 'seriösen und sensiblen Planung', die den Erhalt gewachsener Strukturen mit neuer Bebauung verbinde."
    All das Gerede entnehme ich einem einzigen Zeitungsartikel.

  • Wenn ich das richtig verstehe, denkst Du, dass es nicht zu besagten Abrissen von sanierungsbedürftigen Altbauten käme, wenn der modernistische Kontrast (z.B. so oder so) nur hart genug gewählt ist. Dabei vertraust Du darauf, dass sich nach Bekanntwerden von Plänen ein Bürgerprotest bildet, der dann dazu führt, dass der Abriss verhindert wird.

    Du vertraust also auf die Empörungsbereitschaft und die Organisationskraft von Bürgerprotesten. Der ästhetische Kontrast verschärfe demnach die Bewusstseinsfindung und den Protest bei der Bürgerschaft. Im Einzelfall magst Du recht haben, doch in der Masse? Zudem stellt sich die Frage, welche Macht eine Bürgerinitiative wirklich hat, und ob deren Elan nach Rückschlägen nicht auch erlahmt. Und das lässt allerdings außer acht, was denn mit dem eventuell erhaltenen Altbau jeweils passieren soll, um den sich ja in den letzten Jahren auch niemand gekümmert hat. Wer hat plötzlich das nötige Geld für eine Sanierung bzw. wem geht hinsichtlich eines rentablen Nutzungskonzepts ein Licht auf, so dass der Altbau plötzlich saniert und wieder genutzt wird? Plötzlich, da die Erkenntnis ja durch den entstehenden Bürgerprotest ausgelöst sein muss, denn man hatte ja im Vorfeld einige Jahre Zeit, selbst auf die Ideen zu kommen.

    Es ist also ein Drahtseilakt, der jede Kompromissbildung und jeden Teilsieg ablehnt zugunsten des Entweder-Oder. Das ist nicht nicht böse gemeint, aber ich gebe zu bedenken, dass schon viele sich in der politischen Arena überschätzt haben und am Ende mit "Null" dastanden. Hat sich die Gegenseite mit dem konsequenten Modernisierung durchgesetzt, kann das sogar, so meine Befürchtung, zu Gewöhnungseffekten führen und spätere, weitere Abrisse eventuell sogar erleichtern.

    P.S.: Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen. Natürlich ziehe ich den Erhalt historischer Bauten dem "historisierenden" Neubau eindeutig vor.

  • Wenn ich das richtig verstehe, denkst Du, dass es nicht zu besagten Abrissen von sanierungsbedürftigen Altbauten käme, wenn der modernistische Kontrast (z.B. so oder so) nur hart genug gewählt ist. Dabei vertraust Du darauf, dass sich nach Bekanntwerden von Plänen ein Bürgerprotest bildet, der dann dazu führt, dass der Abriss verhindert wird.


    So optimistisch bin ich nicht; Abrisse von historischen Bauten wird es immer geben und Bürgerproteste entstehen natürlich nicht automatisch und leider sind Proteste oft erfolglos. Trotzdem glaube ich, daß gefällige Neubauten aus den von mir genannten Gründen tendenziell den Abriß von historischen Bauten erleichtern.

    P.S.: Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen. Natürlich ziehe ich den Erhalt historischer Bauten dem "historisierenden" Neubau eindeutig vor.


    Da sind wir uns in der Tat einig.

    Einmal editiert, zuletzt von Tübinger (14. Juli 2014 um 17:15)

  • Ich habe den Eindruck gewonnen, dass in dieser Diskussion unter "angepasster Neubau" etwas anderes verstanden wird als das, woran ich denke. Wirklich angepasste Gebäude sind auf den Bildern dieser Galerie kaum zu entdecken gewesen, nur die Kaufhaus-Galerie macht hier eine bewundernswerte Ausnahme. Dass in Aalen die diversen Spielarten der jüngeren BW-Architektur verstanden werden, aber nicht unbedingt das wirklich angepasste Bauen, sollte nicht verwundern.

    Man kann sich natürlich streiten, was man als "angepassten Neubau" gelten lassen will. Ich kann allerdings nicht nachvollziehen, warum die Kaufhaus-Galerie so viel besser sein soll als der übrige Neubaukram in Aalen. Das ist doch auch nur lieblose Investorenarchitektur.

  • Neubauten sind mir fast immer ein Greul, wenn für sie historische Bauten geopfert werden. Gute Gestaltung lasse ich bei solchen Neubauten als mildernden Umstand gelten, doch ein Verbrechen wurde dennoch begangen. Es ist richtig, daß wir ständig mit Neubauten konfrontiert werden, aber ich mag das nicht akzeptieren. Wie sie zu verhindern sind, weiß ich leider auch nicht. Es ist ein Jammer. In kriegszerstörten Städten sollen mir historisierende Bauten willkommen sein, sofern die Qualität stimmt. (Mit dem Wiederaufbau von Freudenstadt bin ich übrigens nicht ganz zufrieden; warum wurden dort keine Giebelhäuser errichtet?)

  • Ja, so ist es Zeno. Die von dir genannten Beispiele sind kriegszerstörte Städte. Kein Mensch würde die Zerstörung angesichts des halbwegs akzeptablen Wiederaufbau kleinreden. Übrigens kannst du gespannt auf Tobis irgendwann zu erstellende Galerie über den Wiederaufbau von Linz sein.
    Aber da hat TÜbinger völlig recht: das größte Gift sind diese angepassten Neubauten, die sogar dich mitunter in Verzückung bringen, wie in Landsberg am Lech der Fall. Man kann es drehen und wenden wie man will: letztlich legalisieren sie bzw schaffen Konsens hinsichtlich eines barbarischen Stadtbildfrevels. Sicher ist die Lösung in Landsberg am Lech beim Stadtplatztor ganz gut gelungen, aber das kann uns nicht drüber hinwegtäuschen, dass ein großartiges und einmaliges Ensemble für immer verschwunden ist.
    Und was Landshut betrifft, so ist die Stadt überhaupt die größte Katastrophe, in der soszusagen die Kriegszerstörung nachgeholt worden ist.
    Zu Aalen selbst fällt mir nicht viel ein. Ich würde allen Ernstes dazu raten, die Stadt als Steinbruch bzw FWH-Reservoir für Ulm und uU Stuttgart zu verwenden. Ulm täten ein paar originale FWH in der neuen Mitte sehr gut, daraus ließen sich sehr sinnfällige Ensembles schaffen. Hier in Aalen ist ohne hin Hopfen und Malz verloren, und wahrscheinlich wird hier der Kahlschlag ohnehin weitergehen, da mit der zunehmenden Marginalisierung des Stadtbildes auch die Hemmschwelle für weitere Schandtaten erfahrungsgemaß stark sinkt. Abgesehen davon ist das Stadtbild wirklich unbedeutend. Vielleicht kann man ja eine kleine Insel um das Rathaus lassen. Der Rest soll dorthin, wo tatsächlich an der Reparatur eines bedeutsamen Stadtbildes ernsthaft gearbeitet wird.
    Es soll so sein wie in der Bibel: wer hat, dem wird gegeben, wer nichts hat, dem wird das Wenige, das er hat, auch noch genommen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Wie fast immer gibt es auch diesmal bei Bing eine aufschlußreiche Luftbildaufnahme: http://binged.it/1jufjOn

    In Aalen war ich bislang nur einmal, als ich rund eine Stunde lang auf den Anschlußzug warten mußte, die Innenstadt fand ich im Vergleich mit dem benachbarten Heidenheim fast schon annehmbar, immerhin kleinteilig, aber für eine Stadt dieser Größe und dieser Wirtschaftskraft doch enttäuschend.

    Generell scheint aber in der Region der Stadtbildpflege keine Bedeutung zuzukommen, siehe auch das nahe Schwäbisch Gmünd, von dem irgendwann wohl nur noch Marktplatz und benachbarter Johannisplatz mit dem Münster übrig bleiben werden - weil der Rest durch Vernachlässigung und Abrisse einfach verschwindet.

    Am verblüffendsten finde ich aber in Baden-Württemberg generell Abrisse in potentiell guten Lagen, die dann einfach nicht mehr bebaut werden. So gibt es einige Stellen in Stuttgart-Möhrungen, an denen jetzt zentrumsnah seit über 10 Jahren einfach grüne Wiese ist, ohne dass die vorhandene Bebauung (das zumindest mein Eindruck als Laie) einsturzgefährdet gewesen wäre.

  • Am verblüffendsten finde ich aber in Baden-Württemberg generell Abrisse in potentiell guten Lagen, die dann einfach nicht mehr bebaut werden. So gibt es einige Stellen in Stuttgart-Möhrungen, an denen jetzt zentrumsnah seit über 10 Jahren einfach grüne Wiese ist, ohne dass die vorhandene Bebauung (das zumindest mein Eindruck als Laie) einsturzgefährdet gewesen wäre.

    Muß ich leider bestätigen. In württembergischen Dörfern habe ich dergleichen Brachen schon sehr oft gesehen. Überhaupt werden in Dörfern massenhaft Fachwerkhäuser abgerissen und dann, wenn überhaupt, durch fast immer sehr öde Bauten im württembergischen Standardstil für angepaßten Schrott ersetzt.

    Einmal editiert, zuletzt von Tübinger (15. Juli 2014 um 15:48)

  • Abgesehen davon ist das Stadtbild wirklich unbedeutend. Vielleicht kann man ja eine kleine Insel um das Rathaus lassen. Der Rest soll dorthin, wo tatsächlich an der Reparatur eines bedeutsamen Stadtbildes ernsthaft gearbeitet wird.
    Es soll so sein wie in der Bibel: wer hat, dem wird gegeben, wer nichts hat, dem wird das Wenige, das er hat, auch noch genommen.

    Da grantelt der "ursus" aber mal wieder gewaltig über den Karpatenrand. Man sollte allerdings nicht übersehen, dass Städte und Dörfer nicht allein der künstlichen Zusammenstellung von perfekten Ensembles dienen, sondern auch als Lebensraum von Menschen. Und es ist eben für die diese Menschen wichtig, in ihrem Alltag Bezugspunkte zur Vergangenheit zu finden, sich als Teil einer Generationenkette empfinden zu können. Insofern ist es - auch für unsere Sache der Stadtbild-Ästhetik - nicht förderlich, Massen von Menschen in geschichtslosen Räumen aufwachsen zu lassen, also die Entfremdung noch zu fördern. Dabei kann vermutlich wenig Gutes herauskommen.

  • eine aufschlußreiche Luftbildaufnahme


    Ich weiß zwar nicht, was an dieser Luftaufnahme aufschlussreich ist, aber das liegt wohl daran, dass ich Aalen seit 30 Jahren aus der Fußgängerperspektive kenne und mich so ein Luftbild nicht mordsmäßig vom Hocker haut. Eines aber kann man im Luftbild dennoch besser erkennen als in natura: Aalens Altstadt ist trotz der Störungen immer noch relativ geschlossen erhalten, es gibt überhaupt keinen Grund, diese Altstadt irgendwie aufzugeben.

  • Luftaufnahmen vermitteln generell einen Einblick in die Struktur einer Stadt und legen alle Schwachstellen offen - eine Brache wie hier in Halle (http://binged.it/1jv2Bie) fiel mir vor Ort auf dem Alten Markt nicht auf, weil ja die verbliebene Häuserreihe intakt war.

    Aalen wirkt aber tatsächlich gar nicht so schlecht, die zahlreichen Restaurants und Cafés waren bei meinem Kurzabstecher auch gut besucht, die Innenstadt wird also offensichtlich angenommen (soweit ich mir da überhaupt ein Urteil erlauben kann).

  • Im Vergleich mit Halle ist Aalen unglaublich intakt. Aber das mag auch subjektiv sein, Aalen ist mir halt zehnmal näher und lieber.

  • Zitat

    Man sollte allerdings nicht übersehen, dass Städte und Dörfer nicht allein der künstlichen Zusammenstellung von perfekten Ensembles dienen, sondern auch als Lebensraum von Menschen. Und es ist eben für die diese Menschen wichtig, in ihrem Alltag Bezugspunkte zur Vergangenheit zu finden, sich als Teil einer Generationenkette empfinden zu können. Insofern ist es - auch für unsere Sache der Stadtbild-Ästhetik - nicht förderlich, Massen von Menschen in geschichtslosen Räumen aufwachsen zu lassen, also die Entfremdung noch zu fördern. Dabei kann vermutlich wenig Gutes herauskommen.

    Das ist schon alles richtig. Ich bin ja auch sehr stark der Meinung, dass die gezielte Zerstörung deutscher Altstädte durch die "RAF" und USAAF nur in diesem Kontext, das heißt in Verfolgung eines langfristigen Konzeptes zu verstehen ist.
    Aber was haben diese Ausführungen mit Aalen zu tun? Mit einer Stadt, die von selber verschwindet, sich marginalisiert?
    Mein Vorschlag zielt ja nicht auf Vernichtung von Kulturgütern und geschichtsträchtigem Lebensraum ab, sondern im Gegenteil auf dessen Bewahrung!
    Wo sind die unzähligen Aalener FWH hin, an deren Stelle heute geschichts- und geistlose Nachkriegsbauten herumstehen, wie dieses öde Kaufhaus, das Zeno so lobt, nur weil es drei Giebel aufweist? Wurde eines von denen durch Transloziierung gerettet? Damit hätte man wohl die eine oder andere Gasse in Ulm oder sonst wo gestalten, bzw wenigstens ordentlich die Neue Mitte aufpäppeln können.
    Was passiert mit dem erwähnten Reutlinger Block, das einem schicken, angepassten Einkaufszentrum weichen soll?
    Offenbar sind eher durchschnittliche württembergische Altstädte in der heutigen Zeit nicht mehr haltbar. Man sollte diesen Umstand für unseren Gedanken der Reparatur von kriegszerstörten Stadträumen nützen.

    Zitat

    Aalens Altstadt ist trotz der Störungen immer noch relativ geschlossen erhalten

    ich kenn Aalen nicht und hab nach diesen Bildern nicht das geringste Bedürfnis, mir diese Stadt anzuschauen und kann anhand dieser nur sagen: zu Geschlossenheit fehlt noch einiges. Dazu wird die schicke 60/70er Jahr- Atmosphäre noch viel zu sehr durch einzelne Altbestandszeilen beeinträchtigt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Hier "marginalisiert" sich niemand, historische Stadtbilder und der Erhalt alter Gebäude haben einfach generell keine Priorität und sind für die eigene Identität auch nicht weiter wichtig. Die basiert eher auf dem wirtschaftlichen Erfolg, auf dem Dialekt, auf dem Brauchtum, aber ob die Stadt jetzt noch aussieht wie vor 100 Jahren, spielt keine Rolle. Man fühlt sich eher fortschrittlich, wenn man wie in Nürtingen in die an sich schöne Altstadt irgendwelche Neubauten hineinsetzt. Und wenn etwas nicht mehr die Anforderungen erfüllt, wird es einfach abgerissen.

    Städte sollen hier eher praktisch und effizient sein, mit gut ausgebauten Straßen, vielen Park- und Einkaufsmöglichkeiten, neuerdings auch noch ökologisch einwandfrei. Da gibt es sicher lobenswerte Ausnahmen wie Tübingen, aber Stadtbildpflege hat eine sehr geringe Priorität, auch der generelle Erhaltungszustand der Gebäude ist nicht immer der beste. Vielleicht liegt das im Stuttgarter Raum am Pietismus, am Geld fehlt es sicherlich nicht.

  • Hier "marginalisiert" sich niemand, historische Stadtbilder und der Erhalt alter Gebäude haben einfach generell keine Priorität und sind für die eigene Identität auch nicht weiter wichtig. Die basiert eher auf dem wirtschaftlichen Erfolg, auf dem Dialekt, auf dem Brauchtum, aber ob die Stadt jetzt noch aussieht wie vor 100 Jahren, spielt keine Rolle.

    In Ba-Wü haben in der Regel wirtschaftliche Interessen Vorrang vor allem anderen; und das ist auch bei einer Grün-Roten Landesregierung nicht anders. Sind aber Dialekt und Brauchtum heute noch wichtig für die Identität der Württemberger? In meiner ganzen Schulzeit wurde nicht einziges Mal Schwäbisch unterrichtet und Heimatkunde kam nur ganz am Rande vor. Bei den vielen Zugezogenen aus dem Ausland und aus anderen Teilen Deutschlands spielt Schwäbisch im Alltag, zumindest in den Städten, keine Rolle. Auf der Straße höre ich, in den Städten jedenfalls, häufiger Türkisch als Schwäbisch. Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen und selbst dort sprachen wir als Kinder untereinander Hochdeutsch. Und was ist vom Brauchtum noch geblieben? Mancherorts Volksfeste wie der Schwörtag in Ulm; aber sonst?

    Einmal editiert, zuletzt von Tübinger (16. Juli 2014 um 12:02)

  • In Ba-Wü haben in der Regel wirtschaftliche Interessen Vorrang vor allem anderen; und das ist auch bei einer Grün-Roten Landesregierung nicht anders. Sind aber Dialekt und Brauchtum heute noch wichtig für die Indentität der Württemberger? In meiner ganzen Schulzeit wurde nicht einziges Mal Schwäbisch unterrichtet und Heimatkunde kam nur ganz am Rande vor. Bei den vielen Zugezogenen aus dem Ausland und aus anderen Teilen Deutschlands spielt Schwäbisch im Alltag, zumindest in den Städten, keine Rolle. Auf der Straße höre ich, in den Städten jedenfalls, häufiger Türkisch als Schwäbisch. Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen und selbst dort sprachen wir als Kinder untereinander Hochdeutsch. Und was ist vom Brauchtum noch geblieben? Mancherorts Volksfeste wie der Schwörtag in Ulm; aber sonst?

    Das lebendigste Brauchtum im südlichen Baden-Württemberg ist die schwäbisch-alemannische Fas(t)nacht, mundartlich meist auch Fasnet oder Fasend genannt.
    Klassische Zentren mit langer Tradition sind Städte wie Rottweil, Villingen, Elzach, Überlingen a.B., Schömberg, Oberndorf a.N., Wolfach, Hüfingen und Laufenburg.

    Wenngleich die örtliche Mundart zunehmend gegenüber einer regional eingefärbten Sprachweise abnimmt, stelle ich fest, dass der Dialekt zumindest in meinem Umfeld sehr wohl und bewusst gesprochen wird. Das Interesse an teilweise originären Wörtern mit lokaler Herkunft ist groß und sie werden gerne verwendet, da sich im Dialekt manches treffender ausdrücken lässt als im Schriftdeutschen.