• Die Denkmalschutzbehörde in Oldenburg behindert und blockiert eine Neubebauung im historischen Stil in Papenburg an der Ems mit der Begründung, dass diese innerhalb des Ensembles der sich gegenüberliegenden Gebäude der Antoniuskirche und des Papenburger Rathauses nicht ortsbildverträglich sei.

    Zitat

    [...]Bechtluft bestätigte, dass nach der Vielzahl der Gespräche alle baulichen Fragen einvernehmlich gelöst werden konnten und nun ausschließlich die Herausforderung bestehe, eine Lösung für die Fassadengestaltung zu finden. „Die Denkmalschützer haben von Beginn deutlich gemacht, dass es für das Rathaus und die Kirche einen sogenannten denkmalsschutzrechtlichen Umgebungsschutz gibt. Damit ist gemeint, dass im Umfeld von denkmalgeschützten Gebäuden nichts Neues gebaut werden darf, was die Aufmerksamkeit von den historischen Gebäuden ablenkt.“ Hier würden dann die Intention des Investors und die Haltung der Denkmalbehörden aufeinandertreffen. „Herr Lückmann will etwas bauen, was attraktiv ist und Aufmerksamkeit auf sich zieht.“ Dieser Gegensatz der Interessen sei auch mehrfach in den Gesprächen mit dem Unternehmer deutlich gemacht worden, doch „es fehlten bisher Alternativen zu den Vorstellungen mit Rundgiebeln, Säulen und Arkaden“.


    Vollständiger Bericht mit Visualisierung des Vorhabens: :zeitung:
    Millionenobjekt droht an Optik zu scheitern - Lokale Nachrichten, Bilder und mehr aus und für Papenburg

    Es geht um den Standort der ehemaligen Häusergruppe, welche auf dem nachfolgenden Bild vor der Kirche am Hauptkanal zu sehen ist.
    http://www.x360.de/out/pictures/z1/NI_26_Papenburg_z1.jpg

    Sie (die "Denkmalschützer") warten also offenbar darauf, dass endlich ein Entwurf ohne Dachaufbau und mit würfeliger Kubatur vorgelegt wird, so dass das Einvernehmen erteilt werden kann. Denkmalschutzlicher Umgebungsschutz nennt man das dann. sad:)
    Ich denke, dass die entworfenen Häuser durchaus eine interpretative Anlehnung an den niederländisch-friesischen Stil behaupten können.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Das gesamte Land ist von destruktiver Dogmatik durchzogen, man weiß gar nicht, wo man mit dem Aufbegehren anfangen soll. Wird irgendwo ein kleiner Sieg errungen, brodelt es anderswo schon wieder deftig in der Ideologieküche. In Anbetracht der Umstände gibt es leider viel, viel zu wenige Menschen, die unsere Interessen aktiv und demonstrativ vertreten. Man ist das pickende Rotkehlchen in der Wasserbüffelherde...

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Interessant, übersetzt heißt das doch, das die historisch angelehnte Bebauung dort gar nicht erwünscht ist. Der Kölner Dom als Paradebeispiel, das Umfeld ist so gräßlich man schaut automatisch lieber nach oben. Wenn das die Intention das Denkmalschutzes ist dann gute Nacht.

  • Der Denkmalschutz ist doppelt rückwärtsgewandt - im positiven wie im negativen Sinne.
    Positiv: Er schützte und schützt teils auch immer noch viele Einzeldenkmale und Ensembles, die ansonsten vermutlich schon aus Profitinteressen abgerissen worden wären. Oft genug wird der Schutz rasch aufgegeben, wenn Politik und Wirtschaftslobbyisten pfeifen. Aber auch die möchten sich manchmal ein wenig im guten Image der "Denkmalschützerei" sonnen.
    Negativ: Er verhindert eine Neuorientierung der aktuellen Architektur. Insofern hilft die Denkmalschutz-Dogmatik dabei, der Baumoderne faktisch die allumfassende Herrschaft über das aktuelle Baugeschehen abzusichern.
    Sie haben sich eben ihre Terrains perfekt abgesteckt. Der Modernismus darf tun, was er will. Dafür darf die Denkmalpflege die bestehende historische Substanz teilweise konservieren.
    Nach vorne, in eine veränderte Zukunft führt das aber nicht mehr. Weshalb sich die bestehende Denkmalschutz-Doktrin auch überlebt hat.

    Hoffen wir, daß sich der löbliche Investor in Papenburg gegen die, das Ensemble zerstörenden "Denkmalschützer" durchsetzen kann.

  • Dieser historisierende Entwurf ist aber auch völlig unbrauchbar und daneben. Keine Proportionen, massive Auskragung des mittleren Baus und darunter zwei massive Tempelsäulen, eine unnötige Arkade auf Streichhözern abgestütz, überladen mit Architekturteilen... ein Palladio-Fenster, ein erdrückender Eckerker, dann wieder Balkone... absolut keine Disziplin innerhalb der gewählten Architektursprache!

    Es ist doch klar, dass die Denkmalpfleger sowas ablehnen, was ja noch nicht heisst, dass sie Kuben und Quader bevorzugen würden. Für unsere Ansinnen der Favorisierung von historisierender oder angepasster Architektur wäre dieser Entwurf ein Schuss hinten hinaus!

  • Stimmt natürlich. Aber die Begründung bleibt sehr fragwürdig. Mit dieser Begründung könnte man auch die Rekonstruktion eines vormaligen sehr wertvollen Bürgerhauses ablehnen.

    Letztendlich bleibt alles eine ästhetische Beurteilung. Da der Denkmalschutz eine solche nicht vornehmen darf, muss er mitunter sehr gewunden argumentieren. Dass dieses Kitsch-Projekt zu Fall kommt, bleibt natürlich zu hoffen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • absolut keine Disziplin innerhalb der gewählten Architkursprache!

    Und wer besagt, dass es diese geben muss? Im Grunde doch auch nur ein dogmatischer Ansatz.

    Dass dieses Kitsch-Projekt zu Fall kommt, bleibt natürlich zu hoffen.

    Nicht, dass mir der Entwurf übermäßig zusagen würde, aber lieber ein seltenes Kitsch-Projekt als der millionste Kubus.

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  • Eine etwas strengere Gestaltung, z. B. ohne die Säulen und Balkons, würde dem Entwurf gut tun. Hoffentlich bleiben die Rundgiebel aber, insgesamt würden sie zum Gründerzeitbau jenseits des Kanals passen.

    Ich finde aber auch die jetzige Bebauung des Grundstücks erhaltenswert. Das Eckhaus vorne vor allem. Mit etwas Verbesserung und Renovierung wäre die eigentlich besser..

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat

    der Denkmalschutz spricht sich gegen eine historisierende Fassade aus

    Ich Dussel hätte gleich das Kleingedruckte lesen sollen. Da steht ja schwarz auf weiß, dass man lieber einen reduzierten, minimalistischen Neubau will. Die Frage ist da immer welchen Zustand der Denkmalschutz überhaupt schützen will? Die Kirche wurde sicherlich nicht als solitär dahingepflanzt. Weder in ihrer Funktion noch in ihrer Architektur.

  • Du meine Güte! Muss man das bisschen undogmatische Verspieltheit, das sich da in Papenburg verschämt ans Tageslicht wagt, gleich wieder als Kitsch abtun? Ist denn auch Hundertwasser und alles, was aus der deutschlandweit verordneten sterbenslangweiligen Ernsthaftigkeit auszubrechen versucht, Kitsch? Warum darf ein Erker nicht mal mit scherzhaft übertriebener Geste auf sich aufmerksam machen, wieso stört ein Palladio-Fenster, ein ungewohnt hochgestelzter Balkon?

    Kitsch ist vielmehr ein völlig ernst gemeintes und bewusstseinsarmes Bestreben, mit untauglichen und vergröberten Mitteln einen bestimmten Anschein zu erwecken. Davon kann bei dem Papenburger Projekt mit seinen Überraschungseffekten und bewussten Übertreibungen nicht die Rede sein. Es tät allen Beteiligten gut, die paar Kilometer bis zur niederländischen Grenze zu fahren, um jenseits des Zauns gewahr zu werden, was sich niederländische Architekten alles erlauben.

    An den Ptanger gehört nicht ein auf Unkonventionelles bedachter Architekt sondern eine Denkmalpflege, die sich mit ihren Konventionen und Dogmen zunehmend gegen das Leben und eine erfrischende Geistigkeit stellt.

  • Die Denkmalschutzbehörde in Oldenburg behindert und blockiert eine Neubebauung im historischen Stil in Papenburg an der Ems

    Seit wann gehört denn Papenburg zu Oldenburg, das ist eine ganz andere Kultur. Ich würde mich als Friese oder Emsländer dagegen verwehren von den Oldenburgern mir reinreden zu lassen. Das ist ein Affront der oldenburger Verwaltung, der auf höherer Ebene ausgetragen werden muss. Mit anderen Worten, hier muss es in Hannover knallen und Oldenburg die Zuständigkeit entzogen werden.

  • Den neuesten Artikel unter "Aktuelles" habe ich gerade gelesen. Aktuelles rund um den Verein » Stadtbild Deutschland e.V.
    Man weiss wirklich nicht was man generell von der Denkmalpflege halten soll. Sicher kommt es in jedem Einzelfall auf den jeweiligen Mitarbeiter an. Wie in allen Ämtern gibt es da sehr gute Leute und auch einige Pfeifen. Nur scheint die zweite Gruppe in wichtigen Fragen immer zu überwiegen.

    Den Entwurf für Papenburg finde ich echt gelungen. Mittlerweile sind wir schon so an unsere Klötze und Kisten gewöhnt, daß wirklich attraktive Architekturformen direkt als "Kitsch" betitelt werden. Man hätte ja eigentlich auch gleich "Disneyland" sagen können. - Das ist eben das deutliche Problem. Kämen in regelmäßigen Abständen auch solche Architekturentwürfe zur Realisierung, würde man sich weit weniger über die Bausituation aufregen.

  • Ich halte die Einwände der Denkmalpflege durchaus für berechtigt.

    Das Ganze hat für mich wenig mit Architektur zu tun, es ist eiligst hingeschluderter, pseudohistoristischer Müll. Wie gewollt und nicht gekonnt: Man nehme ein paar Schweifgiebelchen, Säulchen, füge eine Arkade ein und rühre dann dreimal um. Furchtbar!

    Man sollte sich lieber an der bestehenden, zurückhaltenden Backsteinarchitektur orientieren, die nicht in Konkurrenz zu Rathaus und Kirche tritt, sondern diesen den Vortritt lässt.

  • Man sollte sich lieber an der bestehenden, zurückhaltenden Backsteinarchitektur orientieren, die nicht in Konkurrenz zu Rathaus und Kirche tritt, sondern diesen den Vortritt lässt.


    Bleibt die Frage: Warum?

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Also, wenn ich mir einmal Photos von Rathaus, St. Antonius-Kirche und den Fassadenentwurf im Zusammenhang ansehe, kann ich da rein gar keine Konkurrenzsituation erkennen. Zumal die Neubauten sicher deutlich kleiner ausfallen dürften als das Rathaus. Ganz im Gegenteil stelle ich mir eher ein schönes Ensemble der drei Komponenten vor. Doch so manchen Gesellinnen & Gesellen fehlt es leider manchmal an der notwendigen Phantasie. - Hier, die Bilder

    des Rathauses:
    http://www.so-schoen-ist-deutschland-im-sommer.de/cms/p/papenbur…pe=orig&id=1984

    der St. Antonius-Kirche: (Mit zu ersetzenden Häusern)
    http://www.staedte-fotos.de/1024/papenburg…irche-27872.jpg

    des Fassadenentwurfs:
    http://www3.noz.de/th/bg_large/56794982.jpg

  • kann ich da rein gar keine Konkurrenzsituation erkennen.


    Und wenn, wäre das schlimm? Mit diesem Denkmuster darf man ja nur noch bescheidene und zurückhaltende Gebäude entwerfen, die nicht auffallen.

    Viel wichtiger ist doch, dass die Regionaltypik gewahrt bleibt und man dem Gebäude ansieht, dass es nicht in Oberbayern oder der Bretagne steht.

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    Einmal editiert, zuletzt von youngwoerth (2. September 2011 um 10:30)


  • Und wenn, wäre das schlimm? Mit diesem Denkmuster darf man ja nur noch bescheidene und zurückhaltende Gebäude entwerfen, die nicht auffallen.

    Da hast Du schon Recht. Man sollte sich diese Vorgehensweise einmal in New York oder Chicago vorstellen. Kein Gebäude darf höher sein als der historische Water Tower. Dann hätte Chicago aber keine Skyline. Dabei heisst es immer, "höher, größer, schneller". - Wenn man aber in Deutschland zu unauffälligen und zurückhaltenden Bauten genötigt wird um überhaupt bauen zu dürfen, braucht man sich nicht über weitere Klötzchenbildung wundern. Traurig aber anscheinend wahr. :augenkrummblau:

  • Einige runde Fenster wurden eckig gemacht und zudem der Erker entschärft - gut, dass man dann diese verträgliche Lösung gefunden hat.

    Einige Meldungen mit entsprechenden Ansichten zur Einigung mit dem Bauausschuss der Stadt Papenburg im September:
    Einigkeit beim Bebauungsplan zum Millionenprojekt in der Stadtmitte

    Papenburg:„Die Kanzel ist weg“

    Weg frei für Neubau am Fuße der Papenburger Antoniuskirche


    Hier war der Ausgangsentwurf zu sehen:
    Millionenobjekt droht an Optik zu scheitern

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
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